Protokoll der Sitzung vom 05.11.2009

Lassen Sie den Kommunen – gerade auch in Nordrhein-Westfalen – die notwendige Luft zum Leben!

Es kann nicht angehen, dass sich unsere Städte und Gemeinden, um Solidarität im Osten leisten zu können, neu verschulden müssen, während bei uns die Infrastruktur komplett zusammenkracht. Meine Damen und Herren, das sind Folgen Ihrer Politik. Wir stehen dafür nicht zur Verfügung. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Jetzt hat für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Löttgen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren auf der Zuschauertribüne! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, Sie sind zu Gast bei einem Fußballspiel. Kurz nach dem Beginn der zweiten Halbzeit erscheint ein Herr in rotem Leibchen auf dem Spielfeld, trillert heftig und schrill auf seiner Pfeife, erklärt, in der verbleibenden Spielzeit würde nichts Spielentscheidendes mehr geschehen, verkündet das Ergebnis als endgültig und lässt verärgerte Zuschauer und Spieler zurück.

So wie dieser Schiedsrichter mit dem Spiel umgeht, meine Damen und Herren, so geht die SPDOpposition in diesem Hause mit der Berliner Koalitionsvereinbarung um, mit denjenigen, die ihn erarbeitet haben, und mit den Bürgerinnen und Bürgern.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Die ist noch nicht fertig abgeschlossen?)

Die SPD gibt vor zu wissen, welche abschließenden Auswirkungen und Ergebnisse der vereinbarten Prüfaufträge und Kommissionsarbeit auf alle gesellschaftlichen Bereiche unseres Staatswesens zukommen, obwohl noch keine Kommission die Arbeit aufgenommen hat und obwohl noch kein Prüfauftrag abgearbeitet wurde.

Der selbsternannte Schiedsrichter SPD pfeift ab, weil er selbstherrlich behauptet, er kenne den weiteren Verlauf der Begegnung und wisse sicher das Ergebnis. Wir alle wissen, meine Damen und Herren: So läuft kein Fußballspiel, und so, meine Damen und Herren von der Opposition, spielt sich auch seriöse Politik nicht ab.

All Ihre Rechenkünste, die der Kollege Jäger hier gestern beim Zusammenzählen von Kommissionen und Prüfaufträgen zum Besten gegeben hat, beeindrucken wirklich niemanden. Wenn Sie tatsächlich 1 und 1 zusammenzählen könnten, würden Sie die Ergebnisse der Prüfaufträge und der Kommissionsarbeit abwarten, statt vor Beginn der Arbeit bereits das Ergebnis zu verkünden.

Lassen Sie mich eines auch aus meiner persönlichen Erfahrung in der Polizeiarbeit hinzufügen: Wer mit martialischem Auftritt unter Zuhilfenahme von Donner und Rauch die Bühne betritt, der, meine Damen und Herren, will meist seine eigentliche Absicht vernebeln. So auch dieser Antrag. In einer vollkommen unpassenden Diktion, eher zu einem Kriegsroman passend, von Blut, Lügen, Angriff und Verschleierung, versucht die SPD, Zweierlei mit ihrem Wortnebel zu verdecken, nämlich ihre fehlende Sachkenntnis und eigene Konzeptionslosigkeit einerseits und die Probleme, die sie in den eigenen Reihen hat, andererseits.

Werfen wir einen Blick auf den Antrag: Sie, die SPD, führt – so Herr Körfges eben – Klage über den 22-prozentigen Rückgang der Gewerbesteuern von Januar bis September des Jahres 2009. Wir alle wissen um die Volatilität und Schwankungen in dieser Einnahmequelle der Kommunen. Wir alle in diesem Hause – Sie und ich – wünschen uns doch eine solide und zuverlässige Einnahmequelle für die Kommunen.

(Bodo Wißen [SPD]: Was ist denn Ihr Vor- schlag?)

Sie aber verweigern ohne erkennbaren Grund Überlegungen, die exakt zu solch einem Ergebnis führen könnten. Sie erlegen sich selber Denkverbote auf und blockieren damit die Entwicklung. Schlimmer noch: Die SPD, Sie selbst, haben noch kein eigenes Konzept zur Lösung der Probleme vorgelegt. Der Koalitionsvertrag hingegen sieht die Einsetzung einer Kommission vor, die die Möglichkeiten zur Neuordnung der Kommunalfinanzen prüfen soll:

Einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer haben Sie genannt, einen kommunalen Zuschlag auf Einkommen und die Körperschaftsteuer – letztere unterschlagen Sie permanent –, beide mit einem eigenen Hebesatz. Das sind aber Mittel, die wir prüfen müssen, wenn wir uns um die Konsolidierung und Neuausstattung der Gemeindefinanzen kümmern wollen.

Auch Ihre Kritik am Solidarpakt Ost läuft ins Leere. Man muss den Koalitionsvertrag schon genau lesen, um zu erkennen, welch hervorragendes Verhandlungsergebnis unser Ministerpräsident erzielt hat.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Mit dem Mikro- skop!)

Die SPD behauptet, hier bleibe alles beim Alten. Die starre Verteilung nach Himmelsrichtungen werde aufrechterhalten.

Sehr geehrter Herr Körfges, meine Damen und Herren von der Opposition, lesen Sie doch einmal die Zeilen 5.194 bis 5.196 – ich zitiere –:

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden werden wir nach Wegen suchen, Entlastungen für die Kommunen, z. B. Flexibilisierung von Standards und Gleichstellung bei gesamtstaatlichen Aufgaben, … zu identifizieren.

Gleichstellung gesamtstaatlicher Aufgaben: Mit diesem kleinen Satz, Herr Körfges, wird die Neuordnung und Neuverhandlung des Solidarausgleichs nach Bedürftigkeit, nach tatsächlichen Lebensverhältnissen und nicht nach der Himmelsrichtung möglich.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das ist ein wirklich kleiner Satz und kein großer! – Norbert Rö- mer [SPD]: Ein kleiner Satz im Koalitionsver- trag, ein großer Wurf für die CDU!)

Sie haben das nicht erkannt. Das ist bedauerlich, lässt sich aber vielleicht noch korrigieren.

Gleiches gilt bei der Hilfe für die Langzeitarbeitslosen. Sie sprechen von Zerschlagung und haben nicht erkannt, dass der Koalitionsvertrag eine kommunalfreundliche und grundgesetzkonforme Lösung ohne Änderung der Finanzbeziehungen anstrebt.

Zusammenfassend: Der Berliner Koalitionsvertrag ist ein klares Bekenntnis zu leistungsfähigen Kommunen und zu einer kommunalen Selbstverwaltung. Er eröffnet neue Verhandlungschancen auch und gerade auf Gebieten, die für unsere nordrheinwestfälischen Kommunen von besonderer Bedeutung sind.

Meine Damen und Herren von der SPD, so unterschiedlich die Sicht auf diesen Vertrag auch ausfallen mag, habe ich die herzliche Bitte: Lesen Sie sich diesen Vertrag noch einmal genau durch, und über

prüfen Sie anschließend Ihre Haltung. Sonst bleibt mir nur die Feststellung: Die SPD lässt es an Sachkenntnis und Sorgfalt mangeln. Sie legt keine eigenen Konzepte vor, und ihre vermeintliche Kritik läuft ins Leere. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. – Für die FDP hat jetzt der Abgeordnete Engel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neue Bundesregierung hat mir ihrem Koalitionsvertrag den Masterplan für ein zukunftsfähiges Deutschland vorgelegt.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Haben Sie es ein bisschen kleiner, Herr Kollege? – Horst Be- cker [GRÜNE]: Das ist kein Masterplan, das ist die Blaupause des Wahnsinns! – Hans- Willi Körfges [SPD]: Desasterplan!)

Dieser Masterplan bildet die Grundlage für substanzielle

(Horst Becker [GRÜNE]: Auch noch substan- ziell!)

Reformen, mit deren Hilfe …

(Zurufe von SPD und GRÜNEN)

Es war mir klar, dass Sie zu schreien anfangen würden. Aber hören Sie doch erst einmal zu. – Dieser Masterplan bildet die Grundlage für substanzielle Reformen, mit deren Hilfe unser Land nicht nur die aktuelle Krise überwinden, sondern auch gestärkt aus ihr hervorgehen wird.

Die SPD fordert nur die Bekämpfung von Symptomen. Schwarz-Gelb packt das Übel an der Wurzel an.

(Beifall von der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht zuletzt aus diesem Grund wurde auch die FDP in diese Bundesregierung gewählt. In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Cicero“ steht hierzu:

Offenbar erkennen immer mehr Menschen, dass die FDP die einzige im Bundestag vertretene deutsche Partei ist, die nicht an den Säulen der Freiheit des Westens sägt, als da sind: wissenschaftlich- technischer Fortschritt, wirtschaftliches Wachstum, freier Markt, Privateigentum, Individualismus und Rechtstaatlichkeit.

Das Zitat ist nachzulesen in der Ausgabe 11/2009, Seite 62. Das ist übrigens ein schöner Satz. Man sollte ihn sich einrahmen.

(Zuruf von Horst Becker [GRÜNE])

Ein zentrales Anliegen von FDP und CDU ist natürlich die Sicherstellung der Handlungs- und Leis

tungsfähigkeit der Kommunen – was denn sonst? –, insbesondere mit Blick auf die Folgen der augenblicklichen Wirtschafts- und Finanzkrise.

Genau dieses Ziel verfolgt auch die neue Bundesregierung. Sie berücksichtigt kommunale Anliegen daher ausdrücklich an mehreren Stellen ihres Koalitionsvertrages. So ist fest verabredet, dass in Zusammenarbeit mit den kommunalen Spitzenverbänden für die Kommunen spürbare Entlastungen durch den Abbau überzogener Standards erreicht werden sollen.

Ein weiteres Beispiel dafür ist die geplante Überprüfung des Zuschusses für Unterkunft und Heizung bei Hartz-IV-Empfängern. Zudem haben FDP und CDU vereinbart, die kommunale Selbstverwaltung weiter zu stärken. Hierbei stehen die Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden – oder Kommunen – im Mittelpunkt des Interesses. Was wir im Zusammenhang mit dem Konjunkturpaket II bereits geleistet haben, brauche ich hier nicht zu wiederholen. Die Auswirkungen des internationalen Finanztsunamis werden nämlich an allen Fronten bekämpft.

Der Koalitionsvertrag schließt an diese Maßnahmen an. Was denn sonst? Zu diesem Zweck sieht die schwarz-gelbe Bundesregierung für die Zeit ab 2011 eine massive Senkung der Einkommensteuer vor. Hierbei handelt es sich um eine Investition. Ich wiederhole: Hierbei handelt es sich um eine Investition, eine Investition in Arbeitsplätze und wirtschaftliches Wachstum.

Diese Investition wird sich rentieren; denn einerseits wird es durch wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung zu Steuermehreinnahmen kommen.

(Zuruf von der SPD: Das ist Aberglaube! Voodoo!)

Andererseits werden die Aufwendungen für Transferleistungen sinken.