Protokoll der Sitzung vom 24.06.2009

Lieber Herr Börschel, verlängern Sie hier nicht die Redezeit! Aber das geht ja nicht von meiner Redezeit ab, weil das eine Zwischenfrage mit Erlaubnis des Präsidenten war.

Frau Löhrmann, Sie haben eben rein formal argumentiert. Sie wissen doch, dass ich im letzten Jahr zum 31. März nur eine Kabinettsentscheidung hatte und wir den Haushalt am 15. Mai verabschiedet haben.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Das war praktisch zwei Monate später, nachdem wir die ganzen Diskussionen in den Gremien geführt hatten, die Sie alle kennen. Am 15. Mai ist der Haushalt verabschiedet worden. Selbstverständlich habe ich damals auch vorher unterschrieben, und das immer unter Haushaltsvorbehalt. So wird es diesmal auch geschehen.

Aber wir haben eine zusätzliche Bekräftigung dieses Parlaments. Das ist gerade im Hinblick auf die anderen Eigentümer wichtig – das sage ich Ihnen auch –, denn ich weiß, dass einige schon unterwegs sind und sagen: Halt! Wenn der Landtag dazu

nichts sagt, müssen wir dann vor dem 30. Juni etwas sagen? – Ich lege großen Wert darauf, dass alle Eigentümer vor dem 30. Juni etwas sagen. Aber selbstverständlich gilt meine Unterschrift nur unter dem Vorbehalt, dass der Haushalt in zweiter und dritter Lesung auch so verabschiedet wird, wie er Ihnen jetzt vorgelegt worden ist.

(Gisela Walsken [SPD]: Ja, aber das ist das Problem!)

Herr Börschel, Sie sind ja ein großer Meister darin, einfach irgendetwas zu behaupten. Sie haben das vorhin mit der Unterschrift von Herrn Papke gemacht und behaupten einfach, wir hätten uns gekloppt wie die Kesselflicker über die Frage, ob die Bank denn verkauft werden soll oder ob sie einer Konsolidierung von Landesbanken zugeführt wird. Woher nehmen Sie denn diese Behauptung? Das ist erstunken und erlogen.

(Beifall von CDU und FDP)

Herr Börschel, wir kennen uns jetzt ein Weilchen; ich weiß, wie Sie arbeiten. Sie wissen, dass das bei der EU so bestätigt worden ist, und Sie wissen ganz genau, dass es gängige Meinung sowohl von FDP und CDU ist. Wir legen uns nicht auf eine Methode fest, sondern suchen uns das Beste dabei heraus. Wenn es die Landesbankenkonsolidierung ist, dann, bitte schön, die Landesbankenkonsolidierung, und sonst ist es der diskriminierungsfreie Verkauf, wie wir es besprochen haben.

(Martin Börschel [SPD]: In Ihrem Koalitions- vertrag steht aber etwas anderes!)

Also: Unbefristete Garantie/befristete Garantie – dazu habe ich Ihnen etwas gesagt.

Zu der Berechnung haben Sie sich wieder ausgelassen, Frau Walsken: Die Halbwertzeit meiner Erklärungen sei immer kürzer geworden. Wissen Sie, was im vorigen Jahr am 31. März war? Das wissen Sie ganz genau. Da hatten wir einen Expected Loss etwa zwischen 1,2 und 2,3 Milliarden, je nach unterschiedlicher Berechnung. Da hat jeder, inklusive der Aufsicht, gesagt: Der Schirm von 5 Milliarden € ist ausreichend. Das war nicht Linssen, sondern das waren selbstverständlich die Aufsicht

(Gisela Walsken [SPD]: Das waren Sie auch!)

und die Bundesbank, die das so gesagt haben. Dass wir inzwischen seit über einem Jahr eine tobende Finanzmarktkrise haben, dürfte gerade Ihnen, Herr Börschel, mit der Sparkasse KölnBonn nun wirklich nicht entgangen sein.

(Beifall von CDU und FDP – Helmut Stahl [CDU]: Ja!)

