Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

(Edgar Moron [SPD]: Herr Ellerbrock, Sie sind ein Volksschauspieler!)

Lohndumping und Sozialabbau in der Müllbranche: Werden denn nicht die Verträge bei den privaten Müllentsorgern mit den gleichen Gewerkschaften geschlossen, die das mit den öffentlichen machen? Übrigens, der Rhein-Sieg-Kreis, Kollege Gatter, den Sie eben ansprachen, schwarz-grün regiert, ist aus der Tarifgemeinschaft der öffentlichen Arbeitgeber ausgeschieden. Das ist ja dann eine ganz große Ungeheuerlichkeit, die die Grünen machen!

Das ist doch eine Heuchelei, wenn in den Raum gestellt wird, wenn gesagt wird, das ist Lohndumping. Ich finde es ungeheuerlich, dass der RheinSieg-Kreis in den Lohndumping-Bereich überwechseln will. Das finde ich unmöglich.

(Stephan Gatter [SPD]: Es war die FDP im Kreisausschuss! Nur die FDP ist nicht grün!)

Das ist Schwarz-Grün, Kollege, Sie müssen einfach mal zuhören.

Der nächste Punkt ist, dass Sie bei den Leuten zwischen Guten und Schlechten differenzieren wollen. Diejenigen Verantwortlichen von Müllverbrennungsanlagen, die sich um die Kunden gekümmert haben, haben heute auch keine Probleme, zumal die Verträge erst 2014, 2016 und 2018 auslaufen und wir eine lange Übergangszeit haben.

(Stephan Gatter [SPD]: Das haben die Aa- chener gemerkt!)

Aber, meine Damen und Herren, das müssen wir uns doch vor Augen führen: Wie ist denn die Kundenbeziehung gewesen? Jetzt auf einmal, als Wettbewerb droht, sinken Preise. Ein Beispiel, ungefähr: Die Mülltonne kostet jetzt 160 €; zukünftig soll sie 100 € kosten.

(Stephan Gatter [SPD]: Wo ist das denn? Komm, Butter bei die Fische!)

Brüllen Sie doch jetzt nicht. Darüber können wir doch reden. – Wenn solche Reduzierungen in den Preisen möglich sind, würde ich mich als Ratsmitglied doch fragen: Was ist in der Zwischenzeit mit dieser Differenz passiert? Wo ist denn was quersubventioniert worden?

Manche Anlagenbetreiber sagen auch: Um Gottes willen! Den öffentlichen Nahverkehr habe ich doch immer quersubventioniert. Eine Kommune schreibt mit sogar: Woher sollen wir denn jetzt unsere oberzentralen Funktionen bezahlen, wenn die Nachbarkreise, die uns heute zuliefern müssen, auf einmal andere Preise nehmen wollen? – Ja, liebe Kollegen, das ist das, was wir wollen! Kostentransparenz, das ist meine Sache. Meine Damen und Herren, Kostentransparenz kann nur derjenige fürchten, der eine Menge verschleiert hat.

Und, Herr Minister, ich möchte gerne wissen: Wo werden welche Änderungen von welchen Umweltstandards in Ihrem Haus vorbereitet? Wo wird vorbereitet, welche Umweltstandards hier gesenkt

werden sollen? Wie kommen die Grünen dazu, das zu wissen, was in Ihrem Haus vorgeht? Ungeheuerlich! – Danke schön.

(Beifall von FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Uhlenberg.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst einige grundsätzliche Anmerkungen zum Antrag der Fraktion der Grünen, der im Übrigen nahezu deckungsgleich mit dem Entschließungsantrag der Fraktion der Grünen vom 27. Mai 2009 zum Eilantrag der SPDFraktion „Landesregierung muss sich den Konsequenzen ihres Abfallwirtschaftsplans stellen“ ist.

Der aktuelle Antrag greift nochmals bestimmte Bedenken und Anregungen auf, die bereits im Beteiligungsverfahren zum Entwurf des Abfallwirtschaftsplans vorgetragen worden sind, das mittlerweile ja seit mehreren Monaten abgeschlossen ist.

Ich erlaube mir den Hinweis, dass sich der Antrag offensichtlich auf die Stellungnahmen derjenigen konzentriert, die sich für eine Beibehaltung der verbindlichen Zuweisungen in den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln ausgesprochen haben. Dies ist selbstverständlich nicht repräsentativ.

(Stephan Gatter [SPD]: Das waren nur neun von elf Experten. Wenn das nicht repräsenta- tiv ist!)

Ich halte es, verehrte Kolleginnen und Kollegen, für unredlich, suggerieren zu wollen, der Planentwurf sei nicht überarbeitet worden, nur weil Änderungen, die bestimmte Kreise gerne durchgesetzt hätten, nicht übernommen wurden. Dem Eindruck, der mit dem Antrag vermittelt werden soll, dass dem Landtag ein fast unveränderter Entwurf des Abfallwirtschaftsplans übermittelt wurde, muss ich entschieden entgegentreten.

Sie können sicher sein, dass wir alle Stellungnahmen ausgewertet und die Ergebnisse der Abwägung bei der Überarbeitung des Abfallwirtschaftsplans berücksichtigt haben. In diesem Zusammenhang sind wirklich zahlreiche Gespräche sowohl mit Anlagenbetreibern als natürlich auch mit Vertretern der Kommunen aus den Regierungsbezirken Düsseldorf und Köln geführt worden.

Diese haben unter anderem dazu geführt, dass für den Einzelfall eines kurzfristig auslaufenden Entsorgungsvertrages eine Übergangslösung bis Ende 2013 zwischen den Betroffenen vereinbart wurde.

Das ungewöhnlich offene Aufstellungs- und Beteiligungsverfahren der Landesregierung ist selbstverständlich dokumentiert.

