Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

Nordrhein-Westfalen hat eine große Chance, weil es 2009 wahrscheinlich gentechnikfrei sein wird. Wir haben in diesem Jahr keine Versuchsfelder. Es ist ein besonderes Herausstellungsmerkmal unserer Möglichkeiten im Bereich der Landwirtschaft, gentechnikfrei zu sein. Das ist eine Chance, die die Landesregierung, der Landtag und der Landwirtschaftsminister ergreifen sollten, um hier auf die Bundesregierung Einfluss zu nehmen und:

erstens Nordrhein-Westfalen zur gentechnikfreien Zone zu erklären,

zweitens Frau Aigner auf den Weg zu bringen, um das, was sie angekündigt hat, auch wirklich zu tun, und

drittens auf EU-Ebene die anstehende Neuzulassung von MON 810 und weiterer gentechnisch veränderter Maissorten nicht zuzulassen.

Diese Forderungen verbinden wir mit unserem Antrag. Nordrhein-Westfalen schaut auf Bayern; denn Bayern geht hier ein Stück voran. Nehmen Sie die Hände von den Augen. Dann können wir in Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich in eine gute Zukunft schreiten. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Remmel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Ortgies das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Jedes Jahr im Frühling – wenn die Säfte steigen –

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist bei Ih- nen aber noch nicht angekommen! – Svenja Schulze [SPD]: Da sind wir schon wieder bei Fleischeslust!)

nehmen Sie von der Fraktion der Grünen dies als Anlass, Ihren Feldzug gegen die Gentechnik zu machen.

(Zurufe – Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sehe jetzt keinen Anlass zur Aufregung.

(Svenja Schulze [SPD]: Doch! – Minister Karl- Josef Laumann: Es ist Frühling! – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Ich wäre dankbar, wenn Sie dem Redner zuhören würden.

(Weitere Zurufe)

Ich komme zunächst zu den bayerischen Tönen, die Sie hier besonders zitiert haben.

Bayern hat nur sehr wenige Betriebe, die sich mit der Entwicklung von gentechnisch veränderten Organismen befassen und daran forschen. In Nordrhein-Westfalen gibt es dagegen viele Firmen und namhafte Konzerne, die sich seit Jahren verantwortlich mit diesem Thema beschäftigen und große Summen investiert haben.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Quatsch doch nicht immer dazwischen!

In diesen Tagen stellt sich auch die Frage, ob Sie hier Arbeitsplätze vertreiben wollen.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Es ist hier viel in die Forschung investiert worden.

Es geht nicht nur um den Anbau von gentechnisch verändertem Mais. Ich möchte an dieser Stelle auch einmal ein paar andere Zahlen nennen. Die weltweite Anbaufläche für gentechnisch veränderten Mais lag im Jahr 2008 bei 37 Millionen Hektar. Die weltweite Anbaufläche für insgesamt gentechnisch veränderte Pflanzen – also Mais, Soja, Raps und Baumwolle – lag bei knapp 125 Millionen Hektar. Zum Vergleich: In Deutschland wurden für 2009 gerade einmal 3.700 Hektar angemeldet. Das sind übrigens weniger als 2008. In Nordrhein-Westfalen liegt überhaupt noch keine Anmeldung für gentechnisch veränderten Anbau vor. Wir streiten hier um ungelegte Eier.

Lassen Sie mich zu den Äußerungen von Frau Aigner kommen. Sie sollten einmal richtig lesen. Sie sagte, dass sie im Zweifel den politischen Willen habe, die Zulassung für diese berühmte Maissorte zu entziehen, sollte sich der Hersteller nicht an die Vorschriften halten. Das ist doch eine Selbstverständlichkeit.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Zu keiner Zeit hat sie das gesagt!)

Wir wollen die Menschen in diesem Land nicht beunruhigen und schon gar nicht gefährden. Darum gibt es die Freisetzungsrichtlinie der Europäischen Union, wonach nur zugelassene Sorten angebaut werden können. Die Sicherheit für Menschen und Umwelt muss vorher geprüft werden.

Ich sage noch einmal: Wir sind überhaupt nicht federführend. Maßgeblich in dieser ganzen Diskussion ist die EU. Selbst wenn wir es wollten, könnten wir Nordrhein-Westfalen nicht durch ein Gesetz zur gentechnikfreien Zone erklären.

Herr Ortgies, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Remmel?

Bitte schön.

Bitte schön, Herr Kollege Remmel.

Schönen Dank. – Sie haben eben auf die Auflagen hingewiesen, die dem Unternehmen vor einem Jahr aufgegeben wurden. Dazu gehörte insbesondere ein umfangreiches Monitoring. Sind Ihnen irgendwelche Daten von diesem Monitoring bekannt? Ist Ihnen überhaupt bekannt, ob dieses Monitoring stattgefunden hat?

Das habe ich jetzt nicht verstanden. Es geht doch um Ihren Antrag. Welches Monitoring meinen Sie? Es geht doch in Ihrem Antrag darum, dass Sie in Nordrhein-Westfalen eine gentechnikfreie Zone ausweisen wollen. Das steht in Ihrem Antrag. Ich verstehe Ihre Frage jetzt nicht so richtig.

