Protokoll der Sitzung vom 30.01.2009

(Beifall von der CDU)

Ob das nun, wie von den Grünen unterstellt, tatsächlich so ist, vermag ich, Herr Becker, nicht abschließend zu beurteilen. Vermeintliche Faktenlage ist nicht Entscheidungslage über Anträge der WestLB. Entschieden wurde meines Wissens in Berlin jedenfalls bisher nichts.

Meine Damen und Herren, die EU verlangt von der WestLB eine Verkürzung der Bilanzsumme durch Konzentration auf ihr Kerngeschäft. Das erfordert geradezu – Herr Becker, das haben Sie auch so gesehen – eine Aufspaltung in Konsolidierungs- und Fusionsbank, damit nicht wertvolles Vermögen verschleudert werden muss. Der andere Weg, um dieses Ziel zu erreichen, wäre doch, Wertpapiere jetzt unter Wert abzustoßen. Damit kann doch niemandem gedient sein. Wir brauchen also eine Konsolidierungsbank. Die Eigentümer sind in ihrer ganzen Breite dazu grundsätzlich bereit. Doch sie erwarten

vom Bund natürlich, dass er sie auf diesem Weg ohne die Vorbedingung einer Erhöhung des Kernkapitals auf 8 % aus Gesellschaftermitteln unterstützt. Gegenüber den Anteilseignern anderer Institute, Commerzbank und Hypo Real Estate – das ist schon angesprochen worden – hat er diese Forderung schließlich auch nicht erhoben.

Ein anderes Vorgehen des SoFFin könnte als Versuch – darin stimme ich mit Ihnen durchaus überein, Herr Becker – einer Enteignung der Sparkassen verstanden werden. Das wäre – ich sage es vorsichtig – in höchstem Maße unfair und ungerecht, denn unsere Sparkassen sind die Letzten, die an dieser Situation ein Verschulden haben.

(Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, anstatt den Verhandlungsführern, dem Finanzminister, dem Aufsichtsratsvorsitzenden der WestLB, ständig Knüppel zwischen die Beine zu werfen, sollten wir ihnen vertrauen und jede Unterstützung zusichern, sobald diese Unterstützung nach dem Stand der Verhandlung geboten ist.

(Martin Börschel [SPD]: Weil Sie blindes Ver- trauen zeigen! – Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das ist dem Minister ja selbst pein- lich!)

Wir sollten uns hier nicht ständig wie unbefugte Köche, die im Brei herumrühren, aufführen. Wir sollten die Leute, die dazu berufen sind, verhandeln lassen, sollten ihnen vertrauen und ihnen dann die Rückendeckung und die Unterstützung geben, die sie im entscheidenden Augenblick brauchen. Wir sind auf jeden Fall im Interesse des Landes und der Bank dazu bereit. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP – Hans-Theodor Peschkes [SPD]: Das war ja ein tosender Applaus!)

Herzlichen Dank, Herr Weisbrich. – Für die FDP-Fraktion spricht nun die Kollegin Freimuth.

Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Als ich den Antrag der SPD gelesen habe, habe ich mich erst einmal gefragt, was das zu dieser Zeit soll. Diese Frage haben wir uns sicherlich schon häufiger gestellt. Wir haben wieder einmal den Ausführungen der Kollegen der SPD-Fraktion entnehmen können, dass aus Ihrer Sicht eine Fusion mit der LBBW das Heilbringende ist. Konstruktive Vorschläge vermissen wir bedauerlicherweise.

(Norbert Römer [SPD]: Och!)

Deswegen will ich mich dazu nicht groß äußern. Einige Anmerkungen sind aber wohl doch zu machen.

Sie wissen ganz genau, dass der Finanzminister für das Land Nordrhein-Westfalen täglich und engagiert Gespräche über die Zukunft der WestLB führt. Wir alle haben gerne so früh wie möglich Ergebnisse dieser Gespräche, die dann auch kommuniziert werden können.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie das eben bei Gesprächen und Verhandlungen so ist: Ergebnisse können nicht sofort verlangt werden. Wir haben als Landtag, als Parlament, als Haushaltsgesetzgeber das Recht, über Ergebnisse von Verhandlungen informiert zu werden. Das sollte aber nicht auf der Grundlage von Spekulationen in den geschätzten Medien erfolgen. Wir sollten Berichte und Ergebnisse nicht auf der Grundlage von Zwischenstandsmeldungen vorgelegt bekommen. Das wären dann nur vermeintliche Ergebnisse, die entweder noch keine richtigen Ergebnisse sind, also noch nicht zwischen den Verhandlungspartnern verabredet sind, oder die spätestens bei Veröffentlichung dieser „Ergebnisse“ obsolet sind.

Deswegen komme ich auch zu der traurigen Bewertung, dass das hier eine reine Showdebatte ist.

(Zuruf von der SPD: Nein, das ist sie nicht!)

Sie hat keinen sachlichen Hintergrund und bringt zum jetzigen Zeitpunkt auch keinen Gewinn.

Der Antrag der Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist schon differenzierter zu beurteilen. Auch der Wortbeitrag des Kollegen Becker – mit dem ich oft nicht übereinstimme, aber heute muss das, glaube ich, ausdrücklich gesagt werden – hat sehr wohltuend und sehr differenziert einige Fragen aufgeworfen. Ich bedanke mich auch ausdrücklich für die Bereitschaft, konstruktiv an einer Lösung mitzuarbeiten.

Es besteht sicherlich Einigkeit, dass niemand in diesem Hause wollen kann, dass private Banken bei der Hilfegewährung durch den SoFFin bevorzugt werden. Ich komme aber, Herr Kollege Becker, auch zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu Ihrer Bewertung und möchte Ihnen das kurz erläutern.

Der SoFFin verlangt von den Hilfenehmern in der Regel eine Eigenleistung. Das ist auch notwendig, damit er von der EU-Kommission unter beihilferechtlichen Gesichtspunkten genehmigt werden konnte. Sie haben ja auf die Problematik der EU in Ihrem Beitrag hingewiesen. Das heißt, jede Bank, die Hilfen in Anspruch nimmt, muss dafür auch einen angemessenen Preis entrichten. Auch die Commerzbank bekommt die stille Einlage ja nicht geschenkt, sondern muss sie mit stolzen 9 % verzinsen. In Anbetracht des aktuellen Zinsniveaus ist das durchaus ordentlich.

Will man Fehlallokationen von Kapital so weit wie möglich vermeiden, ist es auch zwingend notwendig, die Gewährung von Beihilfen solcher Art immer an die Erbringung von Eigenleistungen zu knüpfen. Diese werden vom SoFFin individuell und auf den einzelnen Fall angepasst angewandt. Das ist vom Grundsatz her aus unserer Sicht auch absolut richtig.

Auf der anderen Seite muss man natürlich feststellen, dass es völlig wettbewerbsneutrale Staatseingriffe auch bei besten Absichten wohl niemals geben wird. Denn es handelt sich immer um Eingriffe in einen Markt, der nach festgesetzten Regeln agiert, die in unserem Fall der Gesetzgeber vorgegeben hat.

Wir haben hier im Parlament schon oft über die Ursachen und die Verantwortung gesprochen. Wir haben darüber diskutiert, dass die Ursachen der derzeitigen Krise bei dem einen oder anderen Institut nicht nur bei den Banken allein zu suchen sind, sondern auch bei der Aufsicht.

Meine Damen und Herren, wir sollten in der Debatte grundsätzlich nicht den Eindruck erwecken, als ob alle privaten Banken „Bad Banks“ und dort alle Risiken selbstverschuldet sind und die öffentlichrechtlichen Banken die Guten sind, die immer unverschuldet in diese Notlagen geraten sind. Wenn wir uns das im Detail anschauen und auch in die Geschichte der öffentlich-rechtlichen Institute hineingehen, muss man der Lauterkeit halber sagen, dass es auch dort eigenes unternehmerisches Verschulden und Fehleinschätzungen von Entwicklungen gegeben hat.

Meine Damen und Herren, der Landtag saß und sitzt bei den Verhandlungen leider oder zu Recht nicht mit am Tisch.

(Gisela Walsken [SPD]: Was denn nun?)

Diese Aufgabe nahm und nimmt die Landesregierung für das Land Nordrhein-Westfalen wahr. Bereits in der Vergangenheit hat sie die Interessen des Landes dabei so gut wie möglich vertreten.

So haben wir bereits Anfang 2008 die problematischen Wertpapiere in Höhe von 23 Milliarden € aus der WestLB ausgegliedert. Der neue Vorstandsvorsitzende der WestLB Heinz Hilgert arbeitet schon seit Monaten an der Neuausrichtung des Geschäftsmodells, damit im operativen Geschäft – und das durchaus in einem momentan nicht günstigen wirtschaftlichen Umfeld – überhaupt noch Geld verdient werden kann.

Die Eigentümer haben einen schmerzhaften Personalabbau beschlossen, der noch lange nicht abgeschlossen ist. Wir haben viele Schritte schon gemeinsam eingeleitet, und zwar zu einem Zeitpunkt, als viele noch gar nicht registriert hatten, welche Ausmaße denn diese Finanzkrise möglicherweise einmal annehmen würde. Eine solche Rosskur, wie

sie die WestLB derzeit durchläuft, steht vielen anderen Instituten sicherlich noch bevor, und zwar öffentlichen und privaten.

