Wenn hier aber gesagt wird, wir hätten nichts auf die Reihe gebracht: Ich meine, das darf man so nicht stehenlassen. Deswegen würde ich Ihnen gerne eine kleine Zahlenreihe vortragen, gerne auch zum Mitschreiben: Anerkannte Betten in Nordrhein-Westfalen: 2005 – 1.029, 2010 – 1.178. Anerkannte tagesklinische Plätze: 2005 – 558, 2010 – 670. Betten in Betrieb: 2005 – 998, 2010 – 1.132. Tagesklinische Plätze in Betrieb: 2005 – 480, 2010 – 630. – Das heißt, wir haben in erheblichem Umfang Kapazitäten ausgebaut.
Wenn jetzt die Opposition sagt, das ginge alles nicht schnell genug, dann kann ich nur sagen: Wir haben uns für eine Krankenhauspauschale entschieden. Das heißt, dass die Krankenhäuser – egal, wer Träger ist –, wenn sie solche Betten genehmigt bekommen, den Bettenausbau innerhalb ihrer Krankenhauspauschale selber finanzieren müssen. Das empfinden einige natürlich schon als ein Problem. Ich will auch nicht bestreiten, dass das die Umsetzung von geplanten Betten nicht leichter macht. Aber ich freue mich wiederum, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe noch in der letzen Woche erklärt hat, dass er dann, wenn er als ein Träger, der sich hier anbietet, die Betten genehmigt bekommt, jedes genehmigte Bett innerhalb eines Jahres umsetzen will. Das könnte selbst bei einer Baupauschale nicht besser laufen, muss ich sagen, wenn ich mir Tempo und Ausdauer des „Förderpaternosters“ früherer Zeiten anschaue. Das ging damals über Jahre.
Ja. – Und wenn jetzt ein anderer Landschaftsverband in Nordrhein-Westfalen – es bleibt ja nur noch einer übrig – in „WESTPOL“ erklärt, er könne das erst in fünf Jahren, dann muss er das zwar sagen, aber dann ist er auch nicht mehr unser Partner. Denn wir werden bei der Genehmigung, wem wir die Plätze geben, schlicht und ergrei
fend eine Frage stellen: Wann sind Sie in der Lage, diese Plätze umzusetzen? Wenn jemand nicht in der Lage ist, die Plätze in angemessener Zeit umzusetzen, dann suchen wir uns einen anderen Träger. So einfach ist das. Darauf werden wir sehr achten. Ich glaube, wenn wir diesen Kapazitätsaufbau, den ich jetzt dargestellt habe, vollziehen, dann erreichen wir erhebliche Veränderungen der Wartezeiten. Und darauf kommt es an.
Im Übrigen haben meine Recherchen auch ergeben, wenn ich das einmal vortragen darf, dass die Wartezeiten bei uns in den Kliniken nicht einheitlich ermittelt werden. Die einen fangen an, die Wartezeit ab dem ersten Kontakt zu zählen. Die anderen fangen an, die Wartezeit zu zählen, wenn die Diagnose feststeht. Ich persönlich meine, dass man es nur realistisch einschätzen kann, wenn man es gleich macht. Das heißt, dass aus meiner Sicht die Wartezeit ab der Diagnose zählen müsste, ob eine stationäre Behandlung medizinisch erforderlich ist oder nicht.
Heute haben wir Wartezeiten von durchschnittlich drei Monaten. Das ist zu lang. Ich kann mich als Vater – nicht als Minister – gut in die Situation hineinversetzen. Jeder von uns, der Vater oder Mutter ist, muss sich nur vorstellen, man hätte zu Hause ein Kind, das schwer psychisch erkrankt ist, zum Beispiel an Magersucht. Was das für Nöte sind, das kann ich mir gut vorstellen. Da sind ein Monat, zwei Monate verdammt lange Zeiten. Das weiß doch jeder.
Deswegen glauben wir, dass wir mit dem Aufbau, den ich Ihnen jetzt vorgetragen habe, künftig die Wartezeiten unter einen Monat drücken werden. Ich finde, das ist schon ein Konzept. Ich gebe zu, wir hätten unsere Kurskorrektur vielleicht zwei Jahre eher vornehmen müssen. Aber da gab es auch in der Fachwelt durchaus noch eine andere Meinung zu diesen Fragen. Es war im Übrigen auch der Kurs der alten Landesregierung, es so zu machen,
Also: Ich gestehe dazu, wir haben 2009 eine Korrektur gemacht. Aber seit 2009 hat das Ministerium in dieser Frage eine Menge PS auf die Straße gelegt. Sie können auch nicht mehr PS auf die Straße legen, um die Dinge umzusetzen, wie wir es getan haben. Von daher habe ich kein schlechtes Gewissen. – Jetzt können wir gerne zur Zwischenfrage kommen.
