Protokoll der Sitzung vom 09.03.2010

Die Bonner Konferenz für Entwicklungspolitik gibt wichtige Impulse für die Entwicklungszusammenarbeit der Länder, Regionen und Kommunen.

Im Dialog hat sich gezeigt, dass der Aufbau von Partnerschaften ein zentrales Element für das Engagement der Bundesländer ist. Anhand dieser Partnerschaften können Entwicklungsländer wie beispielsweise Ghana von dem nordrhein-westfälischen Know-how am besten profitieren.

Gerade die weitere Profilierung Bonns als internationaler Standort ist eines der herausragenden Ziele der Entwicklungszusammenarbeit des Landes.

Die von der Landesregierung am 5. November 2007 eingegangene Partnerschaft mit Ghana begrüßen wir. Entwicklungspolitik muss sich auf die schwächsten und ärmsten Länder konzentrieren. Afrika wurde in den vergangenen Jahren vernachlässigt und muss wieder ein regionaler Schwerpunkt werden.

Dabei müssen alle Maßnahmen an der Eigenverantwortung der afrikanischen Länder und Institutionen ausgerichtet werden. Die Mittel müssen gezielt zur Stärkung der Wirtschaft und rechtsstaatlicher Strukturen eingesetzt werden. Entwicklungspolitik darf keine Abhängigkeiten schaffen und nicht zur Weltsozialhilfe werden.

Meine Damen und Herren, gerade aus diesem Grund ist die Förderung von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit nordrhein-westfälischer Nichtregierungsorganisationen mit Partnerorganisationen in Entwicklungsländern wichtig. Im November 2007 wurde ein solches PPP-Projekt gefördert. Es fand die Konferenz zur Initiierung von ghanaisch-deutschen Joint Ventures unter Nutzung internationaler sowie nationaler Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit und unter besonderer Berücksichtigung der Ghanaer mit Migrationshintergrund statt. Das Konferenzprogramm wurde von den Baugewerblichen Verbänden Nordrhein-Westfalen in Kooperation mit der Ghanaian-German Economic Association entwickelt und umgesetzt.

Im Rahmen dieser Debatte möchte ich noch einmal hervorheben, dass nach Auffassung der FDP finanzielle Mittel gezielt eingesetzt werden müssen. Wir wollen keine Neuverschuldung oder zusätzliche

Steuern bzw. versteckte Steuer- oder Abgabenerhöhungen unter dem Vorwand der Entwicklungszusammenarbeit. Die deutsche wie auch die EUEntwicklungspolitik haben es in der Hand, stattdessen durch Reformen ihrer Instrumente den Wirkungsgrad ihrer Entwicklungspolitik wesentlich zu erhöhen. Deutschland muss seine Finanzmittel konzentrieren und sie wirksam dort einsetzen, wo es am meisten nottut.

Ich komme zum Schluss. – Bei der Entwicklungspolitik muss der Mensch mit seinen Bedürfnissen und unveräußerlichen Rechten im Mittelpunkt stehen. Gleichzeitig sehen wir aber die Pflicht des Einzelnen – auch die des Bedürftigen –, das ihm Mögliche selbst zu tun, damit genug für andere bleibt, die ebenfalls Hilfe bedürfen.

Entwicklungszusammenarbeit ist nach unserem Verständnis weit mehr als eine reine Armutsbekämpfung. Sie ist vielmehr ein Bestandteil der deutschen Dialogpolitik in einer globalisierten Welt. Bildung, faire Handelsstrukturen und Klimaschutz sind wichtige Aspekte internationaler Zusammenarbeit.

Wir müssen allerdings – gerade auch auf Bundesebene – noch ein höheres Maß an Zielgenauigkeit erreichen, um kohärente und effektive Entwicklungshilfe zu betreiben. Aus diesem Grund wird der liberale Entwicklungshilfeminister die Durchführungsorganisationen reformieren und die Arbeitsteilung optimieren.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Wir sind optimistisch, dass ihm dies gelingen wird. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Asch das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin dankbar dafür, dass wir heute nach relativ kurzer Zeit noch einmal über Entwicklungszusammenarbeit sprechen, und zwar deswegen, weil uns das auch die Gelegenheit gibt, hier ein Stück weit Bilanz darüber zu ziehen, was in der vergangenen Legislaturperiode vom Land auf diesem Gebiet in Angriff genommen wurde und was versäumt wurde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zunächst möchte ich kurz auf den Gesamtrahmen eingehen. Wir haben uns hier gemeinsam darauf verständigt – das war gut so; ich freue mich darüber, dass das zumindest in diesem Punkt gelungen ist –, dass alle Fraktionen die Umsetzung der UN-Millenniumsziele in Nordrhein-Westfalen befürworten. Wir haben uns also vorgenommen, das gemeinsam voranzutragen, um die UN-Millenniumsziele zu erreichen.

