Ich darf daran erinnern, dass auch Johannes Remmel von den Grünen in der Plenardebatte vom 21. März 2003 – nachlesbar in Plenarprotokoll 13/86 – die Wichtigkeit des Umgangs von erster und zweiter Staatsgewalt gewürdigt, eine Stärkung des Parlaments sowie eine effizientere Arbeit angesprochen und entsprechende Defizite eingeräumt hat. Geschehen ist in der letzten Legislaturperiode dann aber merklich wenig, wie wir wissen.
Wir wollen jetzt mit gutem Beispiel vorangehen. Wir wollen nach vorne blicken. Wer zu den Themen Positionen beziehen will, wer Initiativ- und Kontrollrechte des Parlaments ausüben will, wer als Parlament frühzeitig gestalten und auch im erforderlichen Umfang die notwendigen Entscheidungen und Prozesse mit beeinflussen will, der ist auf ausreichende und frühe Information angewiesen. Das ist unsere feste Auffassung.
Im Bundesrat entscheidet die Landesregierung und nicht das Landesparlament über wichtige Gesetze mit. Deshalb ist es richtig, dass wir hier einen Kompromiss ausgehandelt haben, in dem wir verbriefte Rechte auf Berichte in den verschiedenen Bereichen festgeschrieben haben.
Die Vereinbarung über die Unterrichtung des Landtags durch die Landesregierung über Angelegenheiten der EU und des Bundesrats ist umso wichtiger, weil mittlerweile auch die EU-Begleitgesetze verabschiedet worden sind. Diese stärken die Rechte der Regionen; denn insbesondere über die Subsidiaritätsklage und den Notbremsmechanismus wird das Mitspracherecht der Länder über den Bundesrat zukünftig weiter gewährleistet und gestärkt. Wir als Parlament wollen daran partizipieren. Auch deshalb ist es gut, wichtig und richtig, dass wir diese Vereinbarung nun auf den Weg gebracht haben.
Bei dem Komplex der Subsidiaritätsprüfung werden wir, wie von der Landesregierung jüngst mit Schreiben vom 26. August 2009 angeboten wurde, in naher Zukunft, sobald die exakten Rahmenbedin
Das von uns jetzt auf den Weg Gebrachte ist ein erster Meilenstein in der transparenteren Zusammenarbeit von Parlament und Regierung. Viele andere Bundesländer wären froh, wenn sie ein ähnlich konstruktives Regelwerk auf den Weg gebracht hätten. Wir begrüßen das ausdrücklich und sind bereit für die weitere Gestaltung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Jostmeier, in der Tat ist es nicht irgendetwas, was wir heute Morgen hier per Akklamation unterstützend zur Kenntnis nehmen, sondern ein Meilenstein.
Um zu verdeutlichen, warum wir das Ganze machen, möchte ich kurz aus einer aktuell erschienenen Dissertation von Andreas Klenke mit dem Titel „Stärkung der Informationsrechte des Landesparlaments in Bezug auf beabsichtigtes Regierungshandeln“ zitieren. In der Zusammenfassung führt Herr Klenke aus – und das ist der Grund, warum wir uns mit dieser Frage beschäftigen –:
Ein Informationsrückstand des Landesparlamentes gegenüber der Landesregierung wird seit Beginn der 1990er-Jahre beklagt. Grund für den Informationsrückstand ist, dass Verwaltungstätigkeit und Verwaltungspersonal, namentlich in Schlüsselpositionen, in den vergangenen Jahrzehnten vor dem Hintergrund immer komplexerer und komplizierter werdender Lebensverhältnisse stark angewachsen sind.
Die Arbeitsmöglichkeiten der Fraktionen und erst recht der einzelnen Abgeordneten haben sich dagegen nicht nennenswert verbessert.
Das ist der eigentliche Grund, warum wir entsprechende einklagbare Rechte für das Parlament und einzelne Abgeordnete festlegen wollen.