In Ihrer Haut möchte ich nun wirklich nicht stecken.

(Beifall von CDU und FDP)

Dass dann die Berechnungen anders aussehen, habe ich Ihnen hinlänglich erklärt. Ich kann nur darum bitten, dass Sie sich nicht auf irgendwelche formalen Positionen zurückziehen. Sagen Sie, welche Alternative Sie zu dem von mir vorgeschlagenen Verfahren und dem hier eingebrachten Haushalt haben. Sie haben keine. Sie wissen, dass jede Alternative schlechter ist. Deshalb plädiere ich dafür, dass wir diesen Haushalt so, wie er jetzt eingebracht worden ist, demnächst auch in zweiter und dritter Lesung verabschieden. – Herzlichen Dank.

Herr Minister, es gibt noch den Wunsch nach einer Zwischenfrage von Frau Asch. Würden Sie diese beantworten?

Ja, gerne.

Frau Asch.

Herzlichen Dank, Herr Minister Linssen. Herr Minister Linssen, es liegen vonseiten der Bundesregierung zwei Gesetzentwürfe vor, die zu einer Gesamtlösung im Landesbankensektor führen sollen. Das eine ist die Anstalt in der Anstalt und das andere ist das zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Nun haben Sie und auch Ministerpräsident Rüttgers sich schon sehr positiv zu diesen beiden Gesetzentwürfen verhalten. Können Sie mir sagen, warum Sie als Landesregierung einem Gesetzentwurf zustimmen, der die gesamtschuldnerische Haftung alleine bei den jetzigen Eigentümern der Landesbanken belässt, was zu einer deutlichen Ungleichbehandlung im Vergleich zu den privaten Banken führt? Das ist keine Haltung, mit der man verantwortlich mit den Landesfinanzen umgeht. Können Sie bitte diese Haltung dem Parlament erklären?

Aber gerne, Frau Asch. Ich nehme an, nachher sind Sie sogar meiner Meinung.

Der Gesetzentwurf ist vom BMF eingebracht und vom Bundeskabinett verabschiedet worden. Das heißt, er hat einmal die Zweckgesellschaft, wie Sie es erklärt haben, und einmal die Aida. Die Zweckgesellschaft hat die Lösung – das habe ich bereits vorhin gesagt –, dass über 20 Jahre die Differenz zwischen dem Buchwert, zu dem die Papiere eingebracht werden, und dem tatsächlichen Wert, einem sogenannten Fundamentalwert, abbezahlt werden kann. Das heißt, die Bank übernimmt dann dieses Obliego, wenn man so will, und die Eigentümer haften eigentlich nur subsidiär über ihre Bank entsprechend der Eigentumsverhältnisse.

Die Aida-Lösung ist etwas völlig anderes. Sie gibt sehr viel mehr Risiko in den Bund hinein, weil näm

lich die Papiere, die dort eingeliefert werden können, mindestens vier- bis fünfmal so groß sind, da nämlich die Staatsanleihen, die Student Loans, die strategisch nicht mehr benötigten Assets

(Zuruf von Andrea Asch [GRÜNE])

Frau Asch, kapieren Sie das nicht? Doch! – dort eingeliefert werden können. Das ist also etwas ganz anderes. Bei dem einen können nur strukturierte Papiere wie Phoenix eingeliefert werden, bei dem anderen mehr.

Jetzt geht es um die Haftung. Eine Gewährträgerhaftung so wie heute ist zwar still ruhend, aber sobald irgendetwas passiert, tritt sie sofort in Kraft. Dann haben Sie etwas anderes als jede Privatbank oder eine Bank, die einen nicht begrenzten Eigentümerkreis hat. Das ist auch kein Konflikt, wie Ihnen von bestimmten Leuten suggeriert wird, zwischen Privatbanken und öffentlich-rechtlichen Banken, sondern das ist ein Konflikt zwischen Eigentümerkreisen, die geschlossen sind, wie bei uns als Landesbank oder bei vielen Privatbanken, und denen, wo ein unbegrenzter Aktionärskreis ist, den Sie natürlich nicht in diese Haftung bringen können. Der Unterschied besteht also insofern darin, dass wir leider die Gewährträgerhaftung haben, in Bezug auf die Sparkassen zu Milliardenbeträgen. Der Verband und Sie als Vertreterin des Landschaftsverbandes wissen, dass die Landschaftsverbände das genauso haben wie das Land.

