Drittens. Wir müssen den Schulleitungen mancher Gesamtschulen offenbar sehr viel deutlicher auf die Finger schauen, damit sie Hauptschüler nicht benachteiligen.
Ich kann Ihnen versichern, dass wir diese Konsequenzen ziehen werden. Wir sind angetreten, für alle Kinder und Jugendlichen die Chancen und die Qualität der Schulbildung zu verbessern.
Die Benachteiligung ganzer Schülergruppen hatte einen rot-grünen Anstrich. Wir haben mit der Ungleichbehandlung Schluss gemacht, und diesen Weg werden wir konsequent weiterverfolgen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall von FDP und CDU – Sigrid Beer [GRÜNE]: Noch eine Drohung! – Sören Link [SPD]: Beeilen Sie sich! Nächstes Jahr wer- den Sie abgewählt!)
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf Frau Kollegin Sommer heute in den schulpolitischen Debatten vertreten. Dabei ist mir als Erstes aufgefallen, dass dieser Antrag nach der Methode „Stichwort: Wiedervorlage im März“ gestellt ist. Jedes Jahr im März stellt Bündnis 90/Die Grünen die gleichen Anträge.
Am 4. März 2008 hieß es: „Politik gegen den Elternwillen stoppen.“ 2007 hieß es: „Eltern wollen mehr Gesamtschulen.“ Da sind die Grünen also verlässlich.
Und deshalb denke ich, dass wir über einige Fakten in Ihrem neuen Akzent, Frau Beer, sprechen sollten.
Die Gesamtschule ist Bestandteil des gegliederten Schulwesens in Nordrhein-Westfalen und wird wie das Gymnasium in der Regel als Schule der Sekundarstufen I und II geführt. Das ist im Schulgesetz festgeschrieben, und es gibt keine Überlegungen der Landesregierung, dies zu ändern.
In einem Brief an die Lehrkräfte der Gesamtschulen hat Frau Kollegin Sommer am 1. September 2008 ausdrücklich ihre Wertschätzung der Arbeit der Lehrerinnen und Lehrer deutlich gemacht, und in diesem Brief hat sie bezogen auf den Fortbestand der Oberstufe Maßnahmen angekündigt, die dem öffentlichen Eindruck entgegenwirken, in NordrheinWestfalen gebe es ein Zweiklassenabitur. Diese Maßnahmen werden zurzeit mit großem Erfolg umgesetzt. Unsere Gesamtschulen erhalten die gleiche Unterstützung wie alle anderen Schulen auch.
Da diese Punkte wieder in Ihren Anträgen auftauchen, lassen Sie mich kurz auf die Schulleitungspauschale und die Ganztagspauschale eingehen. Die Schulleitungen der Gesamtschulen wurden bezüglich der Anrechnungsstunden mit dem Haushaltsgesetz 2007 mit den anderen Schulformen gleichgestellt. Auch an Gymnasien, aber vor allen an Berufskollegs besteht ein hoher Differenzierungsbedarf mit unterschiedlichen Kursen und Angeboten.
Wir haben nun für gleiche Bedingungen für alle Schulformen gesorgt, und aus dieser Gleichbehandlung der Gesamtschulen zu folgern, die Landesregierung betreibe eine Politik der Nadelstiche gegen die Gesamtschule, ist nicht nachvollziehbar.
Ich weiß nicht, wer sich so etwas ausdenkt. Das hieße ja im Umkehrschluss, dass Rot-Grün jahrelang eine Politik gegen Gymnasien und Berufskollegs betrieben habe.
Herr Minister, damals ist im Zusammenhang mit der Kürzung der Schulleitungspauschale angekündigt worden – es wurde nämlich der Bedarf für die großen Systeme gesehen –,
dass eine entsprechende Zugabe für alle großen Systeme erfolgen sollte. Das ist bis heute noch nicht erfolgt.
Das heißt, man nimmt einigen etwas weg, obwohl anerkannt worden ist, dass für große Systeme ein Bedarf vorhanden ist. Wann kommt denn diese Pauschale für alle wieder?
Ich schreibe Ihnen einen Brief, Frau Beer, und dann werde ich Ihnen sagen, wann die Pauschale wiederkommt.
Zurück zur Sache! Der Passus des Schulgesetzes, der vorsah, dass Gesamtschulen regelmäßig Ganztagsschulen sein sollen, ist gestrichen worden. In der Vergangenheit sind zwischen 1993 und 2005 – Frau Kollegin Beer, das ist das, was ich heute Morgen erwähnt habe – einzig und allein Gesamtschulen zu Ganztagsschulen ausgebaut worden. Und
wenn wir nun sagen, dass wir auch Hauptschulen zu Ganztagsschulen ausbauen, dann ist das doch keine Diskriminierung der Gesamtschule. Das ist doch keine gesamtschulfeindliche Politik.
So etwas zu behaupten, ist doch absurd. Wenn man eine Ungleichheit, die nicht gerechtfertigt ist, beseitigt, dann diskriminiert man doch nicht den einen, der bisher immer bevorzugt wurde, sondern man stellt Chancengleichheit her.
Das ist das, was beim Ganztag passiert ist. Die Gesamtschule wurde bei diesen Maßnahmen ganz klar bevorzugt. Das kann man so machen. Man kann eine Ganztagsschulform, die bei Eltern sehr nachgefragt ist, ganz gezielt so fördern. Aber für diese Schulpolitik haben Sie 2005 die Quittung bekommen. Wir erkennen alle Schulformen an, und alle werden gleich behandelt.
Nein, Frau Präsidentin, ich mache jetzt weiter. Sonst muss ich noch mehr Briefe schreiben. Das lasse ich lieber.
Eben haben Sie die Zahl von 14.000 Ablehnungsbescheiden erwähnt. Sie tun so, als sei es quasi die Schuld einer gesamtschulfeindlichen Landesregierung, dass plötzlich die Ablehnungsbescheide verschickt werden. 2004, zu Zeiten Ihrer Regierungsverantwortung, gab es 14.000 Ablehnungsbescheide. All die Jahre davor, seit 2000, gab es ungefähr in der gleichen Größenordnung Ablehnungsbescheide. Insofern ist auch das kein Beleg dafür, dass hier eine gesamtschulfeindliche Politik gemacht wird.
Dann sind – das wissen Sie auch, Frau Kollegin Beer – seit 1998 mit einzigen Ausnahme auch keine neuen öffentlichen Gesamtschulen mehr errichtet worden – trotz dieser großen Zahl an Ablehnungsbescheiden. Die Thematik kann man, wenn man sich das einmal sachgerecht anguckt, nicht ideologisch an parteipolitischen Grenzen festmachen, als wenn die Welt erst 2005 entstanden und vorher alles heil gewesen wäre.
Wir haben in unserer Regierungszeit, wenn ich es richtig sehe, mehr Gesamtschulen errichtet als Sie von 1998 bis 2005, nämlich drei neue, die jetzt ihre Arbeit aufgenommen haben. Wenn die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, wird die Gründung neuer Gesamtschulen auch genehmigt. Damit sind wir bei dem Thema Leistungsheterogenität, das eben angesprochen worden ist.