Protokoll der Sitzung vom 30.01.2009

hat die Sachsen LB in einer Drei-Tages-DueDiligence gekauft und sich damit Milliardenrisiken eingehandelt. So unsolide arbeitet die Landesbank Baden-Württemberg, meine Damen und Herren. Ich bin froh, dass wir uns dort nicht beteiligt haben.

(Beifall von FDP und CDU)

Wenn Sie sich anschauen, welche Milliardenrisiken in Baden-Württemberg und welche hier liegen, dann müssen Sie mir erklären, wie wir dort positiv hätten herausgekommen sollen.

Wenn ich immer höre, dass wir die Sparkassen im Blick haben müssen, dann frage ich: Was haben wir denn für die Sparkassen getan? – Wir haben ihnen geholfen.

(Martin Börschel [SPD]: Nein! – Weitere Zuru- fe von der SPD)

Herr Präsident, ich würde gerne sprechen. Ich weiß, Herr Börschel kann auch laut werden.

Herr Börschel, die Sparkassen hatten im letzten Jahr doch nicht das Geld, die Verluste, die aus ihrer Mehrheitsbeteiligung an der WestLB resultierten, zu bezahlen. Dort ist das Land eingesprungen. Sie sollten uns dankbar dafür sein, dass wir den Sparkassen geholfen haben. Aber das können Sie anscheinend nicht verstehen, das ist zu kompliziert für Sie.

Weder zur Bad Bank noch zu der Lösung unserer Probleme haben Sie etwas gesagt. Ich bin enttäuscht von Ihnen.

(Dieter Hilser [SPD]: Sie haben gar nichts ge- sagt!)

Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Orth. – Für Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Abgeordnete Becker.

Herr Präsident! Herr Dr. Orth, vorab möchte ich Ihnen gerne, weil ich glaube, dass Sie den Sachverhalt nicht verstanden haben, etwas zur LBBW sagen: Wenn die LBBW wie wir Teile in eine Zweckgesellschaft ausgelagert hätte, hätte sie die Milliardenverluste auf dem Papier nicht. Welche Verluste wir aus der Zweckgesellschaft des Landes noch zu erwarten haben, wird die Zukunft zeigen. Die Wertberichtigungen sind in der LBBW vorgenommen worden, weil man nicht ausgelagert hat. Das sagt aber nichts über die Frage aus, wer am Ende wie viel zu bezahlen hat. Das will ich Ihnen noch einmal deutlich sagen. Ich glaube, Sie haben das nicht verstanden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Was wir letztlich mit der Zweckgesellschaft machen – um das noch einmal auf den Punkt zu bringen, vielleicht etwas vereinfacht gesagt, damit es auch klar wird –, ist eine Wette auf Zeit. Andere haben direkt wertberichtigt. Was sich am Ende als besser erweist, werden wir sehen.

Wir sind in der Tat der Meinung, dass die dauernden Wertberichtigungen falsch sind. Deswegen sind wir auch für eine zweite Auslagerungsbank im Rahmen der Fusionsbank. Das habe ich vorhin gesagt. Die Folgerung, die Sie daraus ziehen wollen, können Sie gar nicht ziehen. Sie können an der Stelle auch nicht sagen, wie Sie es gerade getan haben – Sie regen sich zwar immer über die Vergangenheitsbewältigung auf, orientieren sich dann aber daran –, dass es nicht ihr Glück, sondern ihre Fähigkeit gewesen wäre, dass die Sachsen LB von der LBBW gekauft worden ist.

Das, was die Kollegin der SPD gesagt hat, ist schon richtig. Man hat sich vonseiten des Landes um die Sachsen LB bemüht, die LBBW ist uns aber zuvorgekommen. Es war umgekehrt unser aller Glück,

(Martin Börschel [SPD]: So ist das!)

dass die Vorhaben der Landesregierung an der Stelle nicht aufgegangen sind,

(Martin Börschel [SPD]: Alles vergessen!)

was Teile der aufgespaltenen IKB, die Sachsen LB und auch anderes angeht. Das ist aber Vergangenheit. Ich hätte erwartet, dass Sie sich wenigstens jetzt, wenn Sie sich daran stören, dass Ihnen die Kollegin der SPD an der Stelle zu Recht noch einmal ein wenig die Vergangenheit vorhält, mit der Zukunft beschäftigen.

Wir haben versucht, Ihnen eine Brücke zu bauen. Diese Brücke haben Sie nicht betreten, auch nicht der Finanzminister zu meiner Enttäuschung. Er geht an unseren Befürchtungen vorbei und sagt lapidar,

das seien die des Vorsitzenden des Rheinischen Sparkassen- und Giroverbandes. – Herr Linssen, Sie kennen Herrn Breuer gut. Nicht nur er, sondern eine Menge Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker der CDU, sogar der eine oder andere Landtagsabgeordnete – ich will jetzt keine Namen nennen – halten das, was wir aufgeschrieben haben, für absolut richtig.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will noch einmal begründen, warum das so ist, warum Sie eben an dem Antrag vorbeigeredet haben: Sie haben das verglichen, was von den öffentlich-rechtlichen Eigentümern verlangt wird, nämlich die Aufstockung der Kernkapitalquote – also mithin eine wirkliche Haftung, in letzter Konsequenz bis zur möglichen Teilenteignung, wenn etwas schiefgeht – mit einer Zinszahlung auf eine stille Einlage, die dazu führt, dass die Commerzbank mehr als 1,4 Milliarden € Zinsen im Jahr zahlt, aber noch nie mehr als 1,4 Milliarden € im Jahr Gewinn gemacht hat. Sie können sich also ausrechnen, wie lange es dauert, bis die Commerzbank wieder an den Türen des Staates klopft. – Das ist das Erste.

Das Zweite und eigentlich Wesentliche ist: Vergleichen Sie das zum Beispiel mit dem erzkapitalistischen Staat Schweiz. Die UBS muss in einer vergleichbaren Situation für eine Wandelanleihe 12,5 % bezahlen. Wenn etwas schiefgeht, wird das in Stammkapital umgewandelt. Das ist völlig anders als bei uns, denn dort hat der Staat auch die Anteile, bei uns nicht. – Das ist der Unterschied.

Es bleibt bei dem, was ich Ihnen eben vorgerechnet und erklärt habe: Wir haben eine paradoxe Gewährträgerschaft. Die Situation ist umgekehrt wie noch vor zehn Jahren. Faktisch bezahlt der Staat die Garantien und die Gewährträgerschaft für die Privaten, die am Markt dann gegen die ÖffentlichRechtlichen agieren.

Das sollten wir nach meiner Überzeugung gemeinsam kritisieren und zusammen dafür sorgen, dass der SoFFin an dieser Stelle eine bessere Position einnimmt – eine Position, die nicht zu einer völligen Marktverschiebung führt.

Diese Marktverschiebung spiegelt sich sogar in Anzeigen in den Tageszeitungen wider, mit denen für Tagesgelder oder Festgeldkonten geworben wird, die zu nicht marktüblichen Zinsen verzinst werden – zulasten der öffentlich-rechtlichen Banken.

Zumindest Ihnen von der CDU – bei der FDP bin ich nicht so sicher – müsste dies eigentlich zu denken geben. Deswegen bitte ich Sie noch einmal, es zusammen mit uns zu verändern.

Letzte Bemerkung: Zur Sparkasse KölnBonn kann man viel sagen – unter anderem das, was Herr Kollege Börschel hier ausgeführt hat. Man könnte aber auch vieles zu den Geschäftsfeldern sagen, in

die früher die Stadtsparkasse Köln investiert hat. Eines kann man allerdings nicht tun: diesen Punkt in einen Zusammenhang mit der WestLB stellen. Dabei handelt es sich um ein Sonderproblem, das in Köln sicherlich noch zu einigen Diskussionen bis zur Kommunalwahl führen wird. – Schönen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Jetzt erhält der fraktionslose Abgeordnete Sagel das Wort.

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Präsident! Geschwätz und Gequatsche, das sind die Vorwürfe, die man sich hier auf beiden Seiten des Parlaments gegenseitig macht. Man fragt sich allerdings: Was soll das ganze Theater, das Sie heute Morgen hier veranstalten?

