Protokoll der Sitzung vom 23.10.2008

(Beifall von der FDP – Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Meine Damen und Herren, dagegen hat die Koalition aus CDU und FDP

(Thomas Eiskirch [SPD]: Die Partei der Heu- schrecken!)

in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen drei Jahren unter Beweis gestellt, wie erfolgreich eine angebotsorientierte Wirtschaftspolitik sein kann, die sich darauf konzentriert, Wachstumskräfte freizusetzen, die Rahmenbedingungen für mittelständische Betriebe und Existenzgründungen zu verbessern und bürokratische Hürden für die Schaffung neuer Arbeitsplätze zu beseitigen.

Nordrhein-Westfalen ist wieder ein Land des Aufbruchs geworden, das die Abstiegsränge verlassen und wieder Anschluss an die Spitzengruppe der Bundesländer gefunden hat, meine Damen und Herren.

Dies ist nicht dadurch gelungen, dass wir milliardenschwere kreditfinanzierte Ausgabenprogramme aufgelegt haben, sondern durch eine solide Finanzpolitik und durch Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, meine Damen und Herren.

(Ralf Witzel [FDP]: Und durch die Abwahl von Rot-Grün!)

Mit zahlreichen Reformen hat die Koalition dafür gesorgt, dass die nordrhein-westfälischen Betriebe nun wieder mehr Freiheit haben, mehr Freiheit, sich zu entwickeln, ihre Wachstumschancen zu nutzen und neue Arbeitsplätze zu schaffen.

Nun ist es leider so, dass zentrale Stellschrauben gerade einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik in die Kompetenz des Bundes fallen. Deshalb war es richtig, dass der Ministerpräsident seine Vorschläge für ein Antirezessionsprogramm auch an den Bund adressiert hat. Dies gilt etwa für die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken, der Erarbeitung eines nationalen Rohstoffkonzeptes und vor allem für die Steuerpolitik.

Ministerpräsident Rüttgers hat die volle Unterstützung der FDP-Fraktion, wenn es auf Bundesebene darum geht, für Steuervereinfachung und gegen die bürokratischen und wachstumsfeindlichen Pläne des Bundesfinanzministers, zum Beispiel bei dem Erbschaftssteuerreformkonzept, zu kämpfen.

(Beifall von der FDP)

Ich bin deshalb auch sehr dankbar für die klare Aussage, dass die Landesregierung dies im Bundesrat nicht mittragen wird, meine Damen und Herren.

Die Große Koalition in Berlin hat uns die größte Steuererhöhungswelle in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland beschert: 19 Steuererhöhungen in zweieinhalb Jahren.

(Zuruf von Michael Groschek [SPD])

Deshalb müssen wir die Steuern nicht nur vereinfachen, sondern auch senken. Gerade in Zeiten einer drohenden Rezession müssen wir diejenigen entlasten, die als Arbeitnehmer und Unternehmer im Mittelstand das Rückgrat unserer Volkswirtschaft bilden.

Meine Damen und Herren, andere Länder haben uns vorgemacht, wie Steuersenkungen zu einer Stärkung der Wachstumskräfte führen können, ohne dabei den Konsolidierungskurs zu verlassen. Dies wäre auch für Deutschland das richtige und das beste Antirezessionsprogramm. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Brockes. – Für die Landesregierung spricht Frau Wirtschaftsministerin Thoben.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ausgangspunkt und Brennpunkt der gegenwärtigen Krise ist die instabile Verfassung der internationalen Finanzmärkte. Wir haben gestern ausführlich darüber geredet. Herr Eumann, Ihren Ausflug in ein neues Politikfeld, haben Sie wahrscheinlich unternommen, weil Sie bei Bildung und Medien nicht mehr wahrgenommen werden.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Marc Jan Eumann [SPD])

Aber mit Zitaten aus alten Presseschauen lässt sich eine argumentative Schwäche nur notdürftig kaschieren.

(Beifall von der CDU – Ralf Jäger [SPD]: Frau Thoben, das kann jeder sagen, nur nicht Sie! – Hannelore Kraft [SPD]: Ihre Rede war die Katastrophe, Frau Ministerin!)

Ich habe die Rede nicht gehalten, Frau Kraft. Sie können das ja einmal intern diskutieren.

Es ist richtig und notwendig, dass international abgestimmte Maßnahmenpakete zur Stabilisierung der Finanzmärkte ergriffen wurden. Dabei dienen die international koordinierten Maßnahmen nicht der Rettung eines beliebigen Sektors der Weltwirtschaft, sie dienen dem für die wirtschaftliche Entwicklung unentbehrlichen Finanzmarkt. Die Staaten – auch Deutschland – engagieren sich mit hohem finanziellem Einsatz an der Bekämpfung des Brandherdes der Krise.

Wenn die Stabilisierung des Finanzsektors gelingt – ich bin davon überzeugt, dass das zu schaffen ist –, dann werden die Auswirkungen auf die Realwirtschaft zwar schmerzlich, aber doch begrenzt bleiben.

Die Konjunktur hat zurzeit einen Durchhänger. Das ist schon lange prognostiziert. Zugleich gehen die Prognosen wissenschaftlicher Forschungsinstitute derzeit davon aus, dass sich die Wirtschaft im Laufe des nächsten Jahres wieder erholen wird.

Der Ministerpräsident, der Finanzminister, der Arbeitsminister – alle Mitglieder der Landesregierung – sind sich darin einig, dass schuldenfinanzierte Ausgabenprogramme in der gegenwärtigen Situation die falsche Antwort wären. Lesen Sie die Vorschläge des Ministerpräsidenten in seinem Antirezessionsprogramm! Lesen Sie die Interviews des Arbeitsministers! Hören Sie dem Finanzminister zu!

(Carina Gödecke [SPD]: Die können ja auch mit uns reden!)

Sie alle fordern verstärkte Anstrengungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen zur dauerhaften Erhöhung des Wachstumspfades.

Im Übrigen wird die Wirtschaft in diesem Jahr durch die beschlossene Senkung der Beiträge zur Arbeits

losenversicherung sowie durch die Unternehmenssteuerreform 2008 um mehr als 15 Milliarden € entlastet. Auch wieder sinkende Preise, Herr Priggen, für Lebensmittel und Energierohstoffe stärken die reale Kaufkraft wieder.

Ich zitiere nochmals, was ich gestern bereits aus dem Herbstgutachten vorgetragen habe:

… in der aktuellen Situation … ist es hilfreich, dass sich die Finanzlage des Staates in den vergangenen Jahren erheblich verbessert hat. Daher – so die Institute – ist es möglich und sinnvoll, die automatischen Stabilisatoren wirken zu lassen.

Auch die Institute halten ein Konjunkturprogramm herkömmlicher Art nicht für erfolgversprechend.

Aber wir werden, Herr Priggen, in den Haushaltsberatungen in den kommenden Monaten noch sehr unbequeme Fragen zu beantworten haben. Die haben nämlich etwas mit internen Stabilisatoren zu tun. Wenn die neue Steuerschätzung kommt und wir dann mit deutlich sinkenden Einnahmen rechnen müssen, bin ich sehr gespannt auf Ihre Anträge.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Wo? Im Haushalt ist das noch nicht, Frau Thoben!)

Herr Eumann, Sie haben aber auch null Ahnung.

(Beifall von der CDU)

Sie wissen, dass die Steuerschätzung im November eines jeden Jahres gemacht wird und dann die Haushaltsberatungen in den Ländern auf der Basis der neuen Zahlen angepasst werden müssen.

(Marc Jan Eumann [SPD]: Wäre ja gut, Frau Thoben!)

Würden Sie es wenigstens behalten? Ich rechne damit, dass jede Woche jemand aus Ihrer Fraktion mit demselben Unsinn kommt. Das ist ja schrecklich.

(Beifall von der CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wir müssen uns auch jede Woche mit Ihrem Unsinn auseinandersetzen!)

Sie unterschätzen immer noch den Ernst der Lage.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Ihnen sollte man mal Shakespeare empfehlen! – Zuruf: Das ist ja die Rede von gestern!)

Die Vorschläge des Ministerpräsidenten in seinem Antirezessionsprogramm unterstützen wir voll. Ich will den Finanzminister zitieren: Darüber hinaus sind die Investitionen in Bildung und Innovation wichtig. – Wenigstens hat Herr Eumann auch den Begriff verwandt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ihre Belehrungen sind langsam nervend und anmaßend!)

Nordrhein-Westfalen leistet sich schon jetzt ein ausgesprochen ehrgeiziges Konjunkturprogramm. 2009 erhalten die Kindergärten zusätzlich 110 Millionen €. Der Einzelplan Schule erhält rund 700 Millionen € mehr, 2010 weitere 380 Millionen €, 2011 zusätzlich 290 Millionen €. Allein aus dem Innovationsfonds fließen 2009 bis 2012 insgesamt 260 Millionen €. Zum Stand der Wettbewerbe und der daraus fließenden Mittelvergabe habe ich Ihnen zugesagt, dass ich Anfang November – die eine Sitzung hat nicht stattgefunden, wir bereiten es gerade auf – vortrage, wie weit die Vergaben sind. Gehen Sie auch hier davon aus: Das sind Wachstumsimpulse. Die wollen wir, so hoffe ich, immer noch gemeinsam.

Ich habe gestern einen Vorschlag gemacht, der sich inhaltlich weitgehend mit dem deckt, was Sie vortragen, Herr Priggen. Wir sind nur bei Frage, wie wir es finanzieren wollen, auseinander. Ich sehe genauso wie Sie einen großen Bedarf an und eine breite Wirkung von allen Maßnahmen, die die energetische Gebäudesanierung betreffen. Da sind wir überhaupt nicht auseinander. Ich sage nur, da ich dafür keine neuen Schulden machen will: Warum wählen wir nicht den intelligenten Weg, zusätzliche Erlöse aus längerer Laufzeit der Kernkraftwerke für diese Zwecke zu mobilisieren? Darüber können wir mit der Wirtschaft verhandeln, sie ist zu solchen Gesprächen bereit. Warum gehen Sie einen solchen Weg nicht mit?

(Beifall von CDU und FDP)

Gleichzeitig haben Sie gestern die Frage der Automobilindustrie deutlich vorgetragen. Warum macht dann Herr Eumann die lapidare Bemerkung, es sei doch alles so schrecklich? Sie wissen, dass die Franzosen mit einem solchen Programm gerade bei kleinen Autos vor Jahren große Erfolge hatten.

(Minister Andreas Krautscheid: Herr Eumann weiß das nicht!)