Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Jetzt wird deutlich, dass das nichts weiter als ein schwarz-gelber Teppich für die Krisengewinnler war. Seitdem irrlichtern Sie mit einem Antirezessionsprogramm, in dem Steuerberatungskosten abzugsfähig gemacht werden sollen, mit einem Konjunkturprogramm, einer Mischung aus kaltem Kaffee und heißer Luft als Notlüge in Reaktion auf SPD-Vorschläge!

Bei Ihnen wird selbst Gutgemeintes schlecht gemacht. Ein Beispiel ist die Fachhochschule Niederrhein. Statt eine Fachhochschule in den Bereich Kleve/Arnheim zu geben, hätten Sie einmal die Bergbaustandorte aufwerten und Kamp-Lintfort stärken sollen. So aber erreichen Sie eine größere Auswahl für die Studienanfänger aus Arnheim, aber keine strukturpolitische Zeichensetzung.

Das Gleiche Irrlichtern gilt auch in Ihrer Energiepolitik: Sie beschwören die Beschäftigungseffekte von Windkraft, verhindern aber gleichzeitig das Repowering der Anlagen.

(Beifall von der SPD)

Sie setzen insgesamt auf altes Eisen, alte Windkraftanlagen, alte Atomkraftwerke. Sie selbst sind ideologisch gesehen in der Klimapolitik ein altes Eisen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Wir hätten von der Landesregierung längst erwartet, dass sie sich das RWE einmal richtig vornimmt, um zu sagen: Wir wollen, dass die Profite, die durch das Abzocken der Stromkunden und die Einpreisung gemacht worden sind, endlich in Zukunftsinnovationen, in ein CO2-freies Kraftwerk umgesetzt werden. Das muss der Zukunftsexportschlager werden, nicht aber das, was Sie ständig präsentieren.

Deshalb verstehen wir den Strategievorstand des RWE nicht. Wenn Birnbaum behauptet, das RWE investiere 80 Milliarden €, aber nicht in Deutschland, sondern in Osteuropa, in den baltischen Ländern und sonst wo, sagen wir: Das ist ein falsches Zeichen! Wir wollen keine neuen Atomkraftwerke in Bulgarien mit diesem Geld finanziert wissen, sondern moderne Kohlekraftwerke im Rheinland. Das muss die Perspektive sein, und zwar auch unter Beschäftigungsgesichtspunkten.

(Beifall von der SPD)

Sie haben doch mit der Weltmacht Oberösterreich gegen Windmühlen gekämpft, als wir Ihnen schon Problemlösungen auf dem Silbertablett präsentiert haben. Im September haben wir Sie eindringlich gebeten, sich darum zu kümmern, wie das konkret umgesetzt werden kann, was jetzt an Beschlüssen wahr wurde. Wir haben Ihnen die hundertprozentige kostenlose Zuteilung prognostiziert und auch, dass

die EU-Mitgliedstaaten in den Bereichen kompensieren können, in denen besondere Strompreissteigerungen anfallen können. Wann kümmert sich die Landesregierung endlich um die sachgerechte Ausgestaltung der Standards, die notwendig sind?

(Ministerin Christa Thoben: Bitte?)

Sie tun nichts. Sie halten die Hände im Schoß. Deshalb glauben wir, dass Sie Recht und Anspruch verloren haben, in der Klimapolitik maßgeblich mitzubestimmen. Das, Frau Thoben, ist einmal mehr der Beweis dafür, dass Sie leider in der Wirtschaftspolitik, in der Strukturpolitik das „Schwarze Loch“ in Nordrhein-Westfalen sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Groschek. – Für die CDU-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Weisbrich das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Groschek, das war mal wieder ein Musterbeispiel für Agitation.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Jetzt kommt die Realitätsverweigerung!)

Das passt zu Ihnen. Das passt vielleicht auf VerdiVeranstaltungen oder IG-Metall-Veranstaltungen – hier ist es nicht angemessen.

Aber ich will trotzdem Ihre Aufforderung aufnehmen und versuchen, klarzumachen, was bei uns innerhalb der CDU los ist und wie es zu dem Verhandlungsergebnis in Brüssel kam.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das wüssten wir auch gerne, was in der CDU los ist! – Zu- ruf von Bodo Wißen [SPD])

Um es einfach und platt zu sagen: Wir sind in der Großen Koalition in Berlin gefangen mit der SPD.

(Lachen von SPD und GRÜNEN – André Stinka [SPD]: Jetzt wissen wir, wer Kompe- tenz hat!)

Wir können nicht so agieren, wie wir das wollen. Es hat folgenden Deal gegeben, Herr Kollege Römer. Wir wollten auf jeden Fall die energieintensive Industrie schützen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Da ist so viel Ver- schleiß!)

Das wollten Sie überhaupt nicht. Herr Gabriel hatte etwas ganz anderes vor. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen die entsprechenden Zitate liefern. Wir mussten einen Preis zahlen bei den Stromerzeugern. Das war Ihr Ziel. Sie wollten das so haben, und in einer Koalition, egal, wie sie strukturiert ist, muss man auf solche Befindlichkeiten Rücksicht nehmen. In einer Koalition mit der FDP zusammen wäre das

nie passiert. Dann hätten wir die Interessen Deutschlands mit einer Stimme in Brüssel vertreten und es wäre ein ganz anderes Verhandlungsergebnis dabei herausgekommen.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Carina Gö- decke [SPD] – Svenja Schulze [SPD]: Wer war noch mal die Bundeskanzlerin?)

Um es noch einmal klar zu sagen, damit wir nicht nur in Polemik machen. Wir können als Ergebnis dieser Debatte feststellen: Die Klimaschutzziele sind unstrittig. Sie sind hier bei uns unstrittig, sie sind in Brüssel unstrittig. Strittig sind die Wege. Sie verfolgen andere Wege, als wir das für richtig halten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Begrenzung der Emissionen erfolgt über den Allokationsplan, über die Festsetzung der Höchstmengen, die emittiert werden dürfen. Der Sinn der Auktionierung, die Ihnen so sehr am Herzen liegt, ist schlicht und ergreifend Geldbeschaffung, und zwar für Entwicklungsländer im hintersten Sinne. Auktionierung ist so lange unsinnig, wie nicht leistungsgerecht alle eingebunden sind.

Wenn nach dem Ergebnis der Konferenz von Kopenhagen leistungsgerecht alle eingebunden sind – ich hoffe darauf, dass es dazu kommt –, dann kann man auch über Auktionierung sprechen. Dann macht das Sinn. Aber bilden Sie sich nicht ein, dass Sie die Erlöse der Auktionierung bei uns „verbraten“ können. Die werden dann in einen EU-Fonds gehen und für Entwicklungsländer abgeschöpft werden, damit dort Klimaschutz betrieben werden kann. Wenn sich alle Industriestaaten gleichmäßig nach Leistungsfähigkeit beteiligen, dann würde ich das auch für sinnvoll halten.

Im Augenblick ist es jedoch so: Nach der von Ihnen erzwungenen Vorleistung füllt die EU ihre Kassen mit deutschem Geld und schädigt unsere Industrie. Die Franzosen lachen sich einen Ast, weil sie eine ganz andere Struktur haben. Frau Thoben hat darauf hingewiesen, dass sich auch die Schweden freuen, weil sie auch eine ganz andere Struktur haben. Die EU zeigt sich nach außen spendabel und großmütig mit unserem Geld. Das ist nicht in Ordnung.

Denn wir haben in diesen Tagen von der EUKommission, vom EU-Ministerrat eine Pressemitteilung bekommen: „EU-Ministerrat befürchtet massiven Anstieg der Arbeitslosigkeit!“ Die EU malt ein richtiges Horrorszenario an die Wand, nach dem es eine unendliche Zahl von Arbeitslosen geben wird. Sie leisten Beihilfe, dass das tatsächlich eintritt, weil Sie bei uns die Industrie vertreiben wollen.

Herr Kollege Römer, wenn Sie sagen, dass aus den Erlösen des Emissionshandels beispielsweise hocheffiziente Kohlekraftwerke gefördert werden sollen, dass das ein großer Verhandlungserfolg der SPD war, dann darf ich Ihnen einmal zitieren, was Bundesminister Gabriel am 18. September 2008

gesagt hat, als er die Verhandlungsergebnisse zwischen ihm, dem Wirtschaftsministerium und dem Kanzleramt vorgestellt hat: Es wird für die Stromerzeuger keinerlei Subventionierung geben, auch nicht für Neubauten.

Wenn es jetzt etwas für Neubauten gibt, dann hat das die Kanzlerin noch im Nachhinein gegen den Willen Ihres Parteifreundes erreicht. Ich denke, das sollten Sie auch einmal zur Kenntnis nehmen.

Mit dem Brüsseler Verhandlungsergebnis können wir aus nordrhein-westfälischer Sicht in keinem Fall zufrieden sein. Wir haben dieses Verhandlungsergebnis hinnehmen müssen, weil unsere deutsche Stimme nicht einheitlich war, erzwungen von der Großen Koalition in Berlin.

Deswegen meine ich, dass diese Koalition so schnell wie möglich beendet werden muss. Nichts anderes meint auch unser Ministerpräsident. Er kann sich mit seinem Brief an die Kanzlerin gar nicht blamiert haben, wenn er der Kanzlerin sagt, dass das, was dort passiert, für NordrheinWestfalen, für die Arbeitnehmer und für die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, schädlich ist. – Schönen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Kollege Weisbrich. – Für die SPD-Fraktion erhält noch einmal Herr Abgeordneter Römer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Ich muss freimütig gestehen, ich hatte heute Morgen zwar erwartet, dass Sie auch jetzt noch im Zeichen der politischen Niederlage starrsinnig an Ihrer isolierten Position festhalten würden. Aber dass Sie so deutlich machen würden, wie isoliert die NRW-CDU in der CDU Deutschlands ist und wie isoliert diese Landesregierung mit ihrer Position gegenüber der Bundesregierung ist, habe ich nicht erwartet.

Herr Weisbrich, ich möchte Ihnen einen Hinweis geben. Eine solche Rede, wie Sie sie gerade gehalten haben, ist vor einer Europawahl allenfalls dazu angetan, den Menschen zu sagen: Bleibt weg von der Wahl. Sie macht überhaupt nicht deutlich, welche großen Chancen Deutschland in Europa durch die Europäische Union und im Übrigen auch durch dieses Klimapaket hat, wenn wir diese Chancen nutzen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Sie sollten vor allen Dingen herausstellen, dass wir riesengroße Chancen haben, wenn wir diese Möglichkeiten nutzen.

(Christian Weisbrich [CDU]: Die werden alle mitmachen!)

Ich will es Ihnen nicht ersparen – weil Sie sich als isoliert dargestellt haben –, Ihre Isolation noch ein bisschen deutlicher zu machen.

Gestern ist im Europäischen Parlament über das Ergebnis, über das wir reden, abgestimmt worden. Es gab eine riesengroße Mehrheit. Die Vertreterinnen und Vertreter dieser beiden regierungstragenden Fraktionen waren im Europäischen Parlament mit dabei, als diesem Paket zugestimmt wurde. Sie haben das freiwillig gemacht. Sie haben auf Ihre Nörgelei überhaupt nicht gehört, weil sie davon überzeugt sind, dass es vernünftig und im Interesse auch von Nordrhein-Westfalen ist, dem zuzustimmen.

(Beifall von Karl-Heinz Haseloh [SPD])

Weiterhin haben Sie gerade damit angefangen, Strompreiserhöhungen anzukündigen, weil Sie ganz offensichtlich der Propaganda einiger Energiekonzerne anheimgefallen sind.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Herr Weisbrich, Sie kennen das marktwirtschaftliche Instrument des Emissionshandels ganz offensichtlich nicht.