Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Die Abgeordneten von CDU und FDP werden sich jetzt wieder hierhin stellen und sagen: Na ja, wir haben Hochschulfreiheit, das müssen die Hochschulen alles ganz alleine entscheiden, da mischen wir uns nicht ein.

(Demonstrativer Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage Ihnen ganz deutlich: So läuft das nicht. Sie stehlen sich hier aus der Verantwortung, die Sie eigentlich haben. Als Landesregierung haben Sie die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass dieser Bereich vernünftig läuft. Das machen Sie nicht, und das ist eindeutig unverantwortlich.

Wir können nicht auf die wichtige unabhängige Forschung zur Verbraucherpolitik verzichten. Wir brauchen eine bessere Koordination dessen, was bisher vorhanden ist. Wir brauchen ein Kompetenznetzwerk, und wir brauchen zum Beispiel auch vernünftige Studienangebote in diesem Bereich.

Sie schauen doch sonst so gerne nach Bayern. Schauen Sie doch auch einmal, was diesen Bereich betrifft, dorthin. Da passiert in der Verbraucherforschung eine Menge, und da gibt es auch interessante Studiengänge. In Nordrhein-Westfalen gibt es so etwas nicht.

Ich appelliere deshalb an Sie: Schauen Sie sich den Antrag an. Hören Sie auf, darüber zu klagen, dass wir hier zu wenig Verbraucherforschung haben, und machen Sie endlich etwas. Wir brauchen in diesem Bereich Fakten und Daten, die unabhängig erhoben worden sind.

Wir haben hier einen sehr guten Antrag vorgelegt. Den könnten Sie unterstützen, damit wir in dem Bereich ein Stückchen weiterkommen.

Damit, dass Sie einfach immer nur sagen: „Das müssen die Hochschulen für sich regeln“, kommen wir in diesem Bereich absolut nicht weiter. Wir brauchen hier ein Netzwerk für die Verbraucherforschung.

Das ist ein guter Antrag. Bitte stimmen Sie ihm zu.

(Beifall von der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Kollege Kaiser das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schulze, wer auf der Oppositionsbank sitzt – das wissen wir alle –, hat es nicht immer leicht. Das gilt umso mehr, je besser eine Landesregierung handelt und arbeitet und je besser sie den Job macht.

Aber lassen Sie mich zunächst einmal auf die Behauptung der SPD eingehen, dass die Gruppe von Personen, deren Kenntnisse nicht mehr genügen, um Verbraucherentscheidungen ohne Schaden zu treffen, immer größer wird. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich finde es nicht in Ordnung, dass mit den Ängsten der Bürgerinnen und Bürger Politik gemacht wird.

(Svenja Schulze [SPD]: Das ist aber ein Ab- lenkungsmanöver!)

Keine Frage, es gibt gute und weniger gute Konsumentscheidungen, die wir treffen. Auch unter uns gibt es wohl niemanden, der von sich behaupten kann, als Konsument nicht schon einmal auf die Nase gefallen zu sein. Aber in diesem Zusammenhang von einem Schaden zu sprechen, Frau Schulze, das halte ich für überzogen.

Sie sprachen auch das Thema Bayern an. Ich habe selber mit Frau Professorin Roosen ein längeres Gespräch über Verbraucherbildung gehabt. Es ging auch um Informationen seitens der Hochschulen zum Thema Verbraucherschutz. Zu sagen, es gebe im Grund genommen gar keine vernünftige Verbraucherpolitik und Verbraucherforschung, halte ich für völlig verkehrt.

(Zuruf von Svenja Schulze [SPD])

Wir haben im letzten Jahr ein Papier in unserer Fraktion erstellt. Das heißt: Verbraucher schützen – stark und unabhängig. Ich habe mich mit diesem Thema eingehend beschäftigt. Sie müssen wissen, dass es zahlreiche Publikationen auf diesem Feld gibt, etwa zum nachhaltigen Konsum oder auch zur Verbraucherbildung. Außerdem haben wir in NordrheinWestfalen Lehrstühle für Ernährung und Verbraucherbildung – sie findet man in Paderborn, Münster und Mönchengladbach – oder auch für Haushalts- und Konsumökonomik im Rahmen der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn sowie Rechtswissenschaften unter anderem mit Verbraucherschutzrecht in Wuppertal.

