Protokoll der Sitzung vom 09.09.2009

(Ewald Groth [GRÜNE]: Das ist nur die halbe Wahrheit!)

Sie werden feststellen müssen, dass die Kommunen ganz gut damit leben können. Sie wissen, dass diese Finanzkrise der Kommunen nicht durch Umstellungen in einzelnen Bereichen ausgelöst worden ist.

Ich sage deshalb noch einmal: Wir haben uns als ein sehr verlässlicher Partner für die Kommunen herausgestellt. Wir haben in den vergangenen Jahren im Rahmen des GFG die höchsten Zuweisungen mit der geringsten Bindung der Mittel an die Kommunen herausgegeben. Das wissen die Kommunen zu schätzen. Dass wir uns auch in Zukunft ganz großen Anstrengungen unterwerfen müssen, um die angespannte Finanzsituation bei den Kommunen zu verbessern, ist eine Binsenwahrheit, die hier jeder unterschreiben kann. – Ich bedanke mich.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Lux. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Engel.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kraft hat heute Mittag behauptet, die FDP beabsichtige, die Gewerbesteuer ersatzlos abzuschaffen und erkläre nicht, wie sie das anstellen wolle. – Wir haben dies wiederholt bei der Beratung zum GFG erläutert. Frau Kraft, ich nehme aber jetzt erneut die Gelegenheit wahr, Ihnen und den übrigen Kolleginnen und Kollegen der Opposition darzulegen, wie wir das realisieren wollen.

Die FDP möchte die Gewerbesteuer nicht abschaffen, sondern ersetzen. Wir möchten das Steuersystem vereinfachen. Das ist das Wichtigste, damit wir die Finanzgrundlage der Kommunen auf eine weniger konjunkturabhängige Basis stellen.

(Ralf Jäger [SPD]: Jetzt sagen Sie doch ein- mal, wie!)

Hören Sie doch zu. Sie sind der empörungspolitische Sprecher der SPD, aber bewirken gar nichts.

Die Gewerbesteuer fällt weg. Sie wird durch eine Kommunalsteuer ersetzt, die als Zuschlag zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben wird und deren Höhe die Gemeinden im Hebesatzverfahren selbst festsetzen können. Sie ist also dem kommunalen Wettbewerb ausgesetzt.

Die fixe Beteiligung der Kommunen an der Einkommensteuer wird abgeschafft. Zur Kompensation

erhalten die Gemeinden 11,5 % der Umsatzsteuer statt wie bisher 2,2 %. Sie wird nach der Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in den Kommunen verteilt.

Da die Unternehmen keine Gewerbesteuer mehr zahlen, kann die Körperschaftsteuer auf 32 % angehoben werden.

Dieses Modell bietet finanzielle Planungssicherheit. Herr Groth, gerade in diesen Zeiten, in denen die Gewerbesteuer wegbricht, muss man sich dafür öffnen, von diesem finanzpolitischen Instrument wegzukommen, welches nur eine Unsicherheit bedeutet. Das Modell ist durchgerechnet. Es bietet finanzpolitische Planungssicherheit und ist für die Kommunen, die Bürger und die Unternehmen finanziell neutral.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Jahr 2008 hat die seit den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts größte Wirtschafts- und Finanzkrise die Weltmärkte erschüttert. Trotzdem ist es gelungen, erneut ein für die Kommunen des Landes hervorragendes Ergebnis bei der Gemeindefinanzierung 2010 zu erzielen. Es handelt sich um das zweitbeste Ergebnis im Hinblick auf das Volumen des Steuerverbundes überhaupt. Es wird nur von dem Ergebnis des vergangenen Jahres übertroffen. Vergleichbares hat es unter Rot-Grün auch zu den besten Boomzeiten um die Jahrtausendwende nie gegeben. Lassen Sie mich dies durch einige Fakten noch einmal erhärten.

Das Volumen des Steuerverbundes liegt im kommenden Jahr bei ca. 7,72 Milliarden € verteilbarer Finanzausgleichsmasse. Die Kommunen erhalten damit erneut – ich betone: erneut – weit mehr Finanzmittel als im Boomjahr 2000. Trotz der durch die Finanzkrise rückläufigen Steuereinnahmen gehen die Gesamtzuweisungen im Gemeindefinanzierungsgesetz 2010 damit gegenüber dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2009, das die bisher höchsten Zuweisungen enthielt, nur um 3,15 % und damit um 251 Millionen € zurück.

Den durch die Krise bedingten Rückgang halten wir für moderat. Die Kommunen unseres Landes konnten und mussten angesichts der wirtschaftlich und steuerlich schwierigen Lage auch damit rechnen, dass es zu einem Rückgang kommen würde. Dieser konnte aber Gott sei Dank moderat ausfallen und ist ein Beleg dafür, wie finanzpolitisch gut aufgestellt diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP sind. Ich verbinde dies gleichzeitig mit einem Dank an Finanzminister Dr. Linssen und an Innenminister Dr. Wolf.

Die in den Vorjahren eingeleiteten strukturellen Veränderungen im Steuerverbund werden im kommenden Jahr fortgeschrieben. Das bedeutet, dass der Verbundsatz nach wie vor bei 23 % – das haben wir schon gehört – verbleibt und mit 6,55 Milliarden € auch weiterhin gut 86 % – auch

das kann man wiederholen – der verteilbaren Finanzausgleichsmasse im Steuerverbund konsumtiv bereitgestellt werden, und dies obgleich die Steuereinnahmen des Landes Nordrhein-Westfalen infolge der Krise drastisch eingebrochen sind.

Der größte Teil der verteilbaren Finanzausgleichsmasse wird den Kommunen in Form von Schlüsselzuweisungen zur Verfügung gestellt. Anders formuliert: Dieser Teil fließt direkt in die Verwaltungshaushalte mit hohen Ausgabeposten für soziale Leistungen oder für Personal.

Auch die Schul- und Bildungspauschale bleibt mit 600 Millionen € ebenso unverändert wie die Sportpauschale mit einem Etatansatz von 50 Millionen €. Die beiden Sonderpauschalen konnten demgegenüber konstant gehalten werden. Zwar geht die Investitionspauschale im Vergleich zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2009 um 7,01 auf 491.979.000 € zurück, erfreulich ist aber, dass damit weiterhin etwa eine halbe Milliarde Euro für Investitionen in wichtige Bereiche der kommunalen Infrastruktur zur Verfügung steht.

Ich muss, meine sehr verehrten Damen und Herren, an dieser Stelle genauso wie heute Morgen der Finanzminister in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf das Konjunkturpaket II hinweisen. Bis heute sind 3.515 Maßnahmen in der Planung oder in der Durchführung mit einem Gesamtvolumen von 1,29 Milliarden €. Das sind 45 % der gesamten Mittel, die für das Land Nordrhein-Westfalen vorgesehen sind. Das besondere Highlight an dieser Stelle: das noch nicht einmal vier Monaten nach Inkrafttreten unseres Gesetzes.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bin froh, dass es uns gelungen ist, für das kommende Jahr die Finanzausgleichsmasse im Wesentlichen konstant zu halten und damit an das herausragende Ergebnis des Jahres 2009 anknüpfen zu können.

Solange sich das Land in einer so angespannten Finanzsituation befindet, muss jeder seinen Konsolidierungsbeitrag leisten. Dies ist für die Kommunen mit dem zulässigen Wegfall des Viersiebtelanteils an der Grunderwerbsteuer mit dem GFG 2007 erfolgt. Wir kommen trotzdem den Pflichten des kommunalen Finanzausgleichs nach.

Seit 2007 werden darüber hinaus die Kommunen richtigerweise von weiteren Konsolidierungsbeiträgen verschont. Das entspricht der kommunalpolitischen Leitlinie dieser Landesregierung und damit auch der der FDP.

Auch weiterhin gelingt es immer mehr Kommunen, zu stabilen oder gesicherten finanzwirtschaftlichen Verhältnissen zurückzukehren. Die sinkende Zahl der Kommunen im Haushaltssicherungskonzept oder derjenigen im Nothaushalt bestätigt diese positive Entwicklung. Zurzeit, Stand Mai 2009, können nur noch 59 oder 60 Kommunen ihren Haushalt

nicht ausgleichen. Aktuell befinden sich nur 45 Kommunen im Nothaushalt.

Ich habe Ihnen einmal eine Grafik mitgebracht. Ich halte sie hier einmal hoch.

(Der Abgeordnete zeigt eine Grafik.)

Aus Zeitgründen konzentriere ich mich nur auf die mittleren Balken. Der gelbe Teil sind die Kommunen mit dem Nothaushalt. Der untere blaue Teil sind die Kommunen im gesicherten und genehmigten HSK. Sie sehen: Tendenz abwärts.

Herr Jäger, das habe ich extra für Sie mitgebracht, damit Sie es auch erkennen.

(Zuruf von Ralf Jäger [SPD])

Wissen Sie, was das bedeutet? – Die Botschaft ist vor Ort angekommen: Weg von der Verschuldenspolitik hin zur schwarzen Null.

