Protokoll der Sitzung vom 05.11.2009

Danke schön, Herr Minister Lienenkämper. – Für die SPD spricht jetzt noch einmal Herr Wißen.

(Gerhard Lorth [CDU]: Muss das sein?)

Danke, Frau Präsidentin. Ja, Herr Kollege Lorth, das muss sein.

Ich will noch einmal auf einige Punkte eingehen. Ich habe festgestellt, dass es bei dem Ministerium, das bisher Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hieß, an NRW-Leuten fehlt. Der Bundesminister ist ein Bayer. Es war – schon zu Kohls Zeiten – für NRW nie besonders gut, wenn einer aus dem Süden die Mittel verteilen darf. Die Staatssekretäre, die mir bisher aus Veröffentlichungen bekannt sind, kommen auch nicht aus Nordrhein-Westfalen.

Deshalb richtet die Opposition einen – von mir aus auch flehentlichen – Appell an Ministerpräsident Dr. Jürgen Rüttgers, dafür zu sorgen, dass NRW einen Staatssekretär in dem im Hinblick auf den Investitionsbereich im Haushalt wichtigsten Ministe

rium bekommt. Denn sonst läuft wie zu Kohls besten Zeiten wieder alles an uns vorbei. Das darf nicht sein. Deshalb geht von der SPD in NordrheinWestfalen ein Appell aus, dafür zu sorgen, dass es eine vernünftige Vertretung von NRW im Verkehrsministerium gibt. Ich jedenfalls darf Achim Großmann, der für die SPD NRW-Interessen parteiübergreifend wahrgenommen hat, von dieser Stelle aus sehr herzlich danken.

Sie, Herr Rasche, haben einige Punkte erwähnt. Was ist denn zum Beispiel mit dem RRX? 1,4 Milliarden € kommen dafür nach NordrheinWestfalen; vereinbart wurde das unter der Beteiligung der letzten Bundesregierung. Herr Tiefensee, Herr Mehdorn und Dr. Jürgen Rüttgers haben diesbezüglich bestimmte Punkte unterschrieben. Insofern sollten wir bei der Verteilung des Lobes etwas großzügiger sein und das nicht – bevor der RRX überhaupt fährt – als Erfolg der Liberalen verbuchen.

Ich habe eine gewisse Sorge, dass wir hinten rüberfallen werden, wenn es nicht gelingt, Leute aus NRW in strategisch wichtigen Positionen im Bundesministerium unterzubringen. Ich weiß nicht, ob es Möglichkeiten gibt, da noch jemanden unterzubringen. Wenn ja, sollten Sie das tun und lieber auf irgendetwas anderes verzichten.

Hinsichtlich Ihrer Einlassung zu dem Streit zwischen VRR und Deutscher Bahn – Sie haben gesagt, die Landesregierung sei dafür nicht verantwortlich, in NRW könne jeder jeden verklagen – stelle ich ganz nüchtern fest: Das ist natürlich, objektiv betrachtet, richtig. Aber Sie sind für den Schienenpersonennahverkehr in unserem Land verantwortlich; diese Verantwortung können Sie nicht abgeben. Letztlich sind Sie außerdem für die Bedingungen verantwortlich, unter denen öffentlicher Personennahverkehr hier organisiert wird. Diese Verantwortung müssen Sie auch annehmen, Herr Minister.

Wenn Sie weiter als Rechtsanwalt praktizieren würden, könnten Sie sagen: Das interessiert mich nicht; weg damit! – Das ist jetzt vorbei. Jetzt sind Sie Minister und müssen sich darum kümmern. Das Thema muss Ihnen deswegen ein Anliegen sein. Wenn Ihr größter Verkehrsverbund mit einem Anbieter einen solch fundamentalen Streit eingeht, dann müssen Sie schon nach den Ursachen fragen. Wenn Ihnen das vollkommen egal wäre, dann hätten Sie sich ja auch nicht als Vermittler ins Spiel gebracht.