Ich empfehle an dieser Stelle auch die Lektüre der „Rheinischen Post“ vom 24. Januar. Darin werden – sehr lesenswert – die Maßnahmen, die die Eigentümer in diesen Tagen und Monaten vornehmen, um die WestLB zu retten und damit für alle Eigentümer die schlimmsten Konsequenzen abzuwehren, und zwar nicht nur für das Land, sondern auch für die Landschaftsverbände, für die Sparkassen und damit für die Kommunen, als sinnvoll, richtig und richtungweisend bezeichnet.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie herzlich, dass wir Debatten dieser Art in Zukunft nur dann führen, wenn es tatsächlich auch substanzielle Sachverhalte und Tatsachen gibt, auf deren Grundlage wir uns dann lösungsorientiert unterhalten können.

Wir wollen Vorschläge zur konzeptionellen Weiterentwicklung und Möglichkeiten, wie wir unseren Sparkassen und Kommunen helfen, aber auch die Vermögensinteressen des Landes wahren können, gemeinsam diskutieren. Das ist eine große Herausforderung.

Ich sage ausdrücklich in Richtung der Kollegen von der SPD: Ich sehe dort auch den Bundesfinanzminister in der Pflicht; denn er hat in seiner Zeit als Finanzminister und als Ministerpräsident dieses Landes seine eigenen Beiträge zu den Fehlentwicklungen und der Fehlaufstellung bei der WestLB geleistet. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Danke schön, Frau Freimuth. – Für die Landesregierung spricht jetzt der Finanzminister, Herr Dr. Linssen.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben einen Beitrag der Sprecherin der SPD gehört, der mit dem Antrag eigentlich überhaupt nichts zu tun hatte.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist wie mit Ih- ren Sprüchen und der tatsächlichen Politik!)

Im dritten Absatz des Antrags wird nämlich mit großer Sorge darauf hingewiesen, dass wir uns dringend mit der Frage befassen müssten, welche Auswirkungen eine solche Struktur, das heißt die Ausgliederung in eine Fusionsbank und eine Konsolidierungsbank, auf den Landeshaushalt und damit auf die Steuerzahler in NRW hat.

Frau Walsken, ich habe gedacht, Sie würden jetzt vielleicht einmal einen konstruktiven Beitrag dazu leisten und sagen, wie Sie sich das vorstellen.

(Gisela Walsken [SPD]: Ich? Sie regieren, Herr Minister! Aber wir können tauschen!)

Sie haben Ihre Redezeit genutzt, um hier Ihre üblichen Tiraden loszuwerden.

(Zuruf von der SPD: Herr Minister, das ist doch nicht Ihr Niveau! – Gisela Walsken [SPD]: Immer dasselbe!)

Da Sie die Gelegenheit genutzt haben, um uns hier wieder Vorwürfe zu machen, darf ich Ihnen noch einmal in Erinnerung rufen, dass es seit 2001 bekannt war, dass Anstaltslast und Gewährträgerhaftung wegfallen würden, dass dies im Juli 2005 auch der Fall war und dass es in der Zwischenzeit sicherlich genügend Gelegenheiten gegeben hätte, um das Geschäftsmodell an die neuen Verhältnisse anzupassen. Stattdessen haben Sie in den Bilanzen der WestLB von 2002, 2003 und 2004 4,8 Milliarden € effektive Verluste eingefahren

(Gisela Walsken [SPD]: Sie doch!)

und haben es selbst bei diesen Verlusten noch nicht einmal für notwendig gehalten, am Geschäftsmodell irgendetwas zu verändern. Sie haben uns also ein wahres Desaster hinterlassen, an dem auch die 2,5 Milliarden € Kapitalerhöhungen in den Jahren 2004 und 2005 wenig geändert haben. Die Bank ging mit schlechten Voraussetzungen in die Zeit ab 2006.

Sie haben dann erwähnt – vielleicht nicht mehr so vehement wie früher –, dass Sie mit BadenWürttemberg den richtigen Partner meinten gefunden zu haben. Wir haben von Anfang an aus vielerlei Gründen davor gewarnt. Ich glaube, dass sich das heute als völlig richtig darstellt. Sie werden sicherlich in den nächsten Wochen noch Gelegenheit nehmen, Ihr Urteil von damals zu revidieren.

Sie haben auf die Bemühungen um eine Fusion mit der Helaba hingewiesen. Ja, das war im Dezember 2007 und Januar 2008. Leider ist dies durch den Mehrheitseigentümer – die Helaba gehört zu 85 % dem Sparkassen- und Giroverband HessenThüringen – innerhalb dieser kurzen Zeit kaputtgemacht wurden; denn es ging damals mehr darum, in Hessen die Kampagne „Kickt den Koch“ zu installieren, als sich mit den tatsächlichen Verhältnissen der WestLB auseinanderzusetzen.

(Zurufe von der SPD)