Protokoll der Sitzung vom 27.05.2009

(Beifall von den GRÜNEN)

als Mütter, Erzieherinnen, Grundschullehrerinnen und Altenpflegerinnen. Dafür fehlen sie dann in den Vorstandsetagen und Aufsichtsräten und bekommen nicht annährend die gleiche Wertschätzung, geschweige denn eine angemessene Bezahlung.

In diesen Tagen machen die Erzieherinnen nun deutlich auf ihre Situation aufmerksam. Besonders gefallen hat mir ein Transparent, auf dem steht: Wir sind zwar sozial, aber nicht blöd.

Wir hören von den Erzieherinnen und müssen feststellen, dass die gesundheitlichen Belastungen enorm sind. Die Nerven und Ohren leiden unter Lärm, der oft den eines startenden Flugzeugs übersteigt. Die Rücken leiden unter dem ständigen Heben und Tragen von Kindern, dem häufigen Bücken und dem zusammengefalteten Sitzen auf kleinen Kinderstühlchen.

(Minister Armin Laschet: Das ist alles die Schuld von KiBiz!)

Dazu kommen ständig wachsende Aufgaben und Anforderungen, die von der Gesellschaft an die Kindertagesstätten gerichtet werden. Die Kindergärten müssen heute nämlich alles ins Lot bringen. Mangelnde Erziehungskompetenz der Eltern, Kinderarmut, gescheiterte Integration, Kindesvernachlässigung, Bildungsarmut – für all das soll eine qualitativ hochwertige Elementarbildung herhalten. Sie muss es richten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die wenigsten denken aber darüber nach, dass natürlich auch die entsprechenden Rahmenbedingungen hergestellt werden müssen, um all diese Aufgaben für unsere Gesellschaft leisten zu können.

Viele Erzieherinnen und Erzieher haben heute das Gefühl, dass sie zwar die Probleme der Gesellschaft im Alleingang lösen sollen – aber für einen Appel und ein Ei; denn mehr erhalten die pädagogischen Fachkräfte nach immerhin vier Jahren Ausbildung nicht. 1.370 € netto im Monat beträgt das Anfangsgehalt. Dieses Geld gibt es auch nur für eine Vollzeitstelle. Die Teilzeitquote bei den Erzieherinnen beträgt aber 60 %. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass 40 % der Erzieherinnen noch weniger Geld im Portemonnaie haben als diese 1.370 €.

Meine Damen und Herren, das sind prekäre Arbeitsverhältnisse – und das in einem Bereich, in dem die Zukunft unserer Gesellschaft und unserer Kinder betroffen ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Frau Asch, es gibt eine Zwischenfrage von Herrn Priggen. Lassen Sie sie zu?

Gerne, Herr Priggen.

Frau Kollegin Asch, sind Sie bereit, zur Kenntnis nehmen, dass von der FDPFraktion bei diesem Thema niemand im Saal ist und dass die Probleme der Erzieherinnen diese Kollegen offensichtlich nicht interessieren?

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Priggen, es ist sehr deutlich, dass das Schicksal und die Arbeitssituation von Erzieherinnen die Freien Demokraten offensichtlich nicht weiter interessieren. Angesichts der sonstigen Haltung dieser Fraktion verwundert es mich allerdings auch nicht, dass sie offenbar nicht bereit ist, hier an den Beratungen in adäquater Weise teilzunehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, in Nordrhein-Westfalen kommt zu dieser Belastung der Erzieherinnen und Erzieher noch erschwerend hinzu – das prangern alle Demonstrantinnen in Dortmund, in Köln und in Düsseldorf massiv an –, dass sich mit dem KiBiz die Rahmenbedingungen in den Kindertagesstätten verschlechtert haben. Deswegen sind die Proteste in Nordrhein-Westfalen – jeden Tag sehen wir sie ja im Fernsehen und lesen in den Zeitungen darüber – auch eine Abrechnung mit dem neuen sogenannten Kinderbildungsgesetz;

(Minister Armin Laschet: Deswegen streiken die Erzieherinnen in Sachsen, Niedersachsen usw.!)

denn in Nordrhein-Westfalen kommen zu all dem Stress noch kübelweise Belastungen hinzu.

Was die Beschäftigten nach ihren eigenen Aussagen tagtäglich erleben, wird in einer Studie des Sozialpädagogischen Instituts NRW bestätigt. Ihr ist zu entnehmen, dass sich durch das KiBiz die Arbeitsverhältnisse für Erzieherinnen deutlich verschlechtert haben. Die meisten haben größere Belastungen am Arbeitsplatz. Auf der anderen Seite ist der Arbeitsplatz unsicherer geworden, und der Krankenstand liegt mittlerweile deutlich höher. Auch die pädagogische Qualität geht den Bach herunter, weil weniger Zeit für die Kinder da ist.