In der Tat dauert dieser Prozess schon sehr lange. Ich erinnere daran, dass bereits im Jahr 1995 eine schriftliche Vereinbarung fast ausgearbeitet war und kurz vor der Verabschiedung stand. Insofern mahlen die Mühlen offensichtlich etwas langsam. Darum sind wir froh, dass uns heute diese Vereinbarung vorliegt.
Gleichzeitig muss man aber feststellen, dass diese Vereinbarung rechtlich nicht belastbar ist. Sie setzt auf den guten Willen beider Seiten, ist aber rechtlich nicht einklagbar und nicht belastbar. Wenn wir es
rechtlich sauber machen wollen, müssen wir in der Tat – zu diesem Schluss kommt der Verfasser der Dissertation eindeutig – eine Verfassungsänderung beschließen. Dazu war die Mehrheit dieses Hauses nicht bereit. Insofern sind wir auf die Vereinbarung angewiesen.
Ich mache auch darauf aufmerksam, dass in der Rechtsentwicklung insgesamt Tendenzen zu beobachten sind, die durchaus den Schluss zulassen, dass die Rechte einzelner Bürgerinnen und Bürger weiter gehender sind als die Rechte der Abgeordneten.
Wir haben im Bereich der Informationsfreiheit eine Rechtsentwicklung. Wir haben im Bereich der Umweltinformationsrechte, der Verbraucherrechte eine Entwicklung, die, wenn wir sie als Bürgerinnen und Bürger einfordern würden, uns andere Rechte zubilligt als die, die wir hier als Abgeordnete haben. Deshalb geraten wir an verschiedenen Stellen in einen Wertungswiderspruch, der auch durch diese Vereinbarung nicht aufgelöst ist.
Deshalb glaube ich, dass, auch um im Konzert mit den anderen Bundesländern noch weiter aufzuholen, als nächster Schritt eine Verfassungsänderung mit der umfassenden Absicherung der Rechte der Abgeordneten in diesem Landtag, wenn auch wahrscheinlich nicht mehr in dieser Legislaturperiode, ansteht. Ich hoffe, dass wir in der nächsten Legislaturperiode an anderer und verantwortlicher Stelle dafür sorgen können, dass wir gemeinsam eine solche umfassende Absicherung hinbekommen. – Vielen Dank.
Danke schön, Herr Remmel. – Meine Damen und Herren, zu Tagesordnungspunkt 1 gibt es keine weiteren Wortmeldungen.
2 Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsgesetz 2010)
Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2010 (Gemeindefinanzierungsgesetz – GFG 2010)
Ich eröffne die Beratung und gebe zur Einbringung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes das Wort an unseren Finanzminister, Herrn Dr. Linssen. Bitte schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In wenigen Tagen jährt sich die Insolvenz der amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers. Seit dem Zusammenbruch der Bank am 15. September 2008 ist auf den internationalen Finanzmärkten nichts mehr wie vorher. Die Staaten weltweit stehen vor der größten Herausforderung der Weltwirtschaft in der Moderne. So jedenfalls bezeichnen die Vertreter der G-20Staaten die Weltwirtschaftskrise in ihrer Abschlusserklärung zum Londoner Finanzgipfel vom 2. April 2009.
Aufgrund der anhaltenden Krise schätzt der Internationale Währungsfonds, dass die Weltwirtschaftsleistung 2009 um 1,3 % zurückgehen wird. Für den Welthandel erwartet er einen Rückgang um 11 %. Die OECD prognostiziert sogar einen Rückgang von 12 %. Deutschland mit seiner hohen Exportabhängigkeit hat im letzten Jahrzehnt stark vom weltwirtschaftlichen Wachstum profitiert. Das heißt im Umkehrschluss: Deutschland ist jetzt besonders stark vom Schrumpfungsprozess betroffen.
Für das gesamte Jahr 2009, meine Damen und Herren, rechnet die Bundesregierung ebenso wie die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrem Frühjahrsgutachten mit einem Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 6 %. Das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht ist damit erheblich gestört.
