Protokoll der Sitzung vom 03.12.2009

obwohl damals auch schon jeden Tag der freien Landschaft in Nordrhein-Westfalen 15 Hektar entnommen wurden. Man ist mit seiner Kritik nur dann glaubwürdig, wenn man in der Zeit, in der man in der Verantwortung war, selber zumindest in Ansätzen bewiesen und vorgeführt hat, dass man es auch ernst gemeint hat.

(Svenja Schulze [SPD]: Bei uns ist der Flä- chenverbrauch gesunken!)

Wir müssen besonders die Kinder und die jungen Menschen an die Natur heranführen. Das tun wir. Wir haben die Naturparkwettbewerbe in NordrheinWestfalen eingeführt. Wir werden jetzt mit Maas,

Schwalm, Nette und Hohe Mark weitere Naturparke in Nordrhein-Westfalen würdigen und die Arbeit des ehrenamtlichen Naturschutzes unterstützen.

Meine Damen und Herren, unsere Arbeit gilt nicht irgendeiner Ideologie, sondern unsere Arbeit gilt den Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Wenn du schnell gehen willst, geh allein! Aber wenn du weit kommen willst, geh mit den anderen!

So lautet ein Sprichwort aus Kenia. Umweltpolitik mit Perspektive will und muss weit, langfristig und kooperativ angelegt sein. Und das unterscheidet in der Tat – das ist gerade durch die Wortmeldungen von Frau Schulze und Herrn Remmel deutlich geworden – meine Politik von der früheren Regierung. Wir haben in den vergangenen Jahren viel angestoßen, was Rot und Grün weder eingefallen ist, geschweige denn durchgesetzt haben. Es ist viel Klamauk gemacht worden. Was die Lautstärke angeht, haben Sie viel mehr Krach erzeugt, als das bei mir der Fall ist. Aber ich setze auf eine nachhaltige Politik.

Sie rufen immer wieder zu langsam, zu wenig, Sie stellen Anfragen mit Detailwut. Hunderte Arbeitsstunden von Fachleuten werden gefordert. Aber was Sie dem Land schuldig geblieben sind in den vergangenen Jahren, das ist Phantasie, das sind Konzepte, das sind Projekte für eine hohe Umweltqualität, eine starke Landwirtschaft,

(Svenja Schulze [SPD]: Das ist Ihr Job!)

eine vitale Natur und eine hohe Verbrauchersicherheit. Unsere Politik in Nordrhein-Westfalen nimmt die Bürgerinnen und Bürger mit. Wir bringen Landwirte, Umweltschützer und Wirtschaftsvertreter an einen Tisch. Da hilft nicht selten das Ordnungsrecht weiter. Zwar kann es im Einzelfall etwas länger dauern, als auch ich mir das wünsche, wie beispielsweise bei der Erstellung eines PipelineKatasters, das bundesweiten Vorbildcharakter hat, aber dafür bringen wir es mit nachhaltigem Erfolg auf den Weg.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Das ist, was gute Politik ausmacht: Beständigkeit und Augenmaß, Nachhaltigkeit und Zusammenarbeit. Das setzen wir im Haushaltsplan 2010 in Umweltpolitik, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz um. Wir spalten nicht die Gesellschaft, sondern wir führen diese Gesellschaft zusammen, eine neue Sicherheit in NordrheinWestfalen, auch im Bereich der Umwelt-, Verbraucher- und Landwirtschaftspolitik.

Meine Damen und Herren, das stößt auf eine breite Zustimmung in unserem Land, jetzt und im Mai nächsten Jahres. Da bin ich mir ganz sicher.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Für die SPD-Fraktion hat das Wort nun Frau Kollegin Watermann-Krass.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine ganze Menge – wie sagt Herr Ellerbrock? – Luftinhaltsstoffe sind jetzt in der Luft. Nach diesem Redebeitrag des Herrn Ministers warte ich eigentlich darauf, dass Sie, Herr Ellerbrock, einen Antrag auf Redeplaketten stellen, ob die Luft geschwängert oder ob sie noch erträglich ist.

Ja, vier Jahre CDU/FDP prägen unser Land Nordrhein-Westfalen. Der Koalitionsvertrag dieser beiden Parteien auf der Bundesebene liegt ja auch vor. Die Richtung ist erkennbar. Die Ideologie heißt: Privat vor Staat. Das hat sich doch in vielen Bereichen durchgesetzt. Ich würde gerne mit meinem Redebeitrag darauf eingehen, was das für uns in der Land- und Forstwirtschaft heißt.

Der Staatswald in der Eifel ist verkauft worden. Der wesentliche Teil, immerhin fast 26 Millionen €, sind zur Sanierung des Haushalts eingesetzt worden. Die Forstreform wirkt nach. Der Personalabbau geht immer noch weiter. Die Forstreviere sind zwar besetzt, aber etliche mit Zeitverträgen. Das heißt, sie laufen dann maximal zwei Jahre; ein Jahr einarbeiten, ein Jahr tätig sein, und dann sind diese Leute weg.

Ob damit, Herr Uhlenberg, der Umbau der Wälder zu klimaverträglichen Mischwäldern gelingt, ist doch äußerst fraglich. Ob damit die Herausforderung der Holzmobilisierung gelingt, ist ebenfalls äußerst fraglich. Ob darin ein Konzept erkennbar ist oder damit wenigstens ein Versuch verbunden ist, dieses Personal, das in Nordrhein-Westfalen wirklich gut ausgebildet ist, hier zu behalten, ist nicht erkennbar. Dies wird auch dem Nachhaltigkeitsgedanken, der aus der Forstpolitik kommt, in diesem Land nicht gerecht.

Dazu eine Faustzahl zur Wertschöpfung, die gerade in der Holzwirtschaft liegt und von äußerstem Interesse ist: Hundert Festmeter Holz, die wir hier in unseren Wäldern schlagen, bedeuten für NordrheinWestfalen auch immer einen Arbeitsplatz. Deswegen die Frage: Wie wollen Sie da konzeptionell mit dem Abbau von Personal umgehen?

Wenn wir von der Umstellung von der indirekten auf die direkte Förderung sprechen, dann müssen wir uns schon fragen, wie das mit dem Landespersonal, das dann ja nach und nach weiter abgebaut werden soll, passieren wird. Kommt es dazu, dass es nur noch Personal für die hoheitlichen Aufgaben gibt? Auch da das Fazit: Private können das viel, viel besser.

Aber wer macht dann die Waldpädagogik für Kinder und Jugendliche? Wer berät dann Waldbesitzer beim Umbau ihrer Wälder zu klimaverträglichen

Mischwäldern? Und vor allem: Wer berät dann die Waldbesitzer im kleinstrukturierten Privatwald, wovon wir in Nordrhein-Westfalen jede Menge haben? Oder sind dann unsere Förster für Ordnungsrecht zuständig, sprich: für Waldpolizisten, die dann Mountainbiker und Freizeitsportler in die Schranken weisen?

Ein weiteres Beispiel, wie bei dieser Regierungskoalition den Interessenvertretern nachgegangen wird, ist im Sauerland zu sehen. Frau Schulze und ich haben uns diese Flächen angesehen: Waldflächen, die durch Kyrill brachgefallen sind, Flächen, auf denen Wurzeln gerodet worden sind, die seit Mai dieses Jahres brachliegen, die 20 Jahre an einen großen Energiekonzern verpachtet sind mit dem Ziel, dort Kurzumtriebsplantagen wachsen zu lassen, um auch Biomasse dort zu erzeugen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Das ist doch positiv, oder nicht?)

Eine Umwandlung ohne Beteiligung der Landesbehörden, obwohl eine solche langfristige Schädigung dieser Flächen aus unserer Sicht nicht mit dem Nachhaltigkeitsgedanken und dem Nachhaltigkeitsanspruch unseres Landesforstgesetzes in Einklang zu bringen ist.

Kurzumtriebsplantagen und Weihnachtsbaumkulturen werden verstärkt auf Waldböden hier in Nordrhein-Westfalen angebaut. Es ist verständlich, wenn Waldbesitzer nach dem verheerenden Sturm schnell wieder Erträge von ihren Flächen bekommen wollen. Gute Beispiele dafür gibt es auch, und das geht ohne Flächenrodung. Das sind Versuchsflächen, auch im Sauerland, auf denen schnell wachsende Baumarten gedeihen, und gesunde Mischwaldkulturen, die auf einer Fläche wachsen, die in relativ kurzer Zeit auch abgeerntet werden können. Darauf entsteht dann aber gesunder Mischwald und keine Plantage aus Kurzumtrieben.

Wir vertreten ganz klar die Meinung: Kurzumtriebsplantagen und auch Sonderkulturen wie Weihnachtsbäume sollten grundsätzlich außerhalb des Waldes angelegt werden. Übrigens ist das ein wesentlicher Gedanke, der bei dem Versuch der Novellierung des Bundeswaldgesetzes eine Rolle gespielt hat und dem sich andere Bundesländer in der Form schon durch Gesetzesänderung angeschlossen haben. Gerade für Nordrhein-Westfalen gilt: Wälder dürfen nicht alleine der Holzproduktion dienen,

(Beifall von SPD und GRÜNEN)

sondern sie leisten einen entscheidenden Beitrag zum Klima, zum Emissions- und Naturschutz sowie für die Erholung der vielen, vielen Menschen hier im Land Nordrhein-Westfalen. Dies, Herr Minister Uhlenberg, kommt aber in der Ausrichtung Ihrer Forstpolitik in Nordrhein-Westfalen nicht zum Ausdruck.

Kommen wir zur Landwirtschaft. Auch hier ist erkennbar, welche Ausrichtung diese Landesregierung in den letzten Jahren genommen hat. Der enorme Preisverfall bei den landwirtschaftlichen Produkten, vor allem bei der Milch,

(Minister Dr. Helmut Linssen: Da ist wohl Mi- nister Uhlenberg schuld dran?)

der drastische Strukturwandel innerhalb der Landwirtschaft wird gesehen, es wird aber nicht entsprechend gehandelt. Auch hier die Devise: Der freie Markt soll es richten – wachsen oder weichen.

Welche Auswirkungen hat das? – Es führt zur industriellen Produktion von Lebensmitteln und zur Intensivlandwirtschaft, verbunden mit einem dann enormen Preisverfall, und führt gleichzeitig zu Problemen mit Nitrat im Grundwasser, führt zum weiteren Umbruch von Grünlandflächen mit den damit verbundenen schädlichen Klimagasausdünstungen. Kulturlandschaft wird immer weiter auf kleine Parzellen zurückgedrängt. Monokulturlandschaften sind – auch durch den vermehrten Anbau für Biogasanlagen – heute schon sichtbar.

Deshalb die Fragen: Wie stellen Sie sich den Anforderungen der Zukunft? Wie verankern Sie Natur-, Klima- und Tierschutz? Lediglich im Dialog, oder sollen auch ordnungsrechtliche Dinge zum Einsatz kommen? Denn der Umweltbericht zeigt uns dies in den Bereichen Flächenallianz, Nitratbelastung als deutlichen Handlungsbedarf auf. Wohin geht Ihr Konzept zum Erhalt der multifunktionellen Landwirtschaft? Wo ist die Perspektive, vor allen Dingen für die Familienbetriebe? Schon heute ist erkennbar, dass die neue Förderperiode in der EU in der Zukunft verstärkt für gemeinwohlorientierte Leistungen zahlt. Deshalb müssen heute die Weichen gestellt werden, damit ein ganzer Berufsstand eine verlässliche Planungsebene hat.

Ich komme zum Schluss: Wer wie Sie eine rückwärtsgewandte Klientelpolitik betreibt, wer den Milchbauern lediglich den Ausbau neuer Absatzmärkte anbietet, viel in diesem Bereich versprochen hat – Sie haben in der letzten Sitzung noch gesagt, es sei alles nicht so schlimm –, aber nicht handelt, der darf sich nicht wundern, dass das Vertrauen in seine Politik immer mehr schwindet. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Watermann-Krass. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Ortgies das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte in den verbleibenden knapp fünf Minuten versuchen, einen der wichtigsten Punkte im Einzelplan 10 zu beleuchten: die Agrarpolitik. Ich weiß, dass die

Opposition das nicht so besonders ernst nimmt. Frau Watermann-Krass hat gerade drei Viertel ihrer Redezeit mehr oder weniger im Wald verbracht. Das ist sicherlich ein Thema, auf das wir noch einmal extra zurückkommen sollten.

(Heiterkeit von der CDU – Svenja Schulze [SPD]: Das wäre für Sie auch mal gut!)

Frau Watermann-Krass, Sie wissen gar nicht, wie es auf den Höfen zugeht. – Das zu Anfang.

(Beifall von der CDU – Svenja Schulze [SPD]: Das ist doch Unsinn!)

Liebe Freunde, meine Damen und Herren, seit dem Höhenflug der Agrarpreise vor ca. zwei Jahren erleben wir einen beispiellosen Rückgang auf ein katastrophales Preisniveau in fast allen Bereichen. Die Getreidepreise sanken von 20 bis 25 € auf 9 bis 12 €. Ferkelerzeuger erwirtschaften seit Jahren keine kostendeckenden Erlöse mehr. Auch die Milch, die seit Monaten ganz besonders im Fokus unseres Interesses steht, fällt katastrophal im Preis. Bei diesem Preisniveau könnten ganze Landschaften für Natur, Gesellschaft und Tourismus zugrunde gehen.

Der Grund für die derzeit schlechten Preise ist nicht überraschend: Die Weltwirtschaftskrise wirkt sich auch im Agrarbereich aus, und natürlich – das dürfen wir nicht verschweigen – ist das Angebot höher als die Nachfrage. Wir erleben zurzeit ein Preisniveau, wie wir es in den 50er-Jahren hatten. Wir erleben einen unglaublichen Preiskampf gerade der Discounter auf dem Rücken unserer Bauern. Dazu höre ich aus der Opposition nichts.

Hier ein paar Zahlen, um sich die Dimensionen vor Augen zu führen:

(Horst Becker [GRÜNE]: Erklären Sie uns doch mal, was in der EU passiert!)

Die durchschnittlichen Lebensmittelpreise sind im Oktober 2009 im Vergleich zum Vorjahresmonat um 3,4 % zurückgegangen. Die Gemüsepreise sanken um gut 11 %. Auch die Molkereierzeugnisse erlebten im gleichen Zeitraum einen Rückgang um fast 11 %. Zum Glück haben sich die Auszahlungspreise …

(Horst Becker [GRÜNE]: Und das alles unter Schwarz-Gelb!)

Sie haben ganz besonders viel Ahnung, was auf den Höfen los ist, Herr Becker. Bleiben Sie mal ganz ruhig.

Zum Glück haben sich die Auszahlungspreise für Milch in den letzten Wochen etwas erholt.