Herr Abgeordneter Sagel, was den ersten Teil Ihrer Frage angeht – was, wie, wann, wo? –, habe ich hinreichend deutlich gemacht, welche Informationsbasis ich habe und welche andere haben. Wir leben in einem Rechtsstaat. Wenn ein Bürger einen anderen anzeigt, dann wird das in den ordentlichen und siche
ren Händen der Staatsanwaltschaft geprüft, und die Staatsanwaltschaft wird prüfen müssen, was, wann, wie, wo gefallen ist.
Ich will Ihnen nur meine persönliche Auffassung mitteilen, da Sie schon mit parlamentarischen Konsequenzen drohen: Egal ob es um Volksverhetzung oder das Thema Rassismus geht – ich unterstelle, dass das ehrliche Empörung und Entrüstung ist –: Wer sich moralisch empört, muss diese Maßstäbe dann auch für sich selbst gelten lassen. Wenn wir über die Goldwaage reden, gilt sie auch für Frau Künast.
Frau Löhrmann, ich muss es leider sagen – ich habe mich heute Morgen darüber gewundert –: Genauso wie sich der Ministerpräsident für eine bestimmte Wortwahl entschuldigt hat, haben Sie eine Chance heute Morgen leider nicht genutzt. Sie haben wörtlich gesagt: Ob einer als rassistisch bezeichnet wird oder „nur“ als rechtspopulistisch, das ist müßig. – Das ist nicht müßig. Das sind Kategorien der persönlichen Ehrverletzung. Sie haben die Chance verpasst, sich von Frau Künast zu distanzieren. Das ist Feigheit vor dem Freund.
Herr Krautscheid, aus meiner Sicht versuchen Sie die ganze Zeit sehr ungeschickt zu verschleiern, was in der Staatskanzlei wirklich passiert ist.
Bei einer vernünftigen Vorbereitung hätte ich die eine oder andere Antwort von Ihnen erwartet, nämlich zum Beispiel, was der Ministerpräsident in Bonn gesagt hat. Die einzige Antwort, die ich bisher von Ihnen bekommen habe, ist die Aussage: Der Ministerpräsident entscheidet selbst, was er sagt.
Das ist ja in Ordnung. Er hat etwas gesagt. Glaubt der Ministerpräsident tatsächlich, dass bei Nokia in Rumänien die Arbeiter kommen und gehen, wann sie wollen, und nicht wissen, was sie tun? Denn nach Ihren Aussagen hat er es ganz bewusst gesagt; er hat sich vorher überlegt, was er sagt.
Bevor eine neue Fama entsteht: Ich weiß nicht, was Redeinhalt in Bonn war, und Sie wissen es nicht. Deswegen wollen wir auch keine Mutmaßungen darüber anstellen. Wenn Sie mehr wissen, bin ich gerne bereit, mich mit Ihnen darüber zu unterhalten.
Was den zweiten Punkt angeht: Was der Ministerpräsident glaubt, ist seine Sache. Ich habe hier lediglich zu berichten, in welchen Punkten er sich wie geäußert hat. Ich sage noch einmal: Für einen bestimmten Kontext seiner Redeformulierung hat er sich entschuldigt. Heute Morgen ist ein wichtiger Satz gefallen: Ob eine Entschuldigung zutrifft, ob sie richtig ist und angenommen wird, entscheidet niemand von uns, sondern die betroffene Seite. Ich kann Ihnen sagen: Nach mehreren Gesprächen mit unseren rumänischen Freunden schon am Freitagnachmittag, aber wiederholt am Montag, ist diese Entschuldigung in aller Form angenommen worden. Das müssen Sie dann auch respektieren.
Herr Krautscheid, können Sie vielleicht ein Stück weit nachvollziehen, dass es für uns – jedenfalls in weiten Teilen – nicht akzeptabel ist, dass man im Wahlkampf versucht – wir können uns hart auseinandersetzen, das ist völlig in Ordnung, wir können uns Vorwürfe machen –, auf einer Klaviatur Stimmung zu machen, indem man über eine bestimmte Gruppe der Bevölkerung herzieht oder sie zumindest in Verbindung bringt, und dass das für uns ein Schritt weiter ist, als wir gehen dürfen? Sie können mich als grünen Spinner angreifen, dann können wir inhaltlich kontern oder sonst etwas. Aber Sie können nicht auf einer Klaviatur spielen, die anderen im Prinzip wehtut. Das ist passiert.
Ich habe die Entschuldigung nicht als richtige Entschuldigung verstanden, wenn es heißt: Falls sich einer angegriffen oder beleidigt fühlt … Meine Frage: Warum kann der Ministerpräsident nicht einfach klar und deutlich sagen: Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir leid, Entschuldigung!?
Dann ist es heraus. – Herr Krautscheid, das ist genau der Unterschied, das hat er nicht gemacht. Das war eine unverbindliche Form. Wenn mir mein 15jähriger Sohn eine solche Entschuldigung anbieten würde, dann würde ich sagen: Du meinst es nicht ehrlich. So geht es nicht. Sieh ein, du hast einen Fehler gemacht und dass das so nicht wieder vorkommt, dann ist auch irgendwann ein Strich unter der Sache.
