Kritik muss auch an den Praxiselementen angemeldet werden. Der Gesamtumfang für das Assistenz-, Orientierungs- und Berufsfeldpraktikum liegt bei zwölf Wochen. Gegenüber bisher 14 Wochen Orientierungs- und Kernpraktikum bedeutet das nicht mehr, sondern weniger Praxis. Zudem ist die Ausgestaltung der Praxiselemente vage und widersprüchlich.
Das Assistenzpraktikum beispielsweise kann vor Aufnahme des Studiums abgeleistet werden. Doch die vollständige Ableistung wird erst nach zehn Semestern beim Zugang zum Vorbereitungsdienst verlangt. Für eine reflektierte Studien- und Berufswahl kommt es so entweder zu früh oder zu spät.
Das Berufsfeldpraktikum soll der Polyvalenz des BA-Studiums dienen. Es kann außerhalb oder innerhalb der Schule abgeleistet werden. Welche beruflichen Alternativen sollen denn für zukünftige Lehrer innerhalb der Schule eröffnet werden? Das müssen Sie mir einmal verraten.
Allein das Orientierungspraktikum bleibt als sinnvolles berufsfeldbezogenes Praxiselement übrig. Vier Wochen sind aber zu wenig dafür.
Zu dem Praxissemester, das im Masterstudiengang zulasten der fachlichen und bildungswissenschaftlichen Ausbildung geht, wird meine Kollegin Frau Dr. Boos gleich noch Stellung nehmen.
Insgesamt werden demnächst in den Schulen fünf verschiedene Gruppen von Praktikanten und Referendaren jeweils für relativ kurze Zeitspannen arbeiten. Das organisatorische Chaos und die Überlastung in den Schulen sind schon jetzt vorprogrammiert.
Schließlich lässt der Gesetzentwurf noch viele Fragen offen, die vielleicht erst in den Rechtsverordnungen beantwortet werden und die zwar ursprünglich einmal in dem Artikelgesetz enthalten waren, die Sie aber jetzt vor die Klammer gezogen haben.
Wie soll die zweite Phase der Lehrerausbildung denn inhaltlich neu gestaltet werden? Von wem und wie wird der Widerspruch hinsichtlich der Dauer des Vorbereitungsdienstes einmal von mindestens zwölf Monaten und einmal von höchstens 18 Monaten aufgelöst? Und besonders spannend: Wie werden die gleich lang ausgebildeten Lehrer in Zukunft besoldet?
Meine Damen und Herren, die SPD wird die Diskussion des Gesetzentwurfs kritisch-konstruktiv begleiten. Wir werden dabei sorgfältig darauf achten, dass keine bösen Streiche geschehen. Wie reimte doch Wilhelm Busch 1865:
Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Bovermann. – Jetzt hat für die CDUFraktion der Abgeordnete Dr. Hachen das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dem zweiten Schulrechtsänderungsgesetz und dem Hochschulfreiheitsgesetz führen wir mit der heutigen Einbringung des Gesetzes zur Reform der Lehrerausbildung unseren eingeschlagenen Weg zur Qualitätsverbesserung von Erziehung, Unterricht, Lehre und Forschung konsequent fort.
Es ging uns von Beginn an darum, Erziehung, Bildung und Lehre wieder zukunftsfähig zu machen und jungen Menschen in unserem Lande wieder eine Chance zu geben. Wer Zukunftschancen für den Einzelnen und für unser Land als Ganzes nachhaltig verbessern will, darf die Überlegungen dazu nicht immer wieder rückwärts gewandt und einfallslos nur auf die Frage unseres Bildungssystems beschränken. Bei Herrn Bovermann klang das eben wieder ein wenig an. Deswegen, denke ich, ist der Hinweis hier ganz wichtig.
Er muss stattdessen den Blick lenken auf das, was in den Kindertagesstätten, in den Schulen und in den Hochschulen passiert.
