Protokoll der Sitzung vom 23.10.2008

Das Fazit dieser Feststellung lautet: 62 % der Professoren und des weiteren lehrenden Personals gaben entweder unvollständige, nicht nachvollziehbare oder keine Lehrnachweise bei der Hochschulleitung ab. Als Gründe hierfür wurde unter anderem genannt, dass das Abgeben von Lehrnachweisen zu aufwendig und eine lästige Pflicht sei. Oftmals seien nur Professoren beauftragt worden, Lehrnachweise zu erbringen, und nicht das weitere lehrende Personal.

Und schließlich wurde seitens des Landesrechnungshofes die mangelnde Kontrolle durch die Hochschulleitung moniert, die bei Nichterfüllung keine Reaktion gezeigt habe.

Um dieses Problem zu beheben und Lehrnachweise künftig zeitnah erheben zu können, wird vom Landesrechnungshof die stärkere Nutzung von Informationstechnologie vorgeschlagen. Im Kern geht es um den Aufbau eines IT-gestützten Systems, um zeitnah Personalentwicklungen und Wahrnehmung von Lehrverpflichtungen an den Hochschulen bei der Landesregierung zentral zu erfassen.

Frau Ministerin Sommer, da Sie heute Herrn Minister Pinkwart vertreten, sage ich Ihnen: Das ist sozusagen eine Unterrichtsausfallstatistik für Hochschulen.

(Zustimmung von Ministerin Barbara Som- mer)

Was ist den Schulen recht ist, müsste den Hochschulen billig sein.

Wir haben in unserem Antrag diesen Vorschlag aufgegriffen und ins Parlament eingebracht. In diesem Zusammenhang möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass meine Fraktion bereits durch den Antrag Drucksache 14/3642 im Januar 2007 auf die offene Frage des Controllings der Personalkostenzuschüsse an die Hochschulen hingewiesen hatte.

Für den Haushalt des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie wurde für die Personalentwicklung bei der Ist-Besetzung ein Wert von 93,2 % festgestellt. Hierbei blieb und bleibt weiterhin unklar, wie die Hochschulen mit der Besetzung offener Stellen für Professorinnen und Professoren, für wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und für Personal in Verwaltung und Technik umgegangen sind.

Globalhaushalte und Budgetierung unterstützen wir durchaus. Die Globalhaushalte sind zur Zeit der rotgrünen Regierung in Nordrhein-Westfalen eingeführt worden. Globalhaushalte und Budgetierung benötigen aber Transparenz. Damit der Landtag weiterhin seine Funktion als Haushaltsgesetzgeber verantwortungsvoll wahrnehmen kann, muss er von der Landesregierung oder direkt von den Hochschulen konsequent, sorgfältig und dauerhaft über die Personalentwicklung an den Hochschulen informiert werden.

Insofern ist die im aktuellen Antrag angesprochene Problematik der Wahrnehmung von Lehrverpflichtungen ein Aspekt eines zu klärenden grundsätzlichen Problems, das sogar über diesen Punkt hinausreicht. Es geht um die Berichterstattung der Hochschulen an das Parlament als Sachwalter derjenigen, die die Hochschulen finanzieren, nämlich der Bürgerinnen und Bürger.

Wenn Ihre Koalition und Ihre deregulierte Landesregierung diesen Antrag ebenso wie den Antrag aus dem Jahr 2007 ablehnen, müssen Sie beantworten, wie Sie staatliche Verantwortung wahrnehmen wollen. Wenn das Land öffentliche Mittel, also Steuergelder der Bürgerinnen und Bürger, an die Hochschulen gibt – nicht nur aus unserer Sicht ist Bildung ein öffentliches Gut –, können diese Haushaltsmittel im Rahmen der Autonomie der Hochschulen zwar verausgabt werden, jedoch muss sichergestellt sein, dass der Auftrag des Haushaltsgesetzgebers gewahrt und umgesetzt wird. Wir erwarten die Einführung eines hierzu geeigneten Finanzcontrollings.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Wir stellen nochmals fest: Personalmittel müssen für Personal und damit für Forschung und Lehre ausgegeben werden.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie, der heute zur Abstimmung stehenden Beschlussempfehlung nicht zuzustimmen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Dr. Berger das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der SPD bringt es wieder einmal an den Tag: Insbesondere Sie, Herr Schultheis, bringen es einfach nicht fertig, sich von Ihrer zentralistischen Denkweise zu verabschieden. Ich weiß gar nicht, woran es liegt.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Vielleicht liegt es daran, dass Sie sich im Ministerium auch einmal beruflich damit befasst haben. Sie bringen es aber nicht fertig, Ihre Denkweise von damals ad acta zu legen.

(Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Ich meine es nur gut mit Ihnen. Es würde Ihnen wirklich sehr gut bekommen; denn die alten Zeiten der Hochschulpolitik kommen wahrlich nicht wieder. Wir haben häufig darüber gestritten, dass die Zukunft eine andere und – das sei an dieser Stelle auch erwähnt – gelinde gesagt eine bessere sein wird. Das belegen viele Studien und Umfragen.

Ziel unserer neuen Philosophie ist es unter anderem auch, dass die Hochschulen ihre Haushalts- und Personalangelegenheiten selber regeln dürfen. Aus diesem Grund haben wir uns von der bürokratischen Detailsteuerung verabschiedet und ein Drittel der Vorschriften gestrichen.

Genau diese bürokratisch überfrachtete Detailsteuerung wollen Sie jetzt über zahlreiche Anträge über die parlamentarische Hintertür wieder einführen. Es ist nicht der erste Antrag dieser Art. Es steckt auch ein Duktus dahinter.

