Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

(Beifall von den GRÜNEN – Johannes Rem- mel [GRÜNE]: Genau!)

Die Realität sieht so aus: Sie kürzen, und Sie werden nach dem 9. Mai weiter kürzen – auf allen Ebenen. Sie kürzen aber vor allem im sozialen Bereich. Da kürzen Sie bereits jetzt im Land, und Sie kürzen in den Kommunen.

(Ralf Witzel [FDP]: Das ist eine Unver- schämtheit! – Gegenruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das müssen Sie gerade sagen!)

Sind Sie von der FDP fertig, oder möchten Sie vielleicht noch mehr Redezeit? Wir haben uns Ihren Unsinn hier lange genug angehört.

(Sylvia Löhrmann [GRÜNE]: Das stimmt!)

In Nordrhein-Westfalen haben Sie die Hilfen zur Aufrechterhaltung des Betriebes der Kindertagesstätten komplett gestrichen. Sie haben die Zuschüsse für Frauenhäuser gekürzt, sodass diese durchgängig zu wenige Mitarbeiterinnen haben. Sie haben die Zuschüsse für die Obdachlosenhilfe gestrichen. 130 Arbeitslosenberatungsstellen wurden geschlossen, weil Sie die Zuschüsse gestrichen haben, und auch in den Kommunen wird gestrichen, was der Rotstift hergibt.

Sie alleine haben jedem Bürger weitere 700 € Schulden aufgebürdet.

Noch einer Ihrer Verdienste: vorletzter Platz im bundesweiten Bildungsranking. Das ist das Ergebnis Ihrer verfehlten Bildungspolitik.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Was war denn vor- her bei Ihnen?)

Trotz Studiengebühren kommen nirgendwo mehr Studierende auf einen Lehrenden als in NordrheinWestfalen.

Ebenso ist es bei den Schulen. Wir haben eine Schulministerin, die ihre eigenen Zahlen nicht lesen kann. Die Klassen sind größer geworden. Wir haben 6,4 % Schulabbrecher. 6,7 % der Schulabgänger bekommen keinen Ausbildungsplatz. Das ist Ihre Bilanz. In der Schule wären Sie durchgefallen, und das werden Sie auch bei der Wahl im Mai in NRW.

Die Kommunen sind blank wegen Ihrer Politik. Politik auf Kosten anderer – das ist Ihre Bilanz. Es ist eine kalte und zynische Politik, die Sie hier in NRW vollstrecken.

Sie sind dabei in der Gesellschaft Ihresgleichen. Denn was diese Bundesregierung nicht macht, ist eine andere Steuerpolitik und eine Umverteilung von oben nach unten, was eigentlich notwendig wäre. Sie macht weiterhin das Gegenteil.

Ein Ende der Klientelpolitik ist auch nicht zu sehen. Im Gegenteil: So moralisch verkommen wie die FDP, die erst eine Millionenspende kassiert, um dann für Hoteliers die Steuern zu senken,

(Zurufe von der FDP)

hat selten eine Regierung Politik gemacht. Auch die CDU hat profitiert. Parteispenden von Unternehmen, Unternehmerverbänden, Banken und Versicherungen müssen endlich gesetzlich verboten werden. Die Millionenspende an die FDP als Belohnung für die Mehrwertsteuerreduktion im Hotelgewerbe spricht Bände.

Zudem: Kein Parlamentsmitglied darf während der Ausübung des Mandats auf der Lohnliste eines Unternehmens oder Wirtschaftsverbandes stehen. Gucken Sie einmal in Ihre Reihen, wie viele Lobby

isten hier im Landtag sitzen! Wir sind gegen eine gekaufte Politik, wie man sie bei Ihnen sieht.

Sie sind hier in NRW nicht besser. Der „wüste“ Abzocker, der Generalsekretär der CDU, ist dafür ein deutliches Beispiel. Doch der Ministerpräsident hat selbst da keine Skrupel und belässt ihn im Amt.

Der Volksschauspieler Rüttgers inszeniert stattdessen weiter seine großen Auftritte. Wir erleben eine Selbstbeweihräucherung ohnegleichen. Mit vollmundigen Ankündigungen sind Sie freigiebig. Überall, wo es keine Konsequenzen hat, geben Sie sich sozial. In der Zeitschrift „stern“ zum Beispiel geben Sie sogar meiner Partei, der Linken, recht: Der Finanzmarkt müsse endlich reguliert werden. – In Kreuth bei der CSU verneinen Sie Steuersenkungen auf Kosten von Sozialleistungen. In der realen Politik aber machen Sie und diese Koalition in einem fort genau das Gegenteil.

An all diesen Punkten wird deutlich, dass Ihre Ankündigungen, Herr Rüttgers, nichts anderes als Lippenbekenntnisse sind, die tags darauf selbst von Ihrem eigenen Koalitionspartner dementiert werden.

So widerspricht Ihnen der Chef der Heuschreckenpartei FDP, Gerhard Papke. Ich zitiere: Es kann nicht sein, dass sich die Politik nur um die kümmert, die Hartz IV beziehen. Sie muss sich um die kümmern, die Hartz IV bezahlen.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Genau richtig!)

Was für eine Zukunftspolitik! Was für eine Zukunftspolitik hier für Nordrhein-Westfalen! Das ist eine knallharte, eiskalte Politik gegen die Ärmeren hier im Lande.

Herr Rüttgers, da frage ich Sie: Was will denn nun die Landesregierung? Will sie die HartzGesetzgebung einer Grundrevision unterziehen, wie Sie das nennen, und den Berechnungssatz für Kinder von Arbeitslosen erhöhen, wie es dem Herrn Ministerpräsidenten mit einem Mal mit Blick auf den Wahltermin angeraten erscheint, dies vollmundig anzukündigen? Ich sage „ankündigen“, nicht „sich ernsthaft dafür einsetzen“. Denn die Gelegenheit haben Sie ja in Berlin bei den Koalitionsverhandlungen längst verspielt.

