Dieses Zitat stammt von Bundestagspräsident Norbert Lammert. Er hat es in der vergangenen Woche gesagt, als wir in Köln den 50. Geburtstag der Christlich-Jüdischen Gesellschaft gefeiert haben. Das waren genau der richtige Ort und die richtige Zeit, um diese Wahrheit auszusprechen. „Köln stellt sich quer“ ist ein ungemein breites Bündnis von – wir haben es eben gehört – Kirchen bis hin zu Ge
werkschaften, vom Oberbürgermeister bis zum Motorradclub „Kuhle Wampe“, von Ordensbrüdern bis zu Frauenverbänden. Sie stellen sich quer gegen diesen Aufmarsch der europäischen Rassisten und Neonazis in Köln, quer zu diesem Kongress mit dem untrügerischen Titel „Nein zur Islamisierung! Nein zur Kölner Großmoschee!“.
Dieser Ablehnung und Ignoranz stellen wir uns heute gemeinsam im Landtag entgegen. Wir sagen ja zur Vielfalt, ja zur Toleranz, ja zur Integration, ja zum interreligiösen Dialog, ja zum friedvollen und respektvollen Zusammenleben von Menschen unterschiedlichster Herkunft und unterschiedlichster Religionszugehörigkeit.
Vor allem, liebe Kolleginnen und Kollegen, freue ich mich darüber, dass alle vier Fraktionen dieses Hauses das sagen. Es freut uns insbesondere, dass Sie eine Initiative so positiv aufgenommen haben, die von unserer Fraktion ausging. Eine solche Gemeinsamkeit ist wichtig, um das richtige und entscheidende Nein in Richtung Köln zu rufen und für das gesamte Land zu formulieren. Es ist ein Nein voller Abscheu gegen diese braune Pest, die Hass und Gewalt sät. Wir sagen mit aller Klarheit, dass Rassisten und Neonazis in unserem Land keine Chance haben.
Wir wollen eine demokratische Gesellschaft der Vielfalt. Wir wertschätzen und achten die Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen. Wir wissen: Sie bereichern unser Zusammenleben. Wir brauchen sie.
Zu dieser Akzeptanz und Wertschätzung, liebe Kolleginnen und Kollegen, gehört auch, dass wir die verschiedenen Lebensentwürfe achten, die verschiedenen Weltanschauungen, die religiösen Überzeugungen aller Menschen, die hier leben. Wir wünschen mit ihnen einen offenen Dialog.
Genauso wie katholische und evangelische Christen haben selbstverständlich Juden und Muslime ihren Platz in unserer Gesellschaft, nicht nur wegen unserer gemeinsamen religiösen Wurzeln. Gerade die Unterschiede fordern unseren gegenseitigen Respekt als unabdingbar notwendige Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben.
Wir wissen es und dürfen es nicht verschweigen: Es gibt in unserer Gesellschaft Angst vor islamistischen Tendenzen in Europa. Diese Ängste müssen wir selbstverständlich ernst nehmen. Der Ausruf „Gewalt hat bei uns keinen Platz!“ gilt natürlich auch für islamistische Extremisten, nicht nur für Neonazis.
Doch gerade wenn wir die Menschen mit ihren Ängsten ernst nehmen, ist es umso wichtiger, immer wieder zu betonen: Die überwältigende Mehrheit der Muslime in Deutschland, die hier mit uns
Die Muslime in Köln, in Nordrhein-Westfalen und überall in Deutschland wollen einen würdigen Ort zum Ausüben ihrer Religion, zum Beten und für ihr Gemeindeleben – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich denke, das muss eine Selbstverständlichkeit in einem freien Land sein, das sich der freien Religionsausübung verschrieben hat.
Wir wissen nämlich, dass wir, wenn wir die Muslime ausgrenzen, ihnen mit Misstrauen begegnen und sie – auch aus Angst – isolieren, schüren wir Unterlegenheitsgefühle, Hass und Desintegration. Deshalb ist es so wichtig, dass wir heute hier gemeinsam klarmachen: Rassistische Botschaften der Intoleranz, der Ausgrenzung und des Hasses haben bei uns keinen Platz.
Wer vor der Vergangenheit die Augen verschließt, wird blind für die Gegenwart. – Diese Mahnung von Richard von Weizsäcker ist heute leider immer noch sehr aktuell. Sie gilt gerade heute. Gerade angesichts unserer Vergangenheit, gerade angesichts der Geschichte des Rassenwahns, der Verfolgung und Vernichtung des jüdischen Volkes und anderer Minderheiten dürfen wir diesem neuerlichen Erstarken des Rechtsextremismus und Rechtsradikalismus nicht tatenlos zuschauen.
Die heutige gemeinsame Erklärung, die Unterstützung des Protests gegen die Rassisten und Neonazis in unserem Land ist nicht nur in Köln ein wichtiges Zeichen, das von unserem Land und von diesem Hause ausgeht. Es ist ein Zeichen, das zu diesem Haus passt – ein Antrag aller Fraktionen.
So, wie es zu den Kölner Kneipiers passt, wenn sie kein Kölsch für Nazis ausschütten, und wie es zu der Karnevalshochburg Köln passt, wenn Tausende von Bauchtänzern mit „Salamalaaf“-Rufen zum Heumarkt ziehen, lassen Sie uns heute dieses gemeinsame Zeichen ins Land senden: In NordrheinWestfalen ist kein Platz für Rechtsextreme und Rassisten. – Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße es sehr, dass sich alle Fraktionen so deutlich gegen diesen sogenannten Anti-Islamisierungskongress stellen, der am Wochenende in Köln stattfinden soll. Der gemeinsame Antrag der Fraktionen setzt ein deutliches und notwendiges Signal gegen Fremdenfeindlichkeit und gegen den Versuch einer rechtsextremistischen Gruppierung, durch die Be
setzung eines in Köln diskutierten Themas, nämlich des geplanten Moscheebaus, möglichst medienwirksam zu provozieren.
Die Veranstalter dieses Kongresses, „pro Köln“ bzw. „pro NRW“, werden vom Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen beobachtet, da hinreichend tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht rechtsextremistischer Bestrebungen vorliegen.
Diese Veranstaltung steht in krassem Gegensatz zu allen Bemühungen, den interkulturellen und interreligiösen Dialog zu fördern und Menschen muslimischen Glaubens zu integrieren. Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema wollen die Veranstalter aber gerade nicht.
Mit der Unterstützung ausländischer Redner, die zumindest dem rechtspopulistischen, teilweise auch dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind, sollen hier Menschen einer bestimmten Volks- und Religionszugehörigkeit ausgegrenzt und Ängste vor Überfremdung geschürt werden. Es geht den Veranstaltern nur darum, eine ablehnende Haltung gegenüber dem Islam zu demonstrieren. Dabei versucht er, den Islam als Religion insgesamt zu diffamieren, indem er ihn mit dem Islamismus gleichsetzt.
Ein Verbot des Kongresses zum jetzigen Zeitpunkt ist rechtlich nicht möglich. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist ein hohes Rechtsgut, das nach dem Bundesverfassungsgericht nur unter engen Voraussetzungen eingeschränkt werden darf. Herr Solf hat zu Recht ausgeführt, dass eine freiheitliche Gesellschaft so etwas am Ende eben aushalten muss.
Die Polizei wird aber sehr genau hinschauen, ob sich aus dem Fortgang der Veranstaltung Verbotsgründe ergeben. Ein Verbot kann aber nicht die alleinige Antwort der Gesellschaft sein. Es mag kurzfristig ein Problem lösen, beseitigt aber nicht die Wurzel des Übels. Hier sind alle demokratischen Kräfte gefordert, sich auf politischer wie auch auf gesellschaftlicher Ebene mit den Extremisten auseinanderzusetzen.
Der Antrag der Fraktionen unterstützt die vielfältigen Maßnahmen der Landesregierung, gegen jede Art von Extremismus konsequent vorzugehen. Die Polizei tut dies, indem sie konsequent gegen fremdenfeindliche, rassistische und antisemitische Straftaten vorgeht. Der Verfassungsschutz seinerseits klärt über rechtsextremistische Strategien und Methoden auf.
Diese Aufklärungsmaßnahmen umfassen nicht nur Informationen in Unternehmen, sondern auch die von uns aufgelegten und mittlerweile bundesweit nachgefragten Bildungscomics „Andi 1“ zum Thema Rechtsextremismus und „Andi 2“ zum Islamismus. Hier kommen im Jahr weit über 100 Informationsveranstaltungen für Lehrkräfte, Multiplikatoren und Jugendliche hinzu.
Aufklärung und Information gehen aber noch weiter. Gerade im Hinblick auf den Kongress in Köln mit seiner menschenverachtenden und integrationsfeindlichen Ausrichtung ist es wichtig, die Kommunen zeitnah und umfassend zum Themenfeld „Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ zu informieren. Der Verfassungsschutz arbeitet hier ganz eng mit den kommunalen Spitzenverbänden zusammen. Dabei geht es um Informationen, die in den Kommunen besonders hilfreich sind. Die einzelnen Schritte und Projekte hat das Innenministerium nach dem gemeinsamen Antrag aller Fraktionen vom 17.12.2007 zuletzt im Hauptausschuss am 21.08.2008 vorgestellt.
Die erfolgreiche Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus gelingt nur dann, wenn unterschiedliche Stellen möglichst eng und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Dass ein breites Bündnis gegen den Kongress entstanden ist, ist ein deutliches Zeichen unserer wehrhaften Demokratie. Parteien, Gewerkschaften, christliche Kirchen, jüdische Gemeinden und andere haben zu Gegenveranstaltungen aufgerufen.
Mit der Teilnahme von mehreren tausend Gegendemonstranten ist zu rechnen. Diese breite Gegenbewegung aus der Mitte der Gesellschaft zeigt, dass es „pro Köln“ und „pro NRW“ nicht so leicht gelingen wird, durch das Anknüpfen an unterschwellig vorhandene Vorurteile auf Stimmenfang zu gehen. Ich rechne damit, dass am Samstag in Köln mehrere tausend Menschen in der Innenstadt demonstrieren werden. Polizei und Verfassungsschutz bereiten sich seit Wochen professionell auf die Veranstaltung vor.
Zur Bewältigung dieses schwierigen Einsatzes steht der Polizei Köln ein Großaufgebot an Einsatzkräften zur Verfügung. Nordrhein-Westfalen wird hierbei dankenswerterweise auch durch Polizeikräfte anderer Länder und die Bundespolizei unterstützt. Sie werden alles dafür tun, damit es friedlich und gewaltfrei bleibt.
Mit Sorge sehe ich allerdings, dass Gruppierungen des linksextremistischen Spektrums angekündigt haben, mit nichtdemokratischen Mitteln gegen den Kongress vorgehen zu wollen. Dabei sind Gewalttätigkeiten durch diese Gruppierungen, um den Kongress zu verhindern, nicht auszuschließen. Die Polizei wird ihre Arbeit tun und möglichst alles verhindern, was an Gewalt ausgeübt werden soll.
Öffentliche Veranstaltungen wie diese, meine Damen und Herren, bei denen es darum geht, ausländische Mitbürger auszugrenzen und Ängste gegenüber Fremden zu schüren, sind für die Bürgerinnen und Bürger, vor allem für die hier lebenden Muslime unerträglich. Aufgabe aller demokratischen Kräfte ist es daher, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
keinen Platz in unserer Gesellschaft zu geben. Ich bin überzeugt davon, dass dieses Signal am kommenden Wochenende auch von Köln ausgehen wird. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Die vier antragstellenden Fraktionen des Landtags haben direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/7464. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Dann ist das einstimmig so beschlossen.
Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP haben mit Schreiben vom 15. September 2008 gemäß § 90 Abs. 2 der Geschäftsordnung zu der genannten aktuellen Frage der Landespolitik eine Aussprache beantragt. Ich eröffne die Aussprache und gebe Klaus Kaiser von der CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich fragt, warum die ehemalige Schulministerin Ute Schäfer mit ihrer Schulpolitik gescheitert ist, dann gibt es zuallererst eine Antwort: Sie hat den Unterrichtsausfall nicht in den Griff bekommen.
Umso erstaunlicher ist es, dass sie nach ihrer Abwahl im Mai 2005 das Thema Unterrichtsausfall offensichtlich zu einem ihrer Lieblingsthemen gemacht hat. Auch die neueren Zitate belegen, dass Frau Schäfer den Unterrichtsausfall immer nur für ihre politischen Zwecke einspannen will, bis heute aber keine Strategie zur Bekämpfung des Unterrichtsausfalls vorgelegt hat.