Erfreulicherweise mehren sich jüngst die Anzeichen für eine Besserung der konjunkturellen Lage. Die Exportzahlen bessern sich ebenso wie die Auftragseingänge in der Industrie und im Baugewerbe. Auch bei den Unternehmen wächst der Optimismus angesichts verbesserter Geschäftserwartungen.
Die ersten Wirtschaftsforschungsinstitute korrigieren bereits ihre Prognosen für das laufende und das kommende Jahr leicht nach oben. Ich glaube, wir alle freuen uns über diese hoffnungsvollen Signale. Aber ich kann vor verfrühter Euphorie nur warnen. Es gibt noch genug Unsicherheiten und Risiken. Wir
Die konjunkturelle Lage bleibt angespannt. Wir sind, wie man im Rheinland so schön sagt, um SchmitzBackes noch nicht herum. Die nächsten Monate werden daher wie auch die zurückliegenden Jahre von harter Regierungsarbeit geprägt sein. Für uns heißt dies weiterhin, das zum Wohle der Bürger unseres Landes Notwendige zu tun.
Dazu muss man manchmal auch vermeintlich unpopuläre Entscheidungen treffen. Das Aufspannen von Rettungsschirmen, die Milliarden-Garantien für Banken sind für viele ein Reizthema. Sie sind aber alternativlos, weil damit die Kreditversorgung der Unternehmen im Land und damit viele hunderttausend Arbeitsplätze gesichert werden konnten.
Würde, meine Damen und Herren, eine systemrelevante Bank wie die WestLB kippen, zöge sie die Sparkassen mit in den Strudel. Dann wäre mit der Kreditversorgung des Mittelstandes, umgangssprachlich gesagt, Schicht im Schacht. Wenn man also die Menschen in den Betrieben schützen will – denn sie haben sich nichts zuschulden kommen lassen –, sind die Garantien für die Banken, auch für die WestLB, zwingend. Die Kreditversorgung des Mittelstandes wäre ansonsten flächendeckend in Deutschland gefährdet.
Deshalb ist dieses Thema auch nicht geeignet für politische Spielchen. Hier geht es um die Zukunft der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Es wäre schön gewesen, wenn bereits 2008 alle Beteiligten Verantwortungsbewusstsein gezeigt hätten. Stattdessen haben sich hier einige in die Büsche geschlagen und sich vor der Verantwortung gedrückt. In schwierigen Zeiten, meine Damen und Herren, zeigt sich, ob jemand geeignet ist, Verantwortung zu übernehmen.
Unser Konsolidierungskurs der vergangenen Jahre zahlt sich in diesen Tagen aus. Die in den letzten vier Jahren deutlich verbesserte finanzielle Basis des Landes hilft uns heute, den krisenbedingten Anstieg der Neuverschuldung zu begrenzen – trotz tatsächlicher Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts.
Keine Frage: Aufgrund wegbrechender Einnahmen steigt die Nettoneuverschuldung im kommenden Jahr auf 6,596 Milliarden € an. Niemanden wurmt das mehr als mich. Aber trotz einer historisch einmaligen Krise bleibt die Nettoneuverschuldung um fast 130 Millionen € unter der Rekordneuverschuldung aus dem Jahre 2004. Damals machte die Regierung Steinbrück 6,724 Milliarden € neue Schulden – und das in einer Situation ohne vergleichbare Wirtschaftskrise.
(Sören Link [SPD]: Donnerwetter! – Ewald Groth [GRÜNE]: Wie viele Steuereinnahmen haben Sie denn jetzt?)
In 2004 betrug das Wirtschaftswachstum 1,4 %, liebe Kolleginnen und Kollegen. Damals gab es also noch Wachstum.
Heute haben wir eine stark schrumpfende Wirtschaftskraft. Hätten wir den Haushalt in den vergangenen Jahren nicht so konsequent konsolidiert, würde die Neuverschuldung noch viel dramatischer anwachsen.
Rot-Grün hat die Neuverschuldung in die Höhe getrieben – trotz Wachstum. Was hätte man wohl heute von einer solchen Regierung zu erwarten?