Sie haben eben in Ihrer Rede davon gesprochen, dass die Prüfung durch Frau Aigner auf die Auflagen, die den Herstellern gegeben worden sind, abhebt. Sind Ihnen irgendwelche Ergebnisse hinsichtlich der Auflagen an das Unternehmen, sowohl was das Monitoring als auch die tatsächliche Durchführung angeht, bekannt?

Nein, mir ist das nicht bekannt. Ich erinnere an die Aussage von Frau Aigner, die gesagt hat, wenn sie Zweifel habe, werde sie diese Sorte nicht zulassen. Das war eine zweifelsfreie Aussage.

Meine Damen und Herren, wir haben als CDU/FDPKoalition immer von einem verantwortbaren Um

gang mit den Potenzialen der grünen Gentechnik gesprochen. Das werden wir auch weiter so fortführen. Der Schutz von Mensch und Umwelt hat für die CDU- und die FDP-Landtagsfraktionen höchste Priorität. Deswegen haben wir immer gesagt: Wir wollen eine Koexistenz, also ein Nebeneinander von gentechnikfreiem Anbau und Gentechnikanbau, in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen gewährleistet wissen.

Jeder, der gentechnikfrei anbauen möchte, soll es auch machen, weil seine Nachbarn diese Vorschriften einhalten. Dass dies möglich ist, zeigen auch die freiwilligen Entscheidungen von Landwirten für oder gegen diese Bewirtschaftungsform. Wenn Landwirte freiwillig erklären, dass sie bestimmte Formen nicht anbauten, ist dagegen nichts zu sagen. Nur können wir als Parlament das nicht verbieten, weil es rechtlich nicht haltbar ist. Wir unterstützen die Freiwilligkeit, und jeder Landwirt soll es selbst entscheiden können.

Zum Schluss noch einmal zur – so will ich es einmal bezeichnen – Dampfplauderei des Bundesumweltministers. Ich möchte dabei auf den einen oder anderen Aspekt in dieser Debatte hinweisen. Die politisch motivierte Verteufelung von gentechnisch veränderten Organismen hat dazu geführt, dass sich viele Landwirte eine Befassung mit der grünen Gentechnik gar nicht mehr erlauben können. Sie haben die Meinung der Bevölkerung eben schon einmal dargestellt.

Ich darf mit Erlaubnis der Präsidentin einen Zeitungsbericht zitieren, nachdem die EU-Kommission das Anbauverbot in Österreich und Ungarn gekippt hat:

Geradezu dreist ist Gabriels Frontalangriff gegen den Saatgutkonzern Monsanto im Zusammenhang mit der gestrigen Entscheidung zum Anbauverbot in Österreich und Ungarn. Wenn die grüne Gentechnik hierzulande nur noch Konzernen vorbehalten bleibt, so allein deshalb, weil angesichts der völlig überzogenen, jahrzehntelangen Genehmigungsverfahren mit einhergehenden staatlich geduldeten Feldzerstörungen bei Bauern und Forschern die kleinen Firmen keine Chancen haben.

Zum Schluss mein Fazit: Wir diskutieren hier seit Jahren über das Für und Wider der grünen Gentechnik. Ich sage sehr bewusst: Als Landwirt möchte auch ich nicht in die Abhängigkeit eines einzigen Anbieters kommen. Auch ich habe manchmal den Eindruck, dass sich die Erwartungen an die grüne Gentechnik, die vor Jahren noch in den rosigsten Farben geschildert wurde, nicht oder leider noch nicht erfüllt haben. Nur noch über Pflanzen zu sprechen, die gegen alle Pflanzenkrankheiten resistent sind, kann auch nicht unser Ziel sein. Ich sage das sehr ausdrücklich.

Herr Kollege, ich darf Sie auf das Ende Ihrer Redezeit hinweisen.

Frau Präsidentin, ich bin am Ende meiner Rede.

Wir sollten über all diese Diskussionen sicherlich auch nicht die ganz normale konservative Züchtung vergessen, sondern sie weiter unterstützen. Wir Nordrhein-Westfalen sollten es den Nutzern aber selbst überlassen, wie sie wirtschaften. Deswegen können wir Ihrem heutigen Antrag leider nicht zustimmen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Ortgies. – Meine Damen und Herren, als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Wiegand das Wort. Bitte schön, Frau Abgeordnete Wiegand.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Rede heute mit einem Zitat des Umweltministers Sigmar Gabriel vom 20. Februar 2009 beginnen:

Frau Aigner bewegt sich im Rahmen dessen, was sich die Bundeskoalition vorgenommen hat. Anders als die Forschungspolitiker der CDU glauben machen wollen, ist keine grüne Gentechnik um jeden Preis vereinbart worden. Vielmehr soll der Vorsorgeschutz von Mensch und Umwelt auch bei der Anwendung von Gentechnik in der Landwirtschaft oberste Priorität haben.

Leider hat Ihre Forschungsministerin das auf Bundesebene noch nicht verstanden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.

(Zustimmung von der SPD)

Herr Remmel, Sie hätten die Verdienste des Umweltministers Sigmar Gabriel in Ihrem Antrag ruhig nennen können; sie hätten sie nicht so unter den Tisch zu kehren brauchen. Schließlich hat er mit seinem Votum in Brüssel Anfang März gegen das Anbauverbot von Genmais in Österreich und Ungarn ein deutliches Zeichen gesetzt und so die Diskussion über ein Anbauverbot von Genmais wiederbelebt.