Wenn Sie diese Verlustübernahmeverpflichtungen wegnehmen, muss irgendeiner da sein, der es übernimmt. Die Bundesregierung ist dazu nicht bereit. Die Bundestagsabgeordneten sind dazu nicht bereit. Die Landtagsabgeordneten sind in der Mehrheit sicherlich ebenfalls nicht dazu bereit. Ich bin auch nicht dazu bereit. Wie komme ich dazu, solche Risiken zusätzlich zu übernehmen? Also gilt der alte Spruch: Jeder haftet quotal entsprechend seinem Eigentum.

Frau Asch, wenn Sie einmal das Gesetz lesen, dann sehen Sie – das ist übrigens mittlerweile ein Gesetz und sind nicht mehr zwei Gesetze – den § 8a. Lesen Sie ihn! Da steht etwas von quotaler Beteiligung, da stehen Möglichkeiten der disquotalen Beteiligung. Wer das in Anspruch nimmt, muss der EU nachweisen, dass er keine Subventionen annimmt. Es muss EU-kompatibel sein. Ich kann doch nicht Sparkassen besser stellen als Volksbanken – wo sind wir denn? Dennoch: Es gibt Möglichkeiten, auch den Sparkassen, falls mal irgendwo eine große Gefährdung eintreten sollte, entgegenzukommen. Darüber werden Gespräche geführt werden.

Aber zu der ganzen Propaganda, die im Moment läuft, nach dem Motto „Jetzt wollen wir die Gewährträgerhaftung loswerden, und vielleicht finden wir einen Dummen, der das tut“, habe ich Ihnen die Reaktion von Bund und Land gesagt. Das ist keine

Benachteiligung der kommunalen Szene, sondern verantwortliches Handeln gegenüber dem Eigentümer. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Finanzminister. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Herr Becker zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Herr Minister, ich schließe genau da an, wo Sie aufgehört haben. Es ist selbstverständlich eine Ungleichbehandlung, wenn auf der einen Seite private Banken oder deren Aktionäre nur mit ihrem Aktienvermögen haften, auf der anderen Seite aber die kommunale Familie mit ihrem gesamten Vermögen haftet. Diesen Unterschied kennen Sie. Den haben wir diskutiert. Sie haben ihn auch das eine oder andere Mal selber eingeräumt. Heute bestreiten Sie ihn faktisch und sagen, es sei selbstverständlich, dass alle gleichermaßen hinzugezogen würden.

Sie wissen oder müssten wissen: Für den Fall, dass die Risiken normal in den Wertberichtigungen auch der Sparkassen veranschlagt würden, hätte dies zur Folge, dass die Sparkassenfamilie insgesamt in eine massive Schieflage geraten würde. Sie wissen selbstverständlich auch, dass es einen Widerspruch gibt und man ihn konstatieren muss zwischen dem Bewertungsdruck im Zusammenhang mit den erwarteten bzw. unerwarteten Verlust einerseits und andererseits dem Einräumen entgegen den sonstigen Gepflogenheiten, möglicherweise 20 Jahre lang die Wertberichtigung in den Büchern verteilen zu können, bei den Sparkassen.

Im Übrigen ergeben sich daraus die Fragestellungen: Was passiert eigentlich, wenn ein Nachfolger von Herrn Weber das so nicht mehr genehmigt? Was passiert an dieser Stelle, wenn die EU das so nicht genehmigt? Was passiert, wenn die ganzen massiven und schwierigen Konstrukte zum Einvernehmen mit dem Kreditwesengesetz nicht greifen?

Das alles ist nicht beantwortet. Es ist eine reine Zusicherung, die faktisch zulasten der Kommunen geht. Vor diesem Hintergrund ist es doch kein Wunder, dass die Kollegin Löhrmann vorhin zu Recht darauf hingewiesen hat, dass der WestfälischLippische Sparkassen- und Giroverband heute eine zeitlich befristete Garantie ausgesprochen hat, nämlich nur bis zum Ende des Jahres 2009. Das hat seinen Grund darin, dass das, was Sie in Bezug auf die Verharmlosung der 280 Millionen €, die bis jetzt geschlagen haben, sagen, nicht stimmt. Denn der erwartete Verlust ist der erwartete Verlust und nicht irgendetwas Imaginäres.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das über die 5 Milliarden von Phoenix Hinausgehende ist auch etwas, was schlagen kann. Dass es nicht morgen passiert, ist klar. Aber dass es auf einer Strecke der nächsten sieben oder acht Jahre passieren kann, ist auch klar. Wenn das passiert, dann bedeutet das eine massive Gefährdung der Sparkassen und der kommunalen Träger. Dies bedeutet – genau vor dem Hintergrund dessen, was Sie zum Schluss Ihrer letzten Rede gesagt haben – im Durchgriff eine Enteignung der Kommunen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, wenn Sie das deswegen verharmlosen, weil Prognosen natürlich nur in die Zukunft reichen und heute nicht zu belegen sind – das ist richtig –, dann bleiben aber gleichzeitig das Risiko und die Frage: Warum dieses ganze Theater? – Dieses ganze Theater findet im Übrigen nicht, wie Sie sagen, vor dem Hintergrund statt, dass das alles so toll wäre, viel besser als in BadenWürttemberg oder in Bayern. Nein, wir haben neben den 4 Milliarden € für den zusätzlichen Risikoschirm auch noch das Projekt Omega in Rede stehen. Es ist ja nicht so, dass wir damit durch wären. Damit sind wir keineswegs durch. Egal, wie Omega konstruiert wird, wären wir entweder im Obligo oder müssten bei anderen Konstrukten sehr wohl wieder Garantien aussprechen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zusammengefasst: Das, was Sie heute machen, ist ein Wechsel auf die Zukunft. Sie haben das immer gewollt. Sie wollten die Sparkassen immer in diese Situation zwingen. Das ist bekannt. Aber Sie haben augenzwinkernd zugeschaut, als andere das jetzt über ein Erpressungsverfahren mittels des Bewertungsverfahrens herbeigeführt haben. Ich sage es noch einmal, auch in Richtung von Herrn Orth, der vorhin so getan hat, als müsste man diesen Regelungen im Sinne der Sparkassen zustimmen:

(Dr. Robert Orth [FDP]: Ja!)

Fragen Sie sich einmal, warum der WestfälischLippische Sparkassen- und Giroverband das heute nicht in der Form, wie es vorgelegen hat, sondern nur befristet getan hat, und fragen Sie sich einmal, ob es im Interesse des Landes sein kann, wenn die Sparkassen über diesen Ablauf perspektivisch gefährdet würden! Wenn Sie sich diese Frage in Ruhe beantworten und sie sich nicht aus dem Haus Papke oder von denjenigen, die Ihnen soufflieren, beantworten lassen, dann kommen Sie zu den Ergebnissen wie unsere Fraktion. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Becker. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Walsken.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens: Dies hätten Sie sich sparen können, wenn Ihr Finanzminister nicht einen so aufgebrachten Auftritt geliefert hätte. Diese kleinkarierte Schulddebatte, was alles noch RotGrün vor vier Jahren verursacht hat, beenden wir an dieser Stelle, Herr Finanzminister, und zwar deshalb, weil uns eine Übersicht über das PhoenixPortfolio vorliegt, die den zeitlichen Verlauf des Gesamtportfolios zeigt. Aus dieser Übersicht kann jeder erkennen, dass das Portfolio nach Regierungsübernahme von ca. 14 Milliarden € auf etwa 28 Milliarden € verdoppelt wurde, meine Damen und Herren.