Das, was die Grünen wollen, wäre das komplette Ende des Kraftwerkserneuerungsprogramms in Nordrhein-Westfalen. Herr Kollege Priggen, Sie sollten sich hier einmal äußern, was aus dem Energie- und Industrieland Nordrhein-Westfalen werden soll, wenn Sie den Bau sämtlicher neuer Kohlekraftwerke unterbinden wollen; von Kohlekraftwerken, die ein Investitionsvolumen von 8,9 Milliarden € in Nordrhein-Westfalen mit sich bringen, die den Wirkungsgrad um etwa 30 % verbessern, die den CO2-Ausstoß minimieren, die Zehntausende von Arbeitsplätzen sichern helfen.
Sie haben ja noch Redezeit, Herr Kollege Priggen. Ich bitte Sie sehr herzlich, sich dazu einmal zu äußern. Das ist der Elch-Test für die Grünen, und ich habe die Ahnung, den werden sie nicht bestehen.
Ich möchte nun auf einen weiteren Punkt zu sprechen kommen. Natürlich steht das Thema Steuerentlastung auf der politischen Agenda in NordrheinWestfalen und mit Macht nach der Bundestagswahl auf Bundesebene ebenfalls auf der Agenda. Das ist doch gar keine Frage.
Wir haben hier ein Konjunkturprogramm II mit einem Volumen in Höhe von 50 Milliarden € debattiert, das eine steuerliche Entlastung von 2,9 Milliarden € vorsieht. Diese schräge Abwrackprämie, über die sich
spätere Ökonomengenerationen aufgrund ihrer Fehlanreize nur lustig machen werden, kostet die Steuerzahler 5 Milliarden €. Die Abschaffung des Solidaritätszuschlages hätte die Bürgerinnen und Bürger um 13 Milliarden € entlastet. Es wäre besser gewesen, den Soli abzuwracken, als noch gut erhaltene Altfahrzeuge, die man ökonomisch anders hätte nutzen können.
Deshalb gilt mehr denn je in der Krise, aber auch nach dem Ende der Rezession: Der beste Weg zur nachhaltigen Belebung der Binnennachfrage ist eine steuerliche Entlastung der Menschen und insbesondere der Leistungsträger in unserem Land.
Hierzu möchte ich Ihnen zum Schluss noch etwas Hochinteressantes vortragen. – Neueste Zahlen aus dem Finanzministerium zeigen, dass die obersten 35 % der Steuerzahler mit jährlichen Einkünften von mehr als 36.000 € – das ist weniger als das Durchschnittseinkommen – inzwischen 85 % der Einkommensteuern aufbringen müssen. Bei den obersten 35 % der Steuerzahler sind die Mittelschichten voll erfasst. Dazu zählen Personen, die noch nicht einmal das durchschnittliche Einkommen erreichen. Sie müssen für 85 % der gesamten Einkommensteuern aufkommen, während die untersten 20 % der Steuerpflichtigen gerade noch 0,3 % der Einkommensteuern aufbringen.
Schon an diesen Zahlen wird deutlich, dass wir endlich die Leistungsträger in diesem Land, die breiten Mittelschichten, entlasten müssen. Das wäre die wirkungsvollste Maßnahme zur nachhaltigen Belebung der Binnennachfrage.
Mit SPD und Grünen ist das nicht zu machen. Dafür braucht es die Steuersenkungspartei der Freien Demokraten.
Wir sind voller Optimismus, dass es uns gelingen wird, dieses Programm nach der Bundestagswahl für Gesamtdeutschland umzusetzen.
Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit – und Ihnen, Frau Präsidentin, für Ihre Geduld.
Danke schön, Herr Dr. Papke. – Da ich jetzt sehr großzügig war, werde ich bei den folgenden Rednern der anderen Fraktionen ebenfalls großzügig sein. – Bitte schön, Herr Priggen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es war außerordentlich spannend, den Kollegen der Regierungsfraktionen zuzuhören. Ich muss allerdings ganz klar sagen: Einen größeren Offenbarungseid der beiden Regierungsfraktionen und der Regierung selber gegenüber der Situation, vor der wir stehen, habe ich hier noch nicht gehört.
Es ist schon bemerkenswert, womit Herr Finanzminister Dr. Linssen und Herr Dr. Papke ihre Ausführungen eingeleitet haben. Mit Umfragewerten! Wir stehen vor der Situation, dass wir laut Aussage der Bundesagentur für Arbeit im nächsten Jahr einen Anstieg der Arbeitslosenzahl auf 5 Millionen befürchten müssen. Wir müssen real befürchten, dass zusätzlich zu den rund 800.000 Menschen ohne Arbeit hier in Nordrhein-Westfalen 400.000 weitere Arbeitslose mit ihren Familien vor dieser Situation stehen. Und womit kommen die beiden an? Mit Wahlumfragezahlen! Das ist auch genau die Linie, die sie hier politisch verfolgen.
Wie ich vorhin schon einmal gesagt habe, führt die Kopie von Johannes Rau, die uns der Ministerpräsident hier vorspielt,
und zwar – ich sage es anerkennend – im politischen Geschäft erfolgreich vorspielt, besser als seine beiden Vorgänger, dazu, dass Sie sich vor der Arbeit drücken, die Sie leisten müssen. Die Regierung meldet sich nicht und tut es nicht. Stattdessen will sie uns mit der Art Ohnsorg-Theater, die sie uns hier vorspielt, Sand in die Augen streuen.
