Protokoll der Sitzung vom 02.12.2009

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Triefende Heuchelei!)

Der Gesetzentwurf ist gut und vernünftig. Deswegen bitte ich um Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Jetzt hat Herr Kuschke für die SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, wir verstehen nicht ganz, in welcher lockeren Form Sie an die Beratung dieses Gesetzes gehen;

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

denn Sie stehen erheblich unter Zeitdruck, um das einmal ganz klar und deutlich zu sagen. Dieser Gesetzentwurf wird auch nicht von ungefähr von Ihnen als Fraktionen eingebracht. Seit August dieses Jahres war Ihnen das neue Bundesnaturschutzgesetz bekannt. Sie oder die Landesregierung hätten also rechtzeitig in die entsprechenden Umsetzungen eintreten können. Das haben Sie nicht getan.

Ich will bei dieser Gelegenheit, ohne jetzt in Einzelheiten einzusteigen, auch deutlich daran erinnern, dass Sie bis jetzt nicht an uns herangetreten sind, was das Verfahren anbelangt. Wir sind einmal gespannt, wann Sie das denn tun werden und wie Sie bis zum März 2010 dieses ehrgeizige Verfahren eigentlich umsetzen wollen. Das ist aber Ihr Problem und nicht unseres.

Wir werden uns natürlich bemühen, diejenigen, die zu beteiligen sind, vom Sachverstand her auch einzubeziehen. Das heißt, um das bei dieser Gelegenheit auch klar zu sagen, dass eine Anhörung unabdingbar ist, die mit den dazu notwendigen Verbänden, Sachverständigen und Experten stattfinden muss. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei: Wir glauben, dass wir im Unterschied zu anderen Bundesländern – das werden wir im Verlauf der Diskussion im Ausschuss auch noch einmal darstellen können – hier in NordrheinWestfalen eine besondere Situation haben. Sie haben nicht den Weg gewählt, über eine einfache Rechtsverordnung kleinere Dinge anzupassen. Sie haben auch nicht den Weg gewählt, im Grunde genommen gar nichts zu unternehmen, was einige Bundesländer auch getan haben. Vielmehr legen die Koalitionsfraktionen – und das ist ja in Abstimmung mit Ihnen passiert, Herr Minister – einen umfangreichen Gesetzentwurf vor.

Das bedeutet, dass Sie in einer Vielzahl von Punkten vom Bundesnaturschutzgesetz abweichen. Wenn man sich das einmal im Einzelnen anguckt, stellt man fest, dass das keine Abweichungen sind, die zu Verbesserungen führen.

(Beifall von Svenja Schulze [SPD])

Das werden wir im Ausschuss miteinander beraten. Ich will hier nur drei Dinge nennen, die sich durch den gesamten Gesetzentwurf ziehen.

Erstens. Die rechtlichen Neuerungen werden im Verwaltungsvollzug nicht wahrgenommen. Es ist also im Grunde genommen vorprogrammiert, dass wir Fehler und angreifbare Entscheidungen sowie Planungen haben werden.

Zweitens. Zu der Umsetzung und den vorgeschlagenen Änderungen im Gesetz ist festzustellen, dass wir es mit dem Versuch zu tun haben, zu einer erheblichen Einschränkung der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu kommen; Stichwort: integrierter Projektbegriff – um nur ein Beispiel zu nennen.

Drittens. In Bezug auf das Landeswassergesetz will ich nur die Gewässerrandstreifen ansprechen. Bei den Gewässern erster Ordnung soll ein Abzonen von 10 m auf 5 m erfolgen. Diesen Sachverhalt kann man an sich nicht …

(Zuruf von Holger Ellerbrock [FDP])

Nein, Herr Kollege. Ich habe ja Verständnis dafür, dass der Gesetzentwurf zu einem erheblichen Teil nicht bei Ihnen entstanden ist. Sie hätten ihn aber noch einmal sorgfältig gegenchecken müssen. Das ist einer der Punkte, mit dem wir uns noch auseinandersetzen müssen.

