Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Welche Schülerinnen und Schüler sind das denn?)

Im Leistungskurs Mathematik schreiben über die Hälfte aller Schülerinnen und Schüler an den Gesamtschulen eine Vier minus oder eine noch schlechtere Note. Meine Damen und Herren, wer will an dieser Stelle wirklich aufstehen und sagen: Das reicht mir aus? Mir reicht es nicht. Uns machen die Tatsachen auch nicht froh.

(Beifall von CDU und FDP)

An den Gesamtschulen weichen die Prüfungsnoten von den Durchschnittsnoten der Klausuren in der Qualifikationsphase um bis zu 2,9 Punkte nach unten ab, insbesondere in Mathematik. Und bei den schriftlichen Abituraufgaben sind die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschulen im Durchschnitt um 1,8 Punkte schlechter als an Gymnasien. Ich werde diese Tatsachen nicht länger hinnehmen und alles dafür tun, damit die Schülerinnen und Schüler an den Gesamtschulen die gleichen Chancen auf ein gutes Abitur haben wie an den Gymnasien.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren auf der Tribüne, Sie sind eben mehrfach angesprochen worden, worum es eigentlich geht. Um diese Tatsache geht es und nicht um Nuancen, so oder so ausgelegt, sondern es geht darum, dass wir allen Menschen in diesem Land gute Chancen geben, ein gutes Abitur zu machen. Das ist eine Chance für die Zukunft.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben sich aus ideologischen Gründen die Gesamtschulen schöngeredet.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Sie wollen die Probleme, die es an dieser Schulform gibt, nicht sehen. Frau Beer, als Begründung für die Leistungsunterschiede kommt immer wieder das Argument, die Gesamtschulen hätten ja schließlich eine wesentlich heterogenere Schülerschaft mit einem hohen Zuwandereranteil. Ich finde dieses Argument – das sage ich Ihnen von diesem Podium aus sehr deutlich – menschenverachtend. Denn Sie gehen davon aus, dass diese Schülerschaft weniger intelligent, weniger leistungsbereit und weniger lernfähig ist.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Wohlgemerkt, ich spreche von Schülerinnen und Schülern, die bereits eine wichtige Hürde übersprungen haben, nämlich die Qualifikation zur Oberstufe.

(Beifall von CDU und FDP)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Beer?

Es ist nicht Weihnachten, ich möchte es nicht.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Ich weiß, wie groß das Potenzial ist, das in den jungen Menschen mit Zuwanderergeschichte steckt. Das dürfen wir nicht verkümmern lassen. Wir gehen davon aus, dass wir alle Schülerinnen und Schüler für die Zukunft brauchen. Deswegen müssen wir sie auch besser bilden.

Frau Schäfer, in Ihrer Zeit als Schulministerin haben Sie dafür gesorgt, dass so sehr wie in keinem anderen Bundesland der Bildungserfolg vom Geldbeutel der Eltern abhängig war.

(Beifall von CDU und FDP – Ute Schäfer [SPD] winkt ab.)

Winken Sie nicht ab! Schauen Sie zu den Zuschauern auf der Tribüne und winken Sie nicht ab bei dieser Tatsache, die verbürgt ist.

(Zuruf von Ute Schäfer [SPD])

Ich habe es bereits in der letzten Debatte gesagt und wiederhole es heute sehr gerne: Die Leistungsfähigkeit eines Schülers darf nicht von seiner sozialen Herkunft abhängen.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen investieren wir massiv in unsere Schulen. Wir sorgen für mehr individuelle Förderung und für mehr Ganztag. Das sind die Maßnahmen, mit denen wir allen Schülerinnen und Schülern bessere Zukunftschancen ermöglichen.

Meine Damen und Herren, die Zahlen, mit denen die Grünen ihren Antrag beleben wollen, kann ich

nicht bestätigen. Selbst Frau Prof. Bellenberg – das ist bereits gesagt worden – musste in der Pressekonferenz zugeben, die Studie sei streng genommen nicht repräsentativ. Unsere Zahlen dagegen basieren auf wissenschaftlicher Auswertung durch einen sehr anerkannten und renommierten Wissenschaftler, Prof. Detlev Leutner von der Universität Duisburg-Essen.

Auch der vorliegende Antrag zeigt wieder einmal deutlich: SPD und Grünen geht es um Strukturfragen. Es geht ihnen allein um Strukturen, allein um das System. Das System aber hat dienende Funktion. Uns geht es um die Schülerinnen und Schüler. Wir wissen, es geht nicht um Schulstruktur, sondern um besseren Unterricht. Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie haben jahrelang tatenlos zugesehen und die Hände in den Schoß gelegt. Warum haben Sie in Ihrer Regierungszeit nicht die Gelegenheit genutzt, Schulen besser zu machen?

(Beifall von CDU und FDP)

Ich habe das nie einem Kind gesagt, aber Erwachsenen darf man das sagen: Sie haben versagt! Sie haben es zugelassen, dass die Gesamtschulen in ihren Leistungen zurückfallen. Ich nenne das verantwortungslos gegenüber den Schülerinnen und Schülern.

(Beifall von CDU und FDP)

Für diese Verantwortungslosigkeit sind Sie 2005 zu Recht abgewählt worden.

(Beifall von CDU und FDP)

Diese Landesregierung wird ihrer Verantwortung gerecht. Ich habe ein Sieben-Punkte-Programm vorgeschlagen, um die Gesamtschulen und auch die Gymnasien, die auf Hilfe angewiesen sind – das darf an dieser Stelle nicht vergessen werden –, zu unterstützen. Wir werden den Gesamtschulen mehr Beratung, mehr Fortbildung zukommen lassen. Damit werden wir den Unterricht und die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler verbessern.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Wir haben dafür im nächsten Haushalt die erforderlichen Mittel vorgesehen. Es geht mir darum, den Gesamtschulen zu helfen, damit sie ihre Schülerinnen und Schüler nicht nur zum Abitur, sondern sehr erfolgreich zum Abitur führen können. Dazu gehört auch, dass die Ergebnisse nicht im stillen Kämmerlein verwahrt bleiben, sondern offen angesprochen werden, sodass alle Beteiligten ihren Beitrag zur Verbesserung leisten können. Alle Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen, werden dazu beitragen, dass die Gesamtschulen besser werden. Gerade im Hinblick auf den erwünschten Fortbestand der gymnasialen Oberstufe ist das von großer Bedeutung.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung steht zu allen Schulen. Deshalb geben wir den Gesamtschulen die Hilfe, die sie brauchen, um auch in

Zukunft als Bestandteil unseres gegliederten Schulsystems bestehen zu können.

Meine Damen und Herren von der Opposition, wir nehmen Ihnen vielleicht jetzt ein Stück weit Ihr Lieblingskind weg. Aber was Sie wahrscheinlich am meisten betrübt, ist: Wir behandeln Ihr Lieblingskind auch noch besser, als Sie es früher getan haben.

(Markus Töns [SPD]: So ein Quatsch! – Wei- tere Zurufe von der SPD)

Sie haben Ihr Kind vernachlässigt und zugelassen, dass es nicht ausreichend gefördert wurde.

(Beifall von der CDU)

Wir kümmern uns um die Gesamtschulen. Wir geben ihnen die Unterstützung, die sie brauchen, um erfolgreich zu sein. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Frau Sommer. – Für die SPD spricht nun der Kollege Große Brömer.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Ministerin Sommer, Sie haben gerade eben von Verantwortungslosigkeit gesprochen. Ich denke, wenn Sie mit Abstand zum heutigen Tag Ihre eigene Rede noch einmal durchlesen, dann werden Sie mir zustimmen, dass Verantwortungslosigkeit heute in der Tat neu definiert worden ist – nämlich durch Sie.

(Beifall von der SPD)

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Wir alle von der SPDFraktion haben heute nicht erwartet, dass Sie die Größe besitzen und offen zugeben, dass Ihre peinliche, absurde und skandalöse Landespressekonferenz zum Zentralabitur ein Ablenkungsmanöver gewesen ist. Die Größe haben wir von Ihnen gar nicht erwartet.

(Beifall von der SPD – Thomas Jarzombek [CDU]: Unverschämt! – Weitere Zurufe von der CDU)

Wir haben von Ihnen allerdings erwartet,

(Dieter Hilser [SPD]: Rücktritt! – Gegenruf von Thomas Jarzombek [CDU]: Frechheit!)