(Ralf Jäger [SPD]: Man muss nur dran glau- ben!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, im Vergleich zu 2005, dem Jahr der Regierungsübernahme, haben inzwischen 139 Kommunen den Weg zum Haushaltsausgleich geschafft. Das ist eine gute Entwicklung.

Ich kenne ja Ihre Einwände. Ich ahne, was da gleich kommt. Deshalb auch mein Hinweis: Natürlich spielt auch die Umstellung auf das NKF mit erweiterten Möglichkeiten zum Haushaltsausgleich gegenüber dem kameralistischen System genauso eine Rolle wie die positive wirtschaftliche Entwicklung in den Kommunen.

Erstmals haben im Jahr 2009 alle NRW-Kommunen auf NKF umgestellt. Die Koalition hat den Kommunen damit weitere Schritte auf dem Weg zum ausgeglichenen Haushalt ermöglicht. Der von 2003 bis 2006 fast verdoppelte und damit rasante Anstieg der Kassenkredite von 6,8 Milliarden € auf 12,5 Milliarden € hatte sich bereits Ende 2007 auf 13,7 Milliarden € verlangsamt und ist 2008 nur noch moderat mit 14,61 Milliarden € ausgefallen.

Die Summe der fundierten kommunalen Schulden hat sich 2008 erneut rückläufig gezeigt und liegt derzeit nur noch bei etwa 22 Milliarden €. Das ist immer noch eine Menge, aber die Summe liegt nur noch bei 22 Milliarden €. Die Gesamtsumme aus Kassenkrediten und fundierten Schulden ist daher 2008 gegenüber 2007 praktisch konstant geblieben.

An der Stelle erlaube ich es mir, auf Herrn Becker zuzugehen, der nach mir hier spricht. Herr Becker, Sie sind ja auch ein Mann der Zahlen und verbreiten mit Datum vom 19. August auf Ihrer Homepage immer noch eine Pressemitteilung, die wirklich falsche Zahlen nennt. Ich kann Ihnen nur empfehlen, diese zu korrigieren. Sie sagen unter der Überschrift „Becker: Landesregierung täuscht über drohende Finanzkrise hinweg“ – Zitat –:

So gibt es ein neues Rekordhoch bei den Kassenkrediten. Diese sind seit Anfang des Jahres erneut um über eine Milliarde angestiegen und liegen inzwischen bei über 16 Mrd. Euro.

Herr Becker, das ist glatt gelogen. Wenn Sie das hier weiter behaupten, dann tun Sie das wider besseres Wissen.

(Horst Becker [GRÜNE]: Erkundigen Sie sich beim Landesamt für Statistik!)

Ich kann Ihnen nur empfehlen, das zu korrigieren. Die genaue Zahl ist 14,61. Das ist die amtliche.

(Horst Becker [GRÜNE]: Vom letzten Jahr!)

Denken Sie einmal darüber nach. Zahlen holen einen immer ein.

(Horst Becker [GRÜNE]: Dazu sage ich Ihnen gleich noch etwas!)

Diese Entwicklung ist positiv. Eine immer größere Zahl von Kommunen kann aus eigener Kraft erfolgreich wirtschaften und neben den Pflichtaufgaben ihren Bürgern auch weitestmögliche freiwillige Leistungen der Daseinsvorsorge anbieten.

Natürlich gibt es schwarze Schafe wie etwa – das ist ja aktuell in der Diskussion – die Stadt Dortmund, mit der wir uns in diesem Hohen Hause am Freitag auch noch zu befassen haben. Ich kann mir aber nicht verkneifen, das auch heute anzusprechen. Andere haben das auch getan. Diese schwarzen Schafe stehen aber nicht sinnbildlich für die erfolgreiche Gesamtentwicklung, sondern stellen eher krasse Ausreißer dar. Im Falle der Stadt Dortmund tritt hinzu, dass dort ja allein Sie von der SPD, Herr Jäger, in der kommunalen Finanzverantwortung standen und noch stehen.

Zunächst sind die Kommunen in ihrer Selbstverwaltungshoheit für ihren Haushalt eigenständig verantwortlich. Erst wenn gar nichts mehr geht, kommt die kommunale Finanzaufsicht zum Zuge. Dass die Zahl derer, bei denen in diesem Sinne gar nichts mehr geht, ständig rückläufig ist – ich habe meine Grafik eben hoch gehalten –, beruht nicht nur auf Umstellung auf das NKF. Erfolgreich wirtschaften können eben nur wir, die Koalition von CDU und FDP, Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, nachgewiesenermaßen nicht. Wir kämpfen immer noch mit den Hinterlassenschaften von 39 Jahren SPD-geführter Regierung; zehn Jahre waren die Grünen dabei. – Herzlichen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Engel. – Jetzt hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Becker das Wort.