Protokoll der Sitzung vom 12.11.2008

Ich hoffe, Sie werden heute Abend gute Gespräche führen können. Ich hoffe auch, dass dieser Abend und Ihr Besuch bei uns dazu beitragen, die jetzt schon sehr guten Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Polen weiter zu vertiefen und fortzuentwickeln. Seien Sie herzlich willkommen! Vielen Dank, dass Sie da sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt setzen wir unsere interessante Debatte fort. Ich darf Frau Kollegin Düker von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort geben. Bitte schön, Frau Düker.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wenn uns der Präsident hier ab und zu einmal mahnt, uns kurz zu fassen, sage ich Ihnen: Wenn zu einem Punkt aus Sicht des Parlaments eine Debatte nötig ist, dann muss sie auch geführt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aus meiner Sicht ist an diesem Punkt eine Debatte sehr nötig. Denn keiner meiner Vorredner – das fand ich sehr schade, Herr Wirtz, Herr Engel – hat auf die Debatte im Innenausschuss hingewiesen, die zu dieser Beschlussfassung geführt hat.

Aus der Debatte im Innenausschuss ergab sich auch unser Änderungsantrag. Deswegen nehme ich auch nur zu dem Stellung und angesichts der Zeit nicht zum Rest des Gesetzes.

Im Innenausschuss habe ich Artikel 4 thematisiert. Artikel 4 ist das Korruptionsbekämpfungsgesetz. Seinerzeit hat der noch rot-grüne Gesetzgeber dieses Gesetz – am 1. März 2005 ist es in Kraft getreten – befristet, wohlweislich befristet, weil nämlich der Gesetzgeber damals, wie ich fand, sehr klug gesagt hat: Wir betreten mit einem Gesetz Neuland. Wir wollen das auswerten und gucken, ob sich das Gesetz bewährt hat oder nicht bewährt hat. Deswegen haben wir es befristet. Deswegen haben wir vor der Befristung eine Evaluierungsklausel eingeführt und gesagt: Drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes ist das zu überprüfen.

Herr Minister, wir haben das nicht nur wegen der Debatte im Ausschuss damals befristet, sondern gerade auch wegen Ihres Beitrags. Gerade die FDP-Fraktion hatte bei dem Gesetz rechtsstaatliche Bedenken. Die haben wir aufgegriffen und haben gesagt: Genau diese Bedenken wollen wir in der Evaluierung aufgreifen und dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, entscheiden, ob wir es fortsetzen, wie wir es fortsetzen, ob wir es korrigieren oder nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

In der Begründung zu Artikel 4 schlägt uns der Innenminister vor, die Befristung zu verlängern. Zu der Evaluierung heißt es dort lapidar: Ja, das ist gesetzlich vorgegeben, das zu überprüfen. Das Verfahren ist auch eingeleitet. Die Berichterstattung ist für das zweite Halbjahr 2008 vorgesehen. – Keine Berichterstattung liegt vor. Wir haben noch eine Sitzung des Innenausschusses in diesem Jahr. Wir wissen nichts.

Wir wissen wohl – das finde ich noch bemerkenswerter –: In einem Bericht der Landesregierung schon im Januar 2008 zu diesem Fünften Befristungsgesetz kündigt die Landesregierung an, dass es einen Vorschlag zur Gesetzesänderung geben wird. Ein Vorschlag zur Gesetzesänderung liegt auch nicht vor.

Dann kommt das eigentlich Ungeheuerliche: Wir fragen nach. Die Legislative, der Gesetzgeber, fragt die Exekutive, wann sie denn gedenkt, diesen gesetzlichen Auftrag auszuführen. Der Innenminister ist uns bis heute eine Antwort schuldig geblieben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Auch in der zweiten Lesung wird uns das hier wieder kommentarlos hingelegt. Ich weiß nicht, warum sich die Exekutive nicht einfach an Recht und Gesetz hält, sondern der Legislative die Antwort auf die Frage verweigert, warum sie ihrem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommt. Wenn sie dem gesetzlichem Auftrag aus zeitlichen Gründen nicht nachkommen kann, wofür ich sogar noch Verständnis

hätte, dann müssten Sie, Herr Innenminister, sagen, wann Sie die Evaluierung auf den Tisch legen.

Das Gesetz läuft Ende Februar 2009 aus. Zwischen November – jetzt – und Ende Februar ist ausreichend Zeit, um diese Evaluierung vorzulegen und uns ganz klar zu sagen, was das Gesetz gebracht hat und was nicht. Dann kann man, wie der Gesetzgeber es damals wollte, auf der Grundlage dieser Berichterstattung über eine Verlängerung entscheiden.

Deswegen fordern wir heute: Art. 4 muss gestrichen werden. So geht man nicht mit dem Parlament um, Herr Wolf. Sie haben eine Berichtspflicht. Sie haben eine Auskunftspflicht. All das haben Sie im Innenausschuss verweigert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hinzufügen möchte ich: Es ist nicht das erste Mal, dass der Innenminister dem Gesetzgeber eine Auskunft darüber verweigert, warum er gesetzlichen Vorgaben zur Evaluierung nicht entspricht. Die gleiche Debatte hatten wir zum Polizeigesetz. Auch im Polizeigesetz gibt es eine Evaluierungspflicht, nämlich zur Rasterfahndung und zum Platzverweis. Sie wurde damals eingeführt, weil die FDP rechtsstaatliche Bedenken geltend gemacht hat, als wir das Gesetz verabschiedet haben. Diese Evaluierungspflicht ist nicht erst seit einem halben Jahr, sondern seit anderthalb Jahren verfristet. Auch da ist weit und breit vom Innenminister nicht zu hören, wann er schlicht Recht und Gesetz umsetzt. Das kann es nicht geben.

Deswegen fordern wir hier, Art. 4 zu streichen. Ich erwarte dazu eine Erklärung vom Innenminister und hoffe, dass er sie heute bereit ist zu geben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Jetzt Herr Innenminister Dr. Wolf das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will versuchen, das Meine dazu beizutragen, dass wir ein wenig zügiger vorankommen. Deswegen nur einige kurze Bemerkungen zu dem Gesetz insgesamt.

Ich glaube, wir haben den Wert der Befristungsgesetzgebung heute noch einmal sehr deutlich herausgestellt. Dass wir das verfahrensökonomisch vernünftig ausführen und entsprechende Verlängerungen in einem Packen machen, ist anerkannt richtig.

Herr Jäger, der wohl nicht mehr unter uns weilt, hat in dem Zusammenhang …

(Zurufe)

Ist er noch da? Herzlich willkommen, Herr Jäger! Es ist sehr schön, dass Sie noch da sind. – Ich wollte nur sagen, in der Staatskanzlei gibt es keine B5Besoldung. Solche Kleinigkeiten schenken wir uns. Die Verlängerung der Arbeitszeitverordnung ist, glaube ich, hinreichend begründet, wobei Sie vielleicht noch einmal zur Kenntnis nehmen möchten, dass wir hier nur über die rechtliche Rahmenvorschrift befinden, dass die konkrete Festlegung der Arbeitszeit über die Arbeitszeitverordnung läuft und dass die Aufregung an dieser Stelle insofern gar nicht vonnöten ist.

Ebenso wenig ist das, was Frau Düker hier angesprochen hat, für Tiraden geeignet. Das Problem, das Sie hier beklagen, ist strukturell in ihrem eigenen Gesetz angelegt. An Ihrer Stelle wäre ich einfach ruhig. Sie haben ein schlechtes Gesetz gemacht; denn das Gesetz hat viel zu kurze Verfahrensabläufe vorgesehen.

(Beifall von der CDU)

Erst im März 2008 waren die drei Jahre um. Erst dann konnte man die Evaluierung vernünftigerweise anleiern. Wenn Sie sehen, dass wir 281 Landesbehörden zu befragen haben und dass die Kommunen noch nicht einmal zu einer Einzelbeantwortung bereit waren und sich auch nicht in der Lage dazu sahen, sondern über die Spitzenverbände geantwortet haben, dann wird Ihnen auch klar, dass das – wenn gleichzeitig der Ablauf der Frist im Februar 2009 droht – mit Rückfragen und all diesen Dingen gar nicht zu schaffen ist.

Am Ende ist also völlig klar: Die von Ihnen falsch gewählten Zeitabläufe haben wir nun verfahrensmäßig repariert und das Gesetz bis Ende 2010 befristet. Bis dahin können wir alle notwendigen inhaltlichen Reparaturen vornehmen, auch unter Einbindung der neuen Gedanken aus dem Bund, der auch Überlegungen zum Thema Korruptionsgesetz anstellt.

Ich weiß auch gar nicht, warum Sie hier mit Falschmeldungen agieren. Wir haben zugesagt, dass wir Ihnen im zweiten Halbjahr Entsprechendes vorlegen wollen. Das zweite Halbjahr 2008 ist bekanntlich noch nicht abgelaufen. Wir haben durch die Verlängerung der entsprechenden Frist Möglichkeiten für eine souveräne und solide Bearbeitung. Hier geht wie immer Gründlichkeit vor Schnelligkeit, kein Hopplahopp. All das ist im nächsten Verfahrensschritt zu klären. Hier geht es sozusagen um eine Überrollung der Fristen. Das halte ich für vernünftig. Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister. – Herr Remmel hat uns mitgeteilt, dass Frau Düker gemäß § 46 Abs. 1 der Geschäftsordnung den Wunsch zu einer mündlichen Erklärung – nach Schluss der Debatte, aber vor der Abstim

mung – hat. Diese Erklärung darf höchstens fünf Minuten lang sein. Frau Düker, Sie haben das Wort.

(Zurufe)

Das ist ihr gutes Recht, und das bedarf nicht immer eines Kommentars. Frau Düker, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe hier nach § 46 Abs. 1 eine Erklärung zur Abstimmung ab. Ich stelle fest, dass der Innenminister zum wiederholten Mal seiner Auskunftspflicht nicht nachgekommen ist und eine Antwort auf die Frage schuldig geblieben ist, wann genau er gedenkt, seiner gesetzlichen Auskunftspflicht nachzukommen.

In der Begründung des Gesetzentwurfes, den wir heute hier beschließen, steht: „Der Bericht wird im zweiten Halbjahr 2008 vorgelegt.“ Im zweiten Halbjahr 2008 gibt es noch eine Innenausschusssitzung, nämlich im Dezember. Ich gebe hier zu Protokoll, dass ich davon ausgehe, dass diese Berichterstattung in der Dezembersitzung des Innenausschusses – weil er nämlich beteiligt werden muss – erfolgt.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Das ist keine persönliche Erklärung. Das ist eine mündliche Erklärung zur Abstimmung. Ich habe dafür fünf Minuten Zeit, Herr Lindner. Gucken Sie mal in die Geschäftsordnung!

Ich gehe davon aus, dass die Berichterstattung in der Dezembersitzung erfolgt. Ich möchte hier festhalten, dass wir Grüne, wenn diese Berichterstattung nicht erfolgt, also der Innenminister seinem gesetzlichen Auftrag nicht nachkommt und uns keine Auskunft darüber gibt, wann er es tut, dieses Verhalten rechtlich prüfen lassen werden.

Insgesamt möchte ich feststellen, dass der Innenminister ein besorgniserregendes Verhältnis zur Gewaltenteilung im Rechtsstaat hat, wenn er so mit den Auskunftsrechten des Parlamentes umgeht.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Frau Düker. – Diejenigen, die in Zwischenrufen gefragt haben, ob das eine persönliche Erklärung ist, mache ich auf § 46 Abs. 1 aufmerksam, den Sie im Übrigen zu Beginn der Wahlperiode beschlossen haben.

(Ralf Jäger [SPD]: Die haben vieles be- schlossen!)

Da heißt es wörtlich:

Nach Schluss der Aussprache kann jedes Mitglied des Landtags zu seinem Abstimmungsverhalten eine mündliche Erklärung von höchstens fünf Minuten abgeben.

Das ist so. Wenn Sie das nicht haben wollen, müssen Sie die Geschäftsordnung entsprechend ändern.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das zeigt, dass Sie schon zu viel abgestimmt haben, dass Sie das nicht mehr wissen!)

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung, denn es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr.