Protokoll der Sitzung vom 03.12.2009

Nein, das sind sie nicht. Sie versuchen, das Geld zusammenzukratzen, aber es wird nicht mehr gelingen. Wir haben die Aussagen von etlichen Kommunen, dass es selbst mit ihren Leuten, mit den SPD-Kollegen und -Kolleginnen, nicht möglich ist, das Geld zusammenzubringen, weil Sie ihnen mit Ihrer Umverteilungspolitik und der Belastungspolitik der Kommunen– das haben wir bei dem entsprechenden Einzelplan auch schon diskutiert – die Luft zum Atmen nehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir brauchen an der Stelle ganz klar die Finanzierung der Arbeitslosenzentren. Das ist die sozialpolitische Verantwortung des Landes NordrheinWestfalen, und dafür gibt es die europäischen Sozialfondsmittel.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Wir brauchen aber auch – das ist ein Bereich, den die Landesregierung nicht gern hört – frauenpolitische Maßnahmen, die auch mit Landesmitteln finanziert werden. Das bundesweit erfolgreichste Arbeitsmarktprogramm war das Wiedereingliederungsprogramm für Frauen. Es war die höchste Wiedereingliederungsquote, und Sie haben dieses Programm abgeschafft. Stattdessen gibt es Hotlines,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das wird immer „hotter“!)

stattdessen gibt es Beratung, telefonisch oder über das Internet. Das sind nicht die Maßnahmen, die greifen. Das ist selbst auf einer Veranstaltung des entsprechenden Frauenministeriums von allen Experten und Expertinnen gesagt worden. Wir brauchen die persönliche individuelle Potenzialberatung.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

Wir brauchen die persönliche Begleitung und Betreuung, um diese Wiedereingliederung hinzubekommen. Nur dann ist sie erfolgreich. Diese Frauen werden dann dauerhaft in Arbeit gebracht, statt an Hotlines vertröstet zu werden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Vor dem Hintergrund dessen, was wir durch den Bundeskoalitionsvertrag an Unsicherheiten mit der Neustrukturierung der Argen und der Optionskommunen haben, worüber wir heute Nachmittag diskutieren, und was im Koalitionsvertrag steht, dass die Regierungskoalitionen im Bund überlegen, die Heiz- und Unterkunftskosten zu pauschalieren,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

bräuchten wir noch viel mehr an Beratung und Strukturen vor Ort. Wir hatten seinerzeit in Nordrhein-Westfalen, als wir noch Sozialhilfe und nicht die Hartz-IV-Gesetzgebung hatten, dieses Modellprojekt der pauschalierten Sozialhilfe, der PASO. Dabei ist herausgekommen, es geht nicht, dass man Unterkunfts- und Heizkosten pauschaliert.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

Denn in dem Moment haben wir einen großen Teil von Pauschalierungsverlierern. Diese Menschen müssen dann von dem geringen Geld, das für den Lebensunterhalt, die Ernährung und die Gesundheitserhaltung da ist, Miet- und Heizkosten zahlen. Das kann nicht sein. Denn für die Qualität des Wohnraums, für die Qualität der Heizmöglichkeiten und die Isolierung sind nicht die Menschen, die von diesen Leistungen leben müssen, verantwortlich, sondern dafür sind ganz andere verantwortlich. Deswegen muss man hier eine reale Finanzierung und keine Pauschalierung haben, welche die Menschen an der Stelle noch weiter ins Elend treibt.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

In dem Bereich der Weiterbildung gibt es nach wie vor vieles, was in Nordrhein-Westfalen im Argen liegt. Da reichen auch die Teile, die wir mit den ESF-Mitteln finanziert haben, nicht wirklich aus. Es müssen im Grunde genommen, gerade innerhalb der Betriebe, ganz andere Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen angeregt werden. Aber das haben wir auch an anderer Stelle schon intensiv diskutiert.

Wir sehen nicht, dass diese Landesregierung eine hervorragende oder eine mit Beifallsbekundungen auszustattende Arbeitsmarktpolitik macht, ganz im Gegenteil.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Beifallsbekundun- gen bekommt er immer!)

Das, was wir an Arbeitsmarktpolitik in diesem Land hatten, was zielgruppenspezifisch war, was bei den Menschen ankam, was die Selbsthilfe gestärkt hat, sind die Bereiche, die Ihnen nicht am Herzen liegen, wo Sie gekürzt haben.

(Zuruf von Walter Kern [CDU])

Sie haben jetzt im Landtag eine neue Kollegin aus Dortmund, die noch in Dortmund bei dem Jubiläum des Arbeitslosenzentrums deutlich und laut gesagt hat, dass sie die Einstellung der Landesfinanzierung für falsch hält,

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Rainer Schmeltzer [SPD]: Bravo! Herzlich willkom- men!)

sich im Landtag dafür einsetzen will, dass diese Landesfinanzierung wieder aufgenommen wird, und sie als CDA-Frau einen guten Zugang zu Minister Laumann hat. Ich bin gespannt darauf, ob die neue Kollegin bei ihm Gehör findet, wenn er schon von uns und von den Initiativen im Land diese wichtige Botschaft nicht vernimmt.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Mal schauen, was die neuen Frauen in der CDU-Fraktion bewir- ken!)

Ich bin mittlerweile nach den Zwischenrufen und dem Zwischengegröle von dort hinten etwas desillusioniert, aber vielleicht fruchtet es doch noch.

(Beifall von GRÜNEN und SPD – Zurufe von der CDU)

Danke schön, Frau Steffens. – Nun spricht für die Landesregierung Minister Laumann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erfolge unserer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik in den vergangenen Jahren sind durch die schwerste Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte bedroht. 2010 wird ein Jahr großer Herausforderungen für den Arbeitsmarkt. Unser Motto muss deshalb bleiben: Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen halten und sichern sowie neue Arbeitsplätze ermöglichen.

Mit dem Haushalt 2010 konzentrieren wir uns dabei auf folgende Schwerpunkte:

Gerade in der Krise dürfen wir unseren Nachwuchs nicht vernachlässigen. Jugend und Berufsausbildung zu unterstützen, bleibt auch im nächsten Jahr einer unserer Schwerpunkte.

Wir müssen auch in der Krise deutlich machen, dass unsere Betriebe nur mit qualifizierten Fachkräften ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten und stärken. Mehr Weiterbildung anzuregen und zu fördern, bleibt deshalb eine unserer wichtigsten Aufgaben.

Viele Menschen haben besondere Schwierigkeiten bei der Integration in den Arbeitsmarkt. Sie bedürfen einer besonderen Förderung und verdienen auch weiterhin Unterstützung durch die öffentliche Hand.

Insgesamt steht im Jahre 2010 für die Verwirklichung dieser Ziele ein Neubewilligungsvolumen in Höhe von 150 Millionen € Landesmittel und ESFAnteil zur Verfügung.

Trotz der Wirtschaftskrise hat sich der Ausbildungsmarkt in diesem Jahr als robust erwiesen:

Mit hochgerechnet 121.000 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen stehen wir in NordrheinWestfalen deutlich besser da als noch 2005, als es 10.000 Ausbildungsverträge weniger gab.

(Beifall von CDU und FDP)

Wahr ist aber auch, dass wir in diesem Jahr gegenüber 2008 10.000 Ausbildungsverträge weniger haben.

Natürlich ist es so, dass junge Leute, weil sie keinen oder nicht den passenden Ausbildungsplatz gefunden haben, Alternativen, zum Beispiel in den Kreisberufsschulen, aufsuchen. Wir müssen sehen, dass diese jungen Leute im nächsten Jahr erneut für den Ausbildungsmarkt zur Verfügung stehen.

Das bedeutet: Wir müssen gemeinsam alles daransetzen, dass wir auch im Jahr 2010 mindestens 120.000 neue Ausbildungsverträge in unserem Land mobilisieren. Dazu wird die Landesregierung natürlich ihren Beitrag leisten.

Dies spiegelt sich auch im Haushaltsentwurf wider. Mit der Verbundausbildung unterstützen wir jene Betriebe, die alleine nicht in der Lage sind, alle Ausbildungsinhalte zu vermitteln. Dadurch schaffen wir Jahr für Jahr rund 1.000 zusätzliche Ausbildungsstellen. Für 2010, Herr Schmelzer, sind hierfür 3,5 Millionen € eingeplant.

Mit insgesamt 14,6 Millionen € fördern wir die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung in Handwerk und Industrie, von der insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen profitieren.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: ESF!)

Außerdem fördern wir die Teilzeitberufsausbildung für Mütter und Väter ohne Berufsabschluss, damit sie ein betriebliches Ausbildungsverhältnis in Teilzeit beginnen können. Ich denke, dass diese Maßnahme vor allen Dingen ein Beitrag ist, damit sehr junge Frauen, die schwanger werden, Ja zu ihrem Baby sagen können.

Wir müssen aber auch schwächeren Jugendlichen den Zugang zum Ausbildungsmarkt ermöglichen. Deshalb stellen wir auch im nächsten Jahr für das Werkstattjahr rund 24 Millionen € zur Verfügung. Im präventiven Bereich setzen wir für das Programm „Betrieb und Schule“ 3 Millionen € ein. Mit unserem neuen Ansatz „ILJA“ wollen wir allen sogenannten lernbehinderten Jugendlichen den Zugang zu Ausbildung und beruflicher Qualifizierung öffnen. Außerdem werden zum Beispiel für die beiden laufenden Durchgänge im sogenannten 3. Weg, mit denen wir rund 1.600 Jugendlichen zum Berufsabschluss verhelfen wollen, 2010 rund 7,6 Millionen € angesetzt.

Also, trotz der insgesamt deutlich zurückgehenden EU-Mittel wird das hohe Niveau im Bereich „Jugend und Beruf“ gehalten.

Arbeitspolitik greift jedoch zu kurz, wenn sie sich nur auf die Menschen konzentriert, die bereits arbeitslos geworden sind. Wir müssen versuchen, Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen zu halten und neue zu schaffen. Dies geht nur mit wettbewerbsfähigen Betrieben. Und die brauchen kompetente, gesunde und motivierte Beschäftigte.

Unsere Botschaft lautet deshalb: Erfolgreich zu arbeiten heißt, qualifizierter, flexibler und gesünder zu arbeiten. Wir unterstützen deshalb mit der Potenzialberatung betriebliche Modernisierungen, die auf den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen zielen.

Mithilfe der Potenzialberatung können Unternehmen ihre Personalentwicklung und Weiterbildungsaktivitäten verbessern. Das hilft auch bei der Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels. Jährlich nutzen rund 1.700 Betriebe mit etwa 55.000 Beschäftigten die Potenzialberatung. Damit dies so bleibt, werden wir dafür auch im kommenden Jahr 7,5 Millionen € zur Verfügung stellen.

Mit dem Bildungsscheck haben wir ein bewährtes und erfolgreiches Förderinstrument für die finanzielle Unterstützung der Beschäftigten aus KMU bei der beruflichen Weiterbildung. Wir haben ihn inzwischen auch für Berufsrückkehrende geöffnet.

Wer im jeweils laufenden und vorangegangenen Jahr nicht an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung teilgenommen hat, soll motiviert werden, sich beruflich weiterzubilden. Eine obligatorische Weiterbildungsberatung geht der Förderung mit maximal 500 € voraus. Auch 2010 wollen wir dafür rund 20 Millionen € einsetzen.