Wenn wir damit – die Einladung der Ministerin wird, denke ich, weiter stehen – am Anfang des kommenden Jahres beginnen, dann haben wir heute vielleicht nur einen kleinen Schaden, aber wir sind dann auf dem richtigen Weg, wenn wir alle beteiligen. Die CDU wird sich in diesen Prozess sicherlich mit Freude und Engagement einbringen. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Frau Kollegin Kastner. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Pieper-von Heiden.
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Die UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist unlängst mit Zustimmung des Landes Nordrhein-Westfalen in der Bundesrepublik verbindlich geworden. Wir wollen die UNKonvention mit dem Ziel der bestmöglichen Förderung aller Kinder umsetzen. Für die FDP ist die allgemeine Schule der vorrangige Lernort auch für Kinder mit Behinderungen.
Die FDP möchte in den nächsten Jahren den gemeinsamen Unterricht konsequent weiter ausbauen. FDP und CDU haben seit der Abwahl von SPD und Grünen den Anteil des gemeinsamen Unterrichts von 10,7 % auf 14,6 % und die Anzahl der Lehrerstellen hierfür von 1.461 auf 2.008 erhöht. SPD und Grüne fabulieren hier von mehr gemeinsamem Unterricht, wir jedoch haben innerhalb von nur vier Jahren den Anteil von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf im gemeinsamen Unterricht um 36,5 % erhöht. Wir sind längst auf dem Weg.
Die FDP möchte ein grundsätzliches Recht der Eltern auf Wahl des Förderortes für ihr Kind ermöglichen. Die Eltern sollen nicht mehr wie früher von Schule zu Schule laufen müssen, um einen Platz für ihr Kind im gemeinsamen Unterricht zu bekommen. Dieses Verfahren wollen wir durch ein grundsätzliches Elternwahlrecht zugunsten von behinderten Kindern verändern und verbessern. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass das entscheidende Kriterium für die Wahl des Förderortes das individuelle Wohl des Kindes sein muss.
In den gemeinsamen Gesprächen der letzten Wochen ist deutlich geworden, dass dies ihr unverrückbares Ziel ist.
(Sigrid Beer [GRÜNE]: Das steht doch gar nicht darin! – Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Sie sind nicht auf dem neuesten Stand, Frau Kol- legin!)
Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten: Nur in einer Schule für alle kann die Inklusion vollkommen verwirklicht werden. – So der Text des Entschließungsantrags, der im Schulausschuss präsentiert wurde. Die eigentliche Intention hinter dem Antrag der Opposition ist die Einheitsschule für alle,
ohne Rücksicht auf das Wohl des einzelnen Kindes. Das ist in der Tat eine Position, die die FDPLandtagsfraktion niemals unterstützen wird.
Die Grünen scheuen sich wahrhaftig nicht, Anliegen der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf als Vehikel ihrer Schulstrukturdebatte zu benutzen. SPD und Grüne widersprechen dabei ihrer eigenen Argumentation. Wer glaubhaft bessere Wahlmöglichkeiten für Eltern eröffnen will, kann nicht die zweite Wahlmöglichkeit abschaffen wollen.
Für die FDP ist klar: Förderschulen werden auch künftig ein fester Bestandteil des nordrheinwestfälischen Schulsystems sein.
Es gibt nämlich viele Eltern, die Förderschulen als den bestmöglichen Förderort für ihr Kind betrachten. Diese Elternwünsche sind SPD und Grünen in NordrheinWestfalen jedoch gleichgültig. Selbst in Bremen bestehen Förderschulen fort. Dort wollen Eltern, dass ihre Kinder die Förderschule besuchen können. Und Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, erdreisten sich, sich hier als die Verteidiger des Elternwillens zu gerieren?
Leider gibt es aber auch Situationen, in denen Kinder, auch wenn ihre Eltern es wünschen, leider nicht in den allgemeinen Unterricht integriert werden können. Daher darf das Elternrecht im Interesse der Kinder nicht völlig schrankenlos sein. So, wie das Elternrecht auch im allgemeinen Schulrecht beim Wechsel der Kinder auf weiterführende Schulen seine Grenzen findet, wenn das Wohl des Kindes dabei infrage steht, muss dieses Kriterium selbstverständlich auch für den gemeinsamen Unterricht gelten.
Förderschulen und allgemeine Schulen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssen als ergänzende Angebote zum Wohle aller Kinder genutzt werden.
Erstens. Wir unterstützen ausdrücklich das Ziel, zukünftig mehr Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf den Besuch einer allgemeinen Schule zu ermöglichen und Schulen, die sich auf diesen Weg machen, mit zusätzlichen Mitteln zu unterstützen. Wie dargelegt, sind wir längst dabei, dieses Ziel zu verwirklichen.
Viertens. Förderschulen bleiben verlässlicher Bestandteil des nordrhein-westfälischen Schulsystems. Sie sind Angebotsschulen wie alle anderen Schulen auch.