Damit nicht genug, fordern Sie darüber hinaus, dem Landtag halbjährlich einen detaillierten Bericht vorzulegen. Damit setzen Sie noch eins oben drauf.

(Karl Schultheis [SPD]: Wollen Sie das denn nicht wissen?)

Es sei Ihnen ausdrücklich versichert, dass unsere Hochschulen in Nordrhein-Westfalen definitiv Besseres zu tun haben, als Zahlen anzuhäufen und halbjährliche Berichte zu verfassen, Herr Schultheis.

(Karl Schultheis [SPD]: Sagen Sie das einmal den Hochschulräten!)

Herr Schultheis, noch etwas nehme ich Ihnen ein bisschen übel. Bei Ihnen schwingt immer die – im Zweifel nicht immer gut gemeinte – Unterstellung mit, wir wüssten gar nicht mehr, was an den Hochschulen passiert.

(Karl Schultheis [SPD]: Das ist keine Unter- stellung, das ist eine Tatsache!)

Das haben Sie eben übrigens auch so zu Protokoll gegeben.

Eigentlich ist völlig klar: Ein Verzicht auf Detailsteuerung führt in keiner Weise dazu, dass der ganze Landtag und das gesamte Ministerium plötzlich mit Blindheit geschlagen wären. Wir wollen und können

den Hochschulen in unserem Land aber schlicht und ergreifend die Entscheidung über die Personalwirtschaft überlassen. Die Hochschulen haben endlich die dafür notwendige finanzielle Planungssicherheit bekommen. Das sei an dieser Stelle auch noch einmal gesagt.

Im Übrigen sorgt der Wettbewerb dafür, dass die Studenten mit den Füßen über die Qualität der Hochschule abstimmen. Das ist der zentrale Punkt, an dem wir uns von Ihnen unterscheiden und den Sie nicht hören und nicht wahrhaben wollen, weil er Ihnen gegen den Strich geht. Damit werden logischerweise Qualitätsverbesserungen im gesamten System erfolgen. Dieser Philosophie können Sie sich aber nicht annehmen. Sie wollen das nicht hören. Sie sind in Ihrer Staatsgläubigkeit in zentralistischen Denkmustern verhaftet. Das belegen Sie in diesem Parlament immer wieder mit Anträgen.

(Beifall von CDU und FDP)

Zum Schluss kann ich für meine Partei und für die CDU-Fraktion nur eines sagen: Wir plädieren dafür, den Rückfall in bürokratische Strukturen abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Berger. – Als nächster Redner spricht für die Fraktion der FDP Herr Kollege Witzel. Bitte schön, Herr Kollege.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Die Koalition der Erneuerung!)

Ralf Witzel (FDP) Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Remmel wies gerade zu Recht darauf hin, dass das Hochschulfreiheitsgesetz von der Koalition der Erneuerung auf den Weg gebracht worden ist. Das haben Sie gelernt, Herr Remmel. Sehr gut. Das gibt einen Fleißpunkt.

Als eine der zentralen Errungenschaften des Gesetzes verfügen die Universitäten und Fachhochschulen in Nordrhein-Westfalen seit dem 1. Januar 2007 über weitreichende Kompetenzen im Bereich der Finanz-, Personal- und Organisationsentscheidungen.

Herr Remmel, was den Damen und Herren der Opposition aber noch nicht eingängig ist und was sie noch nicht nachvollzogen haben, ist, was das für die neue Kultur und Mentalität der Hochschulen bedeutet und mit sich bringt. Das Hochschulfreiheitsgesetz hat den Hochschulen in unserem Land nämlich nicht nur neue dezentrale Kompetenzen übertragen, sondern ebenso ein großes Maß an Vertrauen und Verantwortung mitgeschenkt.

Ich sage Ihnen ganz klar, die Landtagsfraktion der FDP denkt nicht daran, künftig Abstriche von dieser

neuen Kultur der dezentralen Steuerung vorzunehmen. Wir werden solche Abstriche weder bei den Kompetenzen noch bei der Verantwortung vornehmen.

Herr Kollege Witzel, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schultheis?

Aber immer gerne.

Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Kollege Witzel, es wundert mich nicht, was Sie hier erzählen. Ich habe aber eine Frage dazu. Wie wollen Sie mit den Monita des Landesrechnungshofes umgehen? Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?

Herr Kollege, bitte.

Herr Kollege Schultheis, ich bin fest davon überzeugt, dass Sachbefunde und Argumente des Landesrechnungshofs gründlich ausgewertet werden müssen und handlungsleitend für zukünftige Entscheidungen sein müssen.

Ich glaube aber, die besten Entscheidungen entstehen durch einen Wettbewerb dezentral eigenverantwortlicher Einrichtungen, die für ihre Eigensteuerung verantwortlich sind und über Gestaltungschancen verfügen, die sie bei Ihnen unter Rot-Grün früher nicht hatten. Mit den Chancen gehen natürlich auch Verpflichtungen einher, die Auflagen zu erfüllen.

Bezogen auf Ihre Frage nach der Verantwortung des Ministeriums, die sich dahinter verbirgt, möchte ich sagen: Das Ministerium versteckt sich nicht, sondern ist mit jeder einzelnen Hochschule über die Hochschulentwicklung vor Ort, über Entwicklungsziele und über Rahmendaten im Gespräch. Es wird über Zielvereinbarungen gesprochen. Die Verantwortung für den Vollzug und das Geradestehen dafür, dass alles richtig läuft, liegt aber dezentral bei der Einrichtung vor Ort. Ich glaube, das ist die richtige Kultur.