Protokoll der Sitzung vom 11.09.2009

Zweitens fordern wir, wie ich eben sagte, ein Konzept zu erarbeiten, wie die Wertschöpfung bei den Milchproduzenten erhöht werden kann und wie die Regionalvermarktung sowie die Entwicklung von regionalen Marken verstärkt werden können. Dazu bedarf es vor allen Dingen einer Landesförderung, die von dieser Landesregierung nur halbherzig vorangetrieben worden ist.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der FDP: Wo denn?)

Auch unser Landwirtschaftsminister Uhlenberg hat in diesem Haus mehrfach erklärt, es werde einen Übergang ohne gravierende Struktureinbrüche geben.

Insofern ist für uns das Ziel klar – neben dem dritten Punkt, eine Regelung zur Saldierung durchzusetzen –, mit diesen Mitteln neue Ideen für die integrierte Entwicklung ländlicher Räume zu schaffen, den Milchpreis zu stabilisieren sowie in Deutschland – und Europa – eine soziale, nachhaltige und ökologische Milchwirtschaft zu bekommen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Watermann-Krass. – Für die FDP spricht nun der Kollege Ellerbrock.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Milchquote, die 25.! Die Situation ist bedrängend. Darüber haben wir hier mehrfach gesprochen. Wir haben europarechtliche Regelungen zu beachten. Wir haben festzustellen, dass dieser Landwirtschaftsminister, Eckhard Uhleberg, auf Bundesebene versucht hat, unsere Vorstellung zur Saldierung durchzusetzen. Dies ist gescheitert.

Frau Aigner hat sich mit ihren Vorstellungen aus Bayern, die ich inhaltlich überhaupt nicht teile, in Brüssel zum wiederholten Mal eine blutige Nase geholt. Sie, Frau Watermann-Krass, sagen nunmehr, man müsse die Saldierung erneut auf die Tagesordnung setzen. Einmal gescheitert, zweimal gescheitert, und nun lautet die dritte Forderung der SPD, die Saldierung durchzusetzen. Das ist unheimlich toll.

(Svenja Schulze [SPD]: Lesen hilft, lesen bil- det!)

Sie fordern, hier ein hochpreisiges Käseangebot zu schaffen, wobei der Vergleich mit Frankreich ihr Bild war – das ist die Begründung –, und die Mittel von der ersten Säule in die zweite Säule umzuschichten. Auch das ist unheimlich interessant. Wir, der Staat, sollen dann aber später die Käsequalität bestätigen. Das wäre die Gründung der VEB Deutsche Käse GmbH & Co. KG. Wir als Politik und Staat sollen das machen.

(Svenja Schulze [SPD]: Waren Sie schon einmal in Frankreich?)

Ach, Frau Kollegin, wenn Sie etwas zu sagen haben, dann melden Sie sich. Und wenn Sie keine Ahnung haben, sollten Sie lieber schweigen. Danke schön.

Meine Damen und Herren, das kann doch wohl alles nicht wahr sein.

Drittens negieren wir hier laufend hinsichtlich der Quote. Die Quote wird derzeit schon unterliefert. Eine Verringerung der Quote würde also überhaupt nichts bringen. Andere Länder würden diese Reduzierungen, die wir hier haben, überhaupt nicht beeinflussen.

(Zuruf von Annette Watermann-Krass [SPD])

Meine Damen und Herren, die Anhörung hat ja noch manches deutlich gemacht. Ich unterstütze zum Beispiel durchaus die Idee eines Qualitätssiegels Frischmilch, wie es der Kollege Wirtz hier eben dargestellt hat. Die ganzen Argumente können wir

großteils wirklich teilen, Herr Kollege. Deswegen brauchen wir gar nicht weiter darauf einzugehen.

Aber die Forderung zum Beispiel der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, der Staat müsse die Landwirte, die Milchbauern, jetzt bei einer zusätzlichen Qualifikation unterstützen – und auf Nachfrage heißt es, ja, wir wollen ja die Grünarbeiten für den kommunalen Bereich mit übernehmen –, kann ich nun überhaupt nicht teilen.

Das würde nämlich bedeuten, dass wir Garten- und Landschaftsbaubetriebe, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in ihren Reihen haben, von uns subventioniert und unterstützt durch die Landwirtschaft raustreiben. Das kann doch nicht wahr sein.

Auf die Nachfrage reagierte dann der Vertreter der Landwirtschaft so: Ja, das sei dann eben so. – Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass wir als Staat die Konkurrenzsituation für die Betriebe aufbauen, die Steuern zahlen und sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in ihren Reihen haben. Diese Denke ist nicht richtig.

Ich unterstütze ausdrücklich das, was Josef Wirtz gesagt hat. Gefordert ist eine Eigeninitiative, Erzeugergemeinschaften zu bilden. Dazu gehört sicherlich auch das, was Sie, Frau Watermann-Krass, sagten, nämlich: Wir müssen andere Marktsegmente erschließen. – Aber das sind Eigeninitiativen, aus denen wir als Staat uns herauszuhalten haben.

Das sind planwirtschaftliche Argumente. Sie haben doch selbst gesagt, dass die Quotenregelung in den letzten 40 Jahren gezeigt hat, dass das der Fehlweg ist. Sie wollen letztendlich mit dem gleichen Instrumentarium des staatlichen Eingriffs den Markt regulieren und bestimmen. Das kann nicht sein. Das ist ein Fehlweg. Das muss man hier ganz deutlich sagen. Nein, nein, so kann das nicht gehen.

Im Übrigen, Frau Watermann-Krass: Sie fordern in Kenntnis der europäischen Regelung – eben hat es doch Ihr Kollege Stinka deutlich gemacht – internationale Standards, Wettbewerbsgleichheit usw. Das wollen wir dann durch Ihre Vorstellungen wieder aushebeln, wofür wir in Europa überhaupt keine Zustimmung haben?

Das ist ein populistischer Antrag. Der soll den Milchbauern vorgaukeln, Sie hätten Verständnis für sie. Das ist für ein Segment der Milchbauern sicherlich richtig. Die Landwirtschaft weiß Ihre Ausführungen hier richtig zu werten: Populistisch, von vorgestern. Das hat überhaupt nichts mit der konkreten Problemlösung zu tun.

(Annette Watermann-Krass [SPD]: Sie waren nicht bei der Anhörung! Sonst hätten Sie es sich anhören können!)

Schönen Dank.

(Beifall von FDP und CDU)

Danke schön, Herr Ellerbrock. – Meine Damen und Herren, jetzt spricht Minister Uhlenberg.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, parteiübergreifend und fraktionsübergreifend machen wir uns alle Sorgen über die Situation der Milchviehbetriebe auch bei uns in Nordrhein-Westfalen. Deswegen habe ich gerade in den letzten Wochen intensive Gespräche mit den Landwirtschaftsverbänden, mit dem BDM und auch mit der Milchwirtschaft geführt.

Es gibt nicht nur Probleme auf dem Milchmarkt, was das Thema Landwirtschaft angeht, sondern wir haben zurzeit die gleichen Probleme beim Thema Getreide. Wir haben die gleichen Probleme beim Thema Gemüse. Das hängt natürlich insgesamt auch mit der Wirtschaftskrise zusammen. Die Nachfrage nach Agrarprodukten ist rückläufig. Die Preise gehen natürlich verstärkt in den vergangenen Jahren, weil wir keine nationalen Grenzen mehr haben, rauf und runter.

Meine Damen und Herren, deswegen greift ja auch die Quote nicht mehr. Ich möchte nur noch einmal daran erinnern, dass 40 % der deutschen Milch in den Export gehen. 30 % der Milch, die bei uns auf den Markt kommt, kommt aus dem Ausland zu uns ins Land. Deswegen ist es auch falsch, hier immer wieder einen nationalen Alleingang zu fordern. Das greift doch einfach nicht mehr. Ich hoffe aber, dass wir offensichtlich den Tiefstand bei den Milchpreisen erreicht haben. Nach den letzten Anzeichen geht es ja auch wieder nach oben.

Meine Damen und Herren, alle Anläufe, auch gerade im Bereich der Europäischen Union sind gescheitert, für nationale Alleingänge für eine Begrenzung der Milchquote. Von den 27 Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich lediglich sechs dafür ausgesprochen. 21 haben sich dagegen ausgesprochen. Bis auf Bayern und Hessen sind auch bei der Agrarministerkonferenz, die sich in der nächsten Woche in Sachsen-Anhalt treffen wird, alle Länder gegen einen einseitigen Verzicht auf Milchproduktion für eine nationale Lösung.

Meine Damen und Herren, weshalb kann ich diesem Antrag der Grünen nicht zustimmen? – Die Entscheidungen in Brüssel sind auf den Weg gebracht worden; ich möchte nur einmal daran erinnern. Frau Watermann-Krass hat hier gerade Sachen gefordert. Sie sollten das einmal mit Udo Folgart abstimmen. Vielleicht haben Sie den Namen schon einmal gehört. Der hat sich ja neulich auch zum Thema Gentechnik in der Landwirtschaft geäußert. Der hat sich jetzt auch zum Thema Milchmarkt geäußert. Herr Folgart, also der Agrarexperte im SPD-Wahlkampfteam und Vizebauernpräsident,

warf Frau Aigner vor, sie habe sich an unrealistischen Forderungen verkämpft.

Diese unrealistischen Forderungen, meine Damen und Herren, wollen wir Frau Aigner nicht mit auf den Weg nach Brüssel geben. Deswegen sollten wir uns auch auf die Dinge konzentrieren, die wirklich dazu beitragen, dass den Milchbauern geholfen wird.

Das möchte ich auch noch einmal deutlich sagen: Eine Liberalisierung der Agrarmärkte ist nicht in den vergangenen zwei Jahren auf den Weg gebracht worden, sondern unter dem Agrarkommissar MacSharry 1992. Damals war Frau Künast Landwirtschaftsministerin auf Bundesebene. Da ist die Liberalisierung der Agrarmärkte auf den Weg gebracht worden, was heute von der SPD und von den Grünen beklagt wird.

Wir sagen ganz klar: Ein einseitiger Verzicht in Deutschland auf Milchproduktion ist falsch. Es macht nichts, sondern es schadet unseren Landwirten, wenn hier einseitig auf Milchproduktion verzichtet wird und die anderen munter weiter produzieren.

Herr Kollege, erlauben Sie eine Frage von Herrn Ellerbrock?

Gerne.

Herr Ellerbrock, bitte.

Herr Minister, könnten Sie vielleicht dem Hohen Hause noch einmal deutlich machen, welche der von der SPD gestellten Landwirtschaftsminister Sie bei den vereinbarten Bemühungen, auf die Sie sich ja dankenswerterweise im Bundesrat verständigt haben, um einer Überlieferung zu begegnen, vehement unterstützt haben? Könnten Sie das bitte deutlich machen?

Das ist richtig, Herr Abgeordneter Ellerbrock. Nordrhein-Westfalen hat im Agrarausschuss des Bundesrates einen Antrag gestellt, dass die Überlieferer bei uns in Deutschland – zunächst einmal in Deutschland, ohne dass wir das Thema nach Europa tragen –, die mehr als 15 % der Milch überliefern, mit einer Strafe versehen werden.

Dem haben die anderen Länder nicht zugestimmt, bis auf die Länder, die Sie eben genannt haben. Es haben auch nicht die Länder zugestimmt, in denen die Grünen mit in der Landesregierung sitzen. Das sind die Länder Hamburg und Bremen.

Meine Damen und Herren, weil die Milchquotenregelung immer als die Lösung des Milchproblems dargestellt wird, möchte ich noch einmal deutlich machen: Wir hatten bei der Einführung der Milchquotenregelung im Jahr 1984 bei uns in NordrheinWestfalen 36.000 Betriebe, die Milchwirtschaft betrieben haben. Im Mai 2009 sind es noch 9.000 Betriebe. Wir haben also während der Quotenregelung, die von Ihnen ja immer unterstützt wird, einen Rückgang der Betriebe in Nordrhein-Westfalen um 25.000 gehabt. Das heißt, auch die von Ihnen favorisierte Milchquotenregelung trägt nicht dazu bei, dass der Strukturwandel abgegrenzt wird. Ich sage sogar: Durch die Milchquotenregelung haben wir in Nordrhein-Westfalen einen beschleunigten Strukturwandel, weil die Betriebe über die Quotenregelung über 1,5 Milliarden € in die Quote investieren müssen.

(Beifall von der FDP)

Sie finanzieren über die Quote ja zum Teil die Altersversorgung ihrer Nachbarbetriebe, von denen sie die Quote gekauft haben.

Wenn diese 1,5 Milliarden € in die Wettbewerbsfähigkeit und Weiterentwicklung der Betriebe geflossen wäre, dann hätten wir möglicherweise diese Diskussion nicht.

Wir haben in Bayern deswegen eine verschärfte Diskussion, weil der Strukturwandel in Bayern in den vergangenen Jahren unterblieben ist. Deswegen ist die Nervosität in Bayern so groß.

Wir haben gerade vonseiten der Union – ich glaube, dass kann ich auch für die FDP sagen – immer eine sehr ehrliche Agrarpolitik bei uns in NordrheinWestfalen betrieben.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben gesagt: Natürlich gibt es einen technischen und einen geologischen Fortschritt auch innerhalb der Landwirtschaft. Deswegen unterstützen wir die Landwirte in Nordrhein-Westfalen mit Mitteln aus der einzelbetrieblichen Förderung, dass die Betriebe modern werden, dass sie wettbewerbsfähig werden, dass sie tiergerecht sind.