Auch haben wir die von Ihnen geforderte Stärkung der wissenschaftlichen Kompetenz in unserem Positionspapier längst mit aufgegriffen. Auch mit der Schaffung eines lückenlosen Kompetenznetzwerkes, das den Bürgern in NRW zeit- und ortsnah hilft, haben wir bereits konkrete Maßnahmen ergriffen. Wir haben heute Morgen beim Thema ländlicher Raum darüber gesprochen: Es sind drei neue Beratungsstellen in NRW eröffnet worden. Die Verbraucherzentrale NRW hat durch die finanzielle Unterstützung der Landesregierung eine große Planungssicherheit erhalten, die es zuvor nie gegeben hat. Das wissen alle hier im Hause. Wir schaffen Beratungsangebote, Kompetenz und Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen.

Lassen Sie mich noch ein Beispiel aus der Praxis nennen. Wir hatten vor einigen Wochen ein Werkstattgespräch in unserer Fraktion zu dem Thema Lebensmittel – Original oder Fälschung? Es waren Leute aus der Wirtschaft, aus der Wissenschaft und Experten von der Verbraucherzentrale anwesend. Wir hatten zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern eine gute Diskussion. Ich glaube, dass es beim Thema Verbraucherinformation und Verbraucherwissenschaft wichtig ist – Frau Schul

ze, Sie sprachen es auch an –, dass auch die Leute vor Ort mit den Menschen diskutieren, die an diesen Verbraucherstudien, an den Hochschulstudien arbeiten. Wenn mit den Bürgern diskutiert wird, kann ein so großes Netzwerk gebildet werden, sodass die Leute auch nach außen tragen, was die reale Verbraucherpolitik in NRW ausmacht.

Die Landesregierung ist in den letzten Jahren mit zahlreichen Initiativen in den Bereichen aktiv geworden. Eine bessere Vernetzung mit den bereits vorhandenen Angeboten sowie der Ausbau sind für uns ein wichtiges Anliegen, das wir bereits verfolgen. Vor dem Hintergrund der Aktivitäten der Landesregierung und im Hinblick auf die Autonomie der Hochschulen bedarf es Ihres Antrags allerdings nicht, Frau Schulze. Über die Sache kann man im Ausschuss weiter beraten. Der Überweisung stimmen wir gerne zu. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Kaiser. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Ellerbrock das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Ellerbrock.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schulze, es weihnachtet. Ich finde, dass wir diesen Antrag inhaltlich sinnvoll beraten können. Da sind gute Ansätze drin. Man kann manche Sachen unterschiedlich betrachten, aber die Zielrichtung teilen wir sicherlich.

Ich möchte jetzt nicht noch länger ausführen, was diese Koalition im Bereich Verbraucherschutz getan hat. Ich möchte nur mit kurzen Schlagworten darauf hinweisen, dass die Verbraucherzentralen erstmals seit ihrer Existenz eine langfristig orientierte Planungsgrundlage haben.

(Svenja Schulze [SPD] lehnt sich zurück.)

Sie mögen den Kopf nach hinten legen. Das ist zur Entspannung der Nackenmuskeln ausgesprochen gut, Frau Kollegin. Das finde ich schon einmal richtig. Das ist die Humanisierung des Arbeitsplatzes hier im Landtag.

Wir sind für die Verbraucherzentralen auch dazu gekommen, dass das Netzwerk in Zusammenarbeit mit den Kommunen noch verdichtet werden konnte. Dafür haben wir als Land zusätzliche Mittel bereitgestellt. In Nordrhein-Westfalen konnten die Verbraucherzentralen bundesweite Bedeutung dergestalt erlangen, dass die gute Vereinbarung mit der Citibank wirklich beispielgebend ist. Bei den Lebensmittelkontrollen konnten wir auch nachweisen, dass wir mit einem risikobasierten Ansatz hier zu besseren Erfolgen kommen.

Mit dem Kontrollassistenten kommen wir zu einer Entlastung vor Ort. Wir müssen allerdings weiter dafür sorgen, dass diese Kontrollassistenten auch von den dafür zuständigen Kommunen eingestellt werden. Wir wollen auch eine Verbesserung erreichen, indem bei Routineuntersuchungen die Nutzung privater Laborkapazitäten eine höhere Kontrolldichte ergibt.

Für ausgesprochen wichtig halte ich – wir haben lange daran gearbeitet, ich bedanke mich auch beim Ministerium, dass das aufgegriffen worden ist –, dass nämlich die Ausbildungskapazitäten für die Lebensmittelchemiker dergestalt verbessert werden konnten, dass die Anzahl der Praktikantenplätze erhöht wurde. Das war der Flaschenhals in der Ausbildung für die Lebensmittelchemiker. Das ist besser geworden.

Die SPD schreibt jetzt in ihrem Antrag: Wir müssen ein Forschungsnetzwerk im Bereich Verbraucherschutz aufbauen. – Kollege Kaiser hat dazu schon wertvolle Hinweise gegeben. Die Realpolitik, Frau Schulze, sieht so aus, dass das, was Sie fordern, größtenteils schon stattfindet. Vielleicht hat da die Landesregierung zu wenig Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Wir sparen ja an vielen Stellen, ich weiß. Aber da hätten wir zum Beispiel durch eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit deutlich machen können, dass das schon da ist.

Die Fachhochschule Niederrhein ist mit ihren Lehr- und Forschungsgebieten Ökotrophologie, Beratungsmethodik und Verbraucherdienstleistungen, Methodik und Didaktik der Verbraucherberatung und Bildung, Ernährungs- und Diätberatung vertreten.

(Svenja Schulze [SPD] begibt sich in den hinteren Teil des Plenarsaals.)

Frau Schulze, nicht weglaufen. Ich rede doch jetzt mit Ihnen und sage so etwas Nettes.

(Svenja Schulze [SPD]: Ich habe das schon so oft gehört!)

Wenn Sie das schon wussten, dann wäre ja Ihr Antrag obsolet. Dann wäre er überflüssig. Entweder Sie hören jetzt zu, weil das etwas für Sie Neues ist, oder Sie kennen es schon, und dann ist Ihr Antrag obsolet. Für eine der Möglichkeiten müssen Sie sich entscheiden. Es ist Weihnachten; vielleicht ist es auch besser, im Dunkeln zu sitzen.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Die Fachhochschule Münster ist ebenfalls vertreten mit Ökotrophologie, Didaktik und Methodik der Verbraucherbildung und Beratung, Lebensmittelrecht, Lebensmittelsensorik, Produktentwicklung. Paderborn: Fachbereich Ernährung und Verbraucherbildung, haushaltsbezogene Verbraucherbildung, Armuts- und Überschuldungsprävention. Wir bearbeiten mit der Universität Bonn und Wagenin

gen in den Niederlanden auch grenzüberschreitende integrierte Qualitätssicherung.

Meine Damen und Herren, das mag ein Schlaglicht darauf setzen, dass diese Landesregierung die Intention der Anträge der Opposition – in vorauseilender Sinnfälligkeit – schon längst erfüllt hat. Das ist wie der Hase und der Igel: Wenn der Igel – das ist die SPD – hochkommt, kann der Hase sagen: Ich war schon längst da.

Trotzdem sollten wir über den Antrag reden, obwohl er größtenteils erledigt ist. Das ist eine gute Sache. – Schönen Dank und frohe Weihnachten.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Remmel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Remmel.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man muss nicht alles wiederholen, was die Vorrednerinnen und Vorredner schon gesagt haben.

In der Tat kann man dem Antrag der SPD-Fraktion inhaltlich nicht groß widersprechen. Er bedarf einer fachlichen Beratung im Ausschuss. Insofern stimmen wir der Überweisung zu. Im Grunde unterstützen wir auch das Anliegen.

Allerdings – das darf an dieser Stelle nicht außer Acht gelassen werden – muss der Antrag ein Baustein innerhalb einer größeren Konzeption zum Thema Verbraucherschutz und Verbraucherschutzpolitik sein. Darüber streiten wir uns mit dem Minister, mit der Landesregierung und auch mit den Koalitionsfraktionen, weil wir der Meinung sind, dass die Ausrichtung ihrer Verbraucherschutzpolitik eben nicht den Erfordernissen moderner Marktgestaltung entspricht. Wenn man will, dass Verbraucherinnen und Verbraucher auf einer Augenhöhe mit anderen Marktteilnehmern agieren, dann muss man die Verbraucherinnen und Verbraucher auch stark machen. Dazu gehört in der Tat ein solches Kompetenznetzwerk im Hintergrund.

(Zustimmung von Svenja Schulze [SPD])

Aber es gehören auch gleiche Marktbedingungen dazu. Ich sage an der Stelle sehr deutlich: Die Fortschritte der Verbraucherorientierung im Bankenbereich sind laut der aktuellen Untersuchung einfach nur erschreckend.

(Zustimmung von Svenja Schulze [SPD])

Ich höre dazu nichts von dieser Landesregierung, auch nicht von diesem Minister. Es hat sich offensichtlich nichts getan. Finanz- und Wirtschaftskrise haben nicht dazu geführt, dass die Banken eine andere Produktpolitik machen, dass sie mit den