Es sehe an mehreren Punkten in Ihrem Antrag eine Schwäche. Ich möchte aber nur auf eine Schwäche eingehen. Sie machen es sich im letzten Absatz ganz bequem, indem Sie einfach sagen, die erforderlichen haushalterischen Veränderungen solle die Landesregierung in das Verfahren einbringen. Meine Kollegen von den Grünen, der Haushalt 2009 befindet sich in der parlamentarischen Beratung. Deswegen hätte ich zumindest erwartet, dass Sie eine Haushaltsinitiative von Ihrer Fraktion in Aussicht stellen.
Vielleicht finden wir aber noch zu einer Regelung, die die Qualität der Theaterlandschaft in NordrheinWestfalen herausstreicht und uns als Theaterland und Kulturland Nordrhein-Westfalen auch wirklich erstrahlen lässt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Kollegen sagen, ich soll uns einmal wach machen. Dabei ist der Antrag sozusagen in Hektik entstanden. Man müsste also eigentlich wach und hektisch sein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der regierungstragenden Fraktionen, wir haben uns wirklich gefragt, was Sie veranlasst hat, zum jetzigen Zeitpunkt einen solchen Antrag zu stellen. Vielleicht ist er politisch motiviert – dazu komme ich gleich noch –, von der Sache her ist er aber unerklärlich und nicht akzeptabel. Es handelt sich im wahrsten Sinne des Wortes um einen Schnellschuss, und zwar insoweit, als eine Debatte über den Inhalt, nämlich über die Zukunft der Theaterlandschaft in NordrheinWestfalen, offensichtlich gar nicht erwünscht ist.
Sie stellen hier einen Antrag mit direkter Abstimmung. Noch nicht einmal der Fachausschuss hat die Gelegenheit, zu einer solchen doch von der Tragweite her bedeutenden Frage, wie wir in Zukunft unsere Theaterlandschaft gestalten, zu diskutieren. Der Vorsitzende des Fachausschusses sitzt in unseren Reihen. Der Fachausschuss hätte sicherlich sogar eine Sondersitzung dazu gemacht,
um dieses Thema kompetent und mit sachkundiger Unterstützung der Beteiligten, der Kulturschaffenden und derjenigen, die diese Kultur betreiben, zu beraten. Aber das ist alles nicht erwünscht. Wir diskutieren hier plenar, und zwar abschließend.
Lieber Vizepräsident Keymis, da verstehe ich auch die Grünen nicht, die diesen Schnellschuss heute durch einen Entschließungsantrag mitmachen. Für dieses Verfahren haben wir kein Verständnis.
Es ist auch ein Schnellschuss – wenn man in die Inhalte geht –, dass wir uns heute, eine Woche vor Weihnachten 2008, darüber unterhalten, dass uns eine Jury im Jahre 2012 Vorschläge macht. Da kann ich nur sagen: Welche Ignoranz und Arroganz! Im Jahre 2012 ist dieser Landtag nicht mehr im Amt.
Da werden möglicherweise ganz andere Entschlüsse gefasst und wird, so hoffe ich natürlich, auch eine andere Regierung hier sitzen.
Drittens ist es ein Schnellschuss – das haben ja beide Redner eben auch deutlich gemacht –, weil Sie eine Diskussion über den Expertenbericht vorwegnehmen. Sie führen eine Kurzdebatte und erledigen damit sozusagen im Schnellverfahren die Diskussion über diesen Expertenbericht.
Ich kann das ja insoweit ein bisschen nachvollziehen, als der Expertenbericht öffentlich sehr, sehr viel Kritik geerntet hat. Ich habe das alles gesammelt. Ich könnte Ihnen das vernichtende Urteil über diesen Expertenbericht im Detail nahebringen. Aber Sie haben das ja wohl alle gelesen. Das heißt, alle fassen diesen Expertenbericht mit spitzen Zähnen an. Keiner traut sich so richtig, ihn inhaltlich zu diskutieren.
Wir haben deswegen vernünftigerweise im Kulturausschuss miteinander besprochen, dass wir erst einmal abwarten wollen, welche Schlüsse denn die Landesregierung – die hat ja den Expertenbericht in Auftrag gegeben – zieht, um das dann im Kulturausschuss zu debattieren. Aber diese Zeit wollen Sie sich nicht nehmen. Diese Zeit geben Sie auch den Beteiligten nicht.
Genauso verfahren ist übrigens – Sie waren ja dabei, Herr Sternberg – die Situation im Kuratorium der Kunststiftung. Auch dort sollte der Expertenbericht eigentlich diskutiert werden. Aber man hat sich vertagt. Es hat also bisher keine Debatte stattgefunden, jedenfalls keine öffentliche politische Debatte. Es hat lediglich eine Einladung zu einer gemeinsamen Veranstaltung mit dem WDR und dem Kulturrat am 5. November im Theater an der Ruhr in Mülheim gegeben. Oliver Keymis war da. Ich war auch da. Nicht anwesend waren die regierungstragenden Fraktionen. Aber das muss ja nichts heißen.
Sie wollten sich der Diskussion da wohl nicht stellen. Dort wurde sehr heftig diskutiert, übrigens auch um die Frage der Theaterförderung. Dort wurde auch sehr kritisch diskutiert, auch zu den Vorschlägen der Expertenkommission.
