Protokoll der Sitzung vom 02.12.2009

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Zusammenfassung zur Arbeit der Staatskanzlei: viele Kosten, wenig Vernünftiges. Das kann ich auch so zusammenfassen: Statt „Titel, Thesen, Temperamente“ – Preise, Pomp und Propaganda.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich will ähnlich wie Herr Kuschke auf einen aktuellen Punkt eingehen, nämlich auf das Karlsruher Urteil zum Verkauf an Sonntagen. Ich wundere mich, dass Sie dieses Urteil gestern alle so gelobt und gepriesen haben. Das haben wir auch getan. Denn erfreulicherweise hat sich das Gericht gegen die Durchökonomisierung weiter Bereiche gerichtet und deutlich macht, dass nicht überall sozusagen immer Remmidemmi sein soll. Das ist nämlich im Grunde auch ein Urteil gegen Videothekenöffnung am Sonntag, Waschanlagen am Sonntag, alles am Sonntag immer zu öffnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist insofern auch ein Urteil, das sich gegen diese marktradikale Politik richtet. Wir sind gespannt, welche Konsequenzen die Landesregierung aus diesem Urteil zieht. Wenn Sie keine ziehen – wir Grüne werden an diesem Thema dran bleiben und Sie damit konfrontieren. Wir betrachten dieses Urteil als ein werteorientiertes Urteil. Deswegen freuen wir uns zu dieser Frage auf die weiteren Diskussionen.

(Zuruf von Christian Weisbrich [CDU])

Diesen Haushalt – darüber werden Sie sich nach meinem Debattenbeitrag nicht wundern – werden wir natürlich aus voller Überzeugung ablehnen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Löhrmann. – Jetzt hat Herr Minister Krautscheid für die Landesregierung das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich werde erst einige Anmerkungen zum Haushalt der Staatskanzlei machen und dann auf das Thema Europa und Internationales eingehen.

Frau Löhrmann, ich würde gerne auf Ihre Anmerkung eingehen, was die Möglichkeiten und die Aktivitäten in puncto Einflussnahme der Landesregierung in Berlin in den letzten Monaten angeht. Ich hätte mir an Ihrer Stelle ein passenderes oder vielleicht auch intelligenteres Beispiel gesucht. Ich glaube, ich kann das sehr gut einschätzen.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Sie sagen, andere Ministerpräsidenten schießen mehr quer oder meckern.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Die vertreten die Interessen ihres Landes!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich die letzten drei, vier Monate ansehen, die Verhandlungen zum Konjunkturpaket II, die Verhandlungen zu GM und Opel, die Verhandlungen zur Konsolidierung der Landesbanken, das Thema Neubildung der Regierung, Koalitionsverhandlungen und Zukunftspakt:

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Keine andere Landesregierung ist so präsent in Berlin, kein anderer Ministerpräsident nimmt dermaßen erfolgreich Einfluss für sein Bundesland!

(Beifall von CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, wer ein bisschen die Presse verfolgt, der weiß, wie Jürgen Rüttgers im Moment

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Er war der Bettvorleger von Frau Merkel!)

Einfluss für Nordrhein-Westfalen in der Personal- und Sachpolitik nimmt.

(Beifall von CDU und FDP)

Deswegen muss man jetzt – leider – zu später Stunde noch einmal darauf hinweisen: Aus Sicht der Opposition ist es legitim, sich ein Einzelelement

aus dem Haushalt herauszupicken und zu sagen: Oh, das ist aber teuer geworden die letzten Jahre.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: 800 Millio- nen € ist doch kein Einzelelement!)

Wer ein wenig Zahlen zusammenrechnen kann, der merkt sehr schnell, Herr Remmel, dass das ganze Kartenhaus zusammenfällt.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Man kann sich natürlich einzelne Elemente herausnehmen. Aber wenn Sie unter dem Strich sehen: seit 2005 per Saldo Personalabbau in der Staatskanzlei, 53 Planstellen und Stellen minus, bis 2015 weitere 48 Planstellen und Stellen minus. Meine Damen und Herren, diese Regierung – nennen Sie uns gerne ein anderes Beispiel – hat dann seit ihrer Regierungsübernahme 2005 die Staatskanzlei um fast 10 % verkleinert.

