Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Präsidentin! Es ist immer wieder erstaunlich, wie sich die Regierungsfraktionen die Situation in Nordrhein-Westfalen schönreden. Sie nehmen die soziale Wirklichkeit, die in NordrheinWestfalen herrscht, überhaupt nicht zur Kenntnis.
Die Heuschreckenpartei FDP propagiert hier die steuerliche Entlastung der Leistungsträger. Was heißt das denn? Nach Ihrer Definition sind die Millionäre die Leistungsträger. Die wollen Sie entlasten, während die sozial Schwächeren zahlen sollen. Das ist die Realität. Genau das fordern Sie hier.
Nordrhein-Westfalen angekommen. Nicht nur, dass diese Konjunkturprogramme viel zu spät beschlossen worden sind – jetzt gibt es auch noch bürokratische Hemmnisse. Sie haben kürzlich erst 35 Stellen bei den Bezirksregierungen eingerichtet – alles Klientelpolitik übrigens –, damit die überhaupt erst einmal anfangen zu arbeiten. Das ist die Realität. Dass die Konjunkturprogramme wirken, davon kann überhaupt keine Rede sein.
Die Bundesrepublik steckt in der stärksten Rezession seit 80 Jahren. Die Prognosen gehen mittlerweile in Richtung eines Rückzugs von 7 %. Die Bundesrepublik steht damit vor der schwersten Krise. Es ist mittlerweile eine riesige Nachfragelücke von mindestens 75 Milliarden € entstanden. Das von der Bundesregierung beschlossene Konjunkturprogramm ist mit einem Volumen von 25 Milliarden € pro Jahr viel zu gering, auch nicht zielgerichtet und vor allem zutiefst unsozial. Das ist auch die Realität, die man sich vor Augen führen muss.
Wir erleben, dass die Arbeitnehmer bei Opel nach wie vor um ihre Arbeitsplätze bangen und dass die gesamte Zulieferindustrie in einer tiefen Krise und Rezession steckt.
Wenn ich mir die Situation ansehe, kann ich nur feststellen: Wir brauchen natürlich eine leistungsstarke produzierende Industrie; wir brauchen Investitionen in Dienstleistungen, Handwerk, Wissenschaft und Forschung; und wir brauchen vor allem eine ökologische und soziale Industriepolitik, auch hier in Nordrhein-Westfalen, denn das ist das wichtigste Industrieland.
Was wir aber im Moment erleben, ist ein System der Selbstrettung. Banker retten ihre Unternehmen mit Milliarden öffentlicher Gelder. Bei Herrn Ackermann haben wir gerade wieder erlebt: Die Deutsche Bank hat 11,2 Milliarden Subventionen in den USA erhalten. Jetzt stellt er sich hier hin und hat in Deutschland 1,2 Milliarden € Gewinn gemacht, den er natürlich wieder an seine Aktionäre ausschüttet. Und die Regierungsparteien wollen sich über die Wahl retten. Die Umverteilung von unten nach oben wird aber fortgesetzt, und die Banker können sich mit Millionen in den Ruhestand verabschieden. Das ist Ihre Politik, die Sie hier machen, das, was Sie weiterhin unterstützen. Für alles werden letztlich die Steuerzahler aufgekommen müssen, denn alles ist auf Pump finanziert.
Wenn man sich die Situation ansieht, kann man nur feststellen: Alles, was Sie machen, von völlig unsinniger Abwrack-Prämie – ein künstlich erzeugter Boom, der wahrscheinlich in Kürze wieder auf uns zurückfallen wird – bis zur Verlängerung der Kurzarbeit, sind kurzfristige Mittel, die letztlich nicht dauerhaft wirken und die vor allem nur dafür sorgen, dass die finanzielle Situation insbesondere der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dauerhaft schlechter wird.