Meine Damen und Herren, das hat seine Ursachen; denn das wesentliche Element dieses Kinderbildungsgesetzes sind die sogenannten Kindpauschalen. Sie sind die Grundlage und strukturieren die Rahmenbedingungen in den Kindertagesstätten. Diese Kindpauschalen sind aber auf Grundlage der Personalkosten für das Jahr 2005 ermittelt worden.

Damit sind diese Pauschalen schon bei Inkrafttreten des Gesetzes im letzten Jahr nicht auskömmlich gewesen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Im Gesetz ist nun vorgesehen, dass sie jedes Jahr um 1,5 % steigen. Die Tariferhöhungen der letzten beiden Tarifrunden haben aber bereits 3,1 % und dann weitere 2,8 % betragen. Dabei sind die zusätzlichen Einmalzahlungen noch gar nicht eingerechnet. Ich frage den zuständigen Minister Herrn Laschet: Wie soll das denn auf die Dauer funktionieren? Das kann doch nur dazu führen, dass wir auf die Dauer noch weniger Personal statt mehr Personal haben, dass es in den Kindertagesstätten noch mehr 400-€-Kräfte geben wird und dass wir in diesem wichtigen Bereich noch mehr prekäre Beschäftigungsverhältnisse bekommen.

Eines ist vollkommen klar: Das Kinderbildungsgesetz bietet in seiner derzeitigen Fassung keine Grundlage für eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher.

Herr Minister Laschet, in der letzten Woche haben Sie den Erzieherinnen – Sie haben viel Publikum gehabt – gesagt, Sie unterstützen die Forderung nach einer besseren Bezahlung für Erzieherinnen. Das unterstützen wir auch. Aber wer den Mund spitzt, Herr Minister, der muss auch pfeifen. Denn alles andere ist wohlfeiler Populismus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn Sie es nämlich wirklich ernst meinen würden mit den Forderungen nach besserer Bezahlung, dann würden Sie den Trägern die notwendigen Mittel dafür bereitstellen. Wenn Sie es ernst meinen, dann bessern Sie bitte deutlich bei den Kindpauschalen nach!

Den Erzieherinnen und Erziehern, aber auch den Beschäftigten in den allgemeinen sozialen Diensten – die sind auch betroffen – wünsche ich von hier aus von ganzem Herzen viel Erfolg bei ihren Forderungen. Sie haben die Solidarität der GrünenLandtagsfraktion. Sie haben auch die breite Solidarität in der Bevölkerung. Ich hoffe, dass sie auch die Unterstützung aller Fraktionen hier im Hause erhalten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Danke schön, Frau Asch. – Für die CDU spricht der Kollege Jarzombek.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ohne Zweifel so, dass der Erzieherberuf heute sehr viel anspruchsvoller ist, als es in der Vergangenheit der Fall war. Das ist nichts Neues, was ich Ihnen hier erzähle. Das ist eine Aussage, die mit Sicherheit auch auf

viele andere Berufsbilder zutrifft, denn die Gesellschaft hat sich entwickelt. In der Wissensgesellschaft sind alle mehr gefordert. Das macht auch vor unseren Kindertagesstätten nicht halt.

Insofern greife ich das auf, was Frau Asch gesagt hat. Natürlich gilt unsere Sympathie an dieser Stelle den Erzieherinnen und Erziehern. Ich kann mir schon vorstellen, dass das auch sehr anstrengende Arbeitsbedingungen sind. Wenn man diese verbessern kann, dann halte ich das in jedem Fall für wünschenswert.

Was ich allerdings für weniger wünschenswert halte, ist diese ewige Debatte, Frau Asch, die Sie über die Frage aufmachen, ob die Kindpauschalen auskömmlich sind oder nicht. Sie schrecken ja nicht einmal davor zurück und sind sich nicht zu schade, dafür die aktuelle Streiksituation der Erzieherinnen und Erzieher zu instrumentalisieren. Denn nichts anderes ist das, was Sie hier tun. Sie nutzen die Situation, dass es bundesweite Streiks gibt, dass es ein Interesse von Erzieherinnen und Erziehern an besseren Arbeitsbedingungen gibt. Sie nutzen das eiskalt und gnadenlos. Sie reden mit keinem Wort ernsthaft darüber, sondern packen wieder die gleiche Schallplatte aus, die Sie uns seit einem Jahr hier abspielen.

Ich persönlich finde das eigentlich ganz unterhaltsam. Denn so haben Sie mich heute hier als Redner bekommen. Denn sämtliche Kollegen bei uns im Arbeitskreis haben mittlerweile gesagt, sie wollten das nicht schon wieder wiederholen.

Ganz offensichtlich ist es so, dass Sie auch ein Stück weit enttäuscht sind. Sie sind enttäuscht darüber, dass sich Ihre harte Kritik am KiBiz, die Sie hier äußern, allenfalls in dem einen oder anderen Dossier wiederfindet, allerdings nicht in den Köpfen der Menschen in diesem Land und auch nicht in den Zeitungen dieses Landes.

Wir müssen doch einfach einmal schauen, von welcher Situation aus wir eigentlich hier gekommen sind. Sie haben sich in der Jugendpolitik in der letzten Legislaturperiode schlicht und ergreifend verweigert. Sie haben uns eine Betreuungsquote für unter Dreijährige von 2,8 % überlassen. Das lag einfach daran, dass es Fragestellungen gab, denen Sie – die Grünen genauso wie Sie von der SPD – sich nicht stellen wollten. Denn mit den Modellen, die Sie gebaut hatten, war eine auskömmliche Betreuung für unter Dreijährige in diesem Land völlig unmöglich.

Das ist nicht das einzige Problem gewesen. Das andere Problem war, dass die Träger immer mehr wirtschaftliche Schwierigkeiten bekommen haben und in der Notwendigkeit standen, von uns besser gefördert zu werden.

Wenn wir über diese Pauschalen reden, dann muss man sagen: Das ist mit den Trägern vereinbart worden. Wir haben in diesem Jahr mittlerweile einen

Anteil von 35 % an Landesmitteln. So viel hat es vorher noch nie an Landesanteil in diesem Bereich gegeben.

Wir machen eine Erhöhung um 1,5 %. Frau Asch, Sie reflektieren auf die letzten beiden Tarifrunden. Es wird aber auch in Zukunft andere geben. Auch wenn die Tarifrunden niedriger ausfallen, werden wir bei den 1,5 % sein.

Jetzt kommt noch einmal die wichtigste Nachricht. Sie wissen das, aber Sie wollen es immer wieder aufs Neue hören: Wir haben die Ausgaben für Kinder im Haushalt des Landes Nordrhein-Westfalen um 40 % erhöht. Um 40 % jedes Jahr!

(Beifall von CDU und FDP)

Wir sind von 819 Millionen € auf 1.150 Millionen € gestiegen. Da können Sie doch nicht allen Ernstes behaupten, das System sei unterfinanziert. Es ist auf keinen Fall seriös, wenn Sie hier in dieser Art und Weise vorgehen. Insofern glaube ich auch nicht, dass Ihr Versuch hier heute große Öffentlichkeit erregen wird, weil die Leute nicht immer die gleiche Platte aufs Neue hören wollen.

Wir müssen sehen, was jetzt bei den Tarifverhandlungen herauskommt. Wir sind nicht der Tarifpartner an dieser Stelle. Insofern können wir das sozusagen nur als Dritte beobachten.

Wir können nur eines tun. Wir können versuchen, die Bedingungen zu verbessern. Ich glaube, das können wir mittlerweile sehr eindrucksvoll belegen. Denn – ich wiederhole die Zahl – zu Ihren Zeiten hatten 2,8 % aller Kinder eine Chance auf einen Betreuungsplatz, wenn sie unter drei Jahre alt waren. Das war eine höchst elitäre Politik. Das waren 2,8 von 100 Kindern. Die restlichen 97 Kinder haben dumm zugucken können und waren benachteiligt – nach welchen Kriterien auch immer das damals alles entschieden wurde.

Wir haben es auf dieser desaströsen Grundlage geschafft, innerhalb von nur wenigen Jahren, nämlich innerhalb von vier Jahren, dahin zu kommen, dass in diesem Jahr sämtliche Bedarfsanmeldungen und Anträge gedeckt wurden, ja, dass wir sogar im nächsten Jahr schon den Rechtsanspruch für die Zweijährigen haben. Ich persönlich finde das sensationell, wie man das aus dieser misslichen Situation heraus hinkriegen konnte.

Insofern kann man den Minister für die Art und Weise, wie er sich auch beim KiBiz nicht hat beirren lassen und seinen Weg des Erfolgs durchgezogen hat, nur beglückwünschen.

(Beifall von CDU und FDP)