Das ist die große Herausforderung, der wir uns in der Opel-Debatte stellen werden. Wir gehen verantwortlicher mit den Arbeitnehmerinteressen um, als Sie das tun, Frau Kollegin Kraft – das sage ich in aller Klarheit –,
weil wir den Menschen nicht das Blaue vom Himmel versprechen, wohl wissend, dass es mit noch so vielen Steuermilliarden nicht einzuhalten wäre.
Das gilt, und das will ich, weil Herr Priggen alles, zum Beispiel Liquiditätshilfen und Bürgschaften, durcheinandermengt – aber gut: Wirtschaftspolitik und Grüne, das ist noch ein Thema für sich –, hier noch einmal klar darlegen: Wir haben in der Koalition nicht intensive Debatten über die prinzipielle Frage, ob wir zu Bürgschaften bereit sind. Wir haben immer gesagt, Herr Kollege Priggen: Opel kann Bürgschaftsanträge stellen wie jedes andere Unternehmen in Deutschland auch. Diese Bürgschaftsanträge müssen allerdings alle nach denselben qualitativen Kriterien bewertet werden, wie sie etwa in
Wir haben in den letzten Tagen intensive Beratungen über diese Liquiditätshilfe gehabt, weil in der letzten Woche in den Bund-Länder-Gesprächen die Idee entstanden ist, eine Liquiditätshilfe von insgesamt 1,5 Milliarden € zu bewilligen, die eben nicht nach den Kriterien der Bürgschaftsrichtlinien genehmigt werden würde. Wir haben gesagt: Das geht nur unter klaren qualitativen Bedingungen, die sicherstellen, dass nicht eine Staatsbeteiligung durch die Hintertür erfolgt.
Herr Kollege Priggen, was würde denn passieren, wenn der Staat den laufenden Produktionsprozess bei Opel finanzieren würde? Denn darauf laufen die Liquiditätshilfen hinaus. Das muss jeder wissen. Der laufende Geschäftsbetrieb bei Opel würde mit Steuermilliarden aufrechterhalten werden. Wir stellen uns der Frage: Was würde denn passieren, wenn am Ende dieses Überbrückungsprozesses kein Privatinvestor bereit wäre, mit eigenem Geld ins Risiko zu gehen? Dann wären Steuermilliarden verbrannt, es gäbe keine Rettungslösung für Opel, es gäbe kein Sanierungskonzept. Deshalb haben wir diese Bedingungen formuliert. Der Ministerpräsident wird sie in die heutigen Gespräche sicherlich wirkungsvoll einbringen.
Wir werden dann das Ergebnis, was immer an Zwischenergebnissen morgen oder später vorliegen mag, gemeinsam bewerten. Wir fühlen uns absolut wohl in der Haltung, die wir eingenommen haben,
(Zuruf von der SPD: Das gibt es doch nicht! – Weitere Zurufe von SPD und GRÜNEN – Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)
mit der wir die Interessen der Opel-Mitarbeiter sachgerecht vertreten, wirkungsvoll vertreten und ihnen nicht Dinge versprechen, die nicht eingehalten werden können, und mit der wir einen Dammbruch in der Politik dieses Landes vermeiden, der letztlich dazu führen könnte, dass Milliarden und Abermilliarden an steuerfinanzierten Subventionen in Fässer ohne Boden fließen.
Danke schön, Herr Dr. Papke. – Meine Damen und Herren, da die Redezeit um einiges überschritten wurde,
werde ich diese Großzügigkeit auch bei den weiteren Rednern walten lassen. – Als Nächste spricht Frau Ministerin Thoben.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens. Die Landesregierung ist seit Monaten in intensiven Gesprächen und Verhandlungen mit der Bundesregierung, den anderen Bundesländern, und wir sind in diesen Gesprächen bestens aufgestellt. Wir beziehen die IG Metall, den Betriebsrat, die Opel-Geschäftsführung selbstverständlich in diese Gespräche mit ein.
Zweitens. Dabei leiten uns zwei Eckpunkte, übrigens von Anfang an und nicht erst seit vorgestern. a) Wir brauchen eine mittelfristige Perspektive für den Standort und damit für die Arbeitsplätze in Bochum auch im Prozess einer anstehenden Restrukturierung. b) Steuermittel, staatliche Hilfen dürfen weder in ein Fass ohne Boden fließen noch mit dem Risiko behaftet sein, dass sie in die USA abfließen.
Drittens. Vor diesem Hintergrund muss es der Bundesregierung gelingen, eine Verabredung mit den USA, der dortigen Treasury und GM zu treffen, die uns den Zugriff auf Patente und Verwertungsrechte sichert.
Viertens. Wir brauchen rechtlich verbindliche Gestaltungsmöglichkeiten für die Bundesregierung – das Stichwort ist hier Treuhand – für den europäischen Teil Opel im Falle Chapter 11 in den USA. Diese Treuhandvereinbarung ist mit der USTreasury so weit ausverhandelt, dass sie – Stand: heute Morgen – unterschriftsreif ist.
Fünftens. Überbrückungshilfen müssen rechtlich und faktisch so gestaltet werden, dass je nach Verlauf der Auswahl, bei Ablehnung oder auch beim Ausstieg von jetzt anstehenden Investoren unsere Risiken und damit die Risiken der Steuerzahler minimiert und unsere Hilfe abgebrochen werden können.
Sechstens. Überbrückungshilfen dürfen nicht allein nach derzeit vorhandenen Arbeitsplätzen auf einzelne Bundesländer verteilt, sondern müssen eher nach zukünftig geplanten Arbeitsplätzen – Zielarbeitsplätzen – gegeben werden.
Eine aktuelle Anmerkung: Insbesondere interessiert uns bei dem Engagement von Finanzinvestoren sehr, ob sie mehr als ein Jahr zur Verfügung stehen. Und wenn sie schon nach einem Jahr ihre Anteile weitergeben wollen, hätten wir doch – das halten wir für unverzichtbar – gerne ein Mitspracherecht. Wir wollen nicht, dass aus Opel Europa ein Karussell wird.
Eine Anmerkung zu Arcandor: ein völlig anderer Fall, rechtlich ebenfalls sehr, sehr kompliziert. Alle, die jetzt schon genau wissen, wie es geht und was geht, können nur schlecht informiert sein.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist wider Erwarten doch eine ganz spannende Debatte, die wir bisher erlebt haben. Welche Botschaften haben wir in dieser Debatte bisher gehört?
Wir haben Herrn Papke gehört, der von der vollen Rückendeckung der Koalition gesprochen und diese an den Anfang seiner Rede gestellt hat. Herr Papke, bis gestern Abend konnte man wohl kaum von dieser vollen Rückendeckung für den Ministerpräsidenten und dieser vorgetragenen Position ausgehen. Sie haben ja offen mit dem Koalitionsbruch drohen lassen, um diese Rückendeckung hinzubekommen.
„Schwierig, schwierig!“ will ich nur sagen. Denn – mit Verlaub gesagt – man muss sich fragen, was diese volle Rückendeckung, die Sie hier in den Mittelpunkt gestellt haben, materiell wert ist, ob diese volle Rückendeckung nicht nur ein leerer Formelkompromiss ist.
Sie, Herr Wittke, haben sich zu Recht dafür ausgesprochen, dass es hier heute nicht um landespolitisches Klein-Klein und landespolitisches Gezänk gehen kann. Ja, da stimme ich Ihnen zu. Aber, Herr Wittke, die Menschen in Bochum, der Betriebsrat, die Belegschaft – Sie wissen das genau – haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie sich die einzelnen Fraktionen im Landtag in der Frage der Überbrückungshilfen aufstellen.
An vielen Stellen, Herr Wittke und auch Frau Thoben, stellen wir als SPD fest, dass wir große Übereinstimmung mit der CDU haben. Denn neu ist das,
was Sie beide als Bedingung für die Überbrückungshilfe vorgetragen haben, beileibe nicht. Das sind die Positionen, die wir von Anfang an vertreten haben.
Uns eine Ewigkeitsgarantie vorzuwerfen, um unsere Redebeiträge, unsere eindeutige Haltung seit Monaten zu diskreditieren, ist schon – mit Verlaub – ein Stück aus dem Tollhaus.
Aber, Herr Wittke, die wirklich spannende Frage – deshalb war der Redebeitrag von Herrn Papke auch ein Stück weit entlarvend, und deshalb hat sich in Ihrer Fraktion auch keine Hand für Beifall gerührt – ist doch, ob Sie die gleiche Schnittmenge an Überschneidung auch mit der FDP, mit Ihrem Koalitionspartner, haben oder ob Sie sich die Mehrheiten für ein Ja zu den Überbrückungshilfen an anderer Stelle hier im Haus suchen müssen. Wir reichen Ihnen dazu gerne die Hand.
Der Redebeitrag von Herrn Papke hat an dieser Stelle doch viel mehr Frage- als Ausrufezeichen gesetzt.