(Holger Ellerbrock [FDP]: Gut gelungen!)

Über das Ergebnis des Beteiligungsverfahrens zum Entwurf des Abfallwirtschaftplans habe ich die zuständigen Ausschüsse des Landtags, also den Umweltausschuss sowie den Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform, am 2. Dezember 2009 informiert.

Zu der wiederholt vorgetragenen Forderung, den Abfallwirtschaftsplan erst nach Umsetzung der novellierten Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht aufzustellen und übergangsweise die regionalen Pläne inhaltlich unverändert zusammenzuführen, möchte ich Folgendes anmerken:

Nach § 29 Abs. 10 des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes sind Abfallwirtschaftspläne alle fünf Jahre fortzuschreiben. Würden wir die Aufstellung des Abfallwirtschaftsplans wie gefordert aussetzen, bis die Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt ist, würde dies eine Missachtung der gesetzlichen Verpflichtung zur rechtzeitigen Fortschreibung der in den Jahren 2004 und 2005 bekannt gemachten regionalen Pläne bedeuten. Dazu fordern Sie uns quasi auf.

Bis zur Umsetzung der novellierten EG-Abfallrahmenrichtlinie, die nicht unmittelbar verbindlich ist, sind für die Aufstellung und Fortschreibung von Abfallwirtschaftsplänen das geltende Bundes- und Landesrecht maßgeblich. Wann die Umsetzung der EG-Abfallrahmenrichtlinie in Bundesrecht und anschließend in Landesrecht abgeschlossen sein wird, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist derzeit überhaupt nicht absehbar. Es ist nicht auszuschließen, dass es dabei zu Verzögerungen kommen wird. Über mögliche Änderungen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, die unter Umständen Einfluss auf die Abfallwirtschaftsplanung haben können, sind derzeit lediglich Spekulationen möglich.

Mit der Aufstellung des landesweiten Abfallwirtschaftsplans zum jetzigen Zeitpunkt erfüllen wir daher die gesetzlichen Vorgaben.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Unser Ziel ist es auch zukünftig, die Entsorgung der in Nordrhein-Westfalen anfallenden behandlungsbedürftigen Siedlungsabfälle in Hausmüllverbrennungsanlagen sowie mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlagen im Land selbst zu erreichen. Dadurch sollen die Funktionsfähigkeit der Entsorgungsinfrastruktur für Siedlungsabfälle, die sich überwiegend in kommunaler Hand befindet, und die Entsorgungssicherheit langfristig gesichert werden. Damit tragen wir den im europäischen Abfallrecht verankerten Grundsätzen der Entsor

gungsautarkie und Nähe in vollem Umfang Rechnung.

Durch den Verzicht auf verbindliche Zuweisungen erweitern wir die Gestaltungsräume der Kommunen. Wir setzen auf Lösungen auf freiwilliger Basis. Die interkommunalen Kooperationen, die in Nordrhein-Westfalen bereits erfolgreich praktiziert werden, bestärken mich darin.

Werte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch etwas zu der Debatte sagen, die hier gerade geführt worden ist.

Hier ist das Thema „Privat vor Staat“ angesprochen worden. Ich möchte deutlich machen, dass das gesamte Thema mit „Privat vor Staat!“ überhaupt nichts zu tun hat.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Nein!)

In drei Regierungsbezirken in Nordrhein-Westfalen, in Arnsberg, in Münster und Detmold, ist diese Praxis, die jetzt landesweit eingeführt wird, in den vergangenen Jahren erfolgreich durchgeführt worden. Es hat überhaupt keine Konsequenzen für das Verhältnis privater und kommunaler Müllaufbereitungsanlagen gehabt.

(Beifall von der CDU – Johannes Remmel [GRÜNE]: Das ist Quatsch!)

Eine Absenkung der Umweltstandards passiert natürlich nicht. Ich darf auf das Beispiel des Abgeordneten Kress verweisen, der deutlich gemacht hat, dass gerade aus seiner Heimat und seinem Wahlkreis heraus der Müll in Zukunft kürzere Wege als bisher zurücklegt.

(Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Die Änderung des Abfallwirtschaftsplans ist nicht nur rechtlich geboten, wie ich es gerade deutlich gemacht habe, sondern die Änderung des Abfallwirtschaftsplans ist lange und frühzeitig angekündigt worden. Jeder konnte sich darauf entsprechend einstellen. Ich habe gerade auf die vielen Gespräche sowohl mit Betreibern als auch mit Kommunen verwiesen. Laufende Verträge sind natürlich gültig.

Meine Damen und Herren, ich darf noch einmal deutlich machen, dass insbesondere das, was der Abgeordnete Remmel und der Abgeordnete Gatter zur Anhörung gesagt haben, einen ganz kleinen Ausschnitt aus der Anhörung des Landtags wiedergegeben hat. Das war wirklich keine repräsentative Wiedergabe der Anhörung,

(Stephan Gatter [SPD]: Das haben neun von elf Leuten gesagt!)

die insgesamt zu einem ganz anderen Bild geführt hat.

Herr Abgeordneter Ellerbrock, Ihre Angriffe gegen mein Haus muss ich zurückweisen. Denn ich möchte deutlich machen: Aus dem MUNLV ist nicht durchgestochen worden. Das ist in viereinhalb Jah

ren noch nie passiert. Was das MUNLV angeht, kann ich mich auf 400 kompetente, loyale und engagierte Mitarbeiter verlassen. – Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Minister Uhlenberg. – Wir sind am Ende der Beratung zu diesem Antrag.

Die antragstellende Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Antrag der Grünen Drucksache 14/10587 zu? – Die Grünen und die SPD. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Der Antrag ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.

Wir kommen zu:

12 Dreizehnter Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Dreizehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag)