Protokoll der Sitzung vom 16.01.2009

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Thoben, Ihr Gesprächsangebot nehmen wir gerne an. Eigentlich hätten wir uns dieses Gespräch aber heute hier im Parlament vorgestellt, wo es hingehört.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ihre heutige Einlassung ist auch keine Regierungserklärung

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Nein!)

und keine Unterrichtung – die wir in den letzten Jahren in diesem Hause ja inflationär erlebt haben.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Selbst zu The- men, zu denen es nichts zu unterrichten gab!)

Es gibt keine Regierungserklärung und keine Unterrichtung. Sie verweisen darauf, das sei nicht möglich, weil in Berlin noch die Verhandlungen und Beratungen liefen.

Herr Ministerpräsident, wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie uns dann einmal erklären könnten, wie denn Ihr Kollege Wulff in Niedersachsen am 14. Januar dieses Jahres eine Regierungserklärung abgeben konnte. Wenn das tatsächlich so ist, wäre das für uns doch einmal interessant zu erfahren.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Frau Thoben, anders als Sie dargestellt haben, wissen wir offensichtlich ja, wo die verfassungsrechtlichen Grenzen der Einflussnahme des Bundes liegen. Wir wissen, welche Hausaufgaben jetzt hier im Land erledigt werden müssen.

Darum geht es uns heute hier. Es geht darum, dass wir schnell reagieren. Derjenige, der die Konjunktur unterstützen will, ist nämlich auf Geschwindigkeit angewiesen. Das Geld muss jetzt in die Unternehmen und in die Kommunen hinein. Deshalb ist Zeitdruck dahinter, Frau Ministerin Thoben.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Eines ist aber auch klar: Die Frage, warum es keine Regierungserklärung und keine Unterrichtung gibt, können wir uns alle sehr wohl beantworten, Herr Ministerpräsident.

(Wolfgang Jörg [SPD]: Keine Ahnung, keine Erklärung!)

Es gelingt Ihnen offensichtlich nicht, eine gemeinsame Position mit der FDP zu beziehen. Es gibt keine Einigkeit in der Koalition. Die Regierung zieht nicht an einem Strang.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das ist das Problem. In dieser Zeit ist das für Nordrhein-Westfalen besonders schwierig.

Weil Herr Prof. Pinkwart und Herr Kollege Papke auch dabei sind, nutze ich die Gelegenheit. Ich appelliere hier und heute an Sie: Blockieren Sie nicht das Konjunkturpaket II. Wir brauchen diese Impulse – insbesondere in den Bereichen Bildung, Schulen, Kindergärten und Weiterbildung.

(Beifall von der SPD)

Setzen Sie das in dieser Situation nicht durch die von Ihnen immer wieder gestellte Forderung nach gigantischen Steuerentlastungen aufs Spiel. Wenn Sie das machen, dann sagen Sie den Menschen und insbesondere den Kindern und den Enkelkindern, dass Sie diese Lasten auf ihren Schultern abladen. Sie müssen denen das sagen, wenn Sie solche Forderungen nach derart gigantischen Steuerentlastungen in diesen Zeiten auf den Tisch legen!

(Beifall von der SPD – Zuruf von der Regie- rungsbank)

Ja, ich habe das damals gefordert. Aber ich habe mich belehren lassen, als klar war, dass das 27,5 Milliarden € kosten würde. Dann muss man sich

auch einmal die realistischen Daten und Fakten anschauen und darauf reagieren und nicht Wolkenkuckucksheim-Forderungen in den Raum stellen und damit wichtige Vorhaben blockieren.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, die Regierung zieht offensichtlich nicht an einem Strang. Das kostet uns Zeit, wertvolle Zeit. Das Konjunkturpaket muss schnell umgesetzt werden. Der Bund visiert an, dass die entsprechenden Beschlüsse noch im Februar gefällt werden. Dann kann und muss es losgehen. Dafür muss hier im Land der Rahmen stehen. Dafür muss klar sein, wie Sie das Geld verteilen wollen.

Sie sagen, alle Kommunen würden daran partizipieren. – Mit Verlaub: Das ist nicht die Information, die wir wollen. Wir wollen wissen: Ist sichergestellt, dass die Kommunen, die finanzschwach sind, 100 % bekommen? Und wie stellen Sie das sicher? Das sind die Informationen, die wir heute erwarten.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Ich sage ganz deutlich: Wenn Sie die Konjunktur unterstützen wollen, Herr Ministerpräsident, wenn Sie das wirklich ernsthaft wollen, dann muss das Geld in den Kommunen und bei den Handwerkern im März ankommen. Dann müssen die ersten Aufträge heraus. Ansonsten hängen sie der Konjunktur viel zu weit hinterher.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Interessant ist ja auch – und das kann ich Ihnen auch nicht ersparen, Frau Ministerin Thoben –: Sie können nichts sagen, auch nicht über die Art und Weise, wie verteilt wird, weil ja in Berlin noch geredet wird.

(Lachen von der SPD)

Mit Verlaub: Ich habe hier eine Presseerklärung Ihres CDU-Oberbürgermeisters aus Hamm, Herrn Hunsteger-Petermann, vom 13. Januar. Er berichtet den Bürgerinnen und Bürgern von Hamm, dass er 12 Millionen € erzielen wird. Das hat er gestern in einer Besprechung in der Düsseldorfer Staatskanzlei erfahren.

(Lebhafte Zurufe von der SPD: Ah!)

Das ist ja interessant, wenn Sie uns nichts sagen können, aber Herr Hunsteger-Petermann schon informiert ist.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Der ist eh öfter in Düsseldorf als in Hamm!)

Meine Damen und Herren, das Konjunkturpaket II ist in einer guten Zusammenarbeit zwischen CDU, CSU und SPD in Berlin erarbeitet worden. Es ist ein gutes Paket, es setzt wichtige Impulse. Wir sind, Herr Ministerpräsident, zum gemeinsamen Handeln bereit. Jetzt ist nicht die Zeit für Populismus und für Effekthascherei

(Lachen von CDU und FDP – Beifall von der SPD)

und auch nicht die Zeit, Herr Kollege Papke, für Parteienstreit. Die Krise, meine Damen und Herren und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ist eine Vertrauenskrise. In einer Vertrauenskrise ist Führung gefragt. Wer jetzt Vertrauen wiederherstellen will, der muss sagen, wie das Instrumentarium aussieht. – Das ist ein Satz, zitiert von Herrn Ministerpräsident Rüttgers am 12. Januar beim Deutschen Beamtenbund.

Herr Ministerpräsident, machen Sie das, was Sie dort sagen! Tun sie es, informieren Sie uns, und setzen Sie schnell um! Es geht um unser Land, es geht um unsere Wirtschaft, es geht aber auch um die Menschen in diesem Land. Dazu wird es Zeit.

(Beifall von der SPD)

Wirtschaft – das wissen wir – ist in weiten Teilen Psychologie. Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen und auch die Kommunen brauchen schnell Klarheit über Höhe und Verteilung des Geldes, darüber, ob es tatsächlich einen Vorrang für Bildung gibt, den wir einfordern. Und da es schnell gehen muss, haben wir Ihnen vorgeschlagen, das im Wege einer Pauschale zu machen, einer Bildungsinvestitionspauschale. Keine langen Ausarbeitungen von Förderprogrammen, sondern direkt als Pauschale in die Kommunen, dann kann das Konjunkturpaket II dort auch direkt wirken!

(Beifall von der SPD)

Ich sage es noch einmal – und wir werden da nicht locker lassen –: Es darf nicht so sein wie bei vielen anderen Programmen, dass die finanzschwachen Kommunen unseres Landes noch einen Eigenanteil aufbringen müssen, um an diesem Paket zu partizipieren. Wir brauchen eine 100%-Finanzierung für solche Kommunen.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Das müssen Sie in Ihrem Bereich sicherstellen. Wie das läuft, entscheidet nicht der Bund, sondern das wird hier im Land entschieden.

Wir brauchen dringend – und auch da sind Sie, Frau Ministerin, direkt gefordert – eine Veränderung des Vergaberechtes für Land und Kommunen. Auch das gehört mit in den Landesteil. Sie haben es zugesagt, aber wir brauchen jetzt schnell die Daten und Fakten. Wir würden auch gerne wissen, wie Sie das machen. Wir haben dazu unsere Vorstellungen im vorliegenden Antrag konkretisiert.

(Christian Möbius [CDU]: Reichlich spät!)

Eines ist mir ganz wichtig: Es darf nicht sein, dass das Konjunkturprogramm als Mogelpackung läuft. Das, was an Investitionen kommt, muss on top auf vorhandene Investitionen gesetzt werden. Wenn ich mir, Frau Ministerin Thoben – Sie haben die Zahlen noch einmal genannt, und der Herr Ministerpräsident

hatte das ja bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit der FDP am 16.12. schon einmal getan –, diese Investition von rund 3 Milliarden € anschaue, die Sie hier als konjunkturunterstützend bezeichnen: Meine Damen und Herren, das, was sowieso im Haushalt steht, sind rund 2 Milliarden €. Die stehen schon seit August drin. Diese jetzt als Konjunkturprogramm zu verkaufen, ist gelinde gesagt eine Unverschämtheit, insbesondere in diesem Hause.

(Lebhafter Beifall von der SPD – Beifall von den GRÜNEN)

Was den Rest angeht, lohnt es sich, auch noch einmal genauer hinzuschauen. Da sind pi mal Daumen 190 Millionen € an Bundesmitteln enthalten, die durchgeleitet werden. Zusätzlich sind es 850 Millionen €; das ist der Anteil, den NordrheinWestfalen am Konjunkturpaket I zu erbringen hat, und der Landesanteil an der Pendlerpauschale.