Protokoll der Sitzung vom 07.10.2009

Ja, ich weiß, wir haben alle wenig Geld. Ich habe die Diskussion im Protokoll über die Bundestagssitzung verfolgt. Insofern komme ich zu dem Schluss, dass dies nachvollziehbar ist: Wenn es denn Bildungsaufgabe ist, ist es im Zuge des Föderalismus so, dass diejenigen, die Bildungspolitik in den Ländern machen wollen, auch das Geld bereitstellen müssen. Ich bin aber bei Ihnen, wenn wir überlegen, ob wir Sponsoring zulassen werden, um diese 2 Millionen €, die für uns veranschlagt werden müssen, zu finanzieren.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Das war aber nicht die Frage! Ich habe gefragt, wie Sie die Hal- tung der SPD-Länder beurteilen! – Unruhe bei der SPD)

Herr Kollege Ellerbrock hat eine Frage gestellt, Frau Kollegin Watermann-Krass hat die Frage beantwortet. Über die Frage, ob das dem Fragesteller ausreicht, ist an dieser Stelle nicht zu entscheiden. Das Wort hat Frau Abgeordnete Watermann-Krass.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Präsidentin. – Wir alle wissen, dass Essgewohnheiten in der frühen Kindheit festgelegt werden. Da in vielen Familien die Kenntnis von gesunder Ernährung nicht mehr vorhanden ist und sich einige Familien schlicht und einfach Extraausgaben für frisches Obst nicht mehr leisten können, brauchen wir eine gute Gemeinschaftsverpflegung in unseren Schulen.

Übrigens, im europäischen Vergleich liegt der Verzehr von Obst und frischen Lebensmitteln in Deutschland auf sehr, sehr niedrigem Niveau. In den letzten Jahren ist der Konsum von frischem Obst in unserem Land noch einmal zurückgegangen. Deshalb ist hier ein Umsteuern wichtig. Wenn dann noch saisonales Obst aus der Region dafür genommen wird, wird dies auch dem hiesigen Anbau neue Absatzmärkte bringen.

Aber das Schulobstprogramm ist das eine. Das andere, was mich bewegt, ist die Aussage, die wir in dieser Woche in der Presse finden konnten, dass nämlich eine flächendeckende Einführung von Mensen in unseren Schulen in sehr vielen Fällen nicht zu einer gesünderen Ernährung unserer Schülerinnen und Schüler geführt hat.

Da ist zu lesen, dass Prof. Dr. Volker Peinelt mit seinem Zertifizierungsprogramm sogar zu dem Ergebnis kommt, dass die Lage an den Schulen katastrophal sei. In diesem Bericht, den er dem Verbraucherministerium und auch dem Schulministerium vorgelegt hat, fordert er einen verbindlichen Qualitätsstandard in diesen Bereichen. Häufig ist nämlich allein der Preis von 2,50 € ausschlagge

bendes Auswahlkriterium. Hier gibt es für den Verbraucherschutzminister noch einiges zu tun.

Deshalb ist die Umsetzung des EU-Schulobstprogramms ein Anfang hin zu einer gesunden Ernährung, genauso wie das Ernährungsportal NRW der Landesregierung, das ja auch mit Bundesmitteln „IN FORM“ und mit Unterstützung der Verbraucherzentralen gut aufbereitete Informationen zur Schulverpflegung und zur gesunden Ernährung und zu mehr Bewegung gibt. Hierzu gehört im Übrigen auch das Schulmilchprogramm, obwohl es vom Absatz her die Milchbauern nur mit 0,14 % entlastet.

Meine Damen und Herren, ich freue mich über die Einigkeit in der Sache. Lassen Sie uns endlich gemeinsam daran arbeiten, ein Schulobstprogramm für unsere Schulen, vielleicht aber auch für unsere Kindergärten durchzusetzen. Wenn wir früh anfangen wollen, Ernährungsgewohnheiten anzulegen, dann braucht es eigentlich den Ansatz in den Kindergärten.

Wir sollten uns darüber verständigen, wie wir ein transparentes und auch ein nachvollziehbares Verfahren hinbekommen, um das in allen Kreisen und in allen kreisfreien Städten zu erreichen. Denn Kinder an eine gesunde Ernährung heranzuführen, ist einfach viel zu wichtig. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Watermann-Krass. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnetenkollege Remmel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst einmal muss ich feststellen und finde es etwas bedauerlich, dass es hier einen Koalitionsantrag gibt und man nicht das Gespräch gesucht hat, hieraus ein gemeinsames Anliegen zu machen.