Das stelle ich fest – mit der abschließenden Bemerkung, dass es jedenfalls zu Zeiten, als die SPD in der Regierung war, solche Rechtsstreite nie gegeben hat.

Danke schön, Herr Wißen. – Für die CDU spricht noch einmal Bernd Schulte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Wißen hat gerade eine entlarvende Terminologie gebraucht: Unterbringung. Das ist die Denkweise, die Sie bei der Besetzung öffentlicher Ämter beherrscht: Unterbringung, am besten inklusive Versorgung mit fünf Sternen.

(Beifall von der CDU – Bodo Wißen [SPD]: Das ist ein bisschen platt! Es geht um Lan- desinteressen!)

Wir haben seitens der CDU und der FDP, für die ich einmal mit sprechen möchte, überhaupt keine Bedenken hinsichtlich der Personalpolitik der Bundeskanzlerin. Wenn, Herr Kollege Wißen, während einer bestimmten Zeit der früheren CDU/FDPRegierung Investitionen an Nordrhein-Westfalen vorbei geflossen sind, dann lag das nicht an der Besetzung der Ministerien,

(Bodo Wißen [SPD]: Auch!)

sondern an der Tatsache, dass Sie zusammen mit den Grünen in Nordrhein-Westfalen nicht in der Lage waren, Planungsrecht zu schaffen und baureife Projekte in der Schublade zu haben, um die vom Bund bereitgestellten Mittel in der notwendigen Form an Nordrhein-Westfalen zu binden. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen. Ihre Verhinderungspolitik, Ihre Blockadepolitik hat dazu geführt, dass die Autobahnen in Süddeutschland besser waren als in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Das ist der eine Punkt, den Sie zur Kenntnis nehmen müssten.

Außerdem war die Koppelung des Infrastrukturministers der Bundesrepublik Deutschland an die Funktion des Beauftragten der Bundesregierung für den Aufbau Ost für Nordrhein-Westfalen das Schlechteste, was geschehen konnte.

(Bodo Wißen [SPD]: Jetzt haben Sie einen Bayern-Beauftragten!)

Deswegen ist es fast infam, zu unterstellen, dass die jetzige Konstellation des neuen Infrastrukturministeriums im Bund für Nordrhein-Westfalen zu schlechteren Ergebnissen führen könnte, als es unter der Federführung Ihres Parteifreundes Tiefensee der Fall gewesen ist. – Vielen Dank.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Schulte. – Herr Minister Lienenkämper hat sich noch einmal gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Wißen, es ist interessant, dass die Art und die Qualität von Politik Ihrer Ansicht nach offenbar davon

abhängt, wo man herkommt. Das ist bei uns anders. Unserer Ansicht nach hängt die Qualität der Politik davon ab, was richtig ist, und nicht davon, wo man herkommt. Insofern habe ich volles Vertrauen, dass die Verkehrspolitik in Berlin auch in Zukunft Nordrhein-Westfalen anständig berücksichtigen wird.

Ich gebe Ihnen eine kleine Zusammenfassung der ersten vier Tage nach Amtsantritt des Kollegen Dr. Ramsauer. Kollege Tiefensee hat es in vier Jahren nicht geschafft, die Erklärung abzugeben, die Kollege Dr. Ramsauer nach vier Tagen abgegeben hat: Wir brauchen endlich wieder eine Umverteilung der Mittel im Verkehrswegeplan vom Osten in die Normallage.

(Beifall von CDU und FDP)

Wir haben den Aufbau Ost solidarisch mitgetragen. Das war richtig so; er ist nun beendet. Jetzt sind wir dran! Nachholprogramm West ist angekündigt. Dr. Ramsauer hat es nach vier Tagen in NordrheinWestfalen im Interview mit der „Rheinischen Post“ angekündigt. Minister Tiefensee hat das vier Jahre lang nicht geschafft. Ich sage Ihnen: Wenn er noch vier Jahre geblieben wäre, hätte er es auch nicht geschafft. Gut, dass wir Dr. Ramsauer haben!

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Lienenkämper. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Wir sind am Schluss der Beratung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 14/10016 an den Ausschuss für Bauen und Verkehr – federführend – sowie an den Ausschuss für Schule und Weiterbildung. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zu einer weiteren Verpflichtung. Die Landeswahlleiterin hat mir mit Schreiben vom 2. November mitgeteilt, dass Herr Jürgen Antoni aus der Landesreserveliste der SPD Nachfolger von Michael Groschek Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen geworden ist. Ich bitte Sie, Herr Antoni, zu mir zu kommen, damit ich die nach § 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

(Die Anwesenden erheben sich von ihren Plätzen.)

Ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen:

Die Mitglieder des Landtags von NordrheinWestfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ih

re ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.

Damit sind Sie verpflichtet. – Sehr geehrter Herr Antoni, ich heiße Sie herzlich willkommen in der 14. Wahlperiode und wünsche Ihnen viel Glück und viel Spaß bei der Arbeit als Abgeordneter im Landtag Nordrhein-Westfalen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir kommen zu:

5 Wohnen braucht Sicherheit: Landeswohnungsbauvermögen erhalten, Mieter schützen, Wohnungsmarkt steuern und gestalten

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10019

Ich eröffne die Beratung und gebe für die SPDFraktion Herrn Römer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! „Wohnen braucht Sicherheit“ ist das Thema – ein brennendes Thema für viele Menschen, weil die Lage auf dem Wohnungsmarkt in NordrheinWestfalen von Monat zu Monat schlechter wird. Das ist die Folge der Politik dieser Landesregierung. Denn seit vier Jahren hat die Regierung Rüttgers den Wohnungsmarkt in Nordrhein-Westfalen grundlegend verändert.

(Gerhard Lorth [CDU]: 950 Millionen gibt es!)

In einem schleichenden, aber – ich gebe es gerne zu – kontinuierlichen Prozess hat diese Landesregierung die Rechte der Mieterinnen und Mieter geschwächt, die Rolle der Vermieter gezielt gestärkt und damit den Boden für Spekulationen und Spekulanten auf dem Wohnungsmarkt bereitet. NordrheinWestfalen ist inzwischen zu einem Eldorado für Heuschrecken geworden. Es gibt immer mehr Hinweise für diese verheerende Fehlentwicklung.

Die Leidtragenden sind die Mieterinnen und Mieter und die Kommunen. Mieterinitiativen melden sich öffentlich zu Wort. In vielen Städten wird inzwischen darüber beraten, wie dem Verfall ganzer Stadtteile entgegengewirkt werden kann. Denn dort, wo Heuschrecken oder sogenannte Drittverwerter ihr Unwesen treiben, finden sich vielfach Leerstände – Sie wissen das –, nicht mehr vermietbare Wohnungen und ein verwahrlostes Wohnumfeld. Das ist inzwischen traurige Wirklichkeit. Durch die Politik der Regierung Rüttgers ist Wohnen für Zigtausende

Menschen zum Sicherheitsrisiko geworden. Das ist Folge Ihrer schlechten, Ihrer unsozialen Wohnungspolitik.

(Beifall von der SPD)

Dagegen tun Sie nichts. Sie lassen Kommunen und Mieter allein.

Deshalb legen wir Ihnen heute unseren Antrag „Wohnen braucht Sicherheit“ zur direkten Abstimmung vor. Damit geben wir der Landesregierung und den Koalitionsfraktionen ein Beispiel für eine gute und soziale Wohnungspolitik in NordrheinWestfalen, eine Politik, die die Interessen der Menschen in den Mittelpunkt stellt und nicht die Renditeinteressen von Immobilienfonds, von Heuschrecken auf dem Wohnungsmarkt.