Protokoll der Sitzung vom 03.12.2009

Wer im jeweils laufenden und vorangegangenen Jahr nicht an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat, soll motiviert werden, sich beruflich weiterzubilden. Eine obligatorische Weiterbildungsberatung geht der Förderung mit maximal 500 € voraus. Auch 2010 wollen wir dafür rund 20 Millionen € einsetzen.

Im Rahmen der ESF-kofinanzierten Arbeitspolitik werden wir neue Chancen für Menschen eröffnen, die besondere Schwierigkeiten bei der beruflichen Integration haben. Dies gilt insbesondere für behinderte Menschen. Behinderten Menschen muss eine selbstständige Lebensführung und wirkliche Teilhabe auch am Arbeitsleben ermöglicht werden. Daher ist das Thema Arbeit auch eine der vier zentralen Säulen des Programms „Teilhabe für alle“.

Wir werden dabei bewährte Ansätze fortführen. Hierzu gehört die Unterstützung eines bedarfsgerechten Ausbaus an Arbeitsplätzen in Werkstätten für behinderte Menschen. In Nordrhein-Westfalen bestehen in den 104 anerkannten Werkstätten derzeit bereits 60.915 Arbeitsplätze. Der Bedarf wird aber zunehmen. Daher wird die Landesregierung weiterhin ihren Beitrag zur Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze in den Werkstätten leisten. Dafür stehen im nächsten Jahr 8,2 Millionen € für Investitionsförderungen zur Verfügung.

Zudem bietet das Land auch im Jahr 2010 mit der Aktion „100 zusätzliche Ausbildungsplätze für behinderte Jugendliche und junge Erwachsene“ Jugendlichen mit Behinderung die Chance auf einen qualifizierten Start ins Arbeitsleben.

Die Landesregierung hat darüber hinaus im Jahre 2008 das neue Förderprogramm „Integration unternehmen!“ aufgelegt. Damit sollen rund 1.000 neue Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung in Integrationsunternehmen geschaffen werden. Hierfür stellt das Land im Zeitraum von drei Jahren insgesamt 10 Millionen € zur Verfügung. Die beiden Landschaftsverbände Westfalen-Lippe und Rheinland beteiligen sich gemeinsam ebenfalls mit 10 Millionen €.

Ergänzend zum SGB II werden wir auch im Jahre 2010 Langzeitarbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund unterstützen. Dafür steht weiterhin das Programm „Jugend in Arbeit“ zur Verfügung.

Im Rahmen der Förderung innovativer Modellprojekte können neue Ansätze zur Verbesserung des Zugangs verschiedener Zielgruppen wie zum Beispiel Langzeitarbeitsloser oder Migranten zum Arbeitsmarkt gefördert werden.

Sie sehen an diesen vielen Aktivitäten, dass wir in der Arbeitsmarktpolitik hier in Nordrhein-Westfalen sehr gut aufgestellt sind, und ich glaube, dass die Menschen dieses auch spüren.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das ist nur ein Glaube!)

Deswegen ist dieses ein Haushalt,

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Da glauben wir nicht dran!)

mit dem wir ganz beruhigt dem 9. Mai, Herr Schmeltzer, entgegensehen können.

(Beifall von CDU und FDP)

Danke schön, Herr Minister Laumann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Ich rufe nun auf:

Teilbereich Gesundheit und Soziales

Als erstem Redner erteile ich Herrn Killewald von der SPD das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Laumann, vor fünf Jahren, zum Jahrgangswechsel 2004/2005, wurden Sie uns, der Politik, dem Land und der Welt als der soziale Heilsbringer der CDU in NordrheinWestfalen vorgestellt.

(Beifall von der CDU – Zuruf von der CDU: Das ist er heute noch!)

Warten Sie einmal ab. – Da sollte dem farblosen und inhaltslosen Rüttgers der CDA-Vorsitzende, der

bunte Hund und der häufig eher unkonventionelle Politiker Laumann den nötigen Pep geben und den sozialen Anstrich verpassen. Wir wissen: ein Schachzug, der durchaus aufgegangen ist.

(Minister Karl-Josef Laumann: Tja! – Beifall von der CDU)

Herr Laumann, vielleicht damals. Inzwischen hat uns aber die Realität in Ihrem Wirken eingeholt. Insofern ist das eine zweischneidige Sache, auch wenn Sie hier klatschen wollen.

(Minister Karl-Josef Laumann: Aber es wird ja besser!)

Ich freue mich, dass Sie jetzt wach geworden sind. Gerade war das ja eher eine ruhige Nummer. Das ist man von Ihnen gar nicht gewohnt.

(Bodo Wißen [SPD]: Das ist das schlechte Gewissen!)

Wir sind jetzt fünf Jahre später, fünf Sozialhaushalte später, und können eine Beurteilung und eine Rückschau vornehmen. Herr Laumann, Ihr Pakt mit Jürgen Rüttgers, bewusst oder unbewusst geschlossen oder gehalten, und Ihre Annahme, er kann mich gebrauchen, und ich kann ihn beim Vorwärtskommen gebrauchen, sind gescheitert.

(Beifall von Bodo Wißen [SPD])

Ich fasse dies als Sackgasse für Ihre politische Laufbahn und als Sackgasse für die Sozialpolitik dieses Landes auf. Sie sind nämlich auf dem Weg gescheitert, etwas Gutes für die Menschen in Nordrhein-Westfalen erreichen zu wollen. Jürgen Rüttgers hat längst sein wahres soziales Gesicht – ich sage einmal: fast eine Fratze – offenbart.

(Zurufe von der CDU)

Ja, Kollegen. Äußerungen über Inder, über Kinder, über Rumänen und über viele andere haben Spuren hinterlassen. Ich weiß, dass Sie die natürlich ärgern.

(Zurufe von der CDU)

Ich weiß natürlich, dass das einer Partei wehtut, die vor fünf Jahren den Schachzug unternommen hat, hier jemanden hinzustellen, der einen sozialen Anstrich und einen Ruf hat. Dieser Ruf reicht aber bis heute nicht mehr weiter.

(Zuruf von der CDU: Er hat nicht nur einen sozialen Anstrich; er ist sozial! Das ist der Unterschied!)

Ich rede gar nicht mit Ihnen, sondern mit Herrn Laumann.

(Zuruf von der CDU: Das weiß ich!)

Herr Laumann, ich bin der Überzeugung, dass Sie eigentlich anders sind. Ich glaube immer noch, dass Ihnen die Sozialpolitik am Herzen liegt. Die Frage ist

aber, ob Sie sich weiter als Steigbügelhalter für Jürgen Rüttgers zum Machterhalt verdingen wollen.

(Zuruf von der CDU)

Herr Kollege, ich finde es zumindest positiv, dass Sie inzwischen wach geworden sind; denn vorhin bei den Äußerungen der CDU-Kollegen und des Ministers über die Arbeitsmarktpolitik herrschte ja Ruhe im Saal. Lediglich bei Frau Steffens Äußerungen war hier Lebendigkeit zu spüren.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Ja, bei mir wer- den die immer wach!)

Herr Laumann, die Welt kann inzwischen klar feststellen: Wenn der Laumann will, darf er nicht, und wenn er kann, dann will er meist nicht. – Sie lassen die Sozialpolitik in Nordrhein-Westfalen verkümmern. Nach fünf Jahren ist der Lack ab. Nun begreift auch der Letzte, dass die Mächtigen da oben in Berlin Sie nicht wollen oder angeblich das, was Sie einmal verkörpert haben, nicht wollen. Gefragt sind dort oben eher hübsche, junge, zumindest scheinbar erfolgreiche, gelackte Gesichter. Sie dürfen derjenige sein, der die Menschen versteht. Veränderungen, wirkliche soziale Verbesserungen, behalten Sie nach dem Sinnen der da oben und Ihres Ministerpräsidenten und dieser Regierung aber gefälligst für sich oder äußern sie nur in den Hinterzimmern, Herr Laumann. Alles das wird seit fünf Jahren deutlich – und mit jedem Haushalt noch mehr.

(Zuruf von der CDU)

Lassen wir einfach einmal Beispiele sprechen. Ich beginne mit dem Beispiel Armut.

(Barbara Steffens [GRÜNE]: Ja!)

2007 waren Sie und dieser Minister es, die hier oben die Anklage geführt haben, dass dort nichts passiert sei und dass nichts vorangehe. Man musste meinen, dass nun endlich etwas kommt, dass sich nun etwas bewegt. Was hat sich denn seitdem bewegt? – Sie haben einen runden Tisch. Gut; sehr gut.

Sie haben es aber zugelassen, dass die Obdachlosenhilfe – ein prestigeträchtiges sozialpolitisches Feld – ohne Gegenwehr zum Kollegen Laschet gegangen ist. Ein Jahr später wurde auch klar, wieso. Sie wollten sie nämlich einstampfen. Selbst als Herr Laschet für die Landesregierung erklärt hat, die Modellprojekte würden nicht mehr gefördert, kam von Ihnen kein Widerspruch.

Ein anderes Beispiel beim Thema Armutsbekämpfung ist die Einrichtung des Landesfonds „Kein Kind ohne Mahlzeit“. Das ist ganz ausdrücklich eine gute Idee. Hier wird aber einmal mehr deutlich, wie Rüttgers tickt. Bitte pressewirksame Dinge; denn er will der großzügige Onkel sein. Selbst der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag stellen Ihnen in der Stellungnahme zum Haushalt das Zeugnis

aus, dass das Geld hinten und vorne nicht reicht; es müsste wesentlich mehr sein.

Das Schlimme ist, dass Sie das Programm auch noch bis zum 31. Dezember 2011 begrenzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass der Hunger dann nicht zu Ende ist; denn Ihnen fehlt in der Armutsbekämpfung ein Programm. Ihnen fehlt ein Konzept. Was Sie im Jahr 2007 hier großkotzig angekündigt haben, ist bis heute nicht gekommen.

Ich will noch andere Beispiele anführen. Im Bereich Pflege – seien es die Pflegestützpunkte, sei es der Bereich Pflegefachkraft, sei es das Wohn- und Teilhabegesetz – machen Sie immer wieder deutlich, dass Sie es mit einer nachhaltigen Politik nicht ernst meinen. Zugegeben: Das Wohn- und Teilhabegesetz war im Gesetzgebungsverfahren und ist von den Inhalten her ein gutes Gesetz. Jetzt, wo es auf die Umsetzung ankommt, streiken Sie aber und machen deutlich: Da dürfen Sie zwar, aber da möchten Sie nicht; da könnten Sie zwar, aber da wollen Sie nicht.