Nun sehen wir aber – auch das gehört zur Schlussbilanz –, dass wir heute weltweit an einem Punkt stehen, an dem wir weiter von der Umsetzung dieser Ziele entfernt sind als je zuvor. Wir wissen, dass der Klimawandel und die Finanzkrise die armen Länder des Südens in sehr viel dramatischerer Weise treffen als uns, die reichen Länder des Nordens. Deshalb müssen wir feststellen: Die UNMillenniumsziele sind vor allen Dingen in ihrem Hauptpunkt, dass wir den Hunger in der Welt verringern, nicht erreicht. Im Gegenteil: Wir haben uns von diesem Ziel noch weiter entfernt. Die Zahl der Menschen in der Welt, die unter Hunger leiden, hat jetzt schon die Milliardengrenze überschritten.

Meine Damen und Herren, deswegen ist es wichtig, dass wir – das gilt für das Land genauso wie für alle anderen Ebenen in unserem Staat – Verantwortung für die eine Welt übernehmen. Für uns als Grüne gilt immer noch: Global denken, lokal handeln. – Das ist auch der Landesregierung aufgegeben.

Zu Beginn dieser Legislaturperiode haben wir eine Diskussion darüber geführt, wie die Aufgaben des Landes nun im Einzelnen aussehen. Der zuständige Minister hatte sich damals noch ein bisschen anders positioniert und – auch aus seiner Rolle als Vorstandsmitglied einer großen Hilfsorganisation heraus – das Konzept verfolgt, dass wir uns in der Geberrolle befinden. Mit der Zeit wurde das dann etwas revidiert und abgeschliffen.

Ich glaube, wir alle sind uns einig darüber, dass eine der Hauptaufgaben, die die Landesebene gemeinsam mit den Kommunen zu leisten hat, die entwicklungspolitische Bildungsarbeit ist. So jedenfalls steht es in dem Papier, das die Ministerpräsidenten gemeinsam beschlossen haben. Dieses Papier stammt aus der Feder der hiesigen Landesregierung bzw. des hiesigen Ministeriums. Ich bin froh, dass es zu dieser Verständigung gekommen ist.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wo, meine Damen und Herren, gibt es nach wie vor Dissense? Diese Legislaturperiode begann damit, dass CDU und FDP dramatische Einschnitte im wesentlichen Feld der entwicklungspolitischen Kompetenz der Länder vorgenommen haben. Diese Kürzungen sind leider – das stellen wir als einen der Hauptpunkte gemeinsam mit allen entwicklungspolitisch Aktiven in diesem Land fest – mit keinem Cent zurückgenommen worden, meine Damen und Herren.

(Beifall von den GRÜNEN)

900 Millionen € waren noch als Zuschuss für die Kommunen für die kommunale Entwicklungszusammenarbeit eingestellt.

(Minister Armin Laschet: 900 Millionen €?)

Entschuldigung, 900.000 € waren es. Danke, Herr Minister, dass Sie aufpassen.

400.000 € sind bei den Programmen der Promotorinnen gekürzt worden. Das sind diejenigen, die die entwicklungspolitische Arbeit in diesem Land koordinieren.

Der Eine-Welt-Beauftragte hatte eine vorbildliche und wichtige Funktion. Wir haben gerade auf der Reise, die die Kirchen für uns organisiert haben, in Mpumalanga gehört und erlebt, dass ganz viel der Partnerschaft, die in Mpumalanga entstanden ist, auf Aktivitäten des Eine-Welt-Beauftragten der rotgrünen Landesregierung zurückzuführen ist. Dieser Eine-Welt-Beauftragte wurde bedauerlicherweise von der schwarz-gelben Regierung gestrichen.

(Zuruf von Minister Armin Laschet)

Sie haben die Stiftung Umwelt und Entwicklung ganz empfindlich gestutzt, sodass keine neuen Aufgaben von dieser Stiftung übernommen werden konnten.

