Protokoll der Sitzung vom 03.02.2010

Danke schön, Herr Minister. – Frau Gebhard hat noch einmal das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vorhin ist deutlich geworden, dass sich die Oppositionsfraktionen – die Grünen beziehe ich dabei ausdrücklich ein – sehr konstruktiv an der Diskussion beteiligt haben, wie die Akademisierung der Gesundheitsfachberufe vorangetrieben werden soll.

Herr Minister, wenn Sie jetzt anfangen, Wahlkampf zu machen, müssen Sie mir gestatten, noch einmal das Wort zu ergreifen. Es ist absolut unpassend, an der Stelle etwas Geschichtsklitterung zu betreiben. Sie haben selbst darauf hingewiesen: Die Möglichkeit von Modellversuchen haben wir im Pflegebereich schon ein bisschen länger als für die anderen Gesundheitsfachberufe. Sie tun den Hochschulen mehr als Unrecht, wenn Sie ihnen bescheinigen, sie hätten die Möglichkeiten der Modellklausel nicht vorher schon genutzt und sich nicht auf den Weg gemacht. Ob in Bielefeld, Münster oder Witten/Herdecke – wir haben schon längst entsprechende Studiengänge gehabt. Das sollte man zur Kenntnis nehmen. Darauf können wir aufbauen. Ich habe Sie vorhin nicht im Einzelnen benannt, weil ich dachte, das könnte ich im Hohen Hause und beim Minister als bekannt voraussetzen können.

(Minister Karl-Josef Laumann: Ist auch be- kannt!)

Ich denke, wir sollten das nutzen. Wir müssen uns in der Tat dazu aufmachen, nicht nur Weiterbildungsstudiengänge vorzuhalten, für die man zunächst eine berufspraktische Ausbildung und die Hochschulzugangsberechtigung haben muss, sich also auf einen langen Weg machen muss. Auch für die Bereiche Logopädie, Hebammen, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten müssen wir das bekommen.

Wir sollten uns dabei aber, wie gesagt, auf einer sachlichen Ebene bewegen. Wahlkampf an der Stelle ist unpassend. – Danke schön.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Frau Gebhard. – Meine Damen und Herren, wir kommen zum Schluss der Beratungen.

Der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/10598, den Gesetzentwurf Drucksache 14/10209 unverändert anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist das einstimmig so beschlossen.

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Tagesordnungspunkt

7 Krisenopfern helfen – Schuldner- und Insolvenzberatung ausbauen

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 14/10592

Ich eröffne die Debatte und gebe Herrn Killewald von der SPD-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Die SPD bringt zum heutigen Plenum den Antrag „Krisenopfern helfen – Schuldner- und Insolvenzberatung ausbauen“ Drucksache 14/10592 ein.

Werte Kolleginnen und Kollegen, die Rahmenbedingungen für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und Deutschland haben sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert: Die Arbeitslosenzahlen steigen, die Aufstockerzahlen steigen und auch die Anzahl der Bedarfsgemeinschaften steigt. Damit ist klar, dass auch die Zahl der Menschen, die von Überschuldung bedroht ist, zunehmen wird und sogar schon zugenommen hat. Die wirtschaftliche Krise schlägt zu.

Die Frage stellt sich: Was tut die Landespolitik? Die Landesregierung hat es in den letzten fünf Jahren unterlassen, die Aufgaben im Rahmen der Verpflichtung zur Daseinsvorsorge deutlicher zu formulieren, deutlicher zu fördern und deutlicher zu fordern. Damit sind weiterhin weiße Flecken zum Beispiel auf der Karte der Beratungslandschaft der Verbraucherzentralen möglich.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Wo denn?)

Im Kreis Kleve zum Beispiel. Also, wer so eine dumme Frage stellt, …

Es ist weiterhin möglich, dass unseriöse Berater die Situation wirtschaftlich ausnutzen, wenn andere in Not sind.

Somit, meine Damen und Herren, stellt sich auch die Sinnhaftigkeit der drei Forderungen und die Aktualität dar, mit der wir die Landesregierung beauftragen möchten:

Erstens müssen Verbraucher besser vor unseriösen Beratern geschützt werden.

Zweitens muss ein ressortübergreifendes Konzept zur Koordination und Vernetzung der Schuldner- und Insolvenzberatung entwickelt werden.

Drittens, werte Kolleginnen und Kollegen, muss ein ressortübergreifendes Beratungsprogramm zur Schuldner- und Insolvenzberatung entwickelt werden.

Man kann das sehr gut an den Anforderungen deutlich machen, die die Verbraucherzentralen Nordrhein-Westfalen uns, der Landespolitik, für 2015 anstelle irgendwelcher Wahlprüfsteine aufzeigen. In ihrem Papier, das vor Kurzem veröffentlicht wurde, beschreiben sie einfach die Dinge, die sie für die Menschen in Nordrhein-Westfalen für nötig halten. Sie sagen:

In 2015 sollten die Finanzkompetenz und eine zweite Chance für überschuldete Menschen gewährt sein. 2015 können insbesondere – das ist der Traum der Verbraucherzentralen und damit der Vertreter der Menschen, die täglich dort Beratung finden – Kinder und Jugendliche und junge Erwachsene auf präventive Maßnahmen zur Stärkung der Finanzkompetenz zählen. Das Netzwerk Finanzkompetenz des Landes NRW vernetzt hierbei dann Akteure aus Wissenschaft und Schule, Verbraucherschutz und Schuldnerberatung sowie Eltern, koordiniert Aktivitäten und strukturiert Austausch und Diskussion.

Eine weitere Formulierung der Verbraucherzentralen in Nordrhein-Westfalen:... erhalten 2015 überschuldete Haushalte ohne unzumutbar lange Wartezeiten und für die Betroffenen kostenlos eine qualifizierte Schuldner- und Insolvenzberatung. Diese Angebote sind ausreichend finanziert. Dazu hat die Landesregierung nicht nur wie bisher die Sparkassen, sondern auch die anderen Banken an der Finanzierung beteiligt. Unseriöse gewerbliche Schuldenregulierer werden nicht mehr anerkannt.

Dies beschreibt die Aktualität eines Auftrags an die Landesregierung, und dies zeigt auch Folgendes deutlich, Herr Kollege Ellerbrock: Wenn Sie die weißen Flecken nicht sehen wollen, dann sollten Sie die Landesregierung damit beauftragen, diese zu ermitteln. Sie sind allseits bekannt und müssten auch Ihnen ins Auge fallen. – Danke.

(Beifall von der SPD)

Danke schön, Herr Killewald. – Für die Fraktion der CDU spricht nun der Kollege Tenhumberg.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Immer mehr Menschen leben mit Schulden. Einen Kredit aufzunehmen, auf Raten zu kaufen, das ist normal geworden und in großen Teilen der Bevölkerung weit verbreitet. Zu

diesen Verhaltensweisen werden Menschen zum Teil sogar noch animiert.

Eine solche Praxis ist nur dann kein Problem, wenn die fälligen Zahlungsverpflichtungen aus dem verfügbaren Einkommen bedient werden können.

Ist die Rückzahlung aber nicht mehr oder nicht mehr ganz gewährleistet, wird es eng. Dann erwachsen Schwierigkeiten, die schnell zur Zahlungsunfähigkeit führen können. Aus der Verschuldung wird eine Überschuldung.

Die Ursachen hierfür sind unterschiedlich. Häufig entsteht eine solche Situation durch ein unvorhersehbares Ereignis im beruflichen Bereich wie Arbeitsplatzverlust, Kurzarbeit oder eine fehlgeschlagene Existenzgründung. Oftmals ist die Überschuldung auch auf private und persönliche Gründe wie Scheidung oder lang anhaltende Erkrankung oder aber auch Unerfahrenheit und Sorglosigkeit im Konsumverhalten zurückzuführen. Ebenso kann eine sorglose Kreditvergabe zur Überschuldung beitragen.

Wer erst einmal überschuldet ist, muss mit schlimmen Folgen rechnen: Es kann zu Lohnpfändungen kommen mit der Konsequenz, dass der Arbeitsplatz verloren gehen kann, und es kann zu Mietrückständen kommen, was die Kündigung der Wohnung zur Folge haben kann. Häufig sind mit der finanziellen Misere auch gesundheitliche Beeinträchtigungen, familiäre Spannungen und persönliche Krisen verbunden.