Vielen Dank, Frau Pieper-von Heiden. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Sommer das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zunächst einmal sagen: Ich bedaure sehr, dass es bei dieser Thematik keinen gemeinsamen Antrag gegeben hat. Ich meine, er war zum Greifen nahe.
Wenn man Ohren hat zu hören, muss man nach dem, was wir von meinen Vorrednerinnen gehört haben, doch noch Hoffnung haben. Ich glaube, diese Hoffnung sollten wir nicht aufgeben, sondern weiterarbeiten. Ich habe mir über die Zwischenstände immer wieder berichten lassen. Ich weiß, dass viele von Ihnen Standpunkte aufgeben wollten und konnten und kompromissbereit waren. Ich denke, das ist eine gute Basis.
Es wäre ein gutes Signal an die Eltern von behinderten Kindern gewesen – Frau Kastner hat es eben schon deutlich gesagt –, um ihnen deutlich zu machen: Wir nehmen eure Bedürfnisse, wir nehmen eure Erwartungen, wir nehmen eure Wünsche, wir nehmen euch mit euren Bedrängnissen und mit euren Nöten ernst. Wir haben den Willen, das zu verändern.
Meines Erachtens kommt ein wenig zu kurz, dass es auch ein sehr gutes Signal an die Eltern gewesen wäre, die keine behinderten Kinder haben. Auch sie dürfen wir nicht vergessen. Auch sie müssen wir mit ins Boot holen.
Meine Damen und Herren, ich habe schon in der Ausschusssitzung in der vergangenen Woche gesagt: Wir müssen weiterhin an Gemeinsamkeiten arbeiten und danach suchen, wie wir die UNKonvention auch im Land Nordrhein-Westfalen weiterentwickeln können. Es ist daher meiner Ansicht nach ein positives Zeichen, dass Vertreterinnen und Vertreter aller Fraktionen das Angebot angenommen haben, an einem Arbeitskreis mitzuwirken. Heute habe ich die Briefe unterschrieben, liebe Kolleginnen und Kollegen. Der Brief wird morgen bei Ihnen eingehen.
Am 25. Januar wird die erste Sitzung stattfinden. Liebe Frau Beer, es wird Kaffee geben. Aber es wird auch ein Ergebnis geben. Glauben Sie einer alten Lehrerin, die ergebnisorientiert ist. An diesem Arbeitskreis sollen Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der beiden Landschaftsverbände, Ersatzschulträger und natürlich Eltern- und auch Lehrerorganisationen teilnehmen.
Die Debatte um die Weiterführung der sonderpädagogischen Förderung darf aber nicht nur in einem etablierten Arbeitskreis, sondern muss auch dort geführt werden, wo sie zuallererst hingehört, nämlich in den allgemeinbildenden Schulen. Sie sind es, die zunehmend zum Ort sonderpädagogischer Förderung werden, wenn wir das gemeinsame Lernen deutlich ausbauen wollen. Dort existieren Ängste und Sorgen, die man ernst nehmen muss. Dort muss man für Transparenz an dieser Stelle sorgen.
Bei der Grundschule haben wir bereits einen großen Erfahrungsschatz. Nun gilt es, weitere Schritte zu gehen. Es kann dabei nicht sein, dass gemeinsamer Unterricht nur ein Anliegen oder eine Aufgabe einiger weniger Schulformen ist. Es ist eine Aufgabe aller Schulformen, ein Anliegen aller.
Ich erkenne gern den Eifer und auch die Motivation von Menschen an, die sagen, es gehe alles nicht schnell genug, das müsse doch von heute auf morgen zu schaffen sein. Ich glaube aber, auch aufgrund meiner Erfahrung, dass es wichtig ist, eine pädagogische Basis zu finden. Diese pädagogische Basis schafft man nicht nur, indem man sagt: Ihr bekommt dafür Lehrerstellen. – Das ist eine Absicherung, aber sicherlich nicht die einzige.
Ich glaube – ich benutze jetzt einmal ein altmodisches Wort –, man braucht in diesem Prozess Hinwendung; denn es geht hier nicht um das Funktionieren von Maschinen, sondern um Menschen, und es geht darum, dass wir uns diesen Menschen zuwenden. Dazu brauchen wir eben auch Zeit: Zeit, um neu zu denken, Zeit zur Umstrukturierung, Zeit zur Vorbereitung und Zeit zur Begleitung von Entwicklungsprozessen.
Liebe Frau Beer, ich bin Ihnen sehr dankbar. Häufig ist es so: Welches Stichwort auch immer man Ihnen zuwirft – nehmen wir einmal das Thema
„Unterscheiden Sie bitte in ihrem Vortrag Kreten von Preiselbeeren“ –, Sie kommen doch auf die Strukturdebatte zu sprechen. Ich bin ganz sicher.