Herren Abgeordneten! Wir dürfen heute feststellen, dass uns der zur Zeit des Inkrafttretens des Grundgesetzes im Jahre 1949 noch ungewisse demokratische Wiederaufbau unseres Landes im Ergebnis gelungen ist. Wir wissen alle, dass diese Demokratisierung auch mit einer Eingliederung ehemaliger Mitglieder der NSDAP bzw. sonstiger NS-Organisationen einherging.
Für ein in der Gesellschaft gefestigtes Demokratieverständnis ist es unerlässlich, sich nicht nur historische Verdienste, sondern auch Fehlentwicklungen ins Gedächtnis zu rufen. Es ist deshalb die Aufgabe unseres Staates, sich fortwährend mit unserer Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit hat in Nordrhein-Westfalen eine spät begonnene, aber inzwischen lange Tradition. Diese findet ihren Ausdruck in zahlreichen von den jeweiligen Landesregierungen geförderten Forschungen und Studien.
Rolf Krumsiek verdanken wir die Errichtung der Dokumentationsstelle „Justiz im Nationalsozialismus“ als zentrale Forschungs- und Fortbildungseinrichtung bei der Justizakademie in Recklinghausen. Dort werden seit inzwischen mehr als seit zwei Jahrzehnten nicht nur die Verstrickungen der Justiz in den NS-Unrechtstaat erforscht, sondern auch die personellen Kontinuitäten in Staat und Verwaltung aufgearbeitet. Diese Erkenntnisse vermitteln wir fortlaufend vielen, insbesondere jungen Justizmitarbeitern und -mitarbeiterinnen im Rahmen der Fortbildung.
Ausstellungen und Vorträge in den Gerichten ebenso wie die in diesem Jahr erstmals geschaffene Möglichkeit für Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte, an Studienaufenthalten in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem teilzunehmen, werden in dem Bewusstsein durchgeführt, die Justiz mit einem geschichtsbewussten Selbstverständnis auszustatten, das weit über die bloße Vermittlung rechtstechnokratischer Kenntnisse hinausgeht.
Meine Damen und Herren, da Volksvertretungen das Abbild der jeweiligen gesellschaftlichen Verhältnisse sind, betrifft die Frage personeller Kontinuitäten selbstverständlich auch den in der Nachkriegszeit konstituierten Landtag Nordrhein-Westfalens. Der Entschluss, sich der eigenen Geschichte zu stellen und sich mit ihr auseinanderzusetzen, kann dabei einzig und allein der Willensbildung des Landtages selbst obliegen. Die Landesregierung hat hier keine Empfehlungen auszusprechen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn das alles so aufgearbeitet ist, wie Sie das hier gerade geschildert haben, dann ist es schon sehr erstaunlich, dass das Handbuch von 2006 diese Aufarbeitung offensichtlich nicht beinhaltet. Denn wenn Sie sich das einmal angucken, werden Sie feststellen, dass gerade ein einziger all dieser Abgeordneten seine NS-Vergangenheit zugegeben hat. Das ist sehr interessant. Ich halte das nicht für eine vollständige Geschichtsbewältigung, wenn so etwas immer noch möglich ist. Von daher kann es sich in keiner Weise um eine systematische Aufarbeitung der NS-Vergangenheit der Abgeordneten des Landtags Nordrhein-Westfalen handeln. – Das zur Faktenlage.
Wenn Sie jetzt sagen, es soll eine Übersicht über alle Publikationen geben, dann tut es mir leid. Ich finde das wirklich sehr unverbindlich und sehr unkonkret. Wenn Sie im Präsidium einmal darüber reden wollen, dann finde ich das gut. Das unterstütze ich auch. Ich kann Ihnen aber wirklich nur empfehlen, sich ein wenig näher damit zu beschäftigen, wie das in anderen Bundesländern, insbesondere in Niedersachsen, gehandhabt worden ist. Da hat man eine solche historische Kommission beauftragt.
Im Übrigen möchte ich sehr deutlich sagen: Die Linke hat sich, was die Vergangenheitsbewältigung angeht, nichts vorwerfen zu lassen.
Noch in der letzten Woche – deswegen habe ich Bezug auf die Vergangenheitsbewältigung der Parteien genommen – ist aus der Birthler-Behörde heraus deutlich gemacht worden, dass die Linke in der geschichtlichen Aufarbeitung wesentlich weiter ist als andere Blockparteien. Das ist schon sehr interessant. Offensichtlich haben Sie da noch Nachholbedarf.
Im Übrigen habe ich nur auf die Forderung gerade von CDU und FDP reagiert, die mir immer wieder vorgehalten haben, wir sollten uns um die geschichtliche Aufarbeitung kümmern.
Hier, in diesem Parlament, ist sie dringend notwendig. Deswegen meine ich, man sollte sich dieser Aufgabe systematisch und vollständig stellen. Daher erhalte ich – vor allem nach dem, was ich heute hier gehört habe – meinen Antrag aufrecht.
stimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 14/10012. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Herr Sagel. Wer ist dagegen? – CDU, SPD und FDP. Wer enthält sich? – Die Fraktion der Grünen. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.
Ich möchte noch betonen, dass das Präsidium so verfahren wird, wie Edgar Moron es gerade vorgetragen hat.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist schwierig, nach einer solchen Übereinstimmung des Landtags in der Frage der Liberalität der Grundrechte und auch der Schuld, die dieses Land auf sich geladen hat, in einen Dissens einzutreten. Gleichwohl habe ich die Aufgabe, jetzt unsere Position zur Verlegung der BaFin nach Frankfurt darzulegen.
Vom Staatshaushalt über die sozialen Versicherungen bis hin zur privaten Lebensplanung hat die Finanzkrise seit ihrem Ausbruch das gesellschaftliche Leben verändert. Das Finanzsystem ist – leider – latent instabil.
Vor diesem Hintergrund erleben wir nun, wie im Bund Kompetenzen in der bisher bewährten Bankenaufsicht hin- und hergeschoben werden. Denn nach dem Willen von CDU und FDP und dem Bundesbankpräsidenten soll die Bankenaufsicht von der BaFin zur Bundesbank nach Frankfurt verlegt werden.
Meine Damen und Herren, die Finanzkrise ist nicht deswegen ausgebrochen, weil die Bankenaufsicht in Deutschland dezentralisiert ist. Viele Länder mit zentraler Bankenaufsicht haben die Krise deutlich schlechter gemanagt als wir. Die Finanzkrise ist ausgebrochen, weil der politische Wille zur Regulation dieser Märkte fehlte.
durch Ordnungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen gefährdet werden. Das, meine Damen und Herren, ist riskant und für Bürger und Fachleute nicht nachvollziehbar. Die BaFin stellt eine moderne Allfinanzaufsicht dar, die Querschnittsbereiche einbezieht und durch die Versicherungsaufsicht die Gesamtarchitektur des Finanzwesens im Blick hat. Diese Stärke sollte erhalten werden.
Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, schreiben in Ihrem Entschließungsantrag, dass Sie die Versicherungsaufsicht in Bonn belassen wollen. Das ist von den Koalitionären ausdrücklich nicht entschieden worden. Eine Zuständigkeit für die Versicherungsaufsicht sei noch nicht entschieden, heißt es im Koalitionsvertrag.
Anders als CDU und FDP es in ihrem Entschließungsantrag darstellen, geht der europäische Trend auf Vorschlag der Kommission dahin, die bisher in drei Säulen aufgeteilten Aufsichten in einem gemeinsamen Ausschuss zu verbinden.
Wenn man sich diese Entwicklung anschaut, wird deutlich, dass es einen klaren Trend zur starken Vernetzung und institutionalisierten Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Aufsichtsbereichen gibt. Sowohl die Bundesbank wie die Bundesregierung haben ausdrücklich erklärt, die Unabhängigkeit der Bundesbank auch nach einem Kompetenzgewinn durch die Bankenaufsicht nicht infrage zu stellen. Hiermit aber werden die Fehler, die zur Krise geführt haben, wiederholt.
Mit einem Vorschlag zur Zusammenführung werden – anders als Sie es behaupten – die Reibungsverluste bei der Finanzmarktaufsicht erst eingebaut, meine Damen und Herren.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen in Bonn existiert seit 2002. Viele Mitarbeiter sind mit ihren Familien nach Bonn gezogen. Diesen Mitarbeitern wird nun ein erneuter Umzug zugemutet. Es ist zu befürchten – ich weiß das aus den Gesprächen mit den Mitarbeitern der BaFin –, dass gerade die Hochqualifizierten nicht umziehen wollen und sich um einen anderen Arbeitsplatz bemühen. Andere müssen dann umziehen.
Ein Umzug verbietet sich aus unserer Sicht aus fachlichen Gründen und aus sozialen Gründen. Betroffen von einem Umzug der Bankenaufsicht nach Frankfurt sind etwa 300 bis 400 Mitarbeiter. Das ist ein Viertel der Gesamtarbeitsplätze.
Herr Weisbrich, Sie haben heute Morgen formuliert: Menschen aus NRW werden auf keinen Fall unter die Räder kommen. – Hier, meine Damen und Herren, haben Sie die ersten Opfer, die Sie unter die
Auch wenn Sie heute verlauten lassen, dass eine Zusammenlegung nicht auf Kosten der Beschäftigten umgesetzt wird: Das glaubt Ihnen in der BaFin niemand.
Wir sind für den Erhalt einer effektiven Bankenkontrolle und für den Erhalt der Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. Es wäre schön, wenn Sie von den Regierungsfraktionen sich ebenfalls dafür entscheiden würden. Wir sehen dies mit dem Vorhaben der Bündelung der Bankenaufsicht als nicht gegeben an. – Ich bedanke mich.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Hinblick auf die fortgeschrittene Zeit will ich es sehr kurz machen.