Protokoll der Sitzung vom 10.09.2009

Deswegen war es eine sicherlich zunächst einmal sinnvolle Überlegung, dem Weg aller anderen Bundesländer zu folgen und den § 6 Gemeindefinanzreformgesetz, also die erhöhte Gewerbesteuerumlage, sozusagen abschließend zu behandeln und den Kommunen über das Gemeindefinanzierungsgesetz 2006 eine entsprechende Kompensation zu zahlen, die – jetzt wird es kompliziert, für die Kommunen vielleicht aber auch gefährlich für die Zukunft – den Betrag ausgeglichen hat, den die Kommunen wegen einer Überzahlung 2005 im Jahre 2005 zurückbekommen haben.

In der Zwischenzeit sagen die Kommunen aber zu Recht: Die Gewerbesteuer ist stark gestiegen. Deswegen haben wir mehr Geld als Gewerbesteuerumlage gezahlt. Eventuell ist es dadurch zu einer Überzahlung gekommen.

Das ist etwas, was das Gericht am 11.12.2007 im Übrigen ohne belastbare Quantifizierung festgestellt hat. Landesregierung und Koalition haben darauf umgehend reagiert und den Kommunen 650 Millionen € überwiesen.

(Beifall von Christian Weisbrich [CDU])

Der Beifall, den der Kollege Weisbrich gerade gespendet hat, müsste eigentlich tosend sein,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Da haben Ihre Leute gepennt!)

weil das korrekterweise nämlich ein Ausweis des schnellen Handelns, ein Beweis für die Kommunalfreundlichkeit dieser Koalition ist.

(Beifall von Bodo Löttgen und Rainer Lux [CDU] – Rainer Schmeltzer [SPD]: Tosender Beifall!)

Ich habe gerade gesagt, dass das für die Zukunft auch eine erhebliche Gefahr bedeuten könne. Denn im Moment verzeichnen wir einen drastischen Einbruch der Gewerbesteuern. Damit wird auch ein drastischer Einbruch der erhöhten Gewerbesteuerumlage verzeichnet.

Wenn es also noch einmal den Versuch einer Spitzabrechnung geben sollte – deswegen sollten

sich Land und kommunale Spitzenverbände meiner Meinung nach auf ein sinnvolles Konstrukt ohne eine solche Spitzabrechnung einigen –, dann müssten die Kommunen aufgrund der zusammenbrechenden Gewerbesteuereinnahmen und der zusammenbrechenden Gewebesteuerumlage am Ende noch nachzahlen, weil sie über die erhöhte Gewerbesteuerumlage am Ende zu wenig bezahlt haben. Das müssten Sie bei der Gelegenheit auch bedenken.

(Ralf Jäger [SPD]: Die Drohung haben wir verstanden!)

Ja, das ist einfach eine Rechenoperation. – Ich glaube, dass die Gespräche zwischen dem Land und den kommunalen Spitzenverbänden das alles im Portfolio haben und diese Probleme regeln müssen.

Wir alle erinnern uns noch an andere Ärgernisse, die mit dem Wegfall des Solidarbeitragsausgleichsgesetzes verbunden waren. In der Vergangenheit haben die Kommunen nämlich proportional zu ihrer Finanzkraft zu den Kosten der deutschen Einheit beigetragen. Ohne Solidarbeitragsausgleichsgesetz müssen die Kommunen aber nur proportional zu ihrer Gewerbesteuerkraft zahlen. Das war doch im Jahre 2006 ein Ärgernis, mit dem wir uns rumschlagen mussten. Das alles wird in den Gesprächen eine Rolle spielen.

Ich gehe davon aus, dass sich diese Gespräche nicht von dem durchsichtigen Getöse, das Sie hier veranstalten, beeinflussen lassen. Sie haben offensichtlich nicht die Kraft, sich mit der Sache auseinanderzusetzen.

(Ralf Jäger [SPD]: Wir haben die Kraft!)

Wir haben diese Kraft, und deswegen wird es auch zu einer vernünftigen und ausgleichenden Lösung zwischen Kommunen und Land kommen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Klein. – Es spricht nun noch einmal Herr Engel.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Jäger, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD, wenn Sie argumentieren, schauen Sie in Ihrer Vorbereitung doch bitte genau hin, oder vergeben Sie die Aufträge an Ihre Referenten so, dass sie das Richtige für Sie heraussuchen!

Sie haben sich eben folgenden Lapsus geleistet: Sie haben das Datum der Entscheidung klammheimlich um ein Jahr weiter nach hinten ins Jahr 2006 verlegt. Für die Kolleginnen und Kollegen, aber auch für die Presse: Die Entscheidung ist am 11. Dezember 2007 gefällt worden. Erster Punkt!

(Prof. Dr. Gerd Bollermann [SPD]: Das ist doch jetzt kleinkariert!)

Zur Pflicht: Neben der ganzen Semantik, die wir hier gehört haben, komme ich jetzt zu dem, was das Urteil zur Pflicht dieses Landtags, also des Landesgesetzgebers, gesagt hat. Ich zitiere:

Der Landesgesetzgeber hat die Überzahlung des kommunalen Beitrags zu den Lasten der Deutschen Einheit im Haushaltsjahr 2006 unter Beachtung der bundesrechtlich vorgegebenen Obergrenze einer kommunalen Finanzierungsbeteiligung an den einigungsbedingten Lasten in Höhe von rund 40 % auszugleichen.

Herr Körfges, auch für Sie ein Zitat bezüglich der Methodik. Ich darf aus dem Urteil zitieren – das ist übrigens alles unter „Juris“ nachzulesen; ich zitiere jetzt hier die Randnummer 73 –:

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Lesen Sie die Sei- te 25 der Entscheidung!)

Das Datenmaterial des Innenministeriums wird durch das von den Beschwerdeführerinnen eingereichte finanzwissenschaftliche Gutachten nicht in Frage gestellt. Soweit das Gutachten zu abweichenden Schlussfolgerungen kommt, gehen diese darauf zurück, dass der Darstellung und Ermittlung der (normierten) Finanzkraft ein abweichender Finanzkraftbegriff zugrunde liegt. Es bedarf hier keiner weiteren Erörterung des Für und Wider dieses Ansatzes. Der Verfassungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob der Normgeber die bestmögliche oder gerechteste Lösung gewählt hat.

(Zuruf von Ewald Groth [GRÜNE])

Angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers ist dessen Methodenwahl nur dann zu beanstanden, wenn sie offensichtlich fehlerhaft ist.

Letzter Satz:

Dafür ist hier nichts ersichtlich.

Vielen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Engel. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Herr Becker das Wort.

Die Regierungsfraktionen, insbesondere Herr Löttgen und Herr Engel, versuchen hier mit viel Getöse davon abzulenken, dass es ein Gerichtsurteil und nicht nur ein Gutachten auf jeder Seite gibt, wie Herr Linssen hier als Finanzminister behauptet hat, sondern dass es eine Reihe von Gutachten gibt – das möchte ich noch einmal deutlich machen –, die mit dem Gutachten von

Prof. Junkernheinrich für die klageführenden Städte beginnt.

Zunächst einmal ist es wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, was seinerzeit entschieden worden ist. Der Verfassungsgerichtshof Nordrhein-Westfalen hat in dem Urteil, in dem er das GFG im Grundsatz für rechtmäßig erklärt, aber in der Begründung einige Ausführungen zu den Einheitslasten gemacht hat, Folgendes gesagt:

„Der Gesetzgeber darf dabei“ – es geht um die Einheitslasten – „nicht nur für die Folgejahre eine Änderung der Prognosesätze vornehmen, sondern er muss auch einen rückwirkenden Ausgleich herbeiführen. Er hat bei der Bemessung des kommunalen Anteils am Solidarbeitrag einen Gestaltungsspielraum. Der Kommunalanteil am Gesamtsolidarbeitrag des Landes muss aber im Ergebnis der Obergrenze von rund 40 % annähernd entsprechen.“

Ferner wird ausgeführt: „Der Gesetzgeber ist verpflichtet, auf belastbare, also auf der Basis von Jahresschlussabrechnungen gesicherte Daten für das betreffende Haushaltsjahr zurückzugreifen.“

Hinsichtlich der geforderten Rückzahlungshöhe führt das Gericht aus: „Für das Haushaltsjahr 2006 ergibt sich auf dem nach dem belastbaren Datenmaterial gestützten Vortrag der Beschwerdeführerinnen – das sind die Kommunen –, dem die Landesregierung auch in der mündlichen Verhandlung nicht substantiell entgegengetreten ist, eine nicht ausgeglichene Überzahlung des kommunalen Solidarbeitrages in Höhe von ca. 450 Millionen €.“

Davon haben Sie ganze 280 Millionen € in Form eines Abschlags zurückgeführt. Für die Folgejahre ist noch deutlich weniger vorgesehen. Dies haben Sie mit dem Lenk-Gutachten begründet, das mit windigen Annahmen, nämlich mit dem sogenannten Niveausprung – darauf habe ich vorhin schon einmal hingewiesen – versucht hat, darzulegen, dass die Kommunen gar keine Überzahlung geleistet hätten.

Weil die Abrechnung eigentlich auf dieser Basis hätte erfolgen müssen, haben die Kommunen dann gesagt: Fordert die Abschläge bitte nicht zurück, sondern wartet ein weiteres Gutachten ab! Das ist jetzt das Färber-Gutachten. Da setzt das Auf-ZeitSpielen Ihrerseits wieder an.

Das Färber-Gutachten setzt sich, wie ich finde, substantiell – ich habe es gelesen – sehr eindrucksvoll mit dem Niveausprung auseinander. Man muss nicht alles an dem Färber-Gutachten teilen. Das will ich ganz deutlich sagen. Deswegen habe ich ausgeführt: mindestens 500 Millionen € für die Jahre 2006 und 2007, und wenn man 2008 heranzieht, zusätzlich mindestens 800 Millionen €. Wenn man alles von Färber nehmen würde, käme man pro Jahr im Maximum sogar bis auf 1,1 Milliarden €. Deswegen bin ich auf die untere Grenze dessen gegangen, was aus meiner Sicht signifikant nachgewiesen ist.

(Beifall von GRÜNEN und Frank Sichau [SPD])

Jetzt wiederhole ich noch einmal: Sie sind aufgerufen, für Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit zugunsten der Kommunen zu sorgen. Sie müssen sich endlich der Situation stellen, dass Sie nicht für die Jahre 2006 und 2007 wegschwiemeln, keinen Nachtrag vorlegen und keine Veränderungsnachweise für den Haushalt 2010 mit dem Ausgleich des Jahres 2008 vorlegen können, der ja nach dem Spruch des Gerichtes spätestens bis zum Ende des nächsten Haushaltsjahres erfolgen, mithin also etatisiert werden müsste. Beides tun Sie nicht.

Mit anderen Worten: Sie spielen der Öffentlichkeit vor, dass es sich sozusagen nur um Abstimmungsgespräche und eine große Bandbreite handelt. Letztendlich haben Sie aber nichts anderes als Ziel, als über die Haushaltssituation hinwegzukommen, weil Sie nämlich um 100 Millionen € unter dem Höchstverschuldungsgrad aus den Vorjahren bleiben wollen,

(Beifall von den GRÜNEN)

um sich damit letztlich auf Kosten der Kommunen gutzutun und, wenn Sie dann auch noch über die Landtagswahl hinweggekommen sind, denen dann möglicherweise genau die Beträge, die sie dann zurückzahlen müssen, beim GFG für das Jahr 2011 wieder abzuziehen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie von einem Schmierenstück sprechen oder ähnliche Begriffe benutzen, dann fällt das auf Sie selbst zurück.

(Beifall von GRÜNEN und Frank Sichau [SPD])

Selbstverständlich fordern alle kommunalen Spitzenverbände mindestens die Höhe dessen, was ich eben als untere Grenze bezeichnet habe und was nicht nur das Färber-Gutachten und in letzter Konsequenz auch Hellermann mit der Verbindlichkeitserklärung, sondern auch Junkernheinrich sehr früh am Anfang mit Erfolg für die beschwerdeführenden Kommunen folgerichtig eingefordert haben. Sie sind diejenigen, die mit einem Außenseitergutachten abgewichen sind.