Der Antrag der SPD, „Krisenopfern helfen – Schuldner- und Insolvenzberatung ausbauen“ will nun angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise Änderungen und Ergänzungen in der Schuldner- und Insolvenzordnung vornehmen. Wir halten diesen Schritt zurzeit nicht für notwendig, zumal infolge der EU-Dienstleistungsrichtlinie so oder so aus der Bund-Länder-Arbeitsgruppe neue Kriterien zum Beispiel für das Anerkennungsverfahren kommen werden. Wir werden uns hieran aktiv beteiligen.

Meine Damen und Herren, trotz der Wirtschaftskrise ist die Zahl der überschuldeten Privathaushalte bzw. Privatpersonen nach Angaben der Wirtschaftsauskunftei Creditreform im vorigen Jahr bundesweit gesunken bzw. konstant geblieben. Dies bestätigen Sie von der SPD-Fraktion auch in Ihrem Antrag, wenn Sie von 720.000 überschuldeten Personen in Nordrhein-Westfalen sprechen. Laut Gutachten des Büros für sozialwissenschaftliche Beratung aus dem Jahre 1996 ging man damals von etwa 368 000 überschuldeten Haushalten aus. Dies entspricht in etwa auch dem heutigen Stand in NordrheinWestfalen.

Darüber hinaus muss betrachtet werden, dass aufgrund der vorbildlichen Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik dieser Landesregierung

(Zurufe von der SPD: Oh!)

die Arbeitslosenzahlen stark nach unten gegangen sind. Logischerweise sinkt damit auch der Beratungsbedarf.

Anfang 1999, meine Damen und Herren, trat die neue Insolvenzordnung in Kraft. Ein wesentlicher Teil dieser Insolvenzordnung betrifft die Verbraucherinsolvenz. Damals haben Sie von der SPD den Beratungsbedarf mit 110 landesgeförderten Vollzeitstellen definiert. Wie Sie nun bei verbesserten Rahmenbedingungen zu der Erkenntnis kommen, die Beratungsleistung in unserer Insolvenzordnung ausbauen zu müssen, kann ich nur als Eingeständnis des Versagens der rot-grünen Vorgängerregierung interpretieren. Oder handelt es sich wieder einmal um einen Lobby- und Showantrag?

(Holger Ellerbrock [FDP]: Natürlich!)

Meine Damen und Herren, ich persönlich glaube, dass wir in Nordrhein-Westfalen die Schuldner- und Insolvenzberatung noch weiter optimieren können.

Herr Kollege, es gibt von Frau Wiegand den Wunsch nach einer Zwischenfrage.

Nein, danke. – Der Antrag der SPD enthält dazu nur einige Gesichtspunkte, die aber nicht ausreichen und leider einen ganzheitlichen Ansatz vermissen lassen. Insbesondere vermisse ich den Präventionsansatz. Deshalb werden wir den Antrag, der hier unter Wahlkampfgesichtspunkten eingebracht worden ist, ablehnen. – Danke.

(Beifall von der CDU)

Danke schön, Herr Tenhumberg. – Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Ellerbrock.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das hier von dem Kollegen Tenhumberg dankenswerterweise in sehr sachlicher Form dargestellte Thema ist sicherlich ein ernstes Thema, mit dem wir uns befassen müssen, aber doch nicht so, wie es im SPD-Antrag abgehandelt ist.

Kollege Killewald, ich will Sie nur auf eines hinweisen: Sowohl im Nordkreis des Kreises Kleve als auch im Südkreis des Kreises Kleve gibt es jeweils Schuldnerberatungsstellen, getragen von der Caritas, finanziert von den Sparkassen. Nähere Informationen kann Ihnen der Parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, der Abgeordnete aus Kleve, Manfred Palmen, gerne zur Verfügung stellen. Vielleicht unterhalten Sie sich einmal mit ihm, bevor Sie hier erzählen, da sei ein weißer Fleck.

(Beifall von der FDP – Zuruf von der SPD)

Das mag ja sein.