Ich will es angesichts der Zeit auch bei diesen wenigen Anmerkungen belassen. Wir sehen den Beratungen mit Gelassenheit entgegen. Dann wollen wir einmal gucken, ob Sie zu dem Termin, den Sie ins Auge gefasst haben, auch zu Potte kommen werden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Kuschke. – Jetzt hat für die Grünen Herr Remmel das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorträge der beiden Redner der Koalitionsfraktionen sprechen für sich. Sie haben das Gesetz gar nicht selber erarbeitet. Vielmehr hat die Regierung es Ihnen herübergeschoben und gesagt: Macht mal schnell.

(Zuruf von der CDU)

Sonst hätten Sie es doch auch inhaltlich begründen und ausführen können, welches riesige Gesetzespaket Sie uns hier vorlegen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Tun Sie diesen Gesetzesvorschlag in die Tonne, tun Sie ihn so schnell wie möglich in die Tonne!

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Das von Ihnen hier Vorgelegte führt in der Konsequenz zu Datteln hoch zehn. Das prophezeie ich Ihnen heute. Wenn dieses Gesetz so durchgezogen wird, schafft es auf allen kommunalen Ebenen bei Genehmigungsverfahren Rechtsunsicherheiten, die Gerichtsverfahren nach sich ziehen werden.

(Ralf Witzel [FDP]: An welchen Stellen denn?)

Sie haben überhaupt nicht abgeprüft, welche Folgen ein solches Gesetz für die Genehmigungspraxis, für Genehmigungsverfahren, für naturschutzrechtliche Ausweisungen usw. hat.

(Beifall von Svenja Schulze [SPD])

Bitte, bitte ziehen Sie es zurück! Tun Sie es in die Tonne! Machen Sie ordentliche Gesetzgebungsarbeit! Dazu gehört eben auch, dass man im Vorfeld die Institutionen wie zum Beispiel die kommunalen Spitzenverbände an einer solchen Gesetzgebung beteiligt. Dieses Verfahren haben Sie über den Weg der Einbringung durch die Fraktionen abzukürzen versucht.

Ich rate dringend dazu, zur Rechtssicherheit gerade für naturschutzrechtliche Fragen in NordrheinWestfalen dieses Gesetzesvorhaben so schnell wie möglich zu beenden. Lassen Sie mich das an ein paar Punkten deutlich machen.

Sie greifen an vielen Stellen die Regelungen, die der Bund neu geschaffen hat, in NordrheinWestfalen nicht auf, weil wir an bestimmten Stellen andere Regelungen haben. Das, was Sie nicht regeln, ist auch ein Problem, beispielsweise die Frage der Eingriffsregelung, beispielsweise die naturräumliche Zuordnung, beispielsweise die Ausweisung von Biosphärenreservaten, beispielsweise die Zuständigkeits- und Verfahrensregelung, beispielsweise die notwendigen Rechtsverordnungen, die dafür zu erlassen sind.

Also, ich will es an dieser Stelle nur bei diesem einen Appell – dieser ist aber sehr eindringlich – belassen: Ziehen Sie das Gesetzesvorhaben zurück. Wir prophezeien Ihnen eine Lawine von Gerichtsverfahren und eine große Rechtsunsicherheit, was Genehmigungen in diesem Land angeht.

(Ralf Witzel [FDP]: Absurd!)

Sie können den Rechtsfrieden noch herstellen, indem Sie dieses unsinnige Gesetzesvorhaben so schnell wie möglich zurückziehen.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Remmel. – Jetzt hat Herr Minister Uhlenberg für die Landesregierung das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundesgesetzgeber hat Mitte des Jahres ein umfassendes Wassergesetz und Naturschutzgesetz, verbunden mit der UVP-Regelung für wasserwirtschaftliche Vorhaben, verabschiedet. „Leider“ muss ich sagen. Das sage ich aber nicht wegen des Inhalts der Gesetze – sie sind Ergebnis eines intensiven Dialogs mit den Ländern und von allen Ländern im Bundesrat mitgetragen worden –, sondern weil diese Einzelgesetze erst beschlossen worden sind, nachdem das Umweltgesetzbuch gescheitert war.

Die Regelungen zum Wasser- und Naturschutzrecht sollten ursprünglich in das Umweltgesetzbuch integriert werden. Bis zuletzt habe ich mich zusammen mit 14 anderen Länderkollegen für das Umweltgesetzbuch starkgemacht – leider vergebens. Es ist an Bayern gescheitert. Ich freue mich sehr darüber, dass der neue Bundesumweltminister Norbert Röttgen angekündigt hat, dass er das Umweltgesetzbuch in dieser Wahlperiode erneut auf die Tagesordnung setzt.

Die Billigung der Bundesgesetze heißt nicht, dass wir alle Bundesregelungen speziell für NordrheinWestfalen für geeignet halten. Bei 16 Ländern mit unterschiedlichen Voraussetzungen ist es natürlich kaum möglich, in allen Punkten eine für jedes Land zufriedenstellende Regelung zu schaffen. Vor diesem Hintergrund haben die Länder bei der Föderalismusreform der umfassenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nur zugestimmt, weil eine Befugnis zur Abweichung von den Bundesregelungen im Grundgesetz verankert wurde. Das Grundgesetz sieht für ein Inkrafttreten eines Bundesgesetzes nach dessen Verkündigung einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten vor, um den Ländern zu ermöglichen, vor dem Inkrafttreten des Bundesrechtes abweichendes Landesrecht zu verabschieden.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Gesetzentwurf beabsichtigt, bis zum Inkrafttreten der Bundesgesetze am 1. März 2010 für NordrheinWestfalen eigenes Recht zu schaffen. Ich halte die vorgesehenen Regelungen für sehr sachgerecht und möchte mich für den Gesetzentwurf bei den Koalitionsfraktionen sehr herzlich bedanken. So benötigt ein Land wie Nordrhein-Westfalen – das ist relativ einfach nachzuvollziehen – mit über 18 Millionen Einwohnern ein anderes Naturschutzrecht als beispielsweise Länder mit lediglich 2 Millionen Einwohnern oder Stadtstaaten.

Dabei weichen die Regelungen im Entwurf des Landschaftsgesetzes im Grunde genommen nicht

von denen des Bundesnaturschutzgesetzes ab. Gerade was die Eingriffsregelung angeht, wird in § 15 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes bestimmt, dass auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen ist. Insbesondere ist es ermöglicht, zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden. Diese abstrakte Bundesvorschrift wird im Landschaftsgesetz konkret ausgestaltet. Das bewährte nordrhein-westfälische Naturschutzrecht wird dadurch erhalten.

Ebenso soll unter anderem die für unser Land wichtige Natur-auf-Zeit-Bestimmung im Landschaftsgesetz beibehalten werden. Diese zielt darauf ab, Freiflächen vor einer Inanspruchnahme durch die Siedlungs- und Verkehrsentwicklung zu schonen. Gerade in Nordrhein-Westfalen mit seinem hohen Anteil an ehemaligen Industrieflächen bzw. Industriebrachen, die entsprechend vorrangig wieder genutzt werden sollen, ist dies notwendig, und, meine Damen und Herren, dies reduziert auch den Flächenverbrauch.

Neu ist, dass im Landschaftsgesetz eine Bestimmung über das sogenannte integrierte Projekt aufgenommen werden soll. Damit wird im Prinzip klarstellend geregelt, dass auch durch Naturschutzmaßnahmen, die einem Vorhaben im weiteren Sinne zuzurechnen sind, ein Natura-2000-Gebiet gegebenenfalls nicht erheblich beeinträchtigt wird. Bereits die Europäische Kommission hat in ihren Leitfäden solche Schadensbegrenzungsmaßnahmen als integralen Bestandteil von Projekten anerkannt. Liegen solche Schadensbegrenzungsmaßnahmen vor, wird eine aufwendige FFHVerträglichkeitsprüfung überflüssig.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch viele andere Beispiele insbesondere zum Thema Wasserrecht und Spurenstoffe, die ich aus Zeitgründen jetzt nicht bringen möchte.

An die Koalitionsfraktionen richte ich meinen Dank für die Unterstützung.

(Beifall von CDU und FDP)

Ich glaube, dass wir gerade vor dem Hintergrund der guten Novellierung des Landschaftsgesetzes in Nordrhein-Westfalen, die wir vor zwei Jahren vorgenommen haben, jetzt aufgerufen und verpflichtet sind, diesen erfolgreichen Weg in NordrheinWestfalen in den nächsten Jahren weiter zu beschreiten. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.