Es ist nicht zu bestreiten, dass wir in den letzten zwei, drei Jahren ein Konjunkturhoch hatten. Objektiv betrachtet, ist das aber nur an allerletzter Stelle das Verdienst der beiden Regierungsfraktionen. So kann man das nun wirklich nicht darstellen.
Wir haben alle Glück gehabt, dass es so war. Es ist auf Berliner Effekte und andere Dinge zurückzuführen.
Heute stehen wir vor einer schwierigen Situation. Jetzt erzählt uns Herr Dr. Papke hier – das finde ich ganz bemerkenswert; ich habe so etwas noch nirgendwo gelesen; er mag aber sogar Belege dafür haben –, weltweit sei das Tal der Konjunktur durchschritten; in der zweiten Hälfte dieses Jahres werde es wieder nach oben gehen. Daran glaubt sonst niemand. Für die angebliche Steuersenkungspartei FDP ist das aber ein Alibi. Es ist ja beachtlich, dass vonseiten der Opposition immer gefordert wird, die Steuern zu senken. Alle anderen sagen uns aller
dings, dass es bei dem Maße, in dem sich die Bundesrepublik und die Länder im Moment verschulden, völlig unmöglich ist, mit zusätzlichen Programmen Steuern zu senken.
Der Offenbarungseid ist an dieser Stelle aber folgender: Weil sich Guido Westerwelles Spaßtruppe so eingräbt und keine zusätzlichen Konjunkturprogramme will, ist diese Regierung in NordrheinWestfalen – obwohl es in der CDU Erkenntnisse gibt, was man machen könnte – nicht mehr in der Lage, sachgerecht zu reagieren. Das müssen wir nüchtern zur Kenntnis nehmen.
Lassen Sie mich auch auf das eingehen, was die Wirtschaftsministerin uns vorgerechnet hat. Ich will mit ihren Zahlen argumentieren. Mit der Gebäudesanierung nehme ich dabei extra ein Thema, bei dem wir politisch keinen Streit haben; auf Atomkraft und Windenergie gehe ich daher gar nicht ein.
Also: Wenn wir bei der Sanierung des Altgebäudebestandes in Nordrhein-Westfalen mit der gleichen Geschwindigkeit weitermachen wie bisher – zurzeit sanieren wir 0,6 % pro Jahr –, brauchen wir 100 Jahre. Wir wissen, dass es vernünftig ist, die nach dem Krieg entstandenen Bauten energetisch zu sanieren, weil wir in der Folge weniger Öl und Gas importieren müssen. Frau Ministerin Thoben hat gesagt, eine Erhöhung dieser Quote auf 3 % jährlich – das ist nicht außerordentlich ambitioniert, aber eine Grundlage – brächte 100.000 zusätzliche Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. Das sind die Zahlen von Frau Thoben.
Hier könnten wir uns mit den anderen Fraktionen die Hand reichen und sagen: Lasst uns ein solches Programm durchführen.
Von den Koalitionsfraktionen kommt aber nichts, weil die eine Hälfte der Regierung das Ganze blockiert und die andere Hälfte dieses böse Spiel mitmachen muss. Das wäre ein Punkt, bei dem es politisch keinen Dissens gibt. Man stellt sich aber nicht auf und tritt nicht für die Herstellung der entsprechenden Parameter in Berlin ein.
Unter Umständen müsste man auch einmal sagen: Wir können das nicht alles alleine tun; lasst uns auf die anderen zugehen, damit wir zusammen signalisieren, dass wir nicht nur ein Strohfeuer für ein Jahr oder zwei Jahre schaffen wollen. – Beschäftigung
wird nämlich nur dann aufgebaut, wenn die Betriebe und die Zulieferindustrie wissen, dass das Ganze über mehrere Jahre geht. Aufgrund der Abwrackprämie baut im Moment doch niemand in der Automobilbranche Beschäftigung auf. Sie bewältigt die zusätzliche Nachfrage mit Überstunden, weil sie genau weiß, dass die Rallye den Berg heruntergeht.
Hier bestände eine Möglichkeit. Wir würden die Hand reichen. Diese Regierung ist aber nicht mehr in der Lage, konstruktiv zu arbeiten.
Ich gestehe Ihnen zwar zu, dass Sie mehr Bundesmittel weitergeleitet haben, als man erwarten konnte. Die handwerkliche Umsetzung zeigt aber – lesen Sie nur die heutige Ausgabe des „Kölner StadtAnzeigers“ –, dass Sie nicht in der Lage sind, für die Verteilung des Geldes zu sorgen. Den bittersten Punkt hat Herr Kollege Eiskirch angesprochen. Es gibt EU-Förderprogramme in Milliardenhöhe, zu deren Umsetzung Sie handwerklich nicht in der Lage sind.
Gleichzeitig wissen wir, dass die Arbeitslosigkeit zunimmt. Wer das eine handwerklich nicht kann und bei dem anderen so aufgestellt ist, dass er nicht nach vorne gehen kann, sollte uns nicht mit irgendwelchen Weltwirtschaftsperspektiven vertrösten, die nur Herr Dr. Papke liest, und damit die Untätigkeit begründen. Das ist nicht zu akzeptieren. – Danke schön.