Wir kommen zur Abstimmung über die Empfehlung des Ältestenrates, den Antrag Drucksache 14/9258 an den Ausschuss für Frauenpolitik – federführend –, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie auch an den Ausschuss für Generationen, Familie und Integration zu überweisen. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Darf ich die Zustimmung der Fraktionen zu dieser Überweisungsempfehlung feststellen? – Ich sehe, das ist der Fall. Die Überweisungsempfehlung ist einstimmig angenommen.
Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Frau Abgeordneten Beer das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin Beer.
Frau Präsidentin, herzlichen Dank. Sehr geehrte Damen und Herren! Verbliebene Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Sommer hat nach der jüngsten Gewalttat an einem Gymnasium in St. Augustin davon gesprochen, wie wichtig eine Kultur des Hinsehens ist. Wir haben hingesehen, als uns die ersten Hinweise auf die Problematik erreicht haben: Schießstände in Schulgebäuden oder auf dem Schulgelände, aber auch Schießstände in Kombination mit Kindertagesstätten.
Wir sind aktiv geworden mit einer Kleinen Anfrage, deren Ergebnis auch die Ministerin zu einer direkten Reaktion in der Öffentlichkeit veranlasst hat. Ich möchte ausdrücklich begrüßen, wie konsequent Sie sich zu diesem Thema verhalten und ausgedrückt haben, dass Schießstände an Schulen und Kindertagesstätten nicht möglich sein dürfen,
Man muss sich fragen, warum dieser kritische Tatbestand, dass überhaupt Schießstände an Schulen und Kindertagesstätten gibt, nicht früher zu Diskussionen geführt hat. Das sage ich ausdrücklich. Wir
müssen sogar feststellen, dass selbst Politiker/-innen auf der kommunalen Ebene, die so viel näher dran sind, plötzlich aus allen Wolken fallen, wenn Sie feststellen, dass es auch in ihren Schulen solche Kombinationen gibt.
Die gibt es in der Tat schon seit Jahren. Aber heute, Herr Laumann, müssen wir mit einer neuen Sensibilität hinschauen. Das ist notwendig, das ist auch sehr gut so, denn es gibt ein pädagogisches Gebot der Stunde.
Schießanlagen, Waffen und Munition haben in Schulgebäuden und auf dem Schulgelände, haben in Kindertagesstätten grundsätzlich nichts verloren.
Nach den Aktivitäten der Ministerin gehe ich davon aus, dass wir den Bericht zeitnah vorgelegt bekommen, dass auch die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden verbindlich stattfinden. Auch das begrüße ich außerordentlich.
Einig sind wir uns sicherlich auch, dass es nicht darum geht, Sportschützen allgemein zu diskreditieren, den Sport oder die Vereinsarbeit grundsätzlich infrage zu stellen. Aber ich erwarte auch gerade von den Sportschützen nach den Ereignissen von Winnenden, nach den Ereignissen von Erfurt, dass sie nicht in eine Wagenburgmentalität verfallen, sondern sich auch mit höchster Sensibilität der Problematik stellen. Robert S. war Mitglied im Erfurter Schützenverein, Tim K. war häufiger Gastschütze im Verein, in dem sein Vater aktiv war.
Noch einmal: Es geht nicht darum, die Schützen zu kriminalisieren. Aber die Schützen müssen wie übrigens auch die Schulträger diese Problematik wahrnehmen und sich ihr stellen. Wir müssen darüber reden,
dass die Verbindung von Waffen und Schulen weder pädagogisch noch psychologisch sinnvoll ist. Ich kann es auch pointiert zuspitzen: Wer jetzt nicht das Problem mit Schießständen an Kitas und Schulen verstanden hat, der hat den Schuss nicht gehört.
Kindertagesstätten und Schulen sollen offene und gewaltfreie Orte sein. Da haben Waffen nichts zu suchen. Schulen sind Orte, die nicht mit Waffen in Verbindung gebracht werden sollen. Es kann und darf nicht sein, dass Schüler(inne)n suggeriert wird, es sei normal zu schießen, es sei normal, Waffen zu haben und diese zu benutzen.
Man kann nicht auf der einen Seite den Konsum von Killerspielen problematisieren und auf der anderen Seite reales Schießen auf dem Schulgelände erlauben. Die Hemmschwelle, überhaupt mit Waffen zu agieren, muss so hoch wie möglich sein. Hierauf muss pädagogisch hingearbeitet werden. Da sind
Sie können sich Bilder einer Gelsenkirchener Grundschule bei SPIEGEL ONLINE anschauen. Da ist das Fenster, durch das man auf die Kinder in die Klasse sieht, und daneben ist das Fadenkreuz am Eingang des Schießsportvereins. Das ist nicht vermittelbar. Nach den Gewalttaten, die wir erlebt haben, dürfen solche Signale auf Schulgeländen nicht mehr vorkommen.
Der zweite Punkt ist der Sicherheitsaspekt. Wir wissen, Einbrüche haben stattgefunden, Waffen und Munition sind entwendet worden. Es gibt diesen sicheren Raum in den Schulen eben nicht. Es darf keine irgendwie geartete Möglichkeit mehr geben, sich Waffen und Munition in unmittelbarer Nähe von Schulen zu besorgen. Wenn es dann häufig auch Luftgewehre sind, beruhigt mich das auch nicht; denn auch damit kann man viel Unglück und Unfug anzetteln.
Wir alle sind von den Amokläufen geschockt. Es hat eine Expertenrunde gegeben, in der deutlich wurde: Wir brauchen mehr Zeit für Beziehungsarbeit in Schulen, wir brauchen viele Bausteine, um näher an dieses Problem heranzukommen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beer. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Kollege Ellinghaus das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Keine Schießstände an Schulen und Kindertagesstätten“ – auch dieses Thema ist nicht neu. Dass Schulgebäude nach Schulschluss von den Schulträgern an Vereine oder Verbände vermietet werden, hat nicht erst mit Antritt der schwarz-gelben Regierung angefangen – bloß hat das vorher offensichtlich niemanden gestört.
Aber, meine Damen und Herren, heute sieht das etwas anders aus. Die Nachricht von Schießstätten in Schulgebäuden erhält durch die Ereignisse von Emsdetten, Erfurt und Winnenden eine besondere Brisanz. Das ist überhaupt nicht von der Hand zu weisen. Immerhin ist den Antragstellern zugute zu halten, dass sie die Vorgehensweise der Schulministerin in dieser Sache lobend erwähnen.
das Lagern von Waffen und Munition auf dem Schulgelände nicht sein darf. Dennoch, meine Damen und Herren, dürfen wir das Thema nicht zwischen die üblichen parteipolitischen Mühlen bringen. Wir müssen hier sehr sensibel vorgehen.
Der Antrag der Opposition kommt auch hier wieder einmal etwas zu spät; denn das Problem ist erkannt, und die von Ihnen geforderten Maßnahmen werden bereits durchgeführt oder sind eingeleitet. Diese will ich kurz zusammenfassen:
Erstens. Wie in der Presse bereits verlautbart, hat das Schulministerium angeordnet, die Verortung der ca. 5.600 Schießstände im Lande zu überprüfen. Hier wird das Ministerium mit den Kommunen und den Kreispolizeibehörden zusammenarbeiten. Ich habe keinen Zweifel daran, dass das Ministerium die Ergebnisse zeitnah vorlegen wird.
Zweitens. Ministerin Sommer kann die Verlagerung von Schießstätten aus den Schulgebäuden nicht mal eben en passant anordnen, da sie dort nicht über das Hausrecht verfügt. Träger der Schulen sind zum größten Teil immer noch die Kommunen. Wenigstens das haben Sie in Ihrem Antrag aber richtig dargestellt.
Ziel kann es seitens der Landesregierung deshalb nur sein, die Träger zu einer freiwilligen Verpflichtung zu bewegen, zukünftig keine Schießstände mehr in den Schulgebäuden unterzubringen. Mit Blick auf die bestehenden Schießstände gibt es eigentlich nur zwei Handlungsmöglichkeiten: entweder die Auslagerung von Waffen und Munition aus den Schulgebäuden und von den Geländen der Kindertagesstätten an einen anderen, aber gleichwohl ausreichend gesicherten Ort oder die konkrete Prüfung einer Verlagerung des gesamten Schießstands.
Es versteht sich aber von selbst: Vertragliche Vereinbarungen und die natürlich aus einer möglichen Verlagerung entstehenden Kosten sind hierbei ebenfalls zu berücksichtigen.
Bei einer möglichen Verlagerung von Schießständen ist ebenfalls zu bedenken, dass dann andere Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden müssen. Dies könnte besonders im ländlichen Raum schwierig werden. Deshalb ist es von großer Bedeutung, dies im gemeinsamen Gespräch und in gemeinsamer Abstimmung mit den Schützenverbänden, den Lehrerverbänden sowie den kommunalen Spitzenverbänden zu lösen.
Drittens. Unabhängig von der hier dargestellten Problematik dürfen wir die Schützenvereine und die Sportschützen nicht in die sprichwörtliche Schmuddelecke stellen.
Die Vereine leisten auch eine wichtige und hervorragende Jugendarbeit. Mit den sportlichen Leistungen der Sportschützen schmückt man sich gelegentlich ja auch ganz gerne.
Und: Die Schützenvereine tragen maßgeblich dazu bei, dass das Schützenwesen eine lebendige Tradition in unserem Lande bleibt.