Real machen Sie weiter Politik gegen die Ärmeren in NRW – die Schere zwischen Arm und Reich klafft in NRW immer weiter auseinander – und natürlich mit weiteren Steuergeschenken für Konzerne, Erben und Hoteliers. Fortgesetzt Umverteilungspolitik von oben nach unten machen Sie nicht.

Die Aufgabenverteilung bei Ihrem schwarz-gelben Projekt ist ganz klar. Der eine geriert sich sozial und verspricht, Lehren aus der Finanzmarktkrise und der Verarmung großer Teile der Schwächsten dieser Gesellschaft durch Arbeitslosigkeit und Sozialabbau

gezogen zu haben. Der andere von der FDP bedient dessen ungeachtet ungeniert weiterhin seine Klientel mit Steuergeschenken und zieht – was auch immer geschehen mag – weiter seine radikale Marktideologie durch. Aber gemeinsam schlagen, um dann nach der Wahl mit einem kräftigen „Weiter-So“ in den Abgrund zu stürzen, das ist Ihre Politik.

Die Bundesregierung weigert sich, verbindlich etwas dazu zu sagen, was nach dem 9. Mai tatsächlich passieren soll. Ihr alleiniges Ziel ist es, sich mit unverbindlichen Lippenbekenntnissen über den Wahltermin in NRW am 9. Mai hinwegzuretten. Doch die Leute im Lande sind nicht blöd. Und wir, die Linke in NRW, werden das verhindern. Die Wahl in NRW wird spannend, und es ist nichts entschieden.

Ich sage Ihnen auch hier im Hause: Was die Regierungsbeteiligung angeht, so wird so getan, als gäbe es bei unserer Partei im Osten Regierungswillige und im Westen Fundamentalisten, die eine Regierungsbeteiligung ablehnen. Das ist falsch.

In Hessen wollte die Linke Andrea Ypsilanti zur Regierungschefin wählen. Das ist an der SPD gescheitert.

Im Saarland wollten wir eine rot-rot-grüne Koalition. Die scheiterte an den Grünen, die von einem der FDP angehörenden Unternehmer gekauft waren.

In Hamburg verweigerte nicht die Linke eine mögliche rot-rot-grüne Regierung, sondern die SPD schloss sie von vornherein aus.

(Zuruf von Sylvia Löhrmann [GRÜNE])

Auch da – hören Sie zu, Frau Löhrmann – gingen die Grünen dann der CDU auf die Schleimspur.

Jetzt wird auch das Lavieren vor der Landtagswahl am 9. Mai in NRW bei SPD und Grünen immer größer. Denn die Grünen wollen bei den Koalitionsaussagen „auf Sicht fahren“. So nennen sie das. Die SPD möchte keine Ausschließeritis. Es ist ein unsägliches Schauspiel, wenn SPD und Grüne sich beide jeweils vorstellen können, mit den Sozialabbauern von der CDU unter einem Ministerpräsidenten Rüttgers zu koalieren.

Nicht nur deshalb ist die Linke die einzige klare Opposition in NRW gegen eine schwarze Mehrheit. Wir werden es Ihnen nicht durchgehen lassen. Sie werden die Menschen in NRW nicht täuschen. Die Pläne für Kürzungen im Sozialbereich liegen doch bereits überall in den Schubladen. Den Wählern auf diese Weise systematisch Sand in die Augen zu streuen, das werden wir verhindern.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Eine der wesentlichen Aufgaben der zukünftigen Fraktion Die Linke in diesem Hause nach den Wahlen wird es sein, den Wahlbetrug zu verhindern, den Sie bereits jetzt vorbereiten. Nichts anderes machen

Sie. Die Leute im Land haben es längst verstanden. Sie wollen sich nur über den Wahltermin am 9. Mai retten. Das ist das einzige Ziel Ihrer Politik, das Sie im Moment hier betreiben. Deswegen lügen Sie wie gedruckt wie in Berlin.

(Zurufe von CDU und FDP)

Das ist die Realität.

„Original sozial“ auch nach der Wahl – dafür steht die Linke. Je stärker die Linke, desto sozialer das Land. Dafür kämpfen wir.

Herr Sagel, vor dem Hintergrund, dass wir hier von diesem Podium aus noch keine Wahlkampfreden halten, müsste ich Sie für den Ausruf „Sie lügen“ rügen. Diese Rüge spreche ich hiermit aus.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Es ist bedauerlich, dass der Ton in dieser Form jetzt hier Einzug hält. Aber das ist wohl nicht zu ändern. Wir müssen uns an der Stelle entsprechend wehren.

(Zurufe)

Das tue ich mit der Rüge ganz bewusst. Sie nehmen die bitte so zur Kenntnis. Ich bitte Sie auch, auf Widerspruch zu verzichten. Das ist nämlich gegenüber dem Präsidium auch nicht angesagt.

(Zuruf von Rüdiger Sagel [fraktionslos])

Der nächste Redner ist für die CDU-Fraktion Herr Prof. Dr. Sternberg.

Sehr verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren, es ist nicht einfach, am Ende einer solch langen Aussprache zu reden, und dann auch noch nach dem Kollegen von der Linkspartei. Er bestätigt mich in meiner früher schon einmal geäußerten Behauptung, die ich hiermit auch gerne wiederhole, dass der Vertreter der Linkspartei im Landtag strukturell in der gleichen Weise agiert, wie das die NPD in den Landtagen tut, in denen sie vertreten ist.