Protokoll der Sitzung vom 22.10.2008

Dies hat der Bundestag ganz anders gemacht. Er hat eine andere Konstruktion gewählt. Der Bundestag hat am letzten Freitag beschlossen, dass ein unabhängiges Gremium eingesetzt wird, das die Angelegenheit begleitet, und hat eine parlamentarische Kontrolle der ganzen Aktivität, und zwar in dem Gesetz, vorgesehen.

Da es dabei um Rechte geht, die andernfalls eingeklagt werden müssen, haben wir hier den Antrag gestellt, den entsprechenden Paragrafen des Bundesgesetzes – § 10a – und das Verhandlungsergebnis, das in Berlin hierzu erzielt worden ist, auf die Landesebene zu übertragen.

Im Bund setzt sich das Gremium aus neun Mitgliedern zusammen, wir würden ein kleineres Gremium wählen. Wir wären zufrieden, würde in dieser Legislaturperiode ein relativ kleines Gremium mit fünf Mitgliedern des Landtags eingesetzt, um diese Aktivität bis zum Ende des Risikofonds parlamentarisch zu begleiten. Wir möchten, dass der Landtag das hier beschließt – ähnlich, wie der Bundestag in der Lage war, es in Berlin zu machen.

Dies soll ein Einstieg in die Art und Weise sein, wie dieser Risikoschirm und die begleitenden Aktivitäten weiterzuentwickeln sind, damit das Ganze eine vertretbare Form erhält. Es könnte auch sein, dass wir aus dem Angebot des Bundes – darüber gab es eine bundesweite Verständigung – lernen, wie wir

eine für den Risikoschirm in Nordrhein-Westfalen vertretbare Form finden können.

Ich sage auch: Vertrauen muss man zurückgewinnen. Sie, Herr Minister, und auch der Ministerpräsident haben in finanzpolitischen Fragen erheblich an Vertrauen verspielt.

Der Ministerpräsident hat im vergangenen Jahr die Sparkassen im Zusammenhang mit der WestLB in einer Art und Weise angegriffen, die eine damals vernünftige ökonomische Lösung unmöglich gemacht hat. Jetzt stellt er sich einigermaßen zynisch hin und sagt: Sollen die Sparkassen doch machen! Zugleich erschwert er ihnen das Geschäft mit einem Sparkassengesetz, das bundesweit in keinem anderen Bundesland eine Parallele findet; ganz zu schweigen davon, dass es hier im Land niemand als sinnvoll erachtet. Wenn Sie Vertrauen zurückgewinnen wollen, dann müssen Sie an der Stelle etwas tun.

Nun haben wir eben gelernt, dass Sie das nicht wollen. Aber ich sage Ihnen: Sie werden das lernen müssen. Denn manchmal ist es besser, lernfähig zu sein, als mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen – auch wenn man die Mehrheit hat.

Es ist nicht nur eine Frage der Mehrheit, sondern auch eine Frage der Vernunft, Vertrauen zurückzugewinnen. Ich rate zur Vernunft. Im Übrigen rate ich dazu, unseren Änderungsantrag anzunehmen und den Nachtragshaushalt abzulehnen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Brunn. – Jetzt hat für die FDP-Fraktion Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Debatte im Finanzbereich kann heute die internationale Finanzmarktsituation ausblenden. Das ist auch hier bei der zweiten Lesung des zweiten Nachtragshaushalts für das laufende Haushaltsjahr 2008 der Fall.

Denn ein wesentlicher Bestandteil des Nachtragshaushaltes, dem die FDP-Fraktion ihre Zustimmung erteilen wird, ist die Zuführung von 95 Millionen € an das Sondervermögen zur Bedienung der tatsächlichen Ausfälle, die unter der Risikoabschirmung für die WestLB möglicherweise anfallen.

Das entsprechende Gesetz zur Bildung eines Fonds werden wir heute ebenfalls behandeln. Mit diesem Risikoschirm, auf den sich die Eigentümer der WestLB bereits am 8. Februar dieses Jahres geeinigt haben, war Nordrhein-Westfalen vor dem Hintergrund der in der vergangenen Woche auch von der Bundesregierung, dem Bundestag und dem

Bundesrat ergriffenen Maßnahmen sicherlich seiner Zeit klar voraus.

Eine Bewertung der Maßnahme des Bundes habe ich heute Morgen vorgenommen. Das möchte ich deswegen an dieser Stelle nicht noch einmal wiederholen. Ebenso wie hoffentlich alle anderen Mitglieder dieses Hohen Hauses hoffe ich, dass das Land aus der Risikoabschirmung, also der Garantie, tatsächlich so wenig wie möglich in Anspruch genommen wird und sich die am Horizont drohenden Risiken nicht realisieren.

Meine Damen und Herren, die bisher aufgetretenen tatsächlichen Verluste stimmen in der Tat etwas optimistisch. Es gibt aber natürlich keine Gewähr dafür, dass diese Entwicklung so moderat bleibt. Deswegen ist die Zuführung an diesen Fonds vertretbar und notwendig.

Es ist Sache der Experten bei der WestLB AG, zu klären, ob eine Inanspruchnahme des Pakets auf Bundesebene, das in der vergangenen Woche beschlossen wurde, im Verbund mit anderen Banken auch für die WestLB infrage kommt. Wir haben auch das heute Morgen bereits einmal thematisiert.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die FDP-Fraktion hat die Rettung der WestLB mitgetragen und unterstützt, weil eine Insolvenz der WestLB, einer sogenannten systemrelevanten Bank, auch schwerwiegende Folgen für eine Vielzahl von Betroffenen und auch für die nordrhein-westfälischen Sparkassen gehabt hätte. Mit Sicherheit hätten die Finanzkrise und die Finanzmarktsituation heute noch ganz andere Dimensionen, wenn eine Bank in der Größe der WestLB wirklich in noch ernsthaftere Schwierigkeit geraten wäre.

Es gibt inzwischen Signale aus Brüssel, dass Wettbewerbskommissarin Kroes – sie war auch schon gelegentlich Gegenstand der parlamentarischen Debatte – bei der Prüfung, ob die Rettung der WestLB bzw. ob der Fonds und der Risikoschirm gegen europäisches Beihilferecht verstoßen, die weltweiten Stützungsmaßnahmen anderer Regierungen berücksichtigen wird. Das macht auch Sinn.

Wir werden die Rettung und Stärkung jedenfalls unterstützen. Sie ist konsequent. Es ist auch konsequent, für den Fall vorzusorgen, dass die Eigentümer aus der Risikoabschirmung doch in Anspruch genommen werden, weil Risiken schlagend werden.

Bedingt durch die kamerale Struktur des Haushalts kann das Land einen tatsächlich entstandenen Verlust nicht nach Abschluss des Haushaltsjahres in der Ergebnisrechnung buchen. Die Einnahmen und Ausgaben müssen stets vor dem eigentlichen Wirksamwerden „geplant“ werden. Mit der vorgesehenen Konstruktion, einen Fonds zur Bedienung der tatsächlichen Verluste aus den riskanten Wertpapieren einzurichten und diesen dann im Rahmen der ordentlichen Haushaltsplanung aus dem Landes

haushalt zu speisen, um damit den kurzfristig auftretenden und in ihrer Höhe heute noch völlig ungewissen Auszahlungen begegnen zu können, gehen wir einen vernünftigen Weg mit, um diese schwierige Situation zu bewältigen.

Es ist aus meiner Sicht bedauerlich, dass wir diese für die WestLB AG so wichtige Entscheidung nicht im Konsens mit dem gesamten Parlament treffen können, wie es bei Weichenstellungen dieser Größenordnung eigentlich Tradition hat. Wir haben uns in der Vergangenheit gemeinsam der Verantwortung für die WestLB, für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen und für den Finanzplatz NordrheinWestfalen gestellt.

Meine Damen und Herren, insbesondere die Kollegen von der SPD haben in der vergangenen Woche Signale gesandt, wonach man gemeinsame Wege gehen kann. Ich finde es schade, dass Sie Ihre Zustimmung zu diesem Risikoschirm nun doch verweigert haben. Vielleicht gehen Sie doch noch einmal in sich. Ich glaube, es wäre ein gutes Signal, wenn Sie diesen Risikoschirm und die Speisung des Risikofonds mittragen würden. Das wäre ein gutes Signal für die Kunden und Beschäftigten der WestLB, aber auch für die Bürgerinnen und Bürger im Interesse des Finanzplatzes.

Zu den Kollegen der Grünen lassen Sie mich auch noch eine Anmerkung machen. Während der ersten Lesung dieses Nachtragshaushalts hat Herr Kollege Remmel dem Finanzminister vorgeworfen, eine Verschleierungspolitik zu betreiben

(Beifall von den GRÜNEN)

und diesen Nachtragshaushalt ohne vernünftigen Grund eingebracht zu haben.

(Zuruf)

Herr Kollege Becker, warten Sie bitte noch einmal ab, was kommt. Dann überlegen und reflektieren Sie vielleicht einmal, ob Ihre Beifallsbekundungen zutreffend sind.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Damit es wieder präsent ist, darf ich mit Genehmigung des Präsidenten aus dem Protokoll der Sitzung vom 18. Juni dieses Jahres zitieren:

Warum jetzt ein zweiter Nachtrag? Brechen die Steuereinnahmen weg? Haben wir eine Staatskrise zu bewältigen? Nichts von alledem.

Herr Kollege Remmel hat Zweifel an der Notwendigkeit dieses zweiten Nachtragshaushaltes geäußert, wenn ich ihn richtig verstanden habe und er im Protokoll richtig wiedergegeben wurde.

