Aber vielleicht kann man von einem Ministerpräsidenten, dessen große Zeit als Zukunftsminister inzwischen mehr als zehn Jahre zurückliegt, auch nicht mehr verlangen.
Die Menschen in Nordrhein-Westfalen jedoch, Herr Minister Pinkwart, wollen diesen Weg nicht mitgehen. Sie erwarten von Ihnen andere, neue Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen. Deshalb – ich komme noch einmal auf meine Ausführungen von eben zurück – kann man zu Ihrer Schwerpunktsetzung bei der Verteilung der 464 Millionen € nur sagen: Für unsere Bildungseinrichtungen, für die desolaten baulichen Zustände an unseren Hochschulen wird in diesem Programm viel zu wenig investiert.
Die Landesregierung lässt die Studierenden nicht nur bei Studiengebühren und anderen hochschulpolitischen Fragen im Regen stehen. Sie lassen unsere Studierenden insbesondere beim Hochschulbau buchstäblich im Regen sitzen, Herr Minister Pinkwart.
Sie haben eben gesagt, dass Sie mit allen den Konsens gesucht haben. Haben Sie auch mit den Studierenden darüber gesprochen, Herr Minister Pinkwart?
Ich möchte Ihnen die ganzen Schauerlichkeiten, was die baulichen Mängel angeht, noch einmal aufzählen:
Undichte Dächer, Schimmel an den Wänden und wegen akuter Sicherheitsrisiken gesperrte Hörsäle gehören mittlerweile zum Alltag aller Hochschulen in Nordrhein-Westfalen.
Beispielsweise mussten an der Universität zu Köln nach Presseberichten bereits vor Monaten zwölf Hörsäle mit mehreren Tausend Sitzplätzen gesperrt werden, weil die akute Gefahr bestand, dass sich die Deckenlampen aus der Verankerung lösen.
Eines ist klar: Die notwendigen Baumaßnahmen werden Sie mit dem von Ihnen vorgelegten hochschulpolitischen Schmalspurprogramm nicht stemmen können.
In der heutigen Debatte haben Sie auch erwähnt, dass Sie bis zum Jahr 2020 8 Milliarden € in den Hochschulbau investieren wollen. Sie wissen selber
ganz genau, dass damit überhaupt kein frisches Geld investiert wird; denn hier haben Sie schlichtweg die voraussichtlichen Investitionen für die Jahre bis 2020 zusammen- und hochgerechnet. Das ist nicht viel mehr als eine Mogelpackung.
(Ralf Witzel [FDP]: Was haben Sie denn frü- her getan? Beantworten Sie doch einmal die Frage, was Sie gemacht haben!)
Im Übrigen fragen wir uns, warum Sie nicht unser Angebot angenommen haben, das Konjunkturpaket noch direkt im Haushalt zu verankern. Das bleibt Ihr Geheimnis.
Unterdessen lassen Sie die Studierenden weiterhin unter undichten Dächern und in bröckelnden Sälen sitzen – in Köln, Bochum, Bielefeld und anderswo. – „Vielen Dank“ kann man vor diesem Hintergrund jetzt gar nicht sagen.
(Marc Jan Eumann [SPD]: Wir haben zurück- gezogen! – Gegenruf von Christian Lindner [FDP]: Das ist auch richtig so!)
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich weiß, warum Herr Eumann seine Wortmeldung zurückgezogen hat. Ansonsten hätte er nämlich Frau Seidl unmittelbar widersprechen müssen; denn für Köln wird gerade ein neuer Fachhochschulbau geplant.
Das macht deutlich, wer für die von Ihnen vorgetragene Schadensbilanz verantwortlich ist, Frau Seidl. Ihre Zitate werden wir in den nächsten Wochen und Monaten in den Wahlkämpfen hervorragend gebrauchen können; denn Sie haben hier Ihre Schadensbilanz dargestellt.
(Beifall von CDU und FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Meinen Sie die Kommunalwahl im Juni 2009, Herr Pinkwart?)
Für die Landesregierung stelle ich hier noch einmal Folgendes klar: Ihre hier uns gegenüber erhobenen Forderungen richten sich eklatant gegen die Studierenden in den Hochschulen; denn Sie halten uns vor, wir hätten die Mittel nicht zusätzlich zu unserem Programm ausgeben, sondern unser Programm nur mit den jetzt vom Bund bereitgestellten Mitteln umwidmen sollen. Dazu haben Sie aufgerufen.