Die Frage ist also: Warum – heute Morgen hat uns der Ministerpräsident keine Antwort geben wollen, er ist jetzt aus irgendwelchen Gründen nicht da; das ist Ordnung, das haben Sie erklärt – kann dieser einfache, klare Satz, der das dann beendet, nicht gesagt werden?
Herr Priggen, ich habe größtes Verständnis dafür – Sie wissen, dass ich gedanklich da gar nicht so weit von Ihnen entfernt bin –, dass man im Wahlkampf neben allem Getöse auch gegenseitig – mal mehr oder weniger scheinheilig; das geht uns dann allen so – bei den anderen darauf achtet, dass Grenzen eingehalten werden. Völlig d’accord! Deswegen meine Replik in Sachen „Rassismusvorwurf der grünen Parteivorsitzenden“.
Ich bleibe aber dabei: Ob eine Entschuldigung angemessen und ausreichend ist, entscheiden nicht Sie und nicht ich, sondern die Leute, die sich betroffen fühlen.
(Hannelore Kraft [SPD]: Wer denn? Betriebs- leiter? Gewerkschaften? Betriebsräte? – Wei- tere Zurufe von der SPD)
Entschuldigung; die Reaktion stammt von derjenigen Person, die das rumänische Volk und den rumänischen Staat in Deutschland repräsentiert. – Das ist schlicht und ergreifend passiert. Deswegen ist diese Entschuldigung auch ausreichend, glaube ich.
Herr Priggen, noch einmal zur Wortwahl: Wenn Ihr 15-jähriger Sohn, egal was er ausgefressen hat, Ihnen sagt …
Frau Kraft, ich bin dabei, die Frage von Herrn Priggen zu beantworten. Ich kann natürlich verstehen, dass Sie in den Wald gehen, ein Stöckchen suchen und es hinhalten, Frau Kraft. Die Entscheidung, ob dann einer drüberspringt, müssen Sie aber uns überlassen. Das ist schlicht und ergreifend das Problem, das Sie im Moment haben und auch heute Morgen gehabt haben.
Ich kann diesen Versuch gut verstehen. Dabei sind Sie nur in der Gefahr, zu überdrehen. Wenn die moralische Entrüstung in die Nähe der Wahlkampfmunition kommt, leidet die Moral, und dann leidet Ihre Glaubwürdigkeit. Da müssen Sie aufpassen. Die Stimmung ist am Wochenende gekippt. Ich glaube, Sie haben es selber gemerkt. Irgendwann hat Frau Künast mit dem Rassismus-Vorwurf überdreht. Dann geht das Ganze nach hinten los.
Die Entschuldigung ist am Freitagnachmittag öffentlich ausgesprochen worden. Wir haben Kontakt mit dem Vertreter der rumänischen Regierung und des rumänischen Volkes in Deutschland aufgenommen. Der zuständige Staatssekretär hat ihm in dem Gespräch angeboten – nur damit Sie das wissen –: Wenn es übers Wochenende irgendwelche neuen Probleme geben sollte, Aufregung zu Hause etc., können Sie mich jederzeit privat zu Hause anrufen. – Am Montag ist ein weiteres Gespräch geführt worden. Dabei wurde die Frage gestellt, ob es auf rumänischer Seite größere Probleme gibt, die wir adressieren müssten, zum Beispiel im Land. Klare Antwort: Nein. Wir haben diese Entschuldigung angenommen. – Die Telefonnummer brauchte nie benutzt zu werden. Das ist der Stand der Dinge.
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Herr Krautscheid, gestatten Sie mir eine kurze Vorbemerkung. Sie haben gerade gesagt, dass Sie die Antwort formulieren könnten, wie Sie möchten. Das mag ja grammatikalisch zutreffen. Sie sollten aber nicht vergessen, dass die Antworten gegenüber dem Plenum wahrheitsgemäß sein müssen.
Wunderbar. – Frau Präsidentin, Sie haben zu Recht festgestellt, dass die Landesregierung selbst festlegt, wer antwortet. Deshalb will ich meine Frage allgemein an die Landesregierung richten. Vielleicht erspart das dem Minister für Bundesangelegenheiten, Europa, Medien und Nichtwissen eine Antwort.
In Bezug auf die Bemerkung von Herrn Rüttgers, wenn Chinesen nicht investieren wollten, müsse man sie würgen, lautet meine Frage an die Landesregierung, ob ein solcher verbaler Umgang mit potenziellen Investoren die übliche Vorgehensweise dieser Landesregierung ist.
Herr Jäger, ich mache das gerne selber, weil ich glaube, dass Ihre vorformulierte Frage jetzt einfach nicht mehr in die Debatte passt. In der Zwischenzeit ist zu viel passiert.
Ich sage es noch einmal: Diese Formulierung ist in einer ganz bestimmten, offensichtlich sehr belustigenden Situation – ich kann nur wiedergeben, wie es beschrieben worden ist – auf der Bühne gemacht worden, wo die Bemühungen um internationale
Die von Ihnen genannte Formulierung ist auch nicht ganz zutreffend. Sinngemäß hat es geheißen: Wenn man dann immer noch keinen überzeugt hat, dann …