Es gibt schon seltsame Koalitionen zwischen Lufthansa, Deutscher Bank Research und den Grünen hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen, die sich alle darauf einigen, dass es nur drei oder vier Flughäfen geben soll. Ich habe mich gerade mit Menschen unterhalten, die in der Nähe unserer großen Flughäfen wohnen. Die finden es nicht so toll, dass Sie nur drei oder vier Megaflughäfen in NordrheinWestfalen haben wollen.
Meine Damen und Herren, Winston Churchill hat gesagt: Das Problem an Prognosen ist, dass sie in der Zukunft liegen. – Da kannte Churchill noch nicht den Kollegen Becker. Aber ernsthaft: Ich habe mir vor zehn Jahren den Boom des Low-Cost-Marktes auch nicht so vorstellen können, wie er dann eingetreten ist. Ich glaube, das konnten wir damals alle so nicht sehen.
Im Zeitraum von Oktober 2008 bis April 2009, den Sie auch in Ihrem Antrag erwähnen, gab es im Saldo 950.000 Fluggäste weniger. Laut einer Tabelle in Ihrem Antrag gab es in diesem Zeitraum insgesamt aber 17 Millionen Fluggäste. Wenn Sie daraus den Untergang einer Branche ableiten, dann ist das mindestens gewagt.
Wenn Sie sich die Rückgänge in anderen Branchen ansehen – Herr Becker, Sie wissen das auch –, dann erkennen Sie, dass das dort viel verheerender ist. Ich stelle das nur fest, ich will das gar nicht werten. Aber wenn ich sehe, was bei DB Cargo los ist, wo es teilweise um Kurzarbeit geht, wenn ich sehe, was in anderen Bereichen los ist, etwa bei der Binnenschifffahrt, dann muss ich sagen, dass die Rück
gänge im Luftverkehr jedenfalls verhältnismäßig niedriger sind als die anderer Verkehrsträger. Insofern verficht auch das nicht.
Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. Die SPD wird der Überweisung natürlich gerne zustimmen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Wißen. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Rasche das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Rasche.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Grünen nutzen dieses Hohe Haus, um Wahlkampf zu betreiben, insbesondere Kommunalwahlkampf. Es geht ihnen nicht um die Luftverkehrspolitik in NordrheinWestfalen oder darüber hinaus, sondern um die anstehenden Wahlen. Wir werden im Ausschuss noch ausführlich über diesen Antrag diskutieren – das machen wir natürlich gerne, auch gemeinsam mit den Grünen –, deswegen möchte ich hier nur drei Punkte des Antrages kurz ansprechen.
Der erste Punkt geht aus der Überschrift hervor: Schon der Ansatz, die Luftverkehrspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen an der jetzigen Finanzkrise auszurichten, ist falsch. Er ist falsch und auch nicht sinnvoll für den Wirtschaftsstandort NordrheinWestfalen.
Zweitens. Sie schreiben im Antrag immer wieder von Subventionen. Subventionen hat es in erheblichem Maße zum Beispiel in Leipzig und in München gegeben, demnächst wahrscheinlich auch in Kassel-Calden. Unglaubliche Summen der jeweiligen Länder!
So etwas gibt es in Nordrhein-Westfalen nicht, lieber Herr Becker. Das sollte man auch nicht suggerieren.
Herr Kollege Rasche, der Abgeordnete Keymis würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen. Lassen Sie die zu?
Der Herr Vizepräsident und Abgeordnete des nordrheinwestfälischen Landtags erhält jetzt die Gelegenheit, eine Zwischenfrage an den Abgeordneten Christof
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Herr Kollege Rasche, würden Sie mir zustimmen, dass die FDP in den Ortsverbänden der Freien Demokratischen Partei in Willich, in Meerbusch, in Kaarst und in vielen anderen Gemeinden rund um den Flughafen Düsseldorf und rund um den Flughafen Mönchengladbach auch Wahlkampf betreibt, wenn sie sich gegen den Betrieb des Flughafens Mönchengladbach und gegen den weiteren Ausbau des Flughafens Düsseldorf ausspricht?
Lieber Herr Keymis, natürlich betreibt auch die FDP auf kommunalpolitischer Ebene Kommunalwahlkampf. Das ist doch logisch.
Die FDP-Landtagsfraktion ist zuständig für eine regionale Politik, für eine Luftverkehrspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen. Das sind unsere kommunalen Vertreter definitiv nicht.
Bei Ihnen habe ich den Eindruck: Sie machen nur Kommunalpolitik und überhaupt keine Landespolitik, meine Damen und Herren.
Ich möchte einen dritten Punkt Ihres Antrags ansprechen. Sie fordern unter III, dass eine Luftverkehrsstrategie vorgelegt werden soll, die zwischen den Interessen der Wirtschaft auf der einen Seite und den Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner auf der anderen Seite abwägt. Mit dieser Forderung sagen die Grünen ganz eindeutig, dass in der Luftverkehrskonzeption 2010, die auch von den Grünen erarbeitet, beschlossen und getragen wurde, genau diese Abwägung der unterschiedlichen Interessen nicht stattgefunden hat – sonst würden Sie diese jetzt ja nicht fordern.
Meine Damen und Herren, die Grünen sagen selbst – das ist mehr als ein Eigentor –, dass sie bei der Luftverkehrskonzeption 2010, die sie im Jahre 2001 mitbeschlossen haben, die Interessen der Anwohnerinnen und Anwohner nicht berücksichtigt haben. Genau das macht diese Koalition anders. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rasche. – Nun hat für die Landesregierung Herr Minister Lienenkämper das Wort. Bitte sehr, Herr Minister.
Der Antrag ist auch aus Sicht der Landesregierung nicht nachvollziehbar, er ist überflüssig. Wir haben gerade in jüngster Vergangenheit ausführlich Gelegenheit gehabt, dem Plenum die Luftverkehrspolitik der Landesregierung darzulegen.
Heute Mittag ist das noch im Rahmen der Beantwortung der Großen Anfrage 28 geschehen. Im Mai gab es eine entsprechende Unterrichtung zu einem Antrag der Fraktion der SPD. Dank Ihres Antrags haben wir nun eine weitere Gelegenheit. Ich mache auch gerne noch einmal den Versuch, die Luftverkehrskonzeption der Landesregierung darzulegen.
Grundlage ist das gültige Luftverkehrskonzept 2010, das damals von allen Fraktionen – auch von der Ihren, Herr Kollege Becker – im Landtag gebilligt worden ist. Die Luftverkehrspolitik der Landesregierung wird daraus abgeleitet und hat eine bedarfsgerechte, leistungsfähige, sichere und umweltverträgliche Luftinfrastruktur zum Ziel, die eine aufkommensnahe Befriedigung der Luftverkehrsnachfrage gewährleistet und Nordrhein-Westfalen in den nationalen, internationalen und interkontinentalen Luftverkehr einbindet. Damit stehen wir weiterhin zu der dezentralen Luftverkehrsinfrastruktur und halten daran auch in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise fest.
Natürlich ist unbestreitbar, dass auch der Luftverkehr unter der Wirtschaftskrise leidet. Die Rückgänge bei den Fluggastzahlen und auch im Frachtbereich sind signifikant. Trotz dieser Verkehrseinbußen gehen alle Fachleute bei ihren Prognosen davon aus, dass nach Überwindung der Schwächephasen wieder mittel- bis langfristig mit Wachstumsraten zu rechnen ist. Auch Nachholeffekte nach diesem Tal werden von Fachleuten erwartet.
Von einer Verschwendung öffentlicher Gelder kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein. Bei der Luftfahrtinfrastruktur fördert das Land grundsätzlich nur Maßnahmen, die der Erhöhung der Flugsicherheit und der Bewahrung der Belange des Umwelt- und Naturschutzes dienen. Das steht – ich nenne Ihnen gerne dazu die Seite – auf Seite 21 unserer Luftverkehrskonzeption.
Für Flughäfen mit kommunaler Beteiligung ist zu berücksichtigen, dass eine solche Infrastruktur eine herausragende Bedeutung als Wirtschafts- und Standortfaktor hat und natürlich erhebliche volks- und finanzwirtschaftliche Effekte nach sich zieht. Eine gute Luftverkehrsinfrastruktur fördert das Wirtschaftswachstum und die Beschäftigung, stimuliert
Die in dem Antrag behaupteten Defizite bei den Flughafenträgern sind dagegen betriebswirtschaftliche Größen, die Sie auch bewusst nicht in Zusammenhang mit den vorgenannten Effekten stellen. Der Antrag vernachlässigt zudem, dass das finanzielle Engagement auch ein Teil der Daseinsvorsorge ist. So sehen das im Übrigen auch die Träger der von Ihnen besonders erwähnten Flughäfen Münster/Osnabrück, Paderborn, Dortmund, Weeze und Mönchengladbach.
Der jetzige Antrag erinnert mich im Hinblick auf seine Zielrichtung an einen von Ihnen bereits 2006 gestellten Antrag. Damals wurde unter anderem gefordert, dass die Kommunalaufsicht von Kommunen mit Haushaltssicherungskonzepten Flughafenbeteiligungen, die wirtschaftlich riskant sind, verhindern solle. Es sollte ein Luftverkehrskonzept vorgelegt werden, das sich auf maximal vier Flughafenstandorte beschränkt.
Das wollen Sie jetzt wieder aufwärmen, weil Ihnen offenbar daran gelegen ist, dieses Thema hier erneut zu diskutieren. Das tun wir natürlich gerne, denn Vertiefung durch Wiederholung ist ein bewährtes pädagogisches Konzept. Außerdem können wir die Vorteile der Luftverkehrskonzeption immer wieder darlegen und begründen. Insofern, meine Damen und Herren, danken wir für die erneute Gelegenheit, die Konzeption darlegen zu können. Ich würde mir wünschen, dass das Erfolg hat.
Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. – Nun hat noch einmal für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker das Wort. Bitte schön, Herr Becker.
Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass ich heute etwas Neues erfahren habe. Die besondere Provokation, das Besondere am Wahlkampf liegt darin, dass alle Abgeordneten einen Antrag unterschreiben. Ich nehme das zur Kenntnis, aber es ist tatsächlich eine ungewöhnliche Interpretation.
Übrigens haben Sie etwas übersehen. Wir haben das schon einmal vor anderthalb Jahren gemacht, auch zum Thema Luftverkehr – das nur am Rande – und auch einmal zum Thema Eisenbahn.
Zweite Bemerkung. Herr Rasche, es ist schon ein besonderes Stück der Liberalität, wenn man zu dem Ergebnis kommt, man sei deswegen besonders gut, weil man im kommunalen Wahlkampf protestiert, aber im Landtag das tut, was die kommunale Basis für falsch hält und das dann als Landesinteresse bezeichnet. Ich finde es ehrlich, wenn man eine konsistente Position hat.
Zum Thema „konsistente Position“ würde ich auch gerne dem Kollegen Wißen etwas mit auf den Weg geben. Das Beispiel einer konsistenten Position sitzt in Form des damaligen verkehrspolitischen Sprechers unter uns. Sie wissen ganz genau, dass damals ein Kompromiss getroffen wurde, aber einer, den wir von vornherein an bestimmten Punkten für äußerst kritikwürdig gehalten haben. Deswegen gab es auch damals die persönliche Erklärung unter anderem des Kollegen Keymis.