Wir haben entschieden, die neuen Mittel obendrauf zu legen. Damit bleiben unsere Ankündigungen auch glaubwürdig.
Bei dem, was Sie hier ausgeführt haben, handelt es sich also um sehr schöne Zitate, die wir gut verwenden können.
Erstens. Diese Landesregierung hat im Rahmen der Föderalismusreform II den neuen Art. 91 b Grundgesetz mit durchgesetzt und erklärt – ich habe selbst im Bundestag dazu gesprochen –, dass sich Bund und Länder in den nächsten Jahren mit einem Hochschulpakt dringend gemeinsam der Herausforderung annehmen müssen. Das Land NordrheinWestfalen hat in dieser Frage also äußerst proaktiv gehandelt.
Zweitens. Die These, die Länder müssten besonders dankbar dafür sein, dass der Bund im Rahmen des Konjunkturprogramms auch etwas für Schulen und Hochschulen tut, weise ich zurück. In diesem Zusammenhang muss ich Sie an Folgendes erinnern, Herr Schultheis: Beim Konjunkturpaket I – bisher hatte ich den Eindruck, dass das Thema Konjunktur und vor allen Dingen die Finanzmarktpolitik maßgeblich in die Zuständigkeit des Bundes fallen – sind die Länder und die Kommunen vom Bund mit 62 % an der Finanzierung beteiligt worden. Für das Land Nordrhein-Westfalen macht das rund 1,3 Milliarden € aus. So hoch ist die Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen an der Finanzierung des Konjunkturpakets I. Beim Finanzmarktstabilisierungsgesetz ist das Land NordrheinWestfalen auf Veranlassung des Bundes – wir nehmen dort unsere staatspolitische Mitverantwortung wahr – mit bis zu 1,7 Milliarden € beteiligt worden. Im Gegenzug investiert der Bund gemäß unserem vorliegenden Vorschlag 348 Millionen € in die Hochschulen, und das Land ergänzt 116 Millionen €.
Stellen Sie die durch den Bund gewährten Mittel also bitte auch in Relation zu dem, was das Land zu tun bereit ist, um in einer gemeinsamen Anstrengung in Deutschland die Probleme, die die Finanzkrise uns beschert hat, in der Realwirtschaft vernünftig lösen zu können. Das lässt sich sehen, denke ich.
Nun möchte ich für die Landesregierung noch einmal Stellung zur Bearbeitung und Behandlung des Konjunkturpakets nehmen. Wir haben immer deut
lich gemacht – auch die FDP hat das in der Koalition deutlich gemacht –, dass wir in Bezug auf das Konjunkturpaket drei zentrale Anliegen haben.
Erstens. Wir wollen, dass im Kontext eines solchen Ausgabenprogramms – das ja schuldenfinanziert ist; darüber haben wir gestern diskutiert – eine verbindliche Schuldenbremse verabredet wird. Darüber wird bei der heutigen Sitzung der Föderalismuskommission in Berlin beraten. Unser Landesfinanzminister vertritt dort die Interessen des Landes Nordrhein-Westfalen – mit dem Ziel, dass man entgegen den ursprünglichen Vorschlägen des Bundesfinanzministers nicht eine Neuverschuldungsgrenze von 0,35 oder 0,5 % für die Länder vorsieht, sondern dass die Länder, weil der Bund die Kraft dazu offensichtlich noch nicht findet, sich selbst eine Null-Neuverschuldung auferlegen.
(Karl Schultheis [SPD]: Was hat Sie denn da- von abgehalten? – Gegenruf von Ralf Witzel [FDP]: Sie haben es doch nicht gemacht! – Gegenruf von Karl Schultheis [SPD])
Wir werden sehen, zu welchem Ergebnis wir kommen. Wir hätten doch gar keine Föderalismusreform II, wenn das Land Nordrhein-Westfalen nicht – auch auf Initiative der FDP – gesagt hätte: Eine Föderalismusreform I kann es nur geben, wenn wir in einem zweiten Durchgang zwischen Bund und Ländern und zwischen den Ländern endlich auch vernünftig über die Finanzierungsfragen sprechen.
(Beifall von CDU und FDP – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Die Kommunen haben Sie wieder außen vor gelassen!)