Ich gehe davon aus, dass wir hier in NordrheinWestfalen noch drastische Situationen erleben werden. Ich sehe auch die Notwendigkeit, dass vor allem sozialer Protest noch viel stärker in die Öffentlichkeit kommt. Denn eines ist klar: So, wie Sie es vorhaben, ist diese Krise nicht zu bewältigen. Sie haben die falschen Maßnahmen ergriffen, und letztlich werden wieder die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, vor allem nach der Bundestagswahl im Herbst, dafür zahlen müssen. Denn was Sie hier machen, ist nur eine Politik, um sich über die Wahlen zu retten. Das ist die reale Situation.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Finanzminister hat die bis an die Grenze der finanziellen Belastbarkeit gehenden fiskalpolitischen Maßnahmen heute noch einmal dargestellt.
Ich möchte aus der Sicht des Wirtschaftsministeriums ergänzen und Ihnen als Erstes – weil es offensichtlich schwierig ist, wenn man in der Opposition ist, überhaupt Sachverhalte zur Kenntnis zu nehmen – die Übersicht über beschäftigungssichernde und wachstumsstärkende Maßnahmen und Instrumente für Unternehmen in Nordrhein-Westfalen wenigstens noch einmal optisch nahebringen. Vielleicht finden Sie Zeit, darin zu lesen.
Wir haben sämtliche Instrumente, die sich eignen, Unternehmen in Schwierigkeiten durch eine Durststrecke zu begleiten, sämtliche Instrumente, die es möglich machen, innovative Investitionen und Wachstum und Beschäftigung zu erreichen, finanziell zu erleichtern, ergriffen und verbessert. Wir haben, obwohl ein Antragswust auf uns zukommt, die Bearbeitungszeiten von zwei bis sechs Wochen, also in gleicher Länge wie vorher, durchhalten können, weil sowohl unsere externen Berater als auch die Verwaltung sich anstrengen und wir sie personell aufgestockt haben.
Die Einschätzung der vor uns liegenden Entwicklung ist schwieriger als üblich. Die Indikatoren und Daten liegen weit außerhalb des Erfahrungsrahmens der letzten fünfzig Jahre. Aber es gibt erste Anzeichen dafür, dass der Tiefpunkt der Krise im ersten Quartal durchschritten wurde. Nach der Gemeinschaftsprognose der Wirtschaftsforschungsin
stitute wird die Produktion zwar auch im zweiten Quartal noch sinken; der Rückgang wird sich aber deutlich verlangsamen. Im dritten Quartal könnte es langsam bergauf gehen.
Für diese Erwartung gibt es gute Gründe. Das verfügbare Einkommen der privaten Haushalte wird durch eine ganze Reihe von politischen Maßnahmen gestützt. Auch wenn Sie es nicht gerne zur Kenntnis nehmen: Im privaten Verbrauch haben wir eine Reihe von gesamtwirtschaftlichen Größen, die positiv auf die Konsummöglichkeiten der Menschen wirken. Außerdem werden im Jahresverlauf die Maßnahmen der Konjunkturpakete zunehmend nachfragewirksam.
Die Abwrackprämie für Altautos hat die Nachfrage nach Neuwagen schon deutlich belebt. Es profitieren bei Weitem nicht nur ausländische Hersteller. Die Zulassungen von Personenkraftwagen deutscher Hersteller lagen im März um 21 % über dem Niveau des Vorjahres.
Ich sage: Wir haben das deshalb mitgetragen, weil wir uns damit ein Stück Zeit kaufen konnten. Und es wirkt nicht in die falsche Richtung, wie hier immer wieder gesagt wird. Davon profitiert kein einziger Käufer eines dicken Autos, sondern es wirkt zugunsten der Käufer kleiner Autos, und diese Autos sind fast immer auch – Gesichtspunkte, die Ihnen so wichtig sind – weniger spritfressend und weniger CO²-emittierend. Bitte nehmen Sie das doch zur Kenntnis!
Wenn Sie in diesem Zusammenhang eine Antwort auf Zukunftsfragen haben wollen: Wir werden Modellregion für die Elektromobilität werden. Aber ich sage Ihnen auch: Alle Fachleute, mit denen wir reden, sagen uns: In absehbarer Zeit werden die Einsparmöglichkeiten durch Verbesserungen der Wirkungsgrade von Verbrennungsmotoren den Hauptbeitrag leisten. Gut, dann müssen wir sehen: Wir investieren in die Zukunft und befördern gleichzeitig das Verbessern.