Ich kann dazu nur sagen: Dieser Nachtragshaushalt war und ist nötig, weil die Steuereinnahmen erfreulich hoch ausgefallen sind. Und die Staatskrise verhindern wir gerade mit diesem Risikofonds. Er ver

hindert, dass die WestLB und zahlreiche Sparkassen in Schwierigkeiten geraten könnten.

Allein diese Tatsachen scheinen für Sie jedoch immer noch kein ausreichendes Argument für einen Nachtragshaushalt zu sein. Deswegen will ich das einfach für sich stehen lassen. Ich finde es bedauerlich; denn zumindest die Notwendigkeit eines Nachtragshaushaltes ist aus meiner Sicht absolut unstreitig und sollte absolut unstreitig sein.

Die Redner haben heute mehrfach und an unterschiedlichen Stellen gesagt, dass wir den Ansatz der Steuereinnahmen mit diesem Nachtragshaushalt zum wiederholten Male nach oben korrigieren dürfen und müssen. Das ist auch Ausdruck der vorsichtigen Herangehensweise des Finanzministers und der Landesregierung, die Steuereinnahmen in ihrem Etatentwurf zunächst einmal zurückhaltend anzusetzen. Auch wenn es Anlass zur Skepsis gibt, hoffe ich, dass wir in den künftigen Jahren ebenfalls in die Verlegenheit kommen, Nachtragshaushalte auf den Weg bringen zu können, weil wir mehr Steuereinnahmen haben als ursprünglich angenommen wurde.

Ich will auf drei Punkte eingehen, die von den Kollegen angesprochen wurden.

Zum einen geht es um die Streichung der 72 kwVermerke. Die von der Opposition hierzu vorgetragenen Argumente überzeugen nicht, auch wenn ich mir gewünscht hätte, dass es auch andere Lösungen gegeben hätte.

Ich möchte, dass Sie sich vergegenwärtigen, dass die schwarz-gelbe Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen seit 2005 viel mehr für einen schnelleren Personalabbau getan haben, als es jemals zuvor der Fall war. Ich nenne in diesem Zusammenhang nur die 1,5%ige Stelleneinsparvorgabe. Bis zum Jahr 2010 werden wir über 12.000 kwVermerke realisiert haben, und zwar kw-Vermerke, die sich noch seit rot-grünen Zeiten und seit halben Ewigkeiten im Haushalt befanden und befinden, aber eben nie realisiert wurden.

Wenn aber die Gesamtstellenzahl des Landes Nordrhein-Westfalen nicht um diesen Beitrag sinkt, was insbesondere bei den 72 Stellen immer wieder angemerkt wird, muss ich – auch wenn Ihnen dieser Hinweis vielleicht nicht gefallen mag – darauf aufmerksam machen, dass wir in den so lange von Rot-Grün vernachlässigten Bildungsbereich investiert haben, hauptsächlich im Bereich Personal. Zum Schuljahr 2009/2010 werden rund 7.000 zusätzliche Lehrerinnen und Lehrer in den Diensten des Landes Nordrhein-Westfalen stehen und damit den Unterrichtsausfall weiter reduzieren sowie die individuelle Förderung verbessern.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Deswegen werde ich nicht mehr darauf eingehen können,

dass wir die Ausgaben für die vorschulische Bildung mit diesem Nachtragshaushalt intensivieren und sie weiter ausbauen. Meine Damen und Herren, ich merke nur noch an, dass sich der Nachtragshaushalt nahtlos in die bisherige Politik von FDP und CDU einfügt und damit in eine sehr erfolgreiche Politik für das Land Nordrhein-Westfalen, für Bildungschancen für unsere Kinder und für die Konsolidierung unseres Haushaltes. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erhält das Wort Herr Abgeordneter Groth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Finanzminister, Sie wären gerne schon gekommen und hätten wahrscheinlich in dieses Horn der Selbstsuggestion gestoßen, dass man sich in der Haushaltspolitik NordrheinWestfalens alles schönredet, so wie es Ihnen Frau Freimuth gerade vorgemacht hat.

(Christian Möbius [CDU]: Das ist ganz was Neues!)

Da kennen wir Sie zur Genüge. Deshalb bin ich froh, dass ich vor Ihnen drankomme und ein paar Feststellungen treffen kann, meine Damen und Herren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich stelle fest: Hätten Sie früher auf uns gehört, hätte es dieses Nachtragshaushaltes nicht bedurft. Wir haben Ihnen schon sehr früh prophezeit, dass Sie bei KiBiz mehr Geld brauchen. Wir haben Ihnen auch aufgetragen, erst einmal eine funktionsfähige Finanzverwaltung hinzustellen und auch dort hinein zu investieren usw. usf. Es sind Anträge gestellt worden.