Danke. – Herr Minister, ich hätte die Frage gerne zu dem Zeitpunkt gestellt, als Sie die Zahlen vorgetragen haben. Wir werden das im Protokoll nachlesen. Sind die Zahlen, die Sie vorgetragen haben, die Genehmigungen, die Sie während Ihrer Amtszeit ausgesprochen haben?
Ich hoffe mal. Aber wenn das die Genehmigungen von 2005 bis 2010 sind – ich war immerhin am 24. Juli 2005 im Amt –, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, dass sie unter Minister Laumann ergangen sind. Machen Sie sich keine Sorgen! Ich werde in Nordrhein-Westfalen noch manches Bett genehmigen.
(Barbara Steffens [GRÜNE]: Auch da werden Sie Ihre Meinung noch ändern müssen! – Gegenruf von Minister Karl-Josef Laumann: Wir leben lange!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hat heute allen sehr deutlich gemacht: Wir haben kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem.
Ohne seelische Gesundheit gibt es für Kinder keinen Zugang zur Bildung und ohne Ausbildung auch keinen Zugang zum Erwerbsleben. Wer vom Erwerbsleben ausgeschlossen ist, lebt in unserer Gesellschaft an der Armutsgrenze und ist somit von zentralen Bereichen gesellschaftlicher Teilhabe dauerhaft ausgeschlossen. Deshalb ist es für die SPD immens wichtig, dass wir frühzeitig die Mittel dort einsetzen und die Weichen richtig stellen, wo wir diese Entwicklung tatsächlich verhindern können. Wir werden in diesem Raum in den nächsten Jahren noch viel über Inklusion reden. Wir werden dafür eintreten, dass Menschen nicht ausgeschlossen werden. Gerade im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie läuft es jetzt diametral in die andere Richtung.
Psychische Störungen, Erkrankungen und Behinderungen kennen keine Zuständigkeitsgrenzen, die Fachdisziplinen und die Kostenträger aber sehr wohl. Da wir nicht erwarten können, dass sich die Menschen mit Problemen an den Zuständigkeitsrastern deutscher Behörden und Instanzen ausrichten,
fordern wir im Einvernehmen mit allen Sachverständigen, Herr Romberg, eine verstärkte Koordinierung zwischen der Jugendhilfe und der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Sie gilt es zu organisieren, und zwar nicht einzelfallbezogen oder personenabhängig, sondern strukturell geordnet mit klaren Standards und verbindlichen Regeln, welche Hilfe bei Belastungsfaktoren einsetzen wird.
In den Anhörungen ist uns sehr dramatisch die reale Situation für die erkrankten Kinder und die betroffenen Familien aufgezeigt worden. Das hieß für viele, nach der Konsultation des Kinderarztes bis zu sechs Monate zu warten, um einen Termin beim Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie zu bekommen. Wenn dann für das Kind eine stationäre Behandlung angezeigt war, hieß es wieder warten. Auch hier kann es wieder Monate dauern.
Herr Minister, ich konstatiere sehr wohl, dass Sie in diesem Fall sehr sensibel reagieren und das für die Familien nachvollziehen können. Nur die Realität ist immer noch so, wie sie ist. Von daher greifen für uns die Forderungen im CDU/FDP-Antrag völlig zu kurz. Schon Ihre Einlassung, meine Damen und Herren von der Koalition, im Begründungstext müssen Sie sich auf der Zunge zergehen lassen. Dort heißt es wörtlich:
… gibt es vor allem in den ländlich strukturierten Regionen vereinzelt noch Versorgungsengpässe. Aber auch in Ballungsräumen sind Engpässe erkennbar.
Das gibt in keiner Weise die aktuelle Versorgungslage wieder. Es muss für die betroffenen Familien zynisch klingen.
Die Einlassung steht auch in klarem Widerspruch zu den Ausführungen des Ministeriums in zwei Sitzungen. Vor drei Jahren haben wir uns in zwei mehrstündigen Anhörungen mit der gesamten Problematik befasst. Inzwischen ist zu viel Zeit verstrichen, Zeit zum Debattieren und zum Sondieren, ob es in dieser wichtigen Frage einen Konsens zwischen allen Fraktionen geben kann. Meine Kollegin Heike Gebhard hat gerade sehr deutlich aufgezeigt, wie ärgerlich es ist, das uns das in der Zeit nicht gelungen ist.
Ich appelliere noch einmal an Sie alle, heute dazu beizutragen, für Veränderungen zu sorgen. Zeigen wir einvernehmlich, dass wir es ernst meinen! Helfen wir den Kindern und ihren Familien! Der jetzige Verschiebebahnhof muss der Vergangenheit angehören. Passen wir Hilfsangebote – ambulant, teilstationär und stationär –, die in Ihrem Antrag nicht enthalten sind, dem dringenden Bedarf an! Helfen wir mit, dass schwierige Kinder nicht weiterhin entwurzelt werden und durch systematische Wechsel der Einrichtungen – Jugendhilfe, Krankenhaus und zurück – weiterhin einen schwierigen Start ins Leben haben! Machen wir die in einigen Regionen
entwickelten Kooperationen zur Blaupause für die vor Ort Tätigen! In diesem Politikfeld sind die steuernde Funktion und die Verantwortung des Landes gefordert.
Mit dem vorliegenden Antrag fordern wir Sie auf und appellieren an Sie alle, Sonntagsreden auch in Dienstagsabstimmungen umzusetzen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe sehr, dass es einen gemeinsamen Weg in dieser wichtigen Frage gibt. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Kollegin Veldhues. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit kommen wir zur Abstimmung.
Bevor wir zur Abstimmung kommen, stelle ich fest, dass der Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales in der Beschlussempfehlung Drucksache 14/10752 empfohlen hat, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in Drucksache 14/9429 für erledigt zu erklären. Das nehmen wir damit zur Kenntnis. Ist jemand anderer Meinung? – Ich sehe, das ist nicht der Fall. Damit ist diese Empfehlung entsprechend der Beschlussempfehlung angenommen und der Antrag für erledigt erklärt.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 14/10738. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Entsprechend stimmen wir nun über diesen Antrag ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen angenommen.
Wir stimmen nun über den Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 14/10740 ab. Auch hier direkte Abstimmung. Wer stimmt dem Antrag zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt.
Wie Sie wissen, Kolleginnen und Kollegen, soll nach § 94 unserer Geschäftsordnung der Petitionsausschuss mindestens einmal jährlich dem Landtag mündlich berichten. Heute wird der Bericht über die Verfahren der gesamten 14. Wahlperiode vorgelegt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In keinem anderen Ausschuss wird der Charakter des Landtages als Volksvertretung deutlicher als im Petitionsausschuss. Diese Erkenntnis hat sich auch in der ablaufenden Wahlperiode nachhaltig bestätigt. Es ist beeindruckend, wenn einem bei der täglichen Petitionsarbeit das wirkliche Leben in seiner ganzen Vielfalt begegnet. Da ist viel Kummer und Leid, oft aber auch Grund zur Freude, Freude insbesondere dann, wenn man helfen kann. Eigentlich müssten alle Mitglieder des Landtages zumindest eine Zeit lang diese Hilfeerfahrung machen können, um selbst zu erkennen, wie sich staatliches Handeln sowohl des Gesetzgebers als auch der Verwaltung bei den Menschen auswirkt. Ich weiß, dass so manche Kollegin und mancher Kollege, die anfangs über ihren Einsatz im Petitionsausschuss nicht begeistert waren, die Arbeit schon nach kurzer Zeit gar nicht mehr missen wollten, vor allem dann nicht, wenn Politik nicht nur abstrakt und theoretisch, sondern ganz praktisch und helfend verstanden wird.
Für mich als Vorsitzende und für die Ausschussmitglieder waren es fünf spannende Jahre, spannend auch deshalb, weil niemand voraussehen konnte, wie sich der Regierungswechsel im Jahre 2005 auf die Petitionsarbeit auswirken würde. Im Mittelpunkt stand für mich dabei die Frage, ob auch weiterhin die über Jahrzehnte bewährte Praxis einer weitgehend überparteilichen Zusammenarbeit im Ausschuss weitergetragen werden kann. Heute kann ich sagen, dass es gelungen ist. In diesem Zusammenhang möchte ich mich besonders bei allen Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen im Petitionsausschuss ganz herzlich bedanken.
Überparteilichkeit im Petitionsausschuss bedeutet, dass die Regierungsfraktionen den Mitgliedern der Oppositionsfraktionen Gestaltungsspielraum lassen. Andererseits müssen die Abgeordneten der Opposition diesen Gestaltungsspielraum mit Augenmaß und unter Beachtung der tatsächlichen Mehrheitsverhältnisse nutzen. Die Menschen im Lande würden es nicht verstehen, wenn im Petitionsausschuss ihr Anliegen nach den üblichen Abstimmungsritualen behandelt würde. Ehrliche Petitionsarbeit hat die Lösung des Bürgerproblems im Blick und nicht den oft kurzlebigen parteipolitischen Vorteil. Das alles erfordert eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im Ausschuss. Dafür habe ich aus Überzeugung und gerne meinen Beitrag als Vorsitzende geleistet.