Ich will darauf verweisen, dass wir hier einmal schneller als die Regierungsfraktionen waren. Wir hatten damals den Antrag gestellt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn es solche Anliegen gibt, unter denen das ganze Haus steht, dann macht es manchmal auch politisch Sinn und es liegt auch im Interesse des Parlaments insgesamt, so etwas als gemeinsame Initiative darzustellen. Das tut uns nämlich gut, auch an der einen oder anderen Stelle über Fraktionsgrenzen hinweg Gemeinsamkeiten zu demonstrieren. Da müssen wir nicht immer kleines Karo fahren. Das soll als Vorbemerkung zu diesem Antrag reichen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn wir nun konkret zu dem Anliegen sprechen und uns überlegen, wo es da noch konkret Diskussionsbedarf gibt, gibt es zwei Baustellen. Dort ist mir nicht so klar, warum Sie heute hier den Antrag gestellt haben und was so die internen Diskussionslinien sind. Da ist zum einen die Finanzierung. Mir scheint sie aufgrund des Antrages nicht geklärt zu sein. Vielleicht ist das der tiefere Sinn des Antrags, mir erschließt es sich aber nicht. Bitte setzen Sie uns doch da ins Bild, machen Sie klar, wo es hakt.

(Vorsitz: Präsidentin Regina van Dinther)

Hier wird gesagt: Wir brauchen 2 Millionen €. Es liegt aber kein konkreter Haushaltsantrag vor, es wird auch nicht gesagt, dass das mit der Ergänzungsvorlage der Landesregierung eventuell eingeführt wird. Wir finden nur den etwas verräterischen Satz am Ende des Antrages, dass das im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung im Rahmen des Einzelplans 10 finanziert werden soll. Heißt das dann konkret, dass das durch Umschichtung im Einzelplan 10 finanziert werden soll?

(Minister Eckhard Uhlenberg: Nein!)

Da sagt der Umweltminister zu Recht, wie ich finde: Nein. Der Finanzminister muss zusätzliches Geld liefern. Aber es steht hier so im Antrag.

Wenn Sie mit einem solchen Antrag und dann auch alleine als Regierungsfraktionen ins Parlament kommen, dann erklären Sie uns auch klipp und klar, woher das Geld kommen soll. Diese Antwort bleiben Sie schuldig, es sei denn, der Herr Minister erklärt uns das gleich. Im Antrag der Koalitionsfraktionen jedenfalls steht das so nicht drin. Das ist die Baustelle, die aus meiner Sicht offen ist. Wenn man ein solches Anliegen durchbringen will, muss man schon erklären, woher das Geld kommt.

Zweitens nenne ich die konkrete Ausgestaltung. Darüber sollten wir noch das eine oder andere Wort verlieren. Wenn wir voraussetzen, dass wir uns einig sind – Schulobst ist richtig, das brauchen wir –, ist zu fragen, ob es dann richtig ist, diese Beschränkung auf Förderschulen und Grundschulen zu machen. Müsste es da nicht andere Kriterien geben? Müsste das Ganze nicht sehr viel breiter angelegt sein, zumindest in die Bereiche hineinwirken, wo Schülerinnen und Schüler im Ganztag unterrichtet werden, vielleicht auch in die Bereiche, die bisher nicht von dem Programm „Mittagessen für alle“ profitieren? Man sollte über ein breiteres Angebot reden und es nicht auf den Bereich der Grund- und Förderschulen beschränken, wie es hier vorgesehen ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist das eine Thema der inhaltlichen Ausgestaltung.

Das andere Thema ist die Frage der Konzentration. Wenn man gesunde Ernährung als Überschrift wählt, dann sollte man a) auf regionales und b) auf biologisch erzeugtes Obst setzen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bezüglich der Belastungen von Obst gibt es ja den einen oder anderen Hinweis: Erdbeeren aus der Türkei, Bananen von was weiß ich woher. Also, das sollte schon unter klaren Gesichtspunkten geregelt werden.

Wir sind uns auch darüber im Klaren, dass das Schulobst allein das Problem der gesunden Ernährung nicht löst. Das ganze Feld muss etwas breiter angelegt werden. Frau Watermann-Krass hat die Diskussion angesprochen. Die „Westfalenpost“ titelte gestern: „Schulessen macht die Kinder dick“. – Hier gibt es in der Tat Klärungsbedarf. Wir fordern klare Kriterien für Schulernährung. Es muss eine Schulernährung sein, die an gesunden und an ökologischen Kriterien orientiert ist. Hier fehlen Vorgaben des Landes. Die fordern wir strikt ein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Alles das wäre im Rahmen der Diskussion um ein breit angelegtes Schulobstprogramm zu klären.

Also: Sie haben noch viel zu tun. Das Schulobstprogramm ist ein Anfang. Wir unterstützen das selbstverständlich, freuen uns auf die fachliche Diskussion im Ausschuss und würden uns auch freuen, wenn wir mit den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen dafür eintreten könnten, die 2 Millionen € aus dem allgemeinen Haushalt zusätzlich zu finanzieren und nicht durch Umschichtungen im Einzelplan 10. – Vielen Dank.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Ralf Witzel [FDP]: Sie wollen mehr Neuverschuldung!)

Danke schön, Herr Remmel. – Für die Landesregierung spricht jetzt Minister Uhlenberg.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, wir können heute sagen, dass es bei dem Thema Schulobstprogramm einen Durchbruch gibt. Es ist in der Tat richtig, dass sich der Landtag mehrmals mit diesem Thema beschäftigt hat.

Ich möchte mich sehr herzlich bei den Koalitionsfraktionen für den Antrag bedanken, der die Vorgehensweise der Landesregierung unterstützt.

Frau Watermann-Krass hat gefragt, warum das ganze Programm so lange gedauert hat. Ich glaube, es war richtig, dass wir, die CDU-Länder, aber auch die SPD-Länder, zunächst einmal den Bund aufgefordert haben – und dies, Herr Finanzminister, mit großer Hartnäckigkeit –, sich an der Finanzierung des Schulobstprogramms zu beteiligen. Das hat längere Zeit in Anspruch genommen. Dass Sie in den vergangenen Jahren eine andere Praxis mit

dem Geldausgeben in Nordrhein-Westfalen hatten, hat sich inzwischen herumgesprochen.

(Svenja Schulze [SPD]: Da sind Sie doch viel schlimmer!)

Das ist ja eines unserer Probleme, die wir heute haben. Sie hätten möglicherweise sofort zugestimmt nach dem Motto: Alles wird von NordrheinWestfalen finanziert. Wir entlassen den Bund hier aus der Verantwortung. – Das ist nicht unser Stil. Wir haben gerungen. In der Sache hat sich der Bund nicht bewegt, aber wir haben für NordrheinWestfalen jetzt einen befriedigenden Weg gefunden. Ich glaube, das ist das Entscheidende.

Die EU-Verordnung gibt das Ziel vor: Es ist wünschenswert, den geringen Obst- und Gemüseverzehr bei Kindern in der Phase, in der die Essgewohnheiten geprägt werden, anzugehen und den Obst- und Gemüseverzehr bei der Ernährung der Kinder zu erhöhen. Diesem Ziel fühlen wir uns verpflichtet. Wir wissen, Obst und Gemüse sind nahrhaft und tragen zu einer gesunden Lebensweise bei und helfen zugleich, sich im Alltag und auch im Schulalltag geistig rege und körperlich fit zu halten.

Wir haben jetzt den Rahmen geschaffen und insbesondere für das Jahr 2010 die Kofinanzierung durch das Land in einer Größenordnung von 2 Millionen € festgelegt. Das ist mit dem Finanzminister abgesprochen. Ich denke, bei gutem Willen – es hängt möglicherweise vom Ausgang der Landtagswahl ab, ob es im Jahre 2011 fortgeführt wird – wird dieses Schulobstprogramm auch in den nächsten Jahren weiter umgesetzt. Ich kann Ihnen für die Landesregierung sagen: Das ist unser politischer Wille.

Wir werden ein gemeinsames Konzept entwickeln; wir sind schon dabei. Natürlich können wir nicht alle Schulen in Nordrhein-Westfalen bedienen. Wir haben über 3.500 Grundschulen. Die Zahlen machen hier eine klare Aussage. Wir werden ca. 500 Schulen damit versorgen können. Aber wir erwarten natürlich auch, dass hierzu ein pädagogisches Konzept vorgelegt wird.

Ich möchte feststellen, verehrte Kolleginnen und Kollegen: Nordrhein-Westfalen hat mit dem Schulobstprogramm, was die gesunde Ernährung an unseren Schulen angeht, wieder eine Vorreiterrolle in Deutschland übernommen. Nach dem Schulmilchprogramm, das auch nur wir in NordrheinWestfalen in dieser Form durchführen, kommt jetzt das Schulobstprogramm hinzu.

Ich möchte mich bei allen herzlich bedanken, insbesondere auch bei den Mitarbeitern meines Hauses, die sehr viel Arbeit in dieses Projekt hineingesteckt haben. Diese Arbeit geht ja in den nächsten Tagen weiter, wenn es an die Umsetzung geht, wie die Verteilung in Nordrhein-Westfalen vorgenommen werden soll.

Ich sehe gerade eine Wortmeldung des Abgeordneten Ellerbrock.

Bitte, Herr Ellerbrock.

Herr Minister, der Kollege Remmel hat eben eingefordert, dass man bei solchen von den Koalitionsfraktionen eingebrachten, eigentlich immer in sich sinnvollen Anträgen das Einvernehmen sucht. Jetzt habe ich mit meinem Kollegen von der CDU gesprochen und selbst auch nachgeschaut: Ist da vielleicht an uns etwas vorbeigegangen? Hat sich der Kollege Remmel mit seinem Antrag an Sie gewandt, Herr Minister?