Jetzt komme ich zu dem Punkt, über den ich immer wieder verblüfft bin: Offensichtlich können sich Grüne und SPD Politik nur als Ausgabenpolitik vorstellen:
In der Bauproduktion ist nach einem witterungsbedingt schwachen ersten Quartal nun mit einer Gegenbewegung zu rechnen. Wir haben die Vergabeverfahren erleichtert, soweit dies mit der EU vereinbar war, damit schnell etwas passiert – auch zu
gunsten der regionalen Wirtschaft. Im weiteren Jahresverlauf werden die zusätzlichen Investitionen des Konjunkturpakets II die Bauwirtschaft stabilisieren.
Die Grünen sind doch angeblich immer für dezentrale Verfahren. Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, dass wir nicht glauben, ein Ausgabenprogramm für Gebäudesanierung zu benötigen? Wir ziehen besser mit einer Roadshow mit 15 Ausstellern von der Verbraucherzentrale bis hin zur Energieberatung durch zehn Städte, um den Menschen alle Möglichkeiten zu zeigen. Sie können bestimmte Programme der KfW in Anspruch nehmen. Sie können aber zunächst einmal erfahren und sogar anfassen, wo Ansätze für Verbraucher liegen, um sparsamer mit Energie umzugehen. Die Einsparmöglichkeiten werden total unterschätzt. Wir halten diesen Weg für geeigneter.
Sie könnten sich einmal für das interessieren, was zum Teil in Ihren Wahlkreisen stattfindet. Gehen Sie einmal hin! Die Liste ist Ihnen zugänglich gemacht worden. Sie werden dort erleben, wie viele Menschen daran interessiert sind, wenn man ihnen diese Informationen nahebringt.
Herr Eiskirch, es ist für Sie natürlich schön, zu sagen, die Bewilligung würde nicht klappen. Aus nachvollziehbaren Gründen werden Ihnen recht gute Kontakte gerade zum Vorstand der NRW.BANK nachgesagt, der für diesen Sektor verantwortlich ist. Lassen Sie sich doch bitte einmal von dem die aktuellen Zahlen geben und überdenken Sie noch einmal, was Sie hier vorgetragen haben. Ich würde mir dazu einmal eine Aussprache im Wirtschaftsausschuss wünschen. Sie würden viel Freude an der Argumentation haben. Das sage ich Ihnen.
Herr Priggen, Ihnen ist die Verschuldungsgrenze doch immer so wichtig. Aber immer nur in Richtung Bund und bei uns nicht? Hier nur Ausgabenprogramme? Das passt nicht.
Meine Damen und Herren, auf der anderen Seite haben wir einen weiteren leichten Lichtblick zu verzeichnen. Den will ich Ihnen gerne nennen. Der IfoIndex für die deutsche und die nordrheinwestfälische Industrie erholt sich langsam, wenn zunächst auch auf sehr niedrigem Niveau.
Und schließlich: Die Aufregung von Herrn Eiskirch kann ich gut verstehen. Die heutige Schlagzeile lautet: Nur 9 % trauen der SPD eine gute Krisenpolitik zu. – Wir werden uns anstrengen, damit dies so bleibt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mit der Forsa-Umfrage beginnen. Ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, die nächste Kategorie bei Forsa muss lauten: Wer ist der beste Schönredner in diesem Land? – Es ist diese Koalition, die die Sachen schönredet, obwohl es wirklich ernst ist.
Lassen Sie mich mit Blick auf die Umfragen an Herrn Kollegen Papke und an Frau Ministerin Thoben gerichtet sagen: Ja, ruhen Sie sich aus. Genießen Sie die Aussicht vom hohen Ross. In der Demokratie haben die Bürgerinnen und Bürger ein feines Gespür dafür, wie das mit dem hohen Ross und dem Reiter ist. Am Ende gilt: Hochmut kommt vor dem Fall.