Er muss die Menschen, die hier tätig sind, mitnehmen. Er muss ihnen gute Rahmenbedingungen bieten. Er muss ihnen den Rücken stärken, ihnen etwas zutrauen und ihnen vor allen Dingen Gestaltungsspielräume bieten. Der ständige Ruf der Opposition nach Detailsteuerung hilft nicht weiter und ist kontraproduktiv für die Motivation derer, die unsere Beschlüsse vor Ort umsetzen sollen und auf deren Hilfe wir zwingend angewiesen sind.
Wir haben das Projekt „Selbstständige Schule“ von einigen wenigen auf alle Schulen im Land ausgeweitet, um den Gestaltungskräften im System den notwendigen Freiraum zu geben. Individuelle Förderung, Maßnahmen zur Verbesserung der Durchlässigkeit und konsequente Verbesserung der Unterrichtsversorgung sind Maßnahmen, die konkret den Schülerinnen und Schülern zugute kommen. – Frau Schäfer, ich komme noch zum Thema, nämlich jetzt sofort.
Was jetzt noch zu tun bleibt und was ebenso dringend erforderlich ist wie alle anderen von mir eben aufgezeigten Maßnahmen, ist die Reform der Lehrerausbildung. Denn letztendlich garantiert das guten Unterricht.
Meine Damen und Herren, der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ist kein Schnellschuss, sondern Ergebnis eines langen Diskussions- und Abwägungsprozesses, in den nicht nur die beiden Häuser involviert waren, sondern alle relevanten gesellschaftlichen Gruppen. Er ist nicht isoliert zu sehen, sondern Bestandteil eines ganzen Maßnahmenbündels dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, was ich gerade angedeutet habe.
Deshalb kann man heute schon sagen, dass es in diesem Gesetzentwurf gelungen ist, die notwendige Strukturreform der Ausbildung in der ersten Phase mit einer mindestens ebenso notwendigen inhaltlichen Reform zu verbinden.
Im Vordergrund steht dabei erkennbar das Ziel, die Qualität der Lehrerausbildung nachhaltig zu verbessern und die Fähigkeiten und Kompetenzen zukünftiger Lehrer an die stark veränderten gesellschaftlichen Anforderungen anzupassen. Dabei findet der Gesetzentwurf eine sehr ausgewogene Balance
zwischen den verschiedenen berechtigten und teilweise auch gegenläufigen Ansprüchen wie zum Beispiel der Sicherstellung einer guten fachlichen Ausbildung auf der einen Seite, in der Balance mit einer deutlichen Profilierung der pädagogischen und fachdidaktischen Anteilen auf der anderen Seite oder einer verstärkten Berufsfeld- und Praxisorientierung, also der Professionalisierung auf das gewünschte Berufsfeld hin, auf der einen Seite wieder mit dem sehr schwierig damit zu vereinbarenden Ziel einer Polyvalenz andererseits, die der Hochschulraum fordert und die dieser Entwurf ebenfalls im realistischen Rahmen ermöglicht.
Die ausgewogene Balance zeigt sich auch in der Profilierung der Lehrämter, um dem Ziel der individuellen Förderung von Schülern in verschiedenen Schulformen differenzierter nachkommen zu können – dies in Verbindung mit einer betonten Gleichwertigkeit der verschiedenen Lehrämter, die sich in gleich langer Ausbildungsdauer und gleicher Wertschätzung äußert.
Ganz besonders bemerkenswert ist auch die gelungene Balance zwischen den Ansprüchen, die die Hochschulen im Zuge ihres Reformprozesses und im Rahmen der sinnvollen Hochschulfreiheit zu Recht stellen, und dem Anspruch auf garantierte Mindeststandards für die Ausbildung und der Orientierung am Bedarf, die das Schulministerium sicherzustellen hat. Die Vorgaben für die Akkreditierung, die Festlegung der Zugangsbedingungen für den Vorbereitungsdienst in Verbindung mit zwischen den Häusern abgestimmten Zielvereinbarungen stellen hier einen guten Weg dar, der eben nicht Detailsteuerung ist, sondern Gestaltungsspielräume lässt.
Natürlich werden wir im weiteren Verfahren und insbesondere bei der Anhörung noch über Details reden müssen. Grundsätzlich aber liegt heute ein Gesetzentwurf vor, der zukunftsweisend ist, weil er sich am Ziel einer inhaltlichen Verbesserung mit großer Praxisnähe von Anfang an orientiert,
weil er die Lehrerausbildung als wesentlichen Teil der Lehre an Hochschulen in den Bologna-Prozess integriert und damit nicht nur den Hochschulen generell eine Brücke baut, sondern insbesondere auch Unterrichtsforschung in unserem Land ermöglicht und den Rahmen für eine zunehmende Verzahnung von Schulen, Seminaren und Hochschulen bietet, eine Verzahnung, die die Beteiligten dann mit Leben füllen müssen und – davon bin ich überzeugt – auch mit Leben füllen werden.
Deshalb möchte ich mich heute für meine Fraktion bei allen bedanken, die sich in diesen Prozess engagiert eingebracht haben. Ich denke hier nicht nur an die beiden Minister, Frau Ministerin Sommer und Herrn Minister Pinkwart, sondern besonders auch
Meine Damen und Herren! Der Rahmen steht. Lassen Sie uns ihn mit Leben füllen zum Wohl derer, die ein Lehramt studieren wollen, zum Wohl der zukünftigen Lehrer und damit auch der Schüler in unserem Land. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Liebe Minister! Vor der Verantwortung, eine beherzte Reform der Lehrerausbildung anzugehen, haben sich SPD und Grüne über viele Jahre gedrückt. Ein paar Monate länger als ursprünglich geplant hat es bei uns zwar auch gedauert, aber herausgekommen ist ein richtig gutes Reformwerk, das den Namen auch verdient.
Die künftige Lehramtsausbildung gliedert sich in ein dreijähriges Bachelor-Studium und ein zweijähriges Master-Studium. Anschließend soll ein zwölfmonatiger Vorbereitungsdienst folgen. Künftig wird die Lehrerausbildung nach sechs Jahren mit der Staatsprüfung abgeschlossen.
Alle Studiengänge für das Lehramt werden eine gleich lange Dauer haben. Die Ausbildung erfolgt schulformbezogen. Das Studium für alle Lehrämter wird gleichwertig, aber nicht gleichartig. Besonders freut mich diese Aufwertung für den Grundschulbereich, da dort die wichtigsten Grundlagen für die Zukunft unserer Kinder gelegt werden. Die neue Lehrerausbildung trägt dem Anspruch auf individuelle Förderung an allen Schulformen und in allen Schulstufen Rechnung.
Meine Damen und Herren, hervorzuheben ist die erweiterte und bessere Praxisausbildung als zentraler Baustein für unser modernes und qualitativ hochwertiges Lehrerausbildungsgesetz. Ein mindestens fünfmonatiges Praxissemester findet im Rahmen des Masterstudiums statt und muss zur Hälfte an den Schulen geleistet werden. Mit einem 20-tägigen Assistenzpraktikum führen wir ein weiteres Praxiselement in die Ausbildung ein, das idealerweise frühzeitig vor Antritt des Studiums geleistet werden soll. Dieses Assistenzpraktikum ermöglicht vielen angehenden Studenten einen frühzeitigen Einblick in die Lebenswelt Schule, und dies aus
Sicht der Lehrkräfte. Weitere Praxisphasen im Studium bilden ein mindestens einmonatiges Orientierungspraktikum und ein ebenfalls mindestens einmonatiges außerschulisches oder schulisches Berufsfeldpraktikum im Bachelor-Studium.