(Beifall von Christian Weisbrich [CDU])

Das ist vorbildlich, und das kann man in Zahlen nachlesen.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Wer andere Zahlen nachlesen will, der braucht sich gar nicht auf den Personalhaushalt zu stürzen, sondern kann sich zum Beispiel auf den Sachhaushalt stürzen. Auch hier sind die Haushaltsvolumina eindeutig an den Zahlen ablesbar. Von 2009 auf 2010 gibt es bei der Staatskanzlei einen Aufwuchs von 3,9 Millionen €.

(Zuruf von Wolfram Kuschke [SPD])

Woran liegt das? In diesem Plus von 3,9 Millionen € sind 13,2 Millionen € Aufwuchs für den Kulturetat enthalten, den wir eben alle begrüßt haben. Wenn Sie diesen Kulturaufwuchs abziehen, bleibt für den Rest der Staatskanzlei eine massive Kürzung von 9,3 Millionen € gegenüber 2009. Das sind die nackten Zahlen. Das ist die Wahrheit. Auch in der Staatskanzlei wird massiv gespart.

Meine Damen und Herren, wenn Sie die Zahlen des Ministerpräsidenten etwas genauer betrachten, sieht man – Stichwort: Imagekampagne und anderes –, wie die Kartenhäuser in sich zusammenfallen.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Überhaupt nicht! Es wird immer schlimmer!)

Sehen Sie auf die operativen Mittel des Ministerpräsidenten, Kapitel 02 010: Sie werden nicht nur in Gänze überrollt, sondern bei den Ansätzen für wissenschaftliche Beratung, Titelgruppe 60, sogar um ein Drittel gekürzt.

(Wolfram Kuschke [SPD]: Die haben Sie doch in den vorigen Jahren erhöht!)

Frau Löhrmann, Verfügungsmittel des Ministerpräsidenten – ich kann alles einzeln durchdeklinieren –:

(Carina Gödecke [SPD]: Lesen Sie doch mal Ihren eigenen Erläuterungsband! Lächerlich! Sie verscheißern uns gerade!)

150.000 €. Meine Damen und Herren, passen Sie jetzt bitte auf: Dieser Ansatz ist seit 1989 nicht mehr verändert worden.

(Christian Weisbrich [CDU]: Hört, hört!)

Wer ein bisschen inflationsbereinigt rechnet, weiß: De facto ist dieser Etatposten gekürzt worden. Das ist in den letzten Jahren weniger geworden.

Oder nehmen Sie das Beispiel Öffentlichkeitsarbeit, weil Sie ja so gerne der Fama nachlaufen: Imagekampagne ist alles. – Vergessen Sie es, meine Damen und Herren. Die Zahlen sprechen einfach dagegen. Es kommt Ihnen so vor, aber Sie können es nicht belegen.

(Markus Töns [SPD]: Wir haben den Zahlen doch gar nicht widersprochen, Herr Minister!)

Nehmen Sie die Mittel für Öffentlichkeitsarbeit: 1,5 Millionen €. Das ist ein einfaches Rechenexempel. Sie kennen ungefähr die Bevölkerungszahl Nordrhein-Westfalens. Wir geben dafür 1,5 Millionen € aus. Bayern hat einen Ansatz von 3 Millionen € bei dem gleichen Posten, also das Doppelte.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Seehofer hat es noch nötiger!)

Oder nehmen Sie die von Ihnen sehr geschätzte Landesregierung von Rheinland-Pfalz, dessen Bevölkerung etwa ein Viertel unserer Bevölkerung ausmacht. Rheinland-Pfalz gibt dafür 0,8 Millionen € aus, also die Hälfte unseres Betrages. – Also handelt es sich hier um absolut angemessene, sparsame Ansätze, die zum Teil seit Jahren nicht mehr erhöht worden sind.

(Beifall von CDU und FDP)

Wenn Sie jetzt noch einen Vergleich möchten, weil Sie sich darüber auch gerne aufregen: