Bevor wir entscheiden – das will ich für meine Fraktion hier sagen –, wie wir uns zu diesem Konjunkturpaket verhalten, wollen wir gründlich prüfen, ob das Maßnahmenpaket unserem Land auch wirklich hilft.
Wir wollen nicht, dass nur ein großes Strohfeuer inszeniert wird, das ohne positive Wirkung verpufft und als Asche 50 Milliarden € neue Schulden hinterlässt.
Die Kernfrage, mit der wir uns auch im Landtag Nordrhein-Westfalen in der Tat auseinandersetzen müssen, lautet daher: Ist das Maßnahmenpaket, das die Bundesregierung vorgelegt hat, 50 Milliarden € neue Schulden wert? Wir meinen, dass man diese Frage nur dann mit Ja beantworten kann, wenn aus dem Konjunkturpaket wirklich ein Impuls für die Belebung der Binnennachfrage in der derzeitigen Konjunkturkrise hervorgeht, meine Damen und Herren.
Das muss doch, wenn das Maßnahmenpaket den Namen verdient hat, der Maßstab sein, an dem wir diese Maßnahmen zu messen haben. Reichen diese Maßnahmen aus, wie immer man sie im Einzelnen bewerten will, bewerten muss, bewerten kann, um einen solchen konjunkturellen Impuls in unserem Land auszulösen?
Wir wollen und wir werden nur ein Konjunkturpaket unterstützen, das den Namen auch verdient und keine Mogelpackung ist, für die die Bürger am Ende bluten müssen. Das ist die Verantwortung, wie wir sie verstehen.
Der zweite Punkt, der uns selbstverständlich auch am Herzen liegt, ist eine faire Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern. Die Bundesregierung – ich darf noch einmal daran erinnern – hat sich beim Konjunkturpaket I für Maßnahmen gefeiert, die überwiegend von den Ländern finanziert werden sollen. Das darf und das wird beim Konjunkturpaket II nicht noch einmal passieren. Aber auch für die dort von der Bundesregierung vorgeschlagene Lastenverteilung gilt natürlich: Das ist noch nicht in Stein gemeißelt; auch darüber wird noch diskutiert. Auch hier wird Finanzminister Linssen unsere Interessen, die Interessen Nordrhein-Westfalens gut vertreten.
Ich hätte mir gewünscht, Frau Kollegin Kraft, wenn Sie das vielleicht auch einmal angesprochen hätten. Es ist nicht unsere Haltung, zu sagen: Das, was aus dem Kanzleramt als Vereinbarung zwischen den Parteien der Großen Koalition vorgeschlagen wird, bildet schon 1:1 die Interessen Nordrhein-Westfalens ab. – Es ist unsere Haltung, zu schauen, wie wir solche Vorschläge verbessern können, damit die Landesinteressen gewahrt bleiben. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass auch Sie Ihre Bereitschaft erklärt hätten, für die Interessen NordrheinWestfalens in den jetzt anlaufenden Gesprächen stärker einzutreten, Frau Kollegin Kraft.
Klar ist im Übrigen: Solange diese Ergebnisse noch nicht vorliegen, kann auch der Ministerpräsident nicht sinnvollerweise eine Regierungserklärung dazu abgeben. Das weiß jeder, der sich in dem Geschäft ein bisschen auskennt.
Wenn Herr Wulff etwas erzählen will, dann soll er das tun. Das ist doch nicht unser Thema. Unser Thema ist: Sind wir so weit mit den Vorschlägen, dass der Ministerpräsident dazu auf wirklich fundierter Grundlage eine Regierungserklärung abgeben kann? Und das ist erkennbar noch nicht der Fall. Deshalb geht Ihr Vorwurf an die Adresse unseres Ministerpräsidenten ins Leere.
Die Vorschläge für ein Konjunkturpaket sind erkennbar nicht aus einem Guss, sondern ein Sammelsurium unterschiedlichster Einzelmaßnahmen. Jeder hat in den letzten Tagen und Wochen verfolgen können, wie die Wunschlisten von Union und SPD immer länger und dann in einem nächtlichen Gespräch zusammengebracht wurden. Ein Kompromiss eben!
Darin sind auch Maßnahmen enthalten, die in der Krise wichtig und hilfreich sind: etwa die vorgesehene Ausweitung des Kredit- und Bürgschaftsrahmens, um die Finanzierung mittelständischer Betriebe zu unterstützen. Ich will hier ausdrücklich festhalten, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist.
Selbstverständlich sind auch wir für zusätzliche kommunale Investitionen. Die Frage ist nur, meine Damen und Herren, ob die – angesichts dessen, wie das derzeit angelegt ist – so umgesetzt werden können, dass daraus wirklich ein Konjunkturimpuls resultiert. Das ist auch hierbei die entscheidende Frage.
Damit sind wir bei der Frage: Kann das Maßnahmenpaket in der vorliegenden Form die Binnennachfrage spürbar beleben?
Die Maßnahmen greifen zu spät, und die Entlastung der Steuerzahler ist lächerlich gering. Das sind die wesentlichen Kritikpunkte, die wir an diesen Vorschlägen haben.
Ich darf daran erinnern: Das Einzige, was nach dem Willen der Bundesregierung sofort wirksam werden soll, ist die Abwrackprämie für Altautos. Alles andere soll frühestens Mitte des Jahres kommen. Das, Frau Kollegin Kraft, noch einmal als Hinweis für Sie!
Dann stellt sich mir und uns die Frage: Weshalb sollen die Maßnahmen frühestens erst ab Mitte des Jahres greifen?
(Hannelore Kraft [SPD]: Das stimmt nicht! Im März! Bei mir ist März nicht Mitte des Jahres, Herr Kollege! – Weitere Zurufe von der SPD)
Was gar nicht kommen soll – das ist der Hauptkritikpunkt der FDP an diesen Vorschlägen –, ist ausgerechnet das, was als einziges konjunkturpolitisch wirklich wirksam wäre, nämlich eine Entlastung der Steuerzahler in diesem Land.
Wenn man etwas für die Konjunktur tun will, dann müssen die Leistungsträger, muss die Mittelschicht in diesem Land spürbar entlastet werden. Nur dann kann ein solches Paket die Binnennachfrage wirksam stimulieren. Das ist der Hauptkritikpunkt. Und hier erwarten wir Nachbesserung.
Jetzt quaken Sie nicht dazwischen, Herr Kollege! Sie haben ja noch Redezeit und können sich gleich noch zu Wort melden.
Meine Damen und Herren, Sie wollen mit Ihrem Gezeter auch noch davon ablenken, dass die steuerliche Entlastung, die unter Federführung Ihres Bundesfinanzministers als Vorschlag der Großen Koalition vorgelegt worden ist, in diesem Jahr – das Konjunkturpaket muss jetzt und nicht erst im nächsten Jahr wirken – lediglich einen Betrag von insgesamt 3 Milliarden € umfasst. 3 Milliarden € steuerliche Entlastung!
Ich habe hier die Tabellen des Bundesfinanzministeriums. Ich darf Ihnen die Zahlen, die in den letzten Tagen intensiv diskutiert worden sind, hier einmal
vortragen und sagen, was das für einen Durchschnittsverdiener mit gut 28.000 € Jahresbruttolohn bedeutet.
Entlastung durch Änderung des Einkommensteuertarifs 2009 laut Tabelle des Bundesfinanzministeriums: 106 € in diesem Jahr!
Das reicht pro Monat gerade einmal für eine Kinokarte, aber die Tüte Popkorn, Frau Kollegin Kraft, ist damit schon nicht mehr drin. Das, was hier im Bereich der steuerlichen Entlastung geplant ist – das will ich in aller Deutlichkeit sagen –, sind Almosen für die Steuerzahler in Deutschland, die diese paar Euro in der Tasche gar nicht spüren werden. Deshalb ist unsere große Befürchtung, dass das Konjunkturpaket, wie es derzeit angelegt ist, nicht die positive Wirkung zur Belebung der Binnennachfrage hervorrufen kann, die wir allerdings erwarten sollten, wenn 50 Milliarden € neue Schulden aufgenommen werden, die den Bürgern und kommenden Generationen zugemutet werden sollen, meine Damen und Herren.
(Marc Jan Eumann [SPD]: Lehnen Sie den Vorschlag jetzt ab Herr Papke? – Hannelore Kraft [SPD]: Also noch mehr Schulden? – Rainer Schmeltzer [SPD]: Dann war es ja richtig, dass der Ministerpräsident nichts ge- sagt hat, weil er mit Ihnen nicht einig werden kann!)
Der Gipfel ist dann wirklich erreicht, als Peer Steinbrück gesagt hat, damit sei die Steuersenkungsreform für die nächsten Jahre schon komplett konsumiert.
Die FDP solle sich doch bitte von dem Ziel eines einfachen, niedrigen und gerechten Steuersystems verabschieden. Das sei schon alles in das Konjunkturpaket eingeflossen.
Das ist nicht unsere Haltung, meine sehr verehrten Damen und Herren. Eine umfassende Steuerreform, die die Binnennachfrage belebt, die den Bürgerinnen und Bürgern mehr von dem übriglässt, was sie mit ihrer Hände Arbeit verdient haben, ist unverzichtbar. Sie ist gerade in der Konjunkturkrise nötiger denn je.
Wir werden kein Maßnahmenpaket unterstützen, das letztlich eine Absage an eine solche umfassende Steuerreform beinhaltet.
(Sören Link [SPD]: Sie haben doch die gan- zen Steuern in Deutschland erhöht! Das ist doch lächerlich!)