Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich habe die positiven Entwicklungen – angefangen unter Kohl –, die aus der CDU aufgezeigt worden sind, eben geschildert. Ich kann schwarz-gelbe Anträge aus Baden-Württemberg bringen, die hier selbstverständlich abgelehnt werden. Sie müssen die nicht übernehmen, aber ich erwarte doch, dass wir die Diskussion auf einem gewissen Niveau führen, wenn wir das Energieland Nummer eins sind.

Sie kommen hier mit Psalm 32 und mit Jeremia. Das hat nichts mit dem zu tun, über was wir reden müssen. Die Bundeskanzlerin sagt: in der Stromversorgung mindestens 30 % Erneuerbare bis 2020. Vor dem Hintergrund der Brüsseler Beschlüsse wird dieses „mindestens“ ganz wichtig. Brüssel sagt: 20 % Erneuerbare im Treibstoffbereich. Alle, die sich damit befassen, wissen, dass das nicht zu schaffen ist. Deswegen steht im Brüsseler Ergebnis: Es kann Mobilität über Strom aus erneuerbaren Energien geben, der damit verrechnet wird.

Wir haben gestern die Nachricht gehört, dass Evonik aus Nordrhein-Westfalen und Daimler Benz in Richtung Lithium-Ionen-Technik bei den Batterien für KFZ unterwegs sind. Das heißt, wir werden mehr als 30 % erneuerbaren Strom bekommen, weil sich ein Teil der Mobilität Zug um Zug – nach allem, was wir hören – in diese Richtung entwickeln wird.

Dann zu dem nächsten toten oder halbtoten Pferd, auf das hier gesetzt wird: Man geht ganz massiv in Richtung Wasserstofftechnik. Ich habe nichts gegen die Erforschung und Entwicklung der Wasserstofftechnik, aber die Firmen gehen im Moment in eine andere Richtung. Wir verpassen in NordrheinWestfalen auch diese Chance wieder.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wenn wir über mindestens 30 % erneuerbare Strom in elf Jahren reden, dann ist das der größte Primärenergieträger. Auch als Grüner weiß ich, dass wir noch 40 bis 50 Jahre Kohlekraftwerke haben werden; da brauche ich mich gar nicht zu verbiegen. Wir wissen, dass die neuen Kraftwerke, die in Neurath gebaut werden, so lange laufen werden. Aber das, was neu hinzukommt, was eine konservativ geführte Regierung mit mindestens 30 % ansetzt, wird nicht aufhören. Das wissen Sie doch auch.

Ein Physiknobelpreisträger wird Energieminister unter Obama. Wir warten doch alle auf die Entscheidungen in den USA. Obama war der unsichtbare Dritte, der in Brüssel am Tisch gesessen hat. Die Frage ist: Sichern wir uns diese Weltmärkte, oder machen die Amerikaner einen ihrer berühmten Apollosprünge und holen sich die Arbeitsplätze?

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Die brauchen sie bitter, aber wir brauchen sie auch.

Ich bin mit den CDU-Kollegen bei der Frage, ob wir aus dem Bergbau aussteigen, d’accord gewesen, weil ich das in der Zeitenwende, in der sich Nordrhein-Westfalen befindet, für die richtige Richtung

halte. In der Zukunftsfrage aber, welche neuen Bereiche wir uns aufbauen, wo wir eine Position halten, nimmt das Land eine absurde Position ein.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Als wir mit dem Wirtschaftsausschuss in der Bundesrepublik unterwegs waren, haben wir es erlebt: Die norddeutschen Ministerpräsidenten sind für die Windkraft, weil sie wissen, dass allein die Firma ENERCON für 11.000 Arbeitsplätze weltweit steht. Die ostdeutschen Ministerpräsidenten bauen die Fotovoltaik als neuen Industriezweig auf. In Süddeutschland bauen sie die Biomassestrategie auf. Bei uns hat Minister Wittke gesagt: Windkraft ist das Erste, das wir kaputt machen. Das ist die gegensätzliche Philosophie.

Wir können das nicht so stark nach vorne stellen wie zum Beispiel Schleswig-Holstein, aber wir brauchen die Bereiche auch. Wir verabschieden uns sonst sehenden Auges aus einem Bereich, der 2030 der größte Primärenergieträger in der Republik sein wird,

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

und das als Energieland Nummer eins. Sich selbst dieser Zukunftsperspektive zu berauben, verstehe ich nicht, gerade wenn ich mir den Kontext anderer CDU-regierter Länder ansehe.

Ich will noch ein paar Worte zur Kraft-WärmeKopplung hinzufügen: Herr Kollege Brockes, wie so oft liegen Sie auch hier in der Sache falsch. Sie sagen, man kann die Kraft-Wärme-Kopplung nur nutzen, wenn die Wärmeabnahme das ganze Jahr über gesichert ist. Ich halte Ihnen entgegen: Gucken Sie sich als ein Beispiel in Nordrhein-Westfalen Lemgo mit 40.000 Einwohnern an, eine mittlere Kleinstadt, wie wir sie in vielen Gebieten haben. 66 % der Stromerzeugung erfolgt dort über die Kraft-Wärme-Kopplung, wärmegeführt, weil sie dort eine konsequente Politik betrieben haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich habe mir die Preise in Lemgo im Vergleich zu Düren angesehen, einer typischen BraunkohlenRWE-Kommune, deren Stadtwerke sich zu drei Vierteln an RWE verkauft haben. Der Strompreis je Kilowattstunde ist genauso hoch. Die Lemgoer gehen über eine Wärmeabgabe, die relativ günstig ist. Wenn ich also die Braunkohleverstromung mit 60 % Energieverschwendung auf der einen Seite …

Herr Kollege, es tut mir leid.

Letzter Satz!

… mit normalen Stadtwerken einer mittleren Stadt in Nordrhein-Westfalen auf der anderen Seite vergleiche, die 64 % ihrer Stromerzeugung über KraftWärme-Koppelung erreicht, stelle ich fest: Das geht

bei uns. Wir müssen es nur ambitioniert genug fortsetzen, statt immer nur auf RWE zu hören.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Jetzt hat für die Landesregierung Herr Minister Pinkwart das Wort. – Wo ist er?

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart winkt ab.)

Sie wollen nicht? – Dann streichen wir Herrn Minister Pinkwart. – Jetzt hat Frau Wirtschaftsministerin Thoben das Wort.

Herr Priggen spricht immer über ein völlig anderes Thema als das Thema, das seine Fraktion beantragt hat.

Sind die Beschlüsse in Brüssel für das Industrieland Nordrhein-Westfalen zukunftsweisend oder nicht? Da sind wir in der Sache auseinander, aber doch nicht bei den Klimazielen. Erwecken Sie doch nicht immer wieder diesen Eindruck.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das gehört doch zusammen!)

Es geht darum, mit welchen Preisbelastungen wir technisch eine Entwicklung verhindern bzw. vorantreiben, bei der wir doch gar nicht auseinander sind.

Der Emissionshandel belastet unser Land aber in einem erheblichen Umfang. Dass sich andere Bundesländer dazu anders einlassen, hat etwas mit deren unterschiedlicher Primärenergiestruktur zu tun. Ich kann es Ihnen noch einmal vortragen: Die regenerative Wärmeerzeugung steigt in NordrheinWestfalen um rund 10 % beim Treibstoff usw. 10 % der regenerativen Stromerzeugung bundesweit stammen aus Nordrhein-Westfalen.

(André Stinka [SPD]: Warum schneiden Sie dann so schlecht ab?)

Diese Menge ist größer, Herr Stinka, als der gesamte regenerativ und fossil erzeugte Strom in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. Malen Sie doch nicht immer so komische Bilder. Wir sind mit unserem Land auch in diesem Bereich führend.

(Svenja Schulze [SPD]: Alle doof um Sie her- um!)

Frau Kraft, vielleicht prüfen Sie Ihre Einlassung einmal auf Konsistenz: Sie wollen zwar Sockelbergbau, verhindern gleichzeitig aber die preiswerte Erzeugung von Strom aus Steinkohle. Das ist die Wirklichkeit.

(Beifall von CDU und FDP – Svenja Schulze [SPD]: Parallelwelten!)

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Jetzt hat der Abgeordnete Groschek für die SPD-Fraktion das Wort.

Die Diskussion hier und heute seitens der CDU ist ein besonderes Vergnügen. Herr Kollege Weisbrich, Gesundbeten und Jeremias zitieren, reichen nicht als klimapolitische Leitlinie in diesem Haus.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie haben im Grunde genommen den Weg in ein klimapolitisches Liechtenstein vorgezeichnet. Sie haben auf Sarkozy und Barroso verwiesen, aber in Wirklichkeit ihre Bundeskanzlerin Merkel gemeint. Sie müssten zunächst einmal im eigenen Hause klären, lieber Kollege Weisbrich, wo es langgehen soll.

Gerade ein gutes halbes Jahr vor der Europawahl empfinde ich es als unverantwortlich, wie sie mit Blick auf Polen eine Mischung aus Deutschtümelei und Altersstarrsinn präsentiert haben. So geht das nicht!

(Beifall von der SPD – Oh-Rufe von der CDU)

Als Herr Lienenkämper gesprochen hat, haben wir gedacht, es spreche der Enkel von Weisbrich. Aber in Wirklichkeit war es der Vortrag, der aller Ehren eines Opas von Weisbrich wert war. Denn außer Sprüchen aus der kalten Kriegerküche der Klimakiller haben Sie nichts gebracht, Kollege Lienenkämper. Ihr Verweis auf Glos ist an Abenteuerlichkeit nun wirklich nicht mehr zu überbieten.

Um was geht es – eingebettet in sämtliche Diskussionsbeiträge – eigentlich? – Es geht doch darum, dass Konsens in diesem Haus war: Basis unseres Wohlstands ist eine funktionierende Industrie in Nordrhein-Westfalen: Chemie, Elektro, Metall, Maschinenbau, Strahlerzeugung und Energiewirtschaft. Das heißt: Erfolgreiche Wirtschaftspolitik muss immer intelligente Industriepolitik sein. Intelligente Industriepolitik muss immer um die Vernetzung von Ökonomie, Ökologie und Innovation bemüht sein. Oder auf Deutsch und nordrheinwestfälisch gesagt: Wir müssen darauf achten, dass das technologische Gütesiegel „Arbeit und Umwelt“ Gütesiegel in Nordrhein-Westfalen bleibt.

Ziehen wir mit Blick auf die Krise einmal Schlüsse, welchen Erkenntnisstand es für NordrheinWestfalen gibt, sehen wir uns in zwei Punkten bestätigt:

Erstens. Industrie und produzierendes Gewerbe schaffen die eigentlichen Werte und sind abgegrenzt zur Seifenblasenökonomie zu sehen.

Zweitens haben Sie seit dem Zeitpunkt große Probleme, Ihren Weg und Ihren Kurs zu bestimmen, seitdem Ihr ideologischer Leithammel, dieses „Pri

vat-vor-Staat“, auf die Schlachtbank geführt wurde und Sie keinen Ersatz dafür gefunden haben.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)