Ich darf dem Abgeordneten Klaus Kaiser, der bereits auf dem Weg ist, das Wort für die CDUFraktion erteilen. Bitte schön, Herr Kaiser.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Qualitätsentwicklung im Bildungsbereich findet in diesem Antrag und diesem Projekt, die regionalen Bildungsnetzwerke zu stärken und zu initiieren, einen wichtigen Nieder
schlag. Dort wird zur weiteren Qualitätsentwicklung unserer Schulen landesweit ein wesentlicher Baustein gelegt.
Ausgehend von den Erfahrungen aus dem Modellversuch „Selbstständige Schule“ geht es darum, die Selbstständigkeit und die Eigenverantwortung in die Fläche auszudehnen. 19 Modellregionen, die mit der Selbstständigen Schule unterwegs waren, haben mit der Selbstständigen Schule positive Erfahrungen gemacht und verdeutlichen uns, dass das ein Modell ist, das landesweit gut tragen kann.
Wir wissen: Zentralistisch gesteuert wird unser Schulsystem nicht zukunftsfähig genug aufgestellt. Deshalb verfolgen wir das Konzept der Eigenverantwortlichen Schule konsequent.
Wir wissen auch: Wenn wir Schule weiterentwickeln wollen, dürfen wir uns nicht aus der Region verabschieden, sondern müssen das Gegenteil tun und Schule und Region viel, viel näher zusammenbringen.
Sie alle kennen das Sprichwort, dass es eines Dorfes bedarf, um ein Kind zu erziehen. Hier kann man dieses Sprichwort vielleicht sogar noch erweitern: Es bedarf einer ganzen Region, um ein Kind zu erziehen. Genau dieses Sprichwort macht deutlich: Es geht um einen ganzheitlichen Ansatz, um Kindern und Jugendlichen bessere Chancen einzuräumen. Dieser ganzheitliche Ansatz bezieht eben nicht nur die Schule als solche ein, sondern insbesondere bürgerschaftliches Engagement, Vereine, Ehrenamt, Betriebe, Wirtschaft, Verbände, Kirchen. Alle, die mit Schule und Erziehung zu tun haben, müssen zusammengebracht werden. Das ist die Idee hinter den regionalen Bildungsnetzwerken.
Uns von der Regierungskoalition ist es wichtig, dass wir über die Veränderung, die ich mit für die wichtigste im gesamten Schulbereich halte, einen öffentlichen Diskurs führen, den ich als unaufschiebbar und unausweichlich betrachte.
Gleichzeitig mit den neuen Bildungsnetzwerken gehen wir einen Schritt weiter weg von Detailregelungen. Der Weg geht weiter in Richtung Best Practice, wo man voneinander lernen kann, berichten kann, wie Schule etwas handhabt. Wir haben die Erfahrung gemacht: Wenn beispielsweise die Grundschule weiß, welche Voraussetzungen die weiterführenden Schulen haben, und die weiterführenden Schulen wissen, was in den Grundschulen methodisch und inhaltlich gelernt wird, ist es wichtig, dass die Übergänge gestaltet werden können. So etwas kann nicht zentralistisch aus Düsseldorf angewiesen werden, sondern nur vor Ort bearbeitet werden. Dort werden die Erfahrungen gesammelt.
Das sind die Chancen, die uns die regionalen Bildungsnetzwerke bieten. Ich bin sehr hoffnungsfroh, dass dadurch ein Innovationspush durchs Land gehen wird.
Wir haben in dem Antrag explizit die im letzten Halbjahr eingerichteten Kompetenzzentren für die Lehrerfortbildung erwähnt. Es ist wichtig, dass Lehrerfortbildung und zu gründende Netzwerke sehr eng kooperieren, weil Fortbildungsbedarfe auch regional zu identifizieren sind und ihnen regional entsprochen werden muss. Deshalb ist es sehr richtig und uns wichtig, dass die Kompetenzzentren und die regionalen Bildungsnetzwerke Hand in Hand arbeiten. Und sie dürfen nicht reglementiert werden, sondern man muss Neues ausprobieren, weil die Bildungserfordernisse beispielsweise im Ruhrgebiet andere als im ländlichen Raum sind. Jeder Kreis hat eine andere Wirtschaftsstruktur. Auch das sind Aspekte, die aufgenommen werden können. Dadurch wird nämlich erreicht, dass unseren Schülerinnen und Schülern vor Ort bessere Möglichkeiten gegeben werden.
Wir werden dafür sorgen, dass in unserem Bildungssystem neben den vorhandenen Qualitätskriterien – zum Beispiel zentrale Prüfungen und in der Schule einzuhaltende zentrale Standards – die bessere Vergleichbarkeit und damit landesweit eine bessere Chancengleichheit gegeben sein wird. Gerade in den Regionen müssen bessere Chancen für die Schülerinnen und Schüler da sein.
Von daher ist dieser Antrag ein sehr guter Antrag und dürfte eigentlich vom ganzen Haus nicht abgelehnt werden. – Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach dem erfolgreichen Kampf der Koalition gegen den Unterrichtsausfall, nach dem massiven Ausbau des Ganztagsangebots und der Etablierung der Eigenverantwortlichen Schule ist der Ausbau der regionalen Bildungsnetzwerke ein weiterer konsequenter Schritt in der Entwicklung Nordrhein-Westfalens zum Bildungs- und Wissensstandort – auch Wissenschaftsstandort – Nummer eins.
Hierbei gilt es, in den jeweiligen unterschiedlichen Regionen die geistigen Ressourcen und Potenziale zu wecken, zu ermuntern und zu stärken. Die Kinder und Jugendlichen sind die Zukunft. Auf ihre Erziehung und Bildung setzen wir.
Durch die Globalisierung wird die Welt nicht nur größer und vernetzter. Es gibt nicht nur Risiken und Chancen einer erweiterten und offeneren Welt.
Gleichzeitig steigt auch die Bedeutung der Angebote und Strukturen in den Regionen. Selbstverständlich unterscheiden sich die jeweiligen Regionen in ihrer Struktur. So spielen zum Beispiel in Ostwestfa
len-Lippe aufgrund seiner großflächigen, zum Teil aber auch sehr ländlichen Struktur andere Akteure eine zentrale Rolle, als es etwa in Köln der Fall ist.
Während sich die Rheinschiene oder das Ruhrgebiet durch sehr viele Hochschulen und Großunternehmen auszeichnen, ist zum Beispiel Ostwestfalen-Lippe mittelständisch geprägt. Hier bilden Vereine und Verbände sowie gebündelte Initiativen ein wichtiges Rückgrat der Gesellschaft. Aber bei allen Unterschieden und aller Vielfalt verbindet alle Akteure, dass sie in die Schul- und Bildungssysteme eingebunden werden und diese unterstützen sollen.
Meine Kolleginnen und Kollegen, hierzu muss es eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen dem Land und den Regionen geben. Mit der Vereinbarung vom Juni 2008 sind die ersten 19 Regionen eine Kooperation mit dem Land eingegangen, um die Kräfte vor Ort gemeinsam zu bündeln und zu stärken.
Das Land unterstützt das und beteiligt sich über die regionalen Bildungskonferenzen, die regionalen Lenkungskreise und die regionalen Geschäftsstellen an dem flächendeckenden Ausbau.
Hierzu werden zum Beispiel Lehrerstellen zur Verfügung gestellt. Die Eigenverantwortlichen Schulen können sich so auf der einen Seite weiter entfalten, erhalten auf der anderen Seite aber auch die Sicherheit der Einbindung und der Zusammenarbeit. Dies dient der Nutzung und der positiven Fortentwicklung ihrer Freiräume.
Das Land sollte seine Kontakte und Potenziale nutzen, um die jeweiligen regionalen Akteure bei einer möglichst vielgestaltigen und umfassenden Zusammenarbeit nach Kräften vor Ort zu unterstützen.
Selbstverständlich erfordert ein solcher Ausbau Zeit und Umsicht. Nicht zuletzt deshalb ist die Forderung nach einer Unterrichtung des Parlaments über den Stand der Entwicklung gerechtfertigt.
Bei der Forderung, dass den verschiedenen Regionen Best-Practice-Beispiele zur Verfügung gestellt werden, handelt es sich nicht um irgendeine Form des Zentralismus. Im Gegenteil, wir gehen von einem ganzheitlichen Bildungsverständnis aus. Das heißt, das Lernen und die Bildung beschränken sich nicht auf die klassischen Lehranstalten.
Zum kontinuierlichen Lernen, zur kontinuierlichen Bildung können für die Menschen höchst unterschiedliche Schwerpunkte zählen. Für den einen Menschen sind die wissenschaftlichen Inhalte und Bildungsabschlüsse von zentraler Bedeutung; für andere spielen eher die Kenntnisse und das Wissen der regionalen Wirtschaft und der regionalen Verbände eine zentrale Rolle.
Zu diesem kontinuierlichen Lernen zählt auch die Fähigkeit, die Erfolge anderer zu überprüfen und auf die eigene Region zu übertragen. Hierbei kann das Ministerium durch Best-Practice-Beispiele die Rolle
Meine Kolleginnen und Kollegen, zu einem ganzheitlichen Bildungsverständnis zählt neben der Vermittlung von Erziehung und Bildung und der Einbindung des Know-hows außerschulischer Partner auch der wichtige Aspekt der konstanten Fort- und Weiterbildung. Eine konsequente Verbesserung des Lernens und der Wissensvermittlung, die Verknüpfung und Kooperation mit regionalen Partnern vor Ort können durch die verstärkte inhaltliche Einbindung der Kompetenzteams einen weiteren wichtigen Schub erfahren.
Ich bin überzeugt, dass wir mit den regionalen Bildungsnetzwerken und deren flächendeckenden Ausbau einen wichtigen Schritt voranschreiten, um NRW als den Wissens- und Bildungsstandort zu etablieren. Auf dem bisher beschrittenen Weg haben wir dort schon vieles angestoßen.
Wir sollten und werden weiterhin gerade auch auf die regionale Stärkung der Bildungs- und Schulstruktur durch die Vernetzung mit außerschulischen Akteuren ein besonderes Augenmerk richten. – Danke für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich freue mich, dass auch der Abgeordnete Peschkes noch ein paar Minuten bleibt.
„Wer nichts Falsches sagt, der sagt nicht zwangsläufig das Richtige.“ So könnte man das Resümee aus Ihrem heutigen Antrag formulieren, in dem unter dem Strich wenig Falsches, aber leider auch wenig Richtiges steht und der deswegen eigentlich enttäuschend ist, Herr Kaiser.
Dieser Antrag beschreibt nämlich das, was ist, enthält aber inhaltlich nicht viel Neues und bietet erst recht keine Perspektiven für eine Weiterentwicklung der regionalen Bildungslandschaften, über deren Bedeutung wir uns durchaus einig sind.
Im Gegenteil, Sie spielen mit Ihrem Antrag nur auf Zeit. Sie pusten eine politische Seifenblase auf, die zwar schön anzusehen, aber leider innen hohl ist.
SPD und Grüne wollten eine echte Verantwortungsgemeinschaft zwischen Stadt und Land. Den Grundstein haben wir bereits vor zwei Jahrzehnten unter dem Stichwort „Öffnung von Schule“ gelegt und im Rahmen des breiten Modellversuchs „Selbstständige Schule“ letztlich konkretisiert. Auch darüber haben Sie gerade geredet.
Wir wollten mittelfristig die Aufteilung in innere und äußere Schulangelegenheiten überwinden und ein echtes Bündnis mit den Schulen und für die Schulen schmieden. Wir wollten eine Schulaufsicht, die vor Ort für die Schulen da ist und die nicht aus der Ferne über die Schulformen wacht.
Um es kurz zu machen: Die SPD mit Schulministerin Ute Schäfer an der Spitze hat schon an regionalen Bildungslandschaften gearbeitet, als Sie noch gegen Ganztagsschulen zu Felde gezogen sind.
Das Erschreckende ist, dass wir damals schon weiter waren, als Sie es heute sind. Anstatt auf den von uns gemachten Erfahrungen aufzubauen und die positiven Erfahrungen aus dem Modellprojekt „Selbstständige Schule“ wirklich ernst zu nehmen und wirklich weiterzuentwickeln, verkaufen Sie uns hier und heute alten Wein in neuen Schläuchen.
Bereits seit vielen Jahren gibt es in unzähligen Schulen in NRW Kooperationen mit außerschulischen Trägern. All die in Ihrem Antrag aufgezählten Partner – Sportvereine, Wirtschaft oder Kirchen – sind vielfach bereits heute im Boot. Sie müssten dort nur nachfragen; dann hätten Sie die von Ihnen gerade erwähnten Best-Practice-Beispiele.
Warum Sie damit bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten wollen, ist mir rätselhaft. Ich muss fast glauben, Sie spielen bewusst auf Zeit, um – aller vollmundigen Prosa in Schrift und Wort zum Trotz – eine Weiterentwicklung in Richtung echter Selbstständigkeit zu verzögern.
Denn unsere Schulen brauchen keine feierlichen Selbstinszenierungen der Landesregierung, weitere Orden oder Auszeichnungen, vielleicht diesmal für das beste Bildungsnetzwerk, sondern sie brauchen mehr Eigenverantwortung und Selbstständigkeit. Das muss sich auch in der Realität niederschlagen, beispielsweise in eigenen Budgets, die den Schulen durch die Kommunen und das Land gemeinsam zur Verfügung gestellt werden.
Doch was ist schwarz-gelbe Realität? – Das von Ihnen sogenannte angeblich modernste Schulgesetz Deutschlands unterstreicht weiterhin die getrennte Kostenträgerschaft von Land und Kommunen und sieht gerade keine Übertragung des Budgets an die Schulen vor. Wenn Sie tatsächlich mehr Eigenverantwortung an Schulen und an regionale Bildungsnetzwerke delegieren wollen, gehört ein solches Budgetrecht ebenso dazu wie die erweiterte Schulträgerschaft von Kommunen. Doch von eben diesen Ansätzen, diesen Perspektiven für eine Weiterentwicklung lese ich in Ihrem Antrag nichts.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von CDU und FDP, wir waren schon einmal weiter. Ihre vorgebliche Weiterentwicklung bedeutet Stillstand für Kommunen und Schulen, um es zurückhaltend und relativ positiv zu formulieren. Unserer Ansicht nach
fordern Sie zwar in der Sache nichts Falsches, denn Sie fordern nichts, was es nicht heute schon gibt oder schon möglich ist, aber das Richtige fordern Sie leider auch nicht. Der Antrag macht deutlich, dass diese Landesregierung allen schönen Überschriften und Worten zum Trotz mehr und echte Selbstständigkeit gar nicht will. Sie wollen weiterhin nach dem Motto verfahren: Machen Sie Ihr Ding, aber wir sagen Ihnen genau, wie es geht.
Das ist zu wenig, meine sehr geehrten Damen und Herren. Deshalb appelliere ich an Sie: Finden Sie den Mut zur echten Weiterentwicklung der Bildungsregionen. Verschenken Sie nicht unser aller Zeit mit solchen Schauanträgen. Denn gerade für die Schulpolitik gilt: Stillstand ist Rückschritt. – Danke sehr.