Ich finde es sehr bedauerlich, dass Folgendes im parlamentarischen Raum nicht gelungen ist: Wir hätten einen Antrag meiner Fraktion gegen ausbeuterische Kinderarbeit gemeinsam verabschieden können. Diese Chance haben Sie vertan. Sie haben etwas abgelehnt, was in allen anderen Bundesländern fraktionsübergreifend verabredet wurde. Ich finde das sehr bedauerlich und wünsche mir, dass wir in der nächsten Legislaturperiode dazu kommen, einen solchen Antrag in diesem Parlament zu verabschieden.

(Beifall von GRÜNEN und SPD)

Ich bin da guter Dinge, weil wir dann andere Mehrheiten haben.

(Lachen von Dietmar Brockes [FDP])

Meine Damen und Herren, zum Thema Partnerschaften: Die Landesregierung hat sich entschlossen, mit Ghana eine neue Partnerschaft einzugehen. Wir sind nach wie vor sehr aufmerksam, ob diese neue Partnerschaft bedeutet, dass die über viele Jahre gewachsene Partnerschaft zu der südafrikanischen Provinz Mpumalanga leidet.

Noch einmal: Wir sind dort gewesen. Herr Lux, Sie können für die CDU-Fraktion – die FDP war leider nicht dabei – sagen: Die Projekte, die wir dort gesehen haben, waren vorbildlich. Dort ist eine sehr reiche Zusammenarbeit auf zivilgesellschaftlichem Feld entstanden; das haben wir gemeinsam gesehen und waren sehr beeindruckt von der Arbeit, die in Kooperation mit der Landesregierung, mit den NGOs und mit den Kirchen dort gelungen ist.

Wir wünschen uns und erwarten von Ihnen, Herr Minister Laschet, eine eindeutige Zusage, dass diese fruchtbare Kooperation auch nach dem großen Event, der WM, weiter fortgesetzt wird. Denn wir meinen, dass man das, was dort aufgebaut wurde, nicht einfach versanden lassen kann, sondern dass das weiter zu fördern ist.

Zu Ghana: Man kann zwar neue Partnerschaften eingehen, aber klar muss sein, dass sich Länderpartnerschaft nicht damit begnügen können, dass man auf diplomatischem Weg irgendwelche Noten austauscht, dass man Staatsbesuche macht oder dass man irgendwelche Delegationen hin- und herschickt.

(Zuruf von Minister Armin Laschet)

Sie können sich auch nicht damit begnügen, dass man Konferenzen abhält. Vielmehr brauchen Partnerschaften zivilgesellschaftliches Engagement und eine Basis in der Zivilgesellschaft. Wir sehen leider, dass für Ghana diese Politik und dieses zivilgesellschaftliche Engagement leider noch fehlen. Das Ghana-Forum dümpelt leider noch etwas vor sich hin und hat noch keinen Drive aufgenommen. Langsam wird es Zeit – man muss immer etwas Vorlauf geben –, dass es wirklich Ergebnisse gibt und dass dieses Ghana-Forum in die Pötte kommt, um auf der zivilgesellschaftlichen Ebene Initiativen auf den Weg zu bringen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. – Ich wünsche mir, dass die entwicklungspolitischen Leitlinien, die von der Landesregierung vorgelegt wurden, tatsächlich in ein Handlungsprogramm münden und dass das mit tatsächlichen Handlungsempfehlungen und Zielvorgaben, die sich die Landesregierung selbst stellt, unterfüttert wird. Ich wünsche mir, dass viele der guten Absichten, die Sie, Herr Minister Laschet, sicherlich richtigerweise formulieren,

(Lothar Hegemann [CDU]: Die sind auch rich- tig!)

in die Tat umgesetzt werden. Mir scheint, dass Sie sich dazu den falschen Koalitionspartner ausgesucht haben, weil die FDP in dieser Frage immer bremst.

(Lachen von Minister Armin Laschet)

Was Herr Niebel jetzt auf Bundesebene macht, ist nicht wirklich dazu angetan, diesen Bereich vorwärts zu bringen.

(Beifall von den GRÜNEN – Britta Altenkamp [SPD]: Aber Herrn Niebels Amigos kämen vorwärts!)

Er hat sich von dem verabschiedet, was im Koalitionsvertrag vorgesehen war, nämlich die 0,7 % Anteil an der Entwicklungszusammenarbeit zu erreichen.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Das hat er jetzt schon infrage gestellt. Das lässt auf nichts Gutes hoffen. Gleichwohl sollten wir unsere Anstrengungen auf Bundesebene bei der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit und bei der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit weiter fortsetzen.

(Beifall von den GRÜNEN)