(Sören Link [SPD]: Sie haben doch die gan- zen Steuern in Deutschland erhöht! Das ist doch lächerlich!)
Es soll auch niemand erzählen, dafür wären keine Mittel da. Ich darf bei der Gelegenheit noch einmal daran erinnern, dass vor zwei Jahren eine Mehrwertsteuererhöhung von der Bundesregierung und den sie tragenden Koalitionsfraktionen in Kraft gesetzt worden ist, die die Bürgerinnen und Bürger in jedem Jahr mit etwa 24 Milliarden € zusätzlich belastet. Die Bürger in Nordrhein-Westfalen verlieren jedes Jahr 6 Milliarden € an Kaufkraft nur durch diese Mehrwertsteuererhöhung der Großen Koalition um drei Prozentpunkte. 24 Milliarden € zusätzliche Steuereinnahmen nur aus der Mehrwertsteuer jedes Jahr und nun im Rahmen dieses Konjunkturpakts 2009 bezogen auf Gesamtdeutschland ein Entlastungsvolumen von 3 Milliarden passen nicht zusammen, meine Damen und Herren. Das ist aus Sicht der FDP keine Grundlage, bei der man wirklich von einer Wirksamkeit des Konjunkturpakets ausgehen kann.
Wir wollen Verbesserungen erreichen. Wir wollen zusätzliche steuerliche Entlastungen. Wir haben vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag abzuschaffen. Ich glaube, Frau Kollegin Kraft, dass das eine Forderung wäre, die gerade in unserem Land Nordrhein-Westfalen sehr positive Aufnahme fände. Ich darf daran erinnern, dass Sie im letzten Jahr genau wie wir sehr zu recht darauf hingewiesen haben, dass die Zeiten der üppigen West-Ost-Transfers in die neuen Bundesländer vorbei sein müssen. Den neuen Bundesländern geht es inzwischen erfreulicherweise hervorragend. Sie verfügen über eine ausgezeichnete Infrastruktur, im Wesentlichen über ausgeglichene Haushalte und hervorragende Wachstumsziffern.
(Rainer Schmeltzer [SPD]: Wo es den Län- dern gut geht, ist die FDP nicht in der Lan- desregierung!)
Und jetzt, 20 Jahre nach der Vollendung der Deutschen Einheit, ist der Zeitpunkt gekommen, wo wir den Bürgerinnen und Bürgern in Westdeutschland, aber auch in Ostdeutschland sagen können: Jetzt schaffen wir den Solidaritätszuschlag ab. Er hat sich überlebt. Die Einheit ist vor 20 Jahren vollendet worden. Das Land wächst zusammen. Diese Sonderabgabe, die die Bürgerinnen und Bürger im Westen wie im Übrigen auch in Ostdeutschland bezahlen müssen, wird jetzt abgeschafft.
Das wäre ein konkreter Beitrag zur Belebung der Binnennachfrage in Deutschland, meine Damen und Herren.
Wir werden uns in den anstehenden Gesprächen – im Deutschen Bundestag werden zunächst einmal die Gesetzentwürfe debattiert, die dann noch den Bundesrat erreichen werden – konstruktiv in die Verhandlungen einbringen. Wir wollen das Konjunkturpaket nicht blockieren, aber Verbesserungen erreichen.
Das ist unsere Zielrichtung: Wir werden ein Konjunkturpaket nicht blockieren, wollen aber Verbesserungen für unser Land erreichen. Das ist unsere Verantwortung hier in Nordrhein-Westfalen. Wir werden auf Verhandlungsergebnisse hinarbeiten, die die Interessen unseres Landes stärker zur Geltung bringen, und hoffen dabei auf die Unterstützung aller Fraktionen aus dem Landtag NordrheinWestfalen. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Dr. Papke. – Für die Landesregierung hat jetzt Herr Ministerpräsident Dr. Rüttgers das Wort.
(Zurufe von der SPD: Oh! – Ralf Jäger [SPD]: Die Sonne geht auf! – Sören Link [SPD]: Wir haben gedacht, Sie wären schon weg!)
Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Da wir uns 2009 das erste Mal hier im Plenum sehen, wünsche ich Ihnen und Ihren Familien an dieser Stelle ein gutes, ein gesundes, ein glückseliges neues Jahr.
Wir diskutieren hier heute über die größte Wirtschaftskrise – eine Weltwirtschaftskrise – seit Menschengedenken. Es ist eine Krise, die im Finanzsystem der Vereinigten Staaten angefangen hat, sich auf andere Teile der Welt ausgedehnt hat und in diesen Tagen die Realwirtschaft auch in unserem Land erreicht. Diese Krise hat nach meiner festen Auffassung zwei Ursachen:
Die eine Ursache ist die Tatsache, dass sich die Finanzwirtschaft massiv von der Realwirtschaft abgekoppelt hat.
Diese Frage hat nicht nur für das Finanz- und Bankensystem in Nordrhein-Westfalen, für das Finanz- und Bankensystem in Deutschland erhebliche Auswirkungen, sondern auch für die Realwirtschaft in Nordrhein-Westfalen. Wir sind Industrieland, und wir wollen Industrieland bleiben. Deshalb trifft uns diese Krise in diesen Tagen, aber vor allen Dingen in den kommenden Wochen und Monaten, hart.
Es gibt eine zweite Tatsache. Die hat damit zu tun, dass sich Teile der Elite – auch unseres Landes – ökonomisch und mental von den normalen Leuten entfernt haben. Das hat dazu geführt, dass wir auch im Hinblick auf das Vertrauen der Menschen in unsere Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung erhebliche Probleme haben. Ich glaube, wenn man mit dieser Krise, mit dieser Weltwirtschaftskrise, hier bei uns fertig werden will, dann, werte Kolleginnen und Kollegen, ist es ganz wichtig, Ziele zu setzen.
Das erste Ziel, das wir uns jetzt setzen müssen, ist, dass Nordrhein-Westfalen aus dieser Krise gestärkt herausgeht.
Wir sind ein starkes Land. Christa Thoben hat mit Recht darauf hingewiesen: Unsere Unternehmen haben sich in den letzten zehn Jahren neu erfunden. Sie sind so wettbewerbsfähig wie nie zuvor. Das ist eine Riesenleistung, die die Unternehmer, die Mittelständler, aber auch die Arbeitnehmer mit den Gewerkschaften und Betriebsräten in den letzten zehn Jahren erreicht haben. Das muss auch wieder da sein, wenn wir aus der Krise herauskommen, liebe Freunde.
Der zweite Punkt: Wir müssen das Vertrauen in die soziale Marktwirtschaft wiederherstellen. Wir müssen die soziale Marktwirtschaft als Lösung, als Antwort auf diese krisenhaften Herausforderungen verstehen. Liebe Freunde, meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist eine Sache, die verdammt schwer ist, weil es keine Masterpläne gibt, weil es nicht irgendwo in der Schublade ein Papier gibt, das man nur herausziehen und abarbeiten muss. Deshalb dauert die Entwicklung der Instrumente auch eine Zeit.
Meine Damen und Herren, ich will jetzt nicht Revue passieren lassen, dass wir in diesem Hohen Haus eigentlich schon seit mehr als einem halben Jahr immer wieder über diese Krise diskutieren. Es ist eben noch einmal – wenn auch angreifend – darauf hingewiesen worden, dass ich schon im Sommer letzten Jahres ein Antirezessionsprogramm versucht habe vorzustellen, als klar war, dass da etwas auf uns zukommt, mit dem Anspruch und dem Versuch, eine Debatte über die Frage zu bekommen: Was kann man rechtzeitig tun, damit die Krise nicht so schwer und möglichst kurz wird?
Liebe Freunde, wir haben seitdem überall da, wo politisches Handeln durch die Landesregierung und durch dieses Parlament in seiner Mehrheit von den Koalitionsfraktionen beschlossen worden ist, immer wieder versucht, genau diesen Aspekt miteinzube
ziehen. Deshalb – erlauben Sie mir, das zu sagen – kann ich den Vorwurf nicht verstehen, dass man – wie konkret Frau Kraft – sagt: Das ist alles furchtbar! Sie berufen sich auf Zahlen im Entwurf des Landeshaushalts 2009! – Jawohl, das ist so: Wir haben rechtzeitig gehandelt, nicht wie Sie jetzt, plötzlich, auf den letzten Metern.
Sie wollten diese Sondersitzung haben, obwohl Sie wussten, dass Finanzminister Linssen als Vorsitzender der Finanzministerkonferenz heute in Berlin zusammen mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück über die Einzelheiten der Umsetzung dieses Konjunkturpakets diskutiert. Das heißt konkret: Viele Fragen können heute noch nicht beantwortet werden. Sie aber wollten diese Sitzung haben.
Meine Damen und Herren von der Opposition, ich finde, dass wir zumindest den Versuch machen sollten – auch wenn wir uns über das eine oder andere kontrovers auseinandersetzen sollten –, uns der Größe der Herausforderung angemessen zu verhalten und Sprache, Diktion und Konsistenz unserer Argumente entsprechend anzupassen. Da wird vorgeworfen – das habe ich in den letzten Wochen immer wieder wie ein Mantra gehört –, es werde nichts getan.
Meine Damen und Herren, das ist angesichts eines Engagements der Landesregierung von mehr als 7 Milliarden € inzwischen schlichtweg lächerlich.
Auf der einen Veranstaltung wird gefordert: Es muss mehr Geld ausgegeben werden! – Wir haben es heute gehört: 2 Milliarden € on top – ohne zu sagen, wo das Geld herkommt.
(Ewald Groth [GRÜNE]: Sie haben bis jetzt eine Investitionsquote, die unter der Quote von Rot-Grün liegt!)
Auch das passt nicht zusammen. Jeder, der ein wenig Sachverstand hat, weiß, dass es in einer solcher Krise – darüber haben wir schon bei der Einbringung des Landeshaushaltes miteinander diskutiert – richtig ist, mit dem Landeshaushalt nicht den Versuch zu machen, gegen weitere konjunkturfördernde Maßnahmen anzusparen. Das würde die Krise verschlimmern, statt sie zu verbessern. Deshalb ist es richtig, dass wir es so machen, wie wir es machen.
Manchmal hatte ich den Eindruck, die ganze Rede verdient es eigentlich nicht, dass man überhaupt darauf eingeht. Ich meine die Rede von Frau Löhrmann; sie hatte streckenweise peinlichen Charakter.
(Beifall von CDU und FDP – Lebhafter Wi- derspruch von SPD und GRÜNEN – Lachen von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])
Frau Löhrmann, ich verstehe nicht, warum Sie so etwas machen. Die Grünen waren lange stolz darauf, dass Sie sich der Auseinandersetzung mit der Regierung in der Sache stellen wollten. Das war es nun wirklich nicht.
und gleichzeitig gesagt: Ich erwarte, dass die Landesregierung parteiübergreifend die Hand ausstreckt, um zu gemeinsamen Ergebnissen zu kommen. – Frau Löhrmann, nach dieser Rede haben Sie nicht das Recht, zu fordern,