Protokoll der Sitzung vom 04.03.2009

die Stadt Wermelskirchen und die Stadt Rösrath. Beide Stadtverwaltungen haben über Ihre Kalkulation von 3,43 € nur gelacht und mir nach einer Vollkostenrechnung inklusive des Personalaufwands bestätigt, dass die Kosten in diesen beiden Kommunen signifikant unter 1,50 € pro Wahlberechtigtem liegen.

Das hätten Sie wissen können. Das hätten Sie sogar wissen müssen. Denn der Innenminister hat bereits im August 2007 in einer Fragestunde dieses Landtags eine erste Schätzung abgegeben. Er hat damals gesagt: Die Kosten für einen eigenständigen Kommunalwahltermin liegen bei etwa 14 Millionen € ausweislich der Erstattung an die Kommunen für die Durchführung der Bundestags- und der Landtagswahl.

(Zuruf von der SPD: Jeder Euro ist zu viel!)

Und wenn Sie über die Synergien sprechen, wird immer ein Punkt vergessen: Bei einer Zusammenlegung von Wahlen fallen trotzdem jeweils Kosten für das Porto an. Denn die Wahlbenachrichtigungen werden getrennt versandt. Hinzu kommen noch Druck- und Produktionskosten.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Warum das denn? Das war 1994 aber noch nicht so!)

Natürlich muss das separat verschickt werden. Sie müssen doch die Verwechslungsgefahr etwa

bei der Briefwahl vermeiden. Sie sind handwerklich gar nicht à jour.

(Beifall von der CDU – Gisela Walsken [SPD]: Das stimmt doch gar nicht, was Sie da sagen!)

Deshalb entstehen dort Kosten. Wenn man das bilanziert, ergeben sich für einen separaten Kommunalwahltermin Mehrkosten in Höhe von etwa 4,8 Millionen €. Ihre Angaben zu den Kosten sind also nachweislich falsch. Dennoch machen Sie damit Kampagne.

(Beifall von FDP und CDU)

Die Grünen gehen sogar so weit, eine Website einzurichten: „www.42millionen.de“ Stoppen Sie diese dreiste Manipulation der Öffentlichkeit!

(Beifall von FDP und CDU – Widerspruch von SPD und GRÜNEN)

Franz Müntefering hat dieser Tage gesagt, diese Entscheidung sei eine Beugung der Demokratie.

(Beifall von der SPD – Zurufe: Richtig!)

Das sagt ausgerechnet die SPD, die zu ihrem politischen Aschermittwoch Herrn Wowereit eingeladen hat,

(Zurufe von der SPD)

der in Berlin verhindert, dass der Bürgerentscheid für den Religionsunterricht parallel mit der Europawahl stattfindet, weil er die Abstimmung unter das Quorum drücken will!

(Beifall von FDP und CDU)

Das sagt die gleiche SPD, das hier in NordrheinWestfalen Wolfgang Clement aus der Partei gejagt hat, weil er eine andere Meinung vertreten hat!

(Beifall von FDP und CDU – Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Was hat das denn mit dem Kommunalwahltermin zu tun? Schreien Sie nicht so!)

Das sagt die gleiche SPD, die in Hessen einer der vier Abweichlerinnen gegen Frau Ypsilanti gewünscht hat, dass ihr die Beine abfaulen mögen.

(Zurufe von der SPD)

Von einer solchen SPD, die eine solche innerparteiliche Demokratie pflegt, brauchen wir keine Nachhilfe in Demokratie!

(Lebhafter Beifall von FDP und CDU – Wi- derspruch von der SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Wie war das, Herr Biesenbach: Wer schreit, der lügt?)

Zumal man sich über Ihre Motive informieren kann, Frau Walsken.

(Widerspruch von der SPD – Unruhe – Glo- cke)

Ich freue mich, wenn Sie auch Spaß haben; ich habe Spaß.

„Stern“ und „RTL“ haben heute eine aktuelle Umfrage veröffentlicht: 24 % würden die SPD noch wählen. Es ist deutlich, warum Sie nur noch zwei Wahltermine haben wollen: Sie haben Angst, dass Sie sich bei der Europawahl, bei der Kommunalwahl und bei der Bundestagswahl drei Klatschen abholen. Sie wollen aber lieber zwei Klatschen haben. Das ist das Motiv dafür!

(Lebhafter Beifall von FDP und CDU – Wi- derspruch von der SPD)

Was ist das für ein Verständnis von Demokratie? Jeder Kommunalpolitiker weiß doch in Wahrheit, wie viel Aufmerksamkeit die Bundestagswahl absorbiert. Wenn man aber weiß, wie viel Raum die Bundestagswahl einnimmt: Warum kann man dann für die Zusammenlegung mit der Kommunalwahl sein? Doch nur, weil man den eigenen Kommunalpolitikern nicht zutraut, dass sie auch außerhalb des Windschattens der Bundestagswahl reüssieren. Sie haben kein Zutrauen in Ihre kommunale Bilanz, in Ihre Basis!

(Lebhafter Beifall von FDP und CDU – Rainer Schmeltzer [SPD]: Herr Biesenbach: Wer schreit, der lügt!)

Zwei letzte Gedanken möchte ich noch äußern, Frau Präsidentin, weil ich durch die Zwischenrufe hier und da ein wenig unterbrochen worden bin.

(Zuruf von der SPD)

Ich will mich nämlich auch noch an die Grünen wenden, die hier mit den Kosten und der Repräsentativität argumentiert haben.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Kommen Sie mal runter! – Zuruf von Norbert Killewald [SPD])

Gleichzeitig beschließen die Grünen aber in ihrem Landtagswahlprogramm, dass Sie die direkte Demokratie massiv ausweiten wollen. Sie wollen jetzt auch die Bauleitplanung zum Gegenstand von Bürgerentscheiden machen und die Quoren reduzieren. Was ist denn da mit Kosten und Repräsentativität?

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Es geht um un- nötige Kosten!)

Für Ihre Art der Argumentation gibt es ein Wort: Heuchelei.

(Beifall von FDP und CDU – Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Weil ich weiß, dass Herr Sagel noch das Wort bekommt, will ich mich vorab schon an ihn wenden. Er hat oft genug gezeigt, dass er eigentlich eine ganz andere Gesellschaftsordnung will. Man lese nur das Strategiepapier der Linken in NRW. Er gehört einer Partei an, deren Vorgängerin, die SED, überhaupt keine demokratischen Wahlen zugelassen hat.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der SPD)

Sollte er also heute für die Einsparung von Wahlterminen plädieren, hat das bei ihm eine ganz andere Qualität.

(Lebhafter Beifall von FDP und CDU – La- chen von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Herr Kollege, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Meine Damen und Herren, wir sind überzeugt, dass die Entscheidung des Innenministers richtig ist.

(Widerspruch von der SPD)

Der Innenminister hat unser uneingeschränktes Vertrauen. Wir können und wir werden diese Entscheidung vor Ort vertreten: gegenüber Ihnen und gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Für uns zählt die Eigenständigkeit der Kommunalpolitik. Demokratie bedeutet mehr, als nur über Kosten nachzudenken.

(Anhaltender lebhafter Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. Gestatten Sie mir bitte auch hierzu eine Anmerkung: Das war ein sehr langer letzter Satz. – Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Dr. Wolf das Wort. Bitte schön, Herr Minister.

(Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das war ein eindrucksvolles Plädoyer für den Primat der Kommunalpolitik.