Protokoll der Sitzung vom 29.01.2009

Meine Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 113. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich 17 Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Bevor wir in die Tagesordnung einsteigen, weise ich darauf hin, dass wir gestern die Änderung der heutigen Tagesordnung beschlossen haben. Als neuer Tagesordnungspunkt 7 wird die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 14/8335 betreffend das Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes aufgerufen.

Meine Damen und Herren, wir treten in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein.

Wir setzen zunächst unsere Haushaltsplanberatungen von Mittwoch, 28. Januar 2009 fort. Dazu rufe ich auf:

1 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2009 (Haushaltsgesetz 2009)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksachen 14/7000, 14/7900

Beschlussempfehlungen und Berichte des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksachen 14/8000 – 14/8006, 14/8008, 14/8010 – 14/8015, 14/8020

Änderungsanträge Drucksachen 14/8368 – 14/8449, 14/8451 – 14/8483

In Verbindung mit:

Finanzplanung 2008 bis 2012 mit Finanzbericht 2009 des Landes Nordrhein-Westfalen

Drucksache 14/7001

Sowie:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2009

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksachen 14/7002, 14/7900

Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 14/8017

zweite Lesung

Wir setzen die Haushaltsberatungen fort.

Zur Erinnerung noch einige Hinweise zum Ablauf: Das im Ältestenrat vereinbarte Beratungsverfahren mit der Reihenfolge der zu beratenden Einzelpläne und den vorgeschlagenen Redezeiten können Sie der Tagesordnung entnehmen.

Nach Beendigung der Beratung über einen Einzelplan erfolgt jeweils die Abstimmung über den Einzelplan. Liegt ein Änderungsantrag zu einem Einzelplan vor, so wird zunächst über diesen Änderungsantrag abgestimmt.

Die Gesamtabstimmung über den Haushaltsplan 2009 in zweiter Lesung erfolgt heute mit der Abstimmung über das Haushaltsgesetz. Heute ist ebenfalls über die Rücküberweisung des Haushaltsgesetzes und des Gemeindefinanzierungsgesetzes zu entscheiden.

Zwischen 12:30 Uhr und 14:00 Uhr finden auch heute keine Abstimmungen statt.

Meine Damen und Herren, ich rufe auf:

Einzelplan 05 Ministerium für Schule und Weiterbildung

Hierzu gibt es die Beschlussempfehlung, die uns als Drucksache 14/8005 vorliegt, und Änderungsanträge der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

Ich eröffne die Beratung und gebe Frau Schäfer für die SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Gäste! Wir erinnern uns: Vor der Landtagswahl 2005 wurde die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Jürgen Rüttgers nicht müde, den Menschen in Nordrhein-Westfalen kleinere Klassen zu versprechen. Nach drei Jahren und acht Monaten in Regierungsverantwortung hat dieses Versprechen des Ministerpräsidenten gestern in der Fragestunde zwischen 15 und 16 Uhr völlig unerwartet ein trauriges Schicksal ereilt. Die Schulministerin hat dieses zentrale Wahlversprechen des Ministerpräsidenten, nämlich bis 2010 kleinere Klassen einzurichten, schlicht einkassiert.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Auf Nachfrage räumte sie dieses auch unumwunden ein. Dieser eindeutige Wortbruch der Landesregierung ist damit im Protokoll der Plenarsitzung für jeden nachlesbar und damit aktenkundig. Am

Anfang stand das Wort und am Ende der Wortbruch. Das ist die traurige Bilanz des gestrigen Tages für die Schulen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD)

Wir erinnern uns: „Keine Experimente auf dem Rücken der Kinder!“ So lautete das Credo des Ministerpräsidenten für die Bildungspolitik. Nach drei Jahren und acht Monaten Ihrer Regierungsverantwortung macht sich Ernüchterung breit. Die Stimmung in den Schulen und in den Elternhäusern in Nordrhein-Westfalen ist so schlecht, wie wir es in 39 Jahren nicht erlebt haben.

(Beifall von der SPD – Lachen und Wider- spruch von der CDU)

Herr Kaiser, Herr Recker, hören Sie einmal zu; es ist ja schön, dass ich Sie jetzt geweckt habe. – Allein das letzte Jahr brachte uns eine unglaubliche Serie von Pleiten, Pech und Pannen. Ich erinnere an das peinliche Pannenabitur mit dem „Oktaeder des Grauens“,

(Zuruf von der CDU)

für das Sie jetzt auch noch eine Pannenversicherung beim Institut für Schulentwicklung in Dortmund abgeschlossen haben, die den Steuerzahler in den nächsten zwei Jahren eine Million € kosten wird.

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Diese teure Absicht ist sehr durchschaubar: Sie wollen sich als verantwortliche Landesregierung beim nächsten Abitur vorsorglich aus der Verantwortung stehlen.

(Beifall von der SPD)

Ich frage Sie: Warum nehmen Sie diese eine Million € eigentlich nicht und geben sie den Obdachlosenzentren?

(Beifall von der SPD)

Sie spielen sich auf und sprechen sich gegen soziale Kälte aus, aber wenn es darauf ankommt, stehlen Sie sich überall aus der Verantwortung!

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Ich erinnere an das Kopfnotenchaos, bei dem, Herr Lindner, um die Anzahl der Noten zwischen Ihrer Fraktion und der CDU-Fraktion wie auf einem orientalischen Basar gefeilscht wurde.

Offensichtlich ist die Vergabe dieser Noten so aufwendig, dass Sie sich im letzten Jahr per Weihnachtserlass entschieden haben, den Schulen dafür zwei unterrichtsfreie Tage zu genehmigen. Zwei unterrichtsfreie Tage bedeuten allerdings gleichzeitig eine Million Stunden Unterrichtsausfall und übrigens auch einen dicken Koalitionskrach zwischen FDP und CDU.

Ich erinnere an die Unzufriedenheit und die Empörung der Eltern der Schülerinnen und Schüler an

den Gymnasien nach der Einführung Ihres Turboabiturs. Die Schulzeitverkürzung ist fast ausschließlich in der Sekundarstufe I umgesetzt worden, und damit ist eine unzumutbare Unterrichtsverdichtung in den unteren Klassen die Folge – ohne passende Bücher und ohne angepasste Lehrpläne.

(Zuruf von der CDU)

Wie formulierte unser Ministerpräsident? „Keine Experimente auf dem Rücken der Kinder!“ – Er hatte die Rechnung wohl ohne Frau Sommer gemacht.

(Beifall von der SPD)

Der Groll der Eltern nahm zu, und die Schulministerin kam auf die Idee, am Samstag wieder unterrichten zu lassen. Ein Sturm der Entrüstung gipfelte zu Recht in dem Slogan „Ganztag statt Samstag“ und brachte damit die gesamte Landesregierung unter Druck.