Offensichtlich – es ist ja interessant, was der Herr Minister gerade von sich gegeben hat – ist in der Telefonkonferenz schon über die wesentlichen Dinge geredet worden. Anscheinend hat der SPD das nicht richtig gepasst, weshalb sie dann in die Öffentlichkeit gegangen ist. Man muss sich schon die Frage stellen, warum hier in vertraulichen Hintergrundgesprächen Informationen ausgetauscht werden. Warum passiert das nicht coram publico?

Zum Beispiel ich als Abgeordneter bin nicht darüber informiert,

(Martin Börschel [SPD]: Es gibt ja keine In- formationen!)

worüber andere Abgeordnete offensichtlich informiert sind.

(Gisela Walsken [SPD]: Es reicht, die Zeitung zu lesen!)

Das ist die Realität. Hier haben wir eine Filzokratie – auch zwischen Ihnen von der SPD und der CDU, und zwar aus gutem Grund; denn Sie hängen gemeinsam in der Verantwortung für die WestLB und das, was dort passiert. Das ist die Realität. Sie sitzen auch nach wie vor in den Aufsichtsräten. Der Minister sitzt dort übrigens schon seit weit über zehn Jahren. Das ist die Realität. Deswegen sind Sie auch für die ganze Katastrophe bei der WestLB verantwortlich.

Das Ausmaß der Krise ist noch viel größer als bisher bekannt. Das ist doch die Realität. Schauen wir uns das einmal an. Der Finanzminister redet jetzt schon davon, dass er einen Nachtragshaushalt vorlegen muss, weil die Risiken im Augenblick immer noch nicht abschließend zu bewerten sind.

Zunächst wurden Schrottpapiere im nominalen Wert von 23 Milliarden € unter mehr als fragwürdigen Umständen nach Irland zu Phoenix Light ausgela

gert. Mittlerweile sind wir, bezogen auf den Nominalwert, bei Risiken von 80 Milliarden € angekommen. Das ist fast das Doppelte eines Landeshaushalts. Das ist die Realität.

Jetzt wird darüber geredet, wie wir sehen. Sie nennen das Ganze Konsolidierungsbank. Andere bezeichnen es – so würde ich es auch nennen – als Bad Bank für die WestLB. Dorthin sollen die Papiere jetzt abgeschoben werden.

Dagegen hat der Finanzminister in Berlin etwas gehabt. Jetzt hat er offensichtlich eingelenkt. Nun soll es viele Bad Banks geben. Das ist die Realität.

Für die Verluste, die die WestLB macht, müssen aber natürlich wieder das Land NRW, die Sparkassen und die Landschaftsverbände aufkommen. 4 Milliarden € stehen jetzt in Rede. Wahrscheinlich reichen diese 4 Milliarden € immer noch nicht aus. Deswegen kann ich nur sagen: So geht es nicht. So findet man keine Lösung.

Durch die Aufspaltung soll die WestLB für die Fusion mit DekaBank und Helaba aufgehübscht werden. Das ist immer noch Ihre Politik. Dort sollen nur die attraktiven Geschäftsbereiche verbleiben.

Wenn es dazu kommt, wird die Konsequenz aber sein, dass der Finanzstandort NRW platt ist. In dieser Form wird es ihn nicht mehr geben. Es wird ein erheblicher Personalabbau stattfinden – vor allem in Düsseldorf; Münster ist als zweiter Standort ohnehin schon tot. Das ist die Realität, die wir hier leider feststellen müssen.

Wenn es wirklich darum geht, Aufklärung zu bekommen und nicht der Salamitaktik von Finanzminister Linssen zu folgen, ist es dringend notwendig, dass hier tatsächlich Aufklärung geleistet wird. Dazu ist ein Untersuchungsausschuss notwendig. Ich appelliere an die SPD und an die Grünen, mitzuziehen. Lassen Sie endlich dieses Theaterdonnern hier sein. Dieses Geschwätz, dieses Gequatsche und diese Vorwürfe, die Sie sich hier gegenseitig machen, bringen überhaupt nichts.

Ich frage mich, ob Sie tatsächlich Aufklärung darüber wollen, welche Risiken noch vorhanden sind und wer dafür verantwortlich ist. Dabei geht es übrigens auch darum, dass die Manager in Haftung genommen werden. Das ist ebenfalls ein Punkt. Davon redet man auf Ihrer Seite überhaupt nicht.