Auch Herr Grosse-Brockhoff, unser Staatssekretär, hat sich dort sehr differenziert – ich will es einmal so benennen – geäußert. Er hat angekündigt, dass er eine breite Debatte im Lande initiieren will und dafür auch Raum und Zeit geben möchte. Ich würde sehr gerne hören, was Herr Staatssekretär GrosseBrockhoff, der wieder nicht anwesend ist,
dazu sagen würde. Das passt nicht zusammen, auf der einen Seite der Umgang mit diesem Antrag und auf der anderen Seite sein Plädoyer, mit den Betroffenen, mit den theaterführenden Kommunen, mit
den Theaterintendanten, mit der Öffentlichkeit und der Politik, der Kulturpolitik, eine Debatte zu führen. Nichts davon ist geblieben. Da kann ich nur sagen: Das, was Sie hier mit dem Antrag machen, ist ein Affront gegen Ihren eigenen Staatssekretär. Anders kann ich das nicht interpretieren.
Geäußert hat sich dort auch Herr Schaumann. Das ist wohl jetzt der Einzige im Land, der den Expertenbericht noch wirklich als Errungenschaft zur Schau stellt, im wahrsten Sinne des Wortes: zur Schau. Aber auch Herr Schaumann ist ja keiner, der hier heute reden kann und darf. Das heißt, wir sind wieder einmal in einer Situation – ich nehme an, Herr Minister Krautscheid wird gleich sprechen –, mit den Verantwortlichen, die hier mit diesen Sachen zu tun haben, keine Auseinandersetzung, keine Diskussion führen zu können. Ich kann das nach wie vor nur bedauern. Auch der Ministerpräsident, der eigentlich unser Kulturminister ist, ist nicht anwesend. Das zeigt, wie hier miteinander umgegangen wird.
Meine Damen und Herren, ich will nicht darauf verzichten, noch etwas zum Inhalt und zu den Themen, die hier angesprochen sind, zu sagen.
Frau NellPaul, zu der Frage des Kulturgutachtens: Ist Ihnen bekannt, dass wir in unserem Antrag keineswegs Grundelemente dieses Gutachtens aufnehmen, etwa zur Strukturfrage der Theater, sondern lediglich feststellen, dass hier Aussagen über die Qualitätsverteilung unter den nordrhein-westfälischen Theatern gemacht werden, die wir nutzen, um in der ersten Runde auf eine solche Jury zurückgreifen zu können?
Herr Sternberg, das sehe ich völlig anders. Ich komme auch gleich dazu. Ich sehe, dass der Text, den Sie uns vorgelegt haben, 1:1, wenn auch in den Worten zum Teil etwas abgemildert, aus dem Expertenbericht abgeschrieben ist.
Sie haben nur ein Einziges verändert – da danke ich Frau Kollegin Freimuth für die klaren und offenen Worte –, nämlich dass Sie nicht nach Staatstheatern rufen. Der Begriff „Staatstheater“ ist fallen gelassen worden, offensichtlich auf Druck der FDP. Dafür sind wir herzlich dankbar, weil auch wir meinen, dass das ein völlig falscher Weg ist.
Aber im Duktus, nämlich herauszustellen, dass die Theater in Nordrhein-Westfalen zwar eine vielfältige, eine breite und eine Fülle guter Arbeit leisten, aber nach außen nicht wahrgenommen werden, 1:1 Expertenbericht.
Auf die Frage, welche Theater denn in NordrheinWestfalen förderungswürdig sind, heißt es: Essen und Köln – 1:1 Expertenbericht.
Das, was Sie mit diesem Antrag vorlegen, ist Ihre Konsequenz aus dem Abschnitt des Expertenberichts mit der Überschrift „Theaterförderung“. Davon wollen Sie sich doch bitte hier nicht verabschieden. Ich könnte Ihnen das sozusagen passagenweise vorlegen.
… fehlt in der Mitte Deutschlands dieses gewachsene Selbstverständnis für das Engagement in Kunst und Kultur. Nur so ist zu erklären, dass NRW einen im Verhältnis zu vergleichbaren Bundesländern sehr geringen Kulturetat hat und die Aufgabe der Finanzierung der Kultureinrichtungen zum überwiegenden Teil den Kommunen überlässt.
Das haben Sie eben hier ähnlich formuliert. Wir sagen ganz im Gegenteil: Wir wollen, dass die Kommunen hier die Kulturhoheit haben.
Die Kommunen tragen mit über 87 % zu den Kulturausgaben in diesem Land bei. Wir würden alles unterschreiben und alles unterstützen, was zum Ziel hat, die Kommunen in ihrer Aufgabenstellung Kultur zu stärken.
Aber Sie machen alles andere als das: Sie nehmen den Kommunen die Finanzkraft, um diese Aufgaben zu erfüllen. Mit Ihrer Finanzpolitik in NordrheinWestfalen sind Sie im Moment auf dem Weg, die Kommunen auszuhungern. Sie stärken die Kommunen nicht. Das wäre ein Signal für die Kultur und auch für die Theaterlandschaft in NordrheinWestfalen.