Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Erstens. Jede Stunde Unterrichtsausfall in unserem Land ist eine Stunde zu viel. Deshalb müssen wir im Interesse der Kinder Unterrichtsausfall bekämpfen.

Zweitens. Keine Regierung dieser Welt wird ein Schuljahr organisieren können, in dem keine einzige Stunde Unterricht ausfällt, weil auch Lehrkräfte manchmal spontan krank werden.

Drittens. Es gibt aber eklatante Unterschiede, wie Rot-Grün die Jahre zuvor mit dem Thema umgegangen ist und wie wir unter schwarz-gelber Verantwortung dies heute tun.

(Beifall von FDP und CDU)

Deshalb sage ich Ihnen: Sie haben einen Höchststand an Unterrichtsausfall hinterlassen. Bei Ihnen hat sich die Lehrerversorgung verschlechtert, weil es mehr Schüler und weniger Lehrer gab. Diese Parameter haben wir in der Koalition der Erneuerung geändert. Wir haben jetzt weniger Schüler, die aber durch mehr Lehrer in den nächsten Jahren unterrichtet und betreut werden.

(Beifall von FDP und CDU)

Das macht sich strukturell positiv bemerkbar.

Bei dem Vergleich von Zahlen können wir gerne in einen anspruchsvollen Diskurs eintreten, wie man Statistiken optimiert. Da sind wir auch noch nicht am Ende all unserer Vorstellungen. Auch das Informationsfreiheitsgesetz wird in vielen Bereichen der Bildungspolitik in den nächsten Jahren noch wertvolle Entscheidungsdaten für Eltern liefern, die auch mehr Wettbewerb an Schulen ermöglichen, als das zu Ihrer Zeit der Fall war.

Wenn wir vergleichen, wie Sie mit dem Unterrichtsausfall umgegangen sind und wie wir das heute tun, müssen wir schon für diesen Vergleich dieselben statistischen Berechnungsgrundlagen annehmen.

Deswegen habe ich einmal nachgeschaut. Unmittelbar nach der Verantwortungszeit der damaligen Bildungsministerin Schäfer führen Sie in Ihrer Pressemitteilung vom 17. November 2003 aus, dass Sie selbstverständlich als Datenbasis das als Unterrichtsausfall auswählen, was ersatzlos ausgefallener Unterricht ist und nicht die Form der Vertretung, die es gab.

Frau Steffens hat gerade gesagt: Was ist das für eine Katastrophe, dass wir zu einer Absenkung des

Unterrichtsausfalls kommen, angefangen bei 3,5 % in Grundschulen? Sie hatten ausweislich Ihrer Statistik 3,9 % mit Steigerungsraten. Dazu führt dann Frau Schäfer aus: Ein wesentlicher Grund für die Zunahme des Unterrichtsausfalls in der Primarstufe von 2,8 % auf 3,9 % liegt darin, dass den Bezirksregierungen in diesem Jahr, also 2003, zunächst weniger Geld für Vertretungsunterricht zur Verfügung stand. – Damit war das Thema für Sie erledigt. Sie führen im Weiteren aus, dass gerade in puncto sozialer Sensibilität die Unterrichtsabdeckung an Förderschulen für Lernbehinderte mit 95,9 % Bedarfsabdeckung am schlechtesten war – da, wo es die Schwächsten im System getroffen hat.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Nur 82 %!)

Sie stellen dazu ebenfalls ganz lapidar fest: Die Untersuchung zeigt, dass es Schulen gibt, an denen trotz Überbesetzung Unterricht ausfällt. – Das ist Ihnen, Frau Schäfer, damals als Erklärung eingefallen. Uns ist das zu wenig.

(Beifall von der FDP)

Deshalb ein allerletzter Hinweis! Frau Schäfer, Sie haben Vorgriffsstunden eingeführt, womit Sie Unterrichtskontingente in den letzten Jahren Ihrer Regierungsverantwortung abberufen haben, um Pflichtunterricht sicherzustellen. Zugleich haben Sie den Wechsel auf die Zukunft gezogen, sodass die Leute haben jetzt Rückgabekontingente in Anspruch nehmen, also bezahlt werden, obwohl sie einen Teil der Zeit nicht arbeiten müssen.

Vor diesem Hintergrund ist es dreist zu erklären: Nicht jede Lehrerstelle, die wir heute finanzieren, kommt zu 100 % der Unterrichtsversorgung zugute. Wir zahlen aufgrund der Vorgriffsstunden Ihre Hypotheken aus der Vergangenheit zurück.

(Beifall von FDP und CDU)

Wir zahlen also Ihre Zeche. Wir werden dies weiter tun, damit bei uns es zukünftig für weniger Schüler mehr Lehrer gibt, damit junge Menschen mehr Chancen in diesem Land erhalten.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Witzel. – Für die Landesregierung erhält jetzt wieder Frau Ministerin Sommer das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hatte bei ihrem Amtsantritt angekündigt, die Transparenz über den Unterrichtsausfall in Nordrhein-Westfalen gegenüber dem, was die Vorgängerregierung getan hat, deutlich zu erhöhen. Diese Zusage haben wir eingehalten.

Wir haben die Transparenz erhöht, indem wir die Untersuchung zum Unterrichtsausfall nunmehr jähr

lich durchführen. Rot-Grün hatte sich damals lediglich alle zwei Jahre über die Situation an den Schulen unterrichten lassen.

(Beifall von der CDU – Ute Schäfer [SPD]: Ein schwaches Argument!)

Wahrscheinlich wollten Sie das Elend nicht jedes Jahr vor Augen haben.

In einem zweiten Schritt werden wir ab dem nächsten Jahr die Stichproben so ausweiten, dass künftig auch regionalisierte Aussagen möglich sind, und zwar auf Ebene der Regierungsbezirke.

(Beifall von der FDP)

Dazu werden wir mehr als 300 Schulen untersuchen müssen. Ein Gutachter wird festlegen, wie viele es sein müssen, damit wir eine wirkliche Stichprobe erhalten. Dies ist uns deshalb so wichtig, weil die operative Steuerung der Unterrichtsversorgung auf regionaler Ebene erfolgt.

Meine Damen und Herren von der Opposition, eines werden wir jedoch sicher nicht tun, Ihrer Forderung nach einer schulscharfen Unterrichtsstatistik nachzukommen.

(Ute Schäfer [SPD]: Das ist Ihre eigene! – Hannelore Kraft [SPD]: Ihr Wahlverspre- chen!)

Sie würden unsere Schule mit Bürokratie überziehen und letztlich wegen des immensen Aufwandes sogar Unterrichtsausfall verursachen.

In diesem Zusammenhang liegt mir ein Brief eines Lehrerverbandes, des Philologenverbandes vor, der uns nachdrücklich davor warnt, Schule nicht zu gläsernen Bürokratiemonstern zu machen. Wir wollen Bürokratie abbauen. Wir wollen den Lehrerinnen und Lehrern Raum geben, sich voll und ganz dem Kerngeschäft zu widmen, und das ist die Erteilung von Unterricht und nicht das Führen von Statistiken.

(Hannelore Kraft [SPD]: Gehen Sie auf die Debatte ein, Frau Ministerin!)

Niemand, meine Damen und Herren, hat behauptet, dass wir den Unterrichtsausfall auf null herunterschrauben können, sicherlich nicht. Da pflichte ich auch Frau Kraft bei, die am 4. Januar 2008 im „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt hat, dass eine Reduktion des Unterrichtsausfalls auf null selbstverständlich nicht möglich sei. Er lässt sich leider nicht ganz ausschalten.

Es ist unmöglich, ein System mit über 6.200 Schulen und 175.000 Lehrern, die Woche für Woche planmäßig rund 3,4 Millionen Unterrichtsstunden erteilen, ohne jeden Unterrichtsausfall zu organisieren. Ebenso hat niemand behauptet, das Problem des Unterrichtsausfalls sei mit dieser Statistik bereits gelöst.

Leider gibt es nach wie vor eine Reihe von Einzelfällen, bei denen die Unterrichtsversorgung nicht so

gegeben ist, wie sie sein sollte. Aktuelle Fälle gibt es beispielsweise in Dortmund oder in MindenLübbecke. Wir im Ministerium gehen gemeinsam mit den Bezirksregierungen, mit den Schulämtern jedem Fall nach. Wir kümmern uns vor Ort darum, dass Lösungen gefunden werden. Das tun wir selbstverständlich auch bei der Umfrage aus den Ruhr-Nachrichten, die uns zugekommen ist.

Ich freue mich natürlich auch, Herr Große-Brömer, dass Sie in Ihrer Rede von einer Hauptschule sprechen. Ich bin froh, dass Sie überhaupt in eine Hauptschule gehen. Das freut uns ganz besonders.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie uns das dramatische Bild dieser Hauptschule hier zeichnen, dann ist es wichtig, diese Schule erstens zu kennen, um reagieren zu können, zum anderen kann ich Ihnen nur sagen:

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Wenn es der Unterrichtsausfall denn tatsächlich so eklatant war, dann werden wir dem natürlich nachgehen. Es wäre fair gewesen, uns den Namen zu nennen. Im Prinzip können wir trotz dieses Unterrichtsausfalls in einer dieser Schulen, die in die Statistik hineingeflossen ist, sagen: Die Hauptschulen haben immerhin 28 % weniger Unterrichtsausfall zu verzeichnen.

(Beifall von CDU und FDP – Zuruf von Sören Link [SPD])

Meine Damen und Herren, auch wir können keine Unterrichtsgarantie erteilen. Der Unterschied zwischen uns und Ihnen als Vorgängerregierung ist jedoch, dass wir alles in unserer Macht Stehende tun, um den berechtigten Ansprüchen der Menschen soweit wie möglich entgegenzukommen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, in der Debatte über den Haushalt 2009 hat Frau Kraft behauptet, es würden pro Jahr immer noch fast 3 Millionen Stunden ausfallen. Das ist falsch. Im Vergleich zu Ihren 5 Millionen – das müssen wir allerdings sagen –, wäre das schon ein riesiger Erfolg. In diesem Jahr liegen wir aber sogar nur noch bei etwas über 2 Millionen Stunden, die wegen Krankheit, Klassenfahrten oder Projekttagen ausfallen. Pro Jahr werden an unseren Schulen rund 3 Millionen Stunden mehr gegeben, weil wir Unterrichtsausfall erfolgreich bekämpft haben. Das ist unsere Erfolgsbilanz.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich beziehe an dieser Stelle auch noch einmal alle Lehrerinnen und Lehrer in diesen Erfolg mit ein.

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, die Verringerung des Unterrichtsausfalls ist keine Hexerei. Was getan werden muss, war schon allgemein bekannt, als

noch unter Rot-Grün mehr als